Es war noch Nacht, doch auf dem Feld südlich des Campus Drusi, zwischen Vicus Novus und der Straße nach Süden, war es alles andere als ruhig. Die Geräusche einer Armee erfüllten die Nacht. Das Wiehern das Schnauben von Pferden, das Klirren von Rüstungen und Waffen, die Rufe von Soldaten. Männer des Statthalters waren überall auf dem Feld zu sehen, wo sie den Einheiten und auch dem Tross ihre Plätze zuwiesen. Nicht nur den späteren Platz in der Marschkolonne, sondern auch hier auf dem Feld, denn wie es die Tradition und die Religion erforderten würden auch vor diesem Feldzug noch die Omen gelesen werden. Dafür war ein Platz mit einem Altar hergerichtet worden und die Einheiten sollten vor diesem Stellung beziehen, sodass alle –oder zumindest die ersten Reihen- das feierliche Ritual verfolgen konnten.
Auf der anderen Seite des Platzes befand sich Modestus hoch zu Pferd. Um ihn herum waren einige Offiziere aus seinem Stab und hinter ihm hatten die Equites Singulares, der berittene Teil seiner Leibwache Stellung bezogen. Er selbst trug nun auch nicht mehr eine Toga, wie er es bisher zu tun gepflegt hatte, sondern militärische Kleidung und Rüstung, wie es für einen Feldherren angemessen war. Allerdings verzichtete er dabei auf übermäßigen Protz, eine Lektion die er aus seinem Tribunat mitgenommen hatten. Niemand der ihn sah würde ihn für einen einfachen Soldaten halten, aber er trug auch kein vergoldetes und mit Juwelen besetztes Ungetüm. Sobald alle Einheiten versammelt waren und Aufstellung genommen hatten, konnte der Aurelius Lupus, immerhin ein römischer Haruspex, mit seinem Ritual beginnen. Nach dem Abmarsch würde es direkt nach Vindonissa gehen, wo die Legio VIII schon ein Lager für die Truppen aus Germania Superior vorbereitete. Während die allerersten Sonnenstrahlen den nahenden Morgen verkündeten, dachte Modestus über den weiteren Weg nach. Die Alpen, Italia, Roma. Wenn nichts dazwischen kam, würden sie in kaum zwei Wochen auf italischem Gebiet sein.