Officium des Praefectus Praetorio Faustus Decimus Serapio

  • Die Reaktion der Decima ließ Vala unwillkürlich die Augen rollen und sich schließlich angestrengt die Schläfen reiben. Wie konnte eine Sippe von derartigen Hornochsen es nur so weit nach oben geschafft haben? Achja... die Masse.
    "WACHE."
    , rief er schließlich ohne den Blick von der Decima zu nehmen, die sich hier tatsächlich in der Lage dachte irgendwas entscheiden zu können. Letztlich hatte sie nur abzunicken was ohnehin schon beschlossen war... allerdings hatte Vala da wohl die Rechnung ohne die offensichtliche Familienkrankheit der Decimi gemacht.
    "Tribun.", grüßte die Wache nachdem die Tür sich leise quietschend geöffnet hatte, "Du hast gerufen?"
    "Habe ich.", erwiderte Vala, den verständnislosen Blick weiterhin auf die Decima geheftet, "Ich habe nach Decima Seiana verlangt. Man hat mir den falschen Gefangenen gebracht... schafft mir den Praefectus Praetorio aus den Augen, und bringt mir die Auctrix der Acta."
    "Tribun?", fragte die Wache mit deutlich irritiertem Gesichtsausdruck, saß doch gerade eine Frau vor ihm die offensichtlich nicht der Praefectus Praetorio war.
    "Na, wird's bald?", blaffte Vala deutlich genervt, "Decima Seiana war der Name, die muss irgendwo unten im Carcer hocken... man wird dir sagen wo."
    "Tribun... das... das...", erwiderte die Wache unschlüssig, immerhin war Vala der Befehlshaber seiner Legion... und dem widersprach man nicht so einfach. Andererseits hatte der Sklave dieses Befehlshaber den Ruf wahnsinnig zu sein... vielleicht hatte er ja seinen Herrn angesteckt? "Das.. ist... Decima... Seiana... Tribun."
    Mit diesen Worten riss Vala die Augen auf, starrte die Decima noch einmal ganz genau an... und tat schließlich so, als würde er erkennen: "Oh... ja... tatsächlich. Na, vielleicht hab ich es ja mit den Augen... du darfst wegtreten."
    "Tribun.", salutierte eine immernoch sichtlich verwirrte Wache bevor sich hinter ihr die Tür quietschend schloss.
    "Also... noch einmal...", begann Vala schließlich von neuem, "Der Krieg hat einiges auf den Kopf gestellt, aber sein Ende birgt auch viele Chancen... und dies ist eine. DASS wir die Kinder des Decimus Magnus bekommen ist, wie du offensichtlich selbst erkannt hast, keine Frage. Keine des ob.... aber eine des wie. Und auf das wie hast du hier und jetzt die entscheidende Einflussmöglichkeit. Die kommt so nicht wieder. Vor allem nicht mit diesen... Begleiterscheinungen."

  • Seiana begriff zuerst nicht ganz, was das folgende Schauspiel sollte, und sie sah noch weniger Sinn darin, auch wenn ihr beim Wortwechsel des Duccius mit der Wache dann doch klar wurde, was er wohl bezwecken wollte. Mit einer Miene, die fast noch versteinerter war als zuvor, ließ sie das Schauspiel über sich ergehen, hielt seinem Blick dabei stand und wartete im Grunde nur darauf, dass er sich entschied – ob er sie tatsächlich wieder wegschickte, oder ob er die Wache unverrichteter Dinge wieder gehen ließ.


    Er ließ sie hier bleiben... und verdeutlichte noch einmal, was Sache war. Als ob sie eine Erinnerung gebraucht hätte – wobei: vermutlich hatte sie das, auch wenn sie sich das nur widerwillig eingestand. Sie wollte Magnus' Kinder nicht fortgeben, und sie wollte schon gar nicht diejenige sein, die das ganze auch noch besiegelte. Ginge es nur nach ihr, sie hätte rundheraus abgelehnt. Sie hätte ihm sein Hilfsangebot um die Ohren gepfeffert. Aber der Tribun hatte Recht: so wie die Dinge lagen, würde er es auf die ein oder andere Art durchsetzen können, dass die Kinder den Decimi weggenommen wurden. Und davon abgesehen ging es nicht nur nach ihr... und Faustus würde keine Einwände haben, nicht dagegen – das würde vermutlich sogar die so ziemlich einzige Sache sein, gegen die er nichts einzuwenden haben würde, wenn sie sich mit dem Duccius tatsächlich einig wurde, vermutete sie.
    Aber wie es aussah, wollte ihr der Duccius nicht einmal die Möglichkeit lassen, auf ihren Bruder zu verweisen in dieser Sache. „Was willst du von mir hören, Duccius? Mein Einverständnis zählt nichts im römischen Recht. Das meines Bruders hingegen tut es, und ich habe gerade gesagt: ich bin mir sicher, dass er es gibt. Er nennt Venusia Tante, er weiß, dass Magnus' Kinder bei ihr gut aufgehoben sind.“ Das wusste sie auch. Aber sie gehörten nicht zu ihr. Und sie gehörten nicht nach Germanien. Nie. Magnus' hätte das nicht gewollt, und dass Venusia als seine Witwe keinen Gedanken daran zu verschwenden schien, begriff Seiana nicht. Sie brachte es nicht über sich, einen anderen Gedanken auch nur zuzulassen. Gar nicht zu reden davon, wie unglaublich bitter diese Situation für ihren Stolz war. „Er würde sein Einverständnis so oder so geben, also... wenn du von mir ein ja hören willst: ja. Wenn du von mir hören willst, dass ich mich dafür einsetze, dass Venusia eine Bestätigung meines Bruders bekommt, dass sie im Namen der Kinder entscheiden darf: das werde ich. Wenn du von mir hören willst, dass ich dafür sorgen werde, dass... der Rest meiner Familie erfährt mit welcher Freude wir Magnus' Kinder in die Obhut ihrer Mutter und seiner geliebten Ehefrau übergeben haben: ich werde es tun.“

  • Hätte Vala seinen Posca eisgekühlt gewollt, hätte er ihn wohl nur in den Redeschwall der Decima halten müssen. So unmittelbar die abweisende Art der Decima ihm doch erschien, so stark musste er doch an sich halten um nicht erleichtert aufzuatmen oder siegessicher zu grinsen. Letztlich war dieser Berg doch fortgeschafft worden.. wenn auch dem ganzen der schale Beigeschmack blieb. Jedoch zählte das Ergebnis, Geschmack hin oder her.


    "WACHE.", rief Vala erneut anstelle der Decima zu antworten.
    "Tribun?", fragte der gleiche Soldat wie vorhin mit deutlichem Unwohlsein in der Stimme.
    "Die Decima und ich haben nichts weiter zu besprechen. Bringe sie in ihr neues Zimmer und beziehe dann Stellung davor. Der Decima ist es fortan erlaubt sich innerhalb der Castra zu bewegen, ihr werdet dabei sichergehen, dass ihr nichts zustößt."
    "Sehr wohl, Tribun.", sprach die Wache und wartete darauf, dass das Gespräch beendet wurde.
    "Ich freue mich, dass du dich letztlich doch so verständig gezeigt hast... du hast die richtige Entscheidung getroffen. Wenn du mich nun entschuldigen würdest, die Position eines Kriegsgewinnlers birgt eine ganze Reihe Pflichten die meinen Tag mehr als ausfüllen. Ich werde dich in den nächsten Tagen erneut aufsuchen... sicherlich gibt es noch das eine oder andere zu besprechen. Bis dahin... vale bene.", komplimentierte er die Decima hinaus und wandte sich dann einer anderen Tabula zu, um zu signalisieren, dass er das Gespräch damit als beendet betrachtete.

  • Er rief schon wieder die Wache, ohne auf ihre Worte zu reagieren... und Seiana begann sich zu fragen, ob das ganz allgemein eine germanische Unart war, oder einfach nur dieser Mann. Wie zuvor allerdings sah sie ihn nur weiter an und wartete ab, was jetzt kam – etwas anderes blieb ihr auch kaum übrig –, und was sie hörte, zeigte ziemlich deutlich, dass diesmal die Unterredung tatsächlich beendet war. Und dass sie nun wohl doch das Richtige gesagt zu haben schien, jedenfalls in den Ohren des Duccius... Seiana versuchte nicht daran zu denken, was das hieß. Nicht daran, was sie noch vor wenigen Momenten gesagt hatte, wozu sie letztlich eingewilligt hatte. Sie wartete nur darauf, bis der Duccius sie endgültig entließ, erhob sich dann und verabschiedete sich mit einem leisen: „Vale“, bevor sie sich umdrehte und sich von dem Soldaten wegbringen ließ.

  • Als der Soldat mit dem octavischen Senator im Schlepptau die Principia betrat, zeigte sich schon früh in welcher Position sich die achte Legion mitsamt ihres Tribunen gerade befand: kaum ein Officium wurde nicht von Menschen belagert. Die meisten waren Frauen, aber auch ältere Männer warteten hier darauf zu den verschiedenen Funktionsträgern der unmittelbaren Nachkriegs-Verwaltung vorgelassen zu werden. Männer mittleren Alters, also jene die sich gerade in der Blüte ihres Wirkens befanden, waren seltener zu sehen... diejenigen, die mit dem vescularischen Regime wenig am Hut hatten hatten wohl schon früh genug die Stadt Rom verlassen (die Hinrichtung des Vinicius Lucianus war für letzte Zaudernde der Grund gewesen sich abzusetzen), und jene, die einflussreich genug waren um in der Herrschaft des fetten Kaisers zu bestehen saßen meist selbst ein. So wie der Octavier, der an den verschiedensten Räumen vorbei ins Herz der Principia gebracht wurde, um vor einer Tür halt zu machen die nur von wenigen Menschen belagert wurde... aber jene schienen, trotz des weiterhin zur Schau gestellten Wohlstands umso verzweifelter zu sein. Die Blicke derjenigen, die den Octavier erkannten zeigten eine Mischung aus Wut und Mitleid, je nachdem wie man sich selbst positioniert hatte.
    Nachdem der Soldat angeklopft und den Gefangenen angemeldet hatte, wurde dieser auch schon voran in das geräumige Officium des Praefectus Praetorio geschoben, in welchem seit einiger Zeit der Tribun der achten Legion residierte und sich mit den Wirren der Nachkriegszeit befasste.


    Als der Senator den Raum betrat, erwartete ihn der Tribun mit der ihm mittlerweile eigenen Art: die Füße auf dem Schreibtisch des Praefectus Praetorio abgelegt, in eine einfache Soldatentunika gekleidet lässig mit dem Stuhl nach hinten kippelnd und mit angestrengter Miene eine Tabula studierend. Als er sich des Octaviers gewahr wurde, warf er die Tabula achtlos zur Seite und deutete auf den Stuhl vor dem Schreibtisch: "Senator Octavius. Setz dich.", grüßte er den Mann mit professioneller Freundlichkeit und deutete einem in der Ecke bereitstehenden Sklaven dem 'Gast' etwas zu trinken anzubieten... was man hier oben bekam unterschied sich von dem Brackwasser, das die Gefangenen bekam wie die Sonne sich von einem Glühwürmchen.
    "Ich spare mir irgendwelche Floskeln über deine Unterbringung hier, du weißt sicherlich warum du wie wo hier untergekommen bist. Uns stellt sich jetzt und hier nur die Frage, was du gewillt bist zu tun, um etwas daran zu ändern.", kam er gleich zum Punkt der Sache, immerhin warteten draußen noch x-andere Kandidaten die ihm irgendwas dafür anbieten wollten, damit ihre Schützlinge/Verwandten/Ehemänner eine gewisse Hafterleichterung bekämen... wenn sie nicht gar während eines Freigangs urplötzlich verschwanden.

  • Nachdem sie die Untiefen des Carcers verlassen hatten, wurde Victor recht schnell klar, wohin sie ihr Weg wohl führen würde. War ja nicht so, dass er zum ersten Mal die Principia hier betrat. Nur sicherlich waren es bis jetzt immer gänzlich andere Umstände gewesen, von daher war es schon so eine Art erstes Mal. Nunja, bis zum Ende des Lebens gab es immer wieder etwas Neues zu erleben... auch wenn er ehrlich gesagt auf diese Erfahrung verzichten konnte. Wer freute sich auch schon als Gefangener durch die Castra Praetoria getrieben zu werden? Die Gesichter, die Victor mit seiner Wache auf dem Weg zu ihrem endgültigen Ziel passierte, nahm der Senator kaum war. Keines war darunter, das ihm wirklich bekannt vorkam und selbst wenn, würde sein Grobian von Wachmann wohl kaum einen Plausch abwarten. So schritt Victor also nur mit einem stoischen Gesichtsausdruck und möglichst aufrecht durch den Gang der Principia, bis sie zu dem Officium des Praefectus Praetorio kamen. Vor gar nicht allzu langer Zeit war Victor hier zum letzten Mal gewesen... was sich seitdem nicht alles geändert hatte.


    Kurz darauf stand Victor dann auch in besagtem Officium und sah vor sich einen Mann, der wie ein Schuljunge hinter dem den Raum beherrschenden Tisch auf einem Stuhl herumlümmelte. Das Gesicht sagte dem Octavier nichts und selbst nach dem Aufenthalt im Carcer war Victor noch nicht so durch den Wind, dass er jetzt eine Diskussion darüber vom Zaun brechen würde, wie man einen römischen Senator angemessen begrüßte. Da sein Gegenüber auch auf eine Begrüßungsfloskel oder wenigstens die Nennung seines Namens verzichtete, setzte sich Victor auf den zugewiesenen Platz und nahm einen angebotenen Becher entgegen. Kurz nippte er daran, dann konzentrierte er sich auf die Worte des Mannes ihm gegenüber. Während der Mann noch sprach, hob sich bei Victor allerdings eine Augenbraue an, weil er sich fragte, was das hier wohl für ein Gespräch werden sollte. Offensichtlich allerdings eines, bei dem eine Antwort seinerseits erforderlich war, weshalb der Octavier sich kurz räusperte und dann doch ein wenig verwundert dreinblickte.


    "Du siehst mich ein wenig irritiert... Was genau könnte ich denn tun um hier irgendwas zu ändern? Ich vermute doch mal, dass es hier nicht um Sesterzen geht, oder?" Auch wenn so eine kleine Rebellion sicherlich nicht gerade günstig zu kaufen war, wären vermutlich mehr monetäre Ressourcen aus Victor herauszuholen gewesen, wenn er einen Kopf kürzer gemacht und sein Vermögen eingezogen würde, anstatt dass er Bestechungsgeld zahlte. Also wusste der Senator absolut nicht, worauf der Mann da eigentlich hinaus wollte. "Wenn ich hier allerdings irgendwas versprechen soll, wäre es zu freundlich, wenn ich wüsste, wem ich dann hier eigentlich mein Ehrenwort geben würde." Den letzten Satz konnte sich Victor nicht verkneifen, denn er war es irgendwie satt, von seinem Gegenüber als "dem Mann" zu denken.

  • Dass der Senator keine Ahnung hatte, wie er hier von Diensten sein konnte irritierte im Gegenzug dafür Vala. Er hätte erwartet, dass der Mann als einer der ältesten noch aktiven Senatoren gewieft genug war um sich einen Plan B zurecht gelegt zu haben. Allerdings machte der Senator einen halb verhungerten Eindruck (verwehrte er das Essen, das den Gefangenen gebracht wurde? Wieso hatte man ihm nichts davon erzählt?), möglicherweise hatte die Haft den alten Mann aus der Fassung gebracht? Und wieso war der Mann sich nicht darüber im klaren, wer hier eigentlich das Kommando hatte? Wäre Vala etwas eitler und weniger pragmatisch im Umgang mit seinem eigenen Ruf gewesen, hätte er sich wohl beleidigt gesehen... so aber zog er die Füße vom Tisch, lehnte sich nach vorne und fixierte den Senator mit eindringlichem Blick: "Ich, dein derzeitiger Gastgeber, bin Titus Duccius Vala, Sohn des Flavius Duccius Germanicus, Tribun und Kommandeur der achten Legion und erklärter Gefolgsmann des wahren Kaisers Appius Cornelius Palma.", betete er runter, wobei vor allem der letzte auch so klang als wäre es auswendig gelernt und weniger brennende Überzeugung, "Und die Art und Weise wie du von Nutzen sein kannst hängt ganz von dem ab, was dein Gedächtnis hergibt. Als hochrangiges Mitglied des Regime des Usurpators kann ich dir sicherlich keinen Schulderlass versprechen, dazu bist du einfach zu....", er fuchtelte mit einem Finger in der Luft herum, als wolle er ein Wort ausmalen, das sich ihm verbal nicht geben wollte, "...wichtig. Aber bis der Kaiser in Rom eintrifft und sich deiner annimmt ließe sich sicherlich etwas arrangieren... und vielleicht sogar darüber hinaus. Dafür erwartet man natürlich nicht weniger als die Hilfe bei der Verfolgung derjenigen, die ebenfalls tatkräftig geholfen haben um das Regime des Vesculariers am Leben zu erhalten. Ich bin mir sicher, dir fällt da der eine oder andere Name ein..."

  • 'Tut mir leid, der Name sagt mir nichts...' So genau hatte Victor zugegebenermaßen nicht verfolgt, wer bei Palmas Leuten wofür zuständig war und in der letzten Zeit, war er doch etwas abgeschnitten gewesen, was aktuelle Personalentwicklungen in der Stadt anging. So plötzlich, wie der Duccier aber aufrecht saß und sein Sprüchlein aufsagte, schien es dem Octavier nicht ganz angebracht, seinen Gedanken laut auszusprechen. War ja nicht so, als ob Victor unbedingt sterben wollte. Wenn dem so gewesen wäre, hätte er sich sicherlich gar nicht erst in die Castra Praetoria bringen lassen. "Nun, dann weiß ich ja jetzt wenigstens wem ich für die Gastfreundschaft hier danken kann. Salve, Tribun Duccius Vala!" Mit einem schmalen Lächeln hob Victor zum Gruß den Becher den er in der Hand hielt. "Sohn des Duccius Germanicus. Dein Vater war nicht zufällig Tribun bei der Legio II Germanica? Naja, ist aber auch egal, denke ich..." So ganz sicher war sich Victor da auch nicht. Auch wenn sein Gedächtnis kein Sieb war, konnte er sich doch besser an Namen erinnern, wenn er ein passendes Gesicht dazu vor sich sah.


    "Ah, wie schön, wenn man geschätzt und als wichtig betrachtet wird." A propos Gedächtnis... "Wenn ich dich recht verstehe, möchtest du also, dass ich ein paar... ah Regimegetreue verrate? Nun..." So recht konnte Victor nicht glauben, was er da gehört hatte. Der Duccier erwartete doch bestimmt nicht wirklich eine Liste mit Namen von ihm. Kein Wunder, dass der octavische Senator nicht gewusst hatte, worum es hier eigentlich gehen sollte. Auf diesen Gedanken wäre er gar nicht erst gekommen. "Ich mag nach offizieller Lesart ein Verräter sein, das heißt aber noch lange nicht, dass ich ein ehrloser Spitzel bin." Victor hob nicht einmal die Stimme bei seiner Antwort, der ganze Vorschlag konnte nur ein kleiner Scherz zum Einstieg gewesen sein. "Ich bin mir aber sicher, dass ihr im Tabularium am Forum Romanum genug Unterlagen findet, um jeden der in den letzten Jahren offiziell etwas zu sagen hatte identifizieren zu können. Und wenn euch ein Sigel nichts sagen sollte, helfe ich euch da gerne aus. Ich kann euch sogar, wie vermutlich 2/3 aller Bewohner in der Stadt hier, gerne sagen, wo die Träger des Sigels gewohnt haben, aber darüber hinaus... muss ich passen."


    Nunja, selbst wenn die Sache hier todernst gemeint war, musste Victor doch plötzlich schmunzeln. "Ansonsten KANN ich euch wohl kaum weiterhelfen. Ich bin, oder war? nur ein Klient des Potitus Salinator und kein Intimus des Kai... pardon des Ursupators." Für Außenstehende mochte das unverständlich sein und sich nach einer lächerlichen Ausrede anhören, aber für Victor hatte es zweifelsohne etwas ziemlich ironisches, dass er hier und jetzt möglicherweise seinen Haut hätte retten können, wenn er sich mal ein bisschen aktiver beim Vescularier eingebracht hätte. Zwar hätte er jedes Ehrgefühl über den Haufen werfen müssen, aber vielleicht hätte er dann tatsächlich irgendwas gewusst, dass er hätte verraten können. Eine Menge "hätte" waren das und da kein "hätte" der Welt etwas am Lauf der Dinge etwas änderte, nahm Victor noch einen angenehmen Schluck aus dem Becher und sah dann Vala an, um der Dinge zu harren, die da kommen mochten.

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…/f-roemer-soldaten/63.jpg ...tauchte der Wachsoldat am späten Abend vor dem Officium des Tribunen auf, nur um herauszufinden, dass die normalerweise ellenlange Schlange Menschen vor dessen Officium nicht mehr da war. Genauso wie der Tribun selbst, der sich in einer späten Lagebesprechung in der Stadt befand.


    "Tjapp, kann man nix machen, wirst du wohl bis morgen warten müssen..", murrte der Soldat, der sich darüber ärgerte umsonst hergelaufen zu sein und schleppte den Duumvir für die Nacht zurück in dessen Zelle.

  • Von seinem selbstbewussten Auftritt am Lagertor noch immer selbst ein wenig überrascht, folgte der Cassier dem Wachsoldaten - natürlich zu Fuß - ins Innere der Castra. Innerlich ging er dabei wiederholt seinen grundlegenden Gesprächsplan durch, den er sich auf dem Rückritt von Ostia überlegt hatte. Zwar wäre er im Angesicht des Tribunen später sicherlich eh aufgrund der Ernsthaftigkeit und allem, was an diesem Gespräch hängen würde, zu aufgeregt um den erdachten Faden planmäßig zu verfolgen, doch das Gefühl alles getan und versucht zu haben würde ihm sicher helfen. Spätestens wenn er wieder in seine Zelle geworfen werden würde, müsste er sich dann dahingegend keine Selbstvorwürfe machen.
    Doch noch war es nicht soweit. Noch bestand die Chance, dass die Unterredung ein Erfolg würde. So atmete der cassische Duumvir noch einmal ordentlich mutmachend ein, als er vor dem Officium des Tribunus ankam, nur um anschließend erfahren zu müssen, dass der Mann bereits weg war. Weniger verärgert sondern vielmehr niedergeschlagen und enttäuscht (er hatte sich gerade so gut und bereit gefühlt) ließ sich Hemina Minor hernach zurück in seine Zelle führen... die Zelle, von der er gehofft hatte sie so schnell nicht wieder von innen sehen zu müssen.


    Im Folgenden würde er eine unruhige Nacht in ebenjenen vier Wänden verbringen, gequält von seinen Gedanken an das bevorstehende Gespräch mit dem duccischen Tribun, das nun hoffentlich am nächsten Tage stattfinden würde...




    DECURIO - OSTIA

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Es würde nicht weit in den nächsten Tag dauern bis man sich der ostiensischen Duumvirn erneut entsann. Die Tore Roms waren immernoch geschlossen, die Mauern gehalten von einer lächerlich geringen Zahl von Urbanern und dem Befehl des neuen Kaisers das Pomerium zu achten. Kurzum: die Rebellen standen weiterhin ziemlich dumm da, belagerten die Stadt und hofften auf Bewegung aus dem Inneren.


    Was dazu führte, dass man eben recht früh Zeit für die Duumvirn fand... und diese gleich zu zweit zum Officium des Tribunen beförderte, wo dieser gerade einen renitenten Bittsteller für die Freiheit seines Sohnes abwimmelte: "Oh ja, ich bin mir ABSOLUT sicher, dass dein Sohn nicht die geringste Möglichkeit hatte sich den Wünschen des Vescularius zu entziehen...", schnaubte er, während er den Mann aus dem Officium entfernen ließ, grob gepackt von Soldaten der achten Legion wurde der alte Mann mit verzweifeltem Gesichtsausdruck aus der Castra geführt, "...und seinen eigenen auch nicht, weit genug hat er's ja geschafft. Bei Wodans glühenden Klöten, es scheint fast als hätte der Vescularier in einem Nest aus heimlichen Anhängern des Cornelius regiert."
    Sprach's, und ließ sich mit missmutigem Gesicht in seinen Stuhl fallen um sich die Schläfen zu reiben.. wie lange hatte er jetzt Zeit in den Legionen verbracht? Sechs? Es schien fast, als hätte ihn die klare Sprache des Militärs vollständig vom politischen Geseier der Wendehälse Roms entwöhnt.
    "Tribun.", machte sich einer der Soldaten bemerkbar, die die Duumvirn von ihren Zellen hergeführt hatten, "Die Duumviri von Ostia."
    "Wenn man von Loki spricht.", brummte der Tribun und musterte die beiden städtischen Würdenträger mit einer Mischung aus Abfälligkeit und Desinteresse, "Guten Morgen die Herren. Nicht, dass ich es nicht schon gehört hätte... aber ihr habt etwas für mich?!"

  • Von seinem Großneffen im Kerker kommend, leiß sich Licinus von verschiedenen Wachsoldaten den Weg weisen und landete letztendlich vor der Tür zum officium des Gardepräfekten, in dem der tribunus Duccius gerade wohl residierte. Unwillkürlich fragte sich Licinus, ob dies ein Zeichen für die Zukunft sei.
    Er klopfte an, obwohl er sich nicht sicher war, ob der Mann, der den Gang ein Stück runter auf und ab ging, nicht ein Bittsteller war, der hier wartete.

  • Just als der neue Praefectus Castrorum anklopfte sprang die schwere Tür zum Officium des Prätorianerpräfekten auf. Heraus kam nicht etwa einer der vielen Bittsteller, die tagsüber den Tribunen belagerten um irgendwie was für die bereits inhaftierten zu erbitten, oder ein Scriba, sondern der besagte Tribun persönlich. Sich gerade die Lederrüstung selbst festziehend, die er mittlerweile trug wie eine zweite Haut und trotz täglicher Pflege schon bessere Tage gesehen hatte (Wurde echt Zeit für ne Neue.), lief er quasi in den wartenden Iulius hinein.
    "GOTTVERDAMMTE AX...", begann er gerade zu fluchen, einen der mittlerweile doch arg nervenden (und seiner Meinung nach nichts anderes als Zeit fressenden) Bittsteller im Weg wähnend, doch als er sich des Mannes vor ihm gewahr wurde, kam er nicht umhin offene Überraschung zu zeigen... und anschließende Freude, die er mit einem freundschaftlichen Schlag auf die Schulter des Mannes und einem breiten Grinsen ausdrückte: "IULIUS! Wieder auf den Beinen, eh? Schön zu sehen.. schön zu sehen, ich hab mir schon Sorgen gemacht, als ich von deiner Verwundung hörte. Aber.. was bei Loki machst du hier?"

  • Da Licinus noch immer nicht der stabilste auf den Beinen war und der Mann ihn auch noch umgerannt hatte, führte der Klopfer auf die Schulter erstmal zu einem etwas krächzenden Husten. Dieses wurde von einem Räuspern gefolgt, um sich die Kehle wieder frei zu machen.
    "Danke, tribunus!" Dann hatte er sich wieder gefangen und erklärte mit trockenem Humor und schiefem Grinsen.
    "Das Boot über den Styx war zu voll, da hat man mich zurück geschickt. Irgendeiner der Götter hatte wohl ein Einsehen, dass die prima nicht nur von tribuni geführt werden kann." Der Satz war draußen bevor Licinus überlegt hatte, dass ja auch der Duccier ein tribunus . Er konnte nur darauf vertrauen, dass er erkannte, dass sich die Spitze gegen den gegenwärtigen laticlavius der prima richtete, der wegen hochgradiger Inkompetenz in der ganzen Armee gefürchtet war.


    Dann kam der tribunus aus seine Anwesenheit hier zu sprechen und irgendwie hatte Licinus das vage Gefühl, dass es mit der guten Laune des tribunus gleich vorbei sein würde, egal, wie er zu seinem unbedachten Spruch vorhin stehen mochte.
    "Eine persönliche Angelegenheit, ein Neffe von mir sitzt da unten. Iulius Dives, duumvir von Ostia." Dabei machte Licinus eine Handbewegung in Richtung Boden, direkt gefolgt von einer beschwichtigenden, mit der der schnell Nachschob.
    "Keine Sorge, ich möchte dich nicht umm seine Freilassung bitten. Nach dem was er erzählt hat, schließe ich, dass er sozusagen in Geiselhaft für das Wohlverhalten seines Amtkollegen sitzt. Du weißt, von wem ich spreche?"
    Licinus hoffte auf eine bejahende Antwort, sonst würde der folgende Teil sicherlich ungleich schwieriger werden.

  • "Bei dem Schwund an Offizieren, den dieser Feldzug mit sich brachte, kann man Charon verstehen...", witzelte Vala, immerhin hatte die Schlacht bei Vicetia ihnen gleich einen Feldherrn und einen Legaten gekostet, während der der Secunda sich nurnoch mit Mühe auf seinem Pferd halten konnte und kaum mehr war als jemand der rein zufällig ein zentrales Zelt im Lager bewohnte. Ja, an Führungsoffizieren hatten sie gerade keinen Überfluss, und so freute es Vala umso mehr, dass der Flaminier sich entschlossen hatte die Prima in die Hände dessen zu geben, der schon zu Zeiten Valas ersten Tribunats tatkräftig zu dessen militärischer Ausbildung beigetragen hatte: "Meinen Glückwunsch zu deiner Beförderung, übrigens... hätte keinen besseren treffen können."
    Nachdem der Glückwünsche genüge getan war, nickte Vala in Richtung des langen Flurs und begann schon gemächlich voran zu schreiten ohne eine Antwort abzuwarten: "Wenn du erlaubst, ich bin gerade auf dem Sprung.. der Flaminier hat heute Abend noch eine Kommandositzung anberaumt, natürlich am anderen Ende der Stadt... wozu du meines Wissens nach eigentlich auch beordert sein müsstest, als Kommandeur der Prima. Also, komm mit,... hast du dein Pferd am Tor abgegeben? Dann lasse ich es holen..."


    Während sie also gen Ausgang schritten und er weiter an seiner Rüstung rumnestelte hörte Vala sich das Gesuch des Iulius an, nur um erneut überrascht dreinzuschauen: "Dieser Tivo ist dein Neffe? Interessant... aber wer soll bei den ganzen Iulii im Reich auch den Überblick behalten?", murmelte Vala ohne besonders bekümmert zu wirken, im Moment schien ihm eine Schnalle an der Rüstung eher zu tangieren als die Sache mit dem eingeknasteten Neffen, bevor er dann doch den Blick hob und wieder breit grinste: "Hah! Hättest du mich mal um die Freilassung gebeten, ich hätte sie dir sogar geben können. Wenn dieser Kerl in seiner Civitas auch nur annähernd das gilt, was ein Duumvir normalerweise so gilt, dürfte Ostia heute oder morgen an uns fallen... womit sich dann der Aufenthalt deines Neffen hier erübrigt hat. Und ganz unter uns: sobald die Tore Roms offen sind, werden wir die Zellen definitiv für größere Tiere brauchen als den Duumvir Ostias."


    Kaum waren sie draußen angekommen, wartete schon ein Sklave mit dem Reittier des Tribuns.
    "Bringt das Pferd des Praefectus, pronto!", befahl Vala, während er sich erneut seinem zeitweiligen Gast zuwandte und ihn eine Zeit lang nachdenklich anschaute, "Was ist mit Marcus Proximus, oder Lucius Centho von den Iulii? Gehören die auch zu deiner Familia?"

  • "Berufrisiko der centurionen," zitierte Licinus den alten Spruch "beim Angriff die ersten, beim Rückzug die letzten. So haben wir es immer gehalten. Was die höheren Offiziere angeht, hatten wir vor Vicetia allerdings verdammtes Pech! Die andere Seite aber auch!"
    Wenn man allein an den gefangenen Prätorianerpräfekten dachten. Und, zack, war das Thema wieder auf dem Tisch. "Danke. Ja, muss ich auch. Und mein Lager ist ja auch auf der anderen Seite." Jetzt war es schon 'sein' Lager. Er warf einen Blick in Richtung der Sonne "Sollten wir aber noch gut schaffen." Licinus wollte etwas zum Thema Pferd sagen, aber da fuhr der tribunus schon fort.


    "Keiner, ich würde lügen müssen, wenn ich sagen würde, dass ich den Überblick behalte. Und ich gehöre dazu." Das er die Freilassung sogar erhalten hätte, war auf der anderen Seite gut, auf der einen dagegen etwas ärgerlich, da er nicht darum gebeten hatte.
    "Nun, da habe ich wohl eine Gelegenheit verpasst. Ich wollte dich eigentlich nur bitten, ihn unter Ehrenwort unter Hausarrest in einem der leeren Mannschaftsqaurtiere unterzubringen. Ich halte ihn zwar für einen ziemlichen Opportunisten, aber für ungefährlich. Und gerade weil er ein Opportunist ist, wird er kaum versuchen zu fliehen." Zu Ostia konnte Licinus nichts sagen, es war lange her, dass er am zivilen Leben einer Stadt teilgenommen hatte. Weit über ein Dutzend an Jahren. Oder anders formuliert, fast sein gesamtes Leben seit Anlegen der toga virilis.


    Bei den Worten von der Eroberung Roms dagegen, wanderte sein Blick direkt auf die Stadtmauer und die mehr als lockere Postenkette, die sich auf selbiger abzeichnete. Lächerlich aus strategischer Sicht, aber für den einzelnen Mann konnte es dennoch gefährlich werden. "Wenn kein Entsatzheer der Vescularianer auftaucht, wird es auch hier nicht mehr lange dauern." Natürlich ahnte Licinus nicht im geringsten, wie kurz es nur noch dauern würde, aber er gab der Stadt 10 Tage mehr.


    Als die Stallburschen aber den Befehl bekamen, sein Pferd zu bringen, standen sie vor einem Problem: Er hatte keines dabei. Als centurio keines gebraucht, in der Stadt zum praefectus ernannt, hatte es bisher wichtigeres zu tun gegeben, als sich ein Pferd zu beschaffen. Genau genommen gab es für Licinus immer etwas wichtigeres, als sich einen verdammten Klepper anzuschaffen. "Gebt mir irgendein ruhiges Vieh! Ich sorg dafür, dass es zurück kommt!" wies er die Stallburschen also an, die prompt mit einem auftauchten.


    "Beide! Etwas entfernter", gab Licinus unumwunden zu, nachdem er mehr entschlossen als elegant aufgesessen war. Er stellte wieder mal fest, dass er das Reiten einfach nicht mochte. "Aber mein Kontakt zu ihnen war schon vor dem Bürgerkrieg, na, sporadisch wäre wohl noch übertrieben. Von daher kann ich dir nicht sagen, warum sie auf der anderen Seite der Mauer stehen, Opportunismus oder Machtgier."


    "Aber wenn du noch eine Frage erlaubst. Wir hatten eben das Thema Verluste an Offizieren, weißt du etwas über den Gesundheitszustand des Gefangenen Faustus Decimus Serapio?" Es war raus. Licinus fühlte sich ein wenig erleichtert, alleindadurch, dass er die Frage gestellt hatte. Allerdings hoffte er, dass man ihm seine Erleicherung nicht allzu sehr anmerkte. Er merkte erst durch die Fragen des Ducciers selbst, wie viele recht hochrangige Verräter er selbst kannte und/oder mit ihnen verwandt war.

  • "Ein Opportunist also... das macht ihn ja beinahe sympathisch.", witzelte Vala während er sich selbst in den Sattel schwang, kam er doch nicht umhin sich selbst zu dieser Spezies zu zählen. Hätte der Vescularier sich vor dem Bürgerkrieg anders entschieden und Vala zum Senator gemacht, wäre wohl einiges anders gelaufen in diesem Bürgerkrieg, und Vala würde letztlich auf der anderen Seite der Mauer sitzen. Was er aber nicht tat, und ihn somit zu folgender Ansage verleitete: "Das dumme an Opportunismus ist, dass jedes Mal wenn man glaubt das Richtige und Notwendige für sich zu tun, die Götter eine Münze werfen. Als Opportunist ist man entweder großartig erfolgreich, oder man scheitert ebenso grandios... es gibt nichts dazwischen. Dein Neffe ist soeben grandios gescheitert. Eigentlich sollte ich ihn was länger einsitzen lassen... Ostia ist unter seiner Regie Klientelstadt des Vesculariers geworden, kein kluger Schachzug. Du kannst ihm in Zukunft vorhalten, dass du es warst, der ihm eine weitere Nacht im Carcer ersparte..."


    Während sie ihre Reittiere aus der Castra lenkten, was Vala nach Jahren im Offizierssattel locker von der Hand ging, folgte er dem Blick des Iuliers zur Stadtmauer: "Und wenn Rom offen steht wird die Hölle losbrechen. Wir haben nicht einmal zehntausend Mann für eine Millionenstadt. Das würde selbst dann ein enormer Kraftakt werden, wenn wir es nicht mit den Anhängern des Fetten zu tun bekämen."
    Da war der Praefectus tatsächlich mit zwei der hochrangigsten Granden des Vescularier-Regimes verwandt. Vala kam nicht umhin eine schiefe Grimasse zu verziehen als er das hörte: "Das Warum ist letztlich egal... es zählt das Dass. Deine Familia scheint, mal von dir abgesehen, voll in die Latrine gegriffen zu haben. Sowohl Lucius Centho als auch Marcus Proximus wirst du nicht so einfach aus dem Carcer rausbekommen... und glaube mir, die werden Glück haben wenn sie überhaupt dort landen."


    Die Frage nach dem Praefectus Praetorio ließ Vala einen Moment die Lippen schmal ziehen, immerhin war die Sache recht delikater und hochgefährlicher Natur. So schenkte er dem Iulier einen schiefen Blick, bevor er mit Blick auf die Straße vor sich fragte: "Ihr wart zusammen in Parthia, oder? Ja, ich habe meine Hausaufgaben gemacht... ich mache sie immer. Deswegen sitz ich auch hier im Sattel und er unten im Carcer, und nicht umgekehrt.", murrte Vala mit leichtem Unbehagen in der Stimme, bis er sich schließlich zu einem kurzen und ziemlich ausweichenden* Kommentar durchrang: "Sein Zustand könnte uns noch gewisse Schwierigkeiten bereiten."


    Sim-Off:

    *Ausgewichen weil noch vollkommen offen ist, ob der Hund jetzt die Eier hat sich selbst auszuknipsen oder nicht. :D

  • Zitat

    Original von Titus Duccius Vala
    Es würde nicht weit in den nächsten Tag dauern bis man sich der ostiensischen Duumvirn erneut entsann. Die Tore Roms waren immernoch geschlossen, die Mauern gehalten von einer lächerlich geringen Zahl von Urbanern und dem Befehl des neuen Kaisers das Pomerium zu achten. Kurzum: die Rebellen standen weiterhin ziemlich dumm da, belagerten die Stadt und hofften auf Bewegung aus dem Inneren.


    Was dazu führte, dass man eben recht früh Zeit für die Duumvirn fand... und diese gleich zu zweit zum Officium des Tribunen beförderte, wo dieser gerade einen renitenten Bittsteller für die Freiheit seines Sohnes abwimmelte: "Oh ja, ich bin mir ABSOLUT sicher, dass dein Sohn nicht die geringste Möglichkeit hatte sich den Wünschen des Vescularius zu entziehen...", schnaubte er, während er den Mann aus dem Officium entfernen ließ, grob gepackt von Soldaten der achten Legion wurde der alte Mann mit verzweifeltem Gesichtsausdruck aus der Castra geführt, "...und seinen eigenen auch nicht, weit genug hat er's ja geschafft. Bei Wodans glühenden Klöten, es scheint fast als hätte der Vescularier in einem Nest aus heimlichen Anhängern des Cornelius regiert."
    Sprach's, und ließ sich mit missmutigem Gesicht in seinen Stuhl fallen um sich die Schläfen zu reiben.. wie lange hatte er jetzt Zeit in den Legionen verbracht? Sechs? Es schien fast, als hätte ihn die klare Sprache des Militärs vollständig vom politischen Geseier der Wendehälse Roms entwöhnt.
    "Tribun.", machte sich einer der Soldaten bemerkbar, die die Duumvirn von ihren Zellen hergeführt hatten, "Die Duumviri von Ostia."
    "Wenn man von Loki spricht.", brummte der Tribun und musterte die beiden städtischen Würdenträger mit einer Mischung aus Abfälligkeit und Desinteresse, "Guten Morgen die Herren. Nicht, dass ich es nicht schon gehört hätte... aber ihr habt etwas für mich?!"


    Dass auch Dives zu dem Gespräch mit dem duccischen Tribunus hinzu gebeten wurde, überraschte jenen durchaus ein wenig. Insbesondere hatte er bis zu ihrer Beförderung zum Officium des Ducciers ja keine Ahnung, dass sein Amtskollege bereits wieder zurück von seiner Mission in Ostia war. So also tat der Iulier auf dem 'Weg ins Licht', wie man den Gang aus seiner Zelle in die helleren Räumlichkeiten auch nennen könnte, das, was ihm am sinnvollsten erschien: Er ließ sich vom Cassier zuraunen, dass Ostia nun in den Händen cornelischer Truppen war und dass Hemina die Unterlagen bekommen hatte, die sie brauchten, bevor er am Festtag des Mercurius, der am heutigen Tag zumindest nominell gefeiert wurde, ein stummes Gebet an jenen Gott, den Schirmherr der Beredsamkeit, schickte. Dessen Künste des Überredens und Herausredens könnten schließlich beide Duumvirn im folgenden Gespräch sicherlich gut brauchen...


    "Salve, Tribune.", grüßte der Iulier zunächst allerdings recht wortkarg und überließ seinem tatsächlich in Ostia gewesenen Collega damit das Wort.
    "Sei gegrüßt, Tribun. In der Tat haben wir etwas für dich...", erklärte Cassius Hemina Minor sodann und überreichte dem Duccier die versiegelte Wachstafel, die der Praefectus Ostiensis, Heminas Vater, am Vortag ausgestellt hatte:


    Ostia, A.D. IV ID MAI DCCCLXIII A.U.C.


    I Cassius Hemina Maior Praefectus Ostiensis s.d.


    Mit diesem Schriftstück bestätige ich, der die beiden abwesenden Duumviri von Ostia offiziell vertretende Praefectus Ostiensis, dass meine Civitas nunmehr dem einzigen und wahren Kaiser Romas, Cornelius Palma, folgt.


    Nachdem nicht nur ein Heer vor den Toren Ostias aufgetaucht ist, diese Hafenstadt zu erobern, sondern auch der Duumvir Cassius Hemina Minor uns mit seiner Stimme und durch seine Anwesenheit gezeigt hat, dass dies die richtige Entscheidung ist, wurde die Stadt friedlich in die Hände des hiesigen Vertreters Cornelius Palmas übergeben. Die Stadttore wurden geöffnet und die Truppen des wahren Kaisers Cornelius freundlich empfangen.


    Um die damit wieder voll und ganz in den Diensten Romas stehende Civitas Ostia nun jedoch bestmöglich im Sinne des wahren Kaisers Cornelius verwalten zu können, möchte ich diese Nachricht mit einer abschließenden Bitte schließen. Die Duumviri Ostias haben gezeigt, dass sie auf der richtigen Seite, der Seite des Cornelius Palma, stehen. Sofern es die aktuelle Situation nun erlaubt, würde ich ihre Überführung zurück nach Ostia sehr begrüßen.


    Vale bene,


    SCITUM PER SIGNUM PRAEFECTI:


    IULLUS CASSIUS HEMINA mai.
    PRAEFECTUS - OSTIA



    "... die Nachricht vom friedlichen Seitenwechsel Ostias.", ergänzte der Cassier anschließend halblaut, um den Tribun nicht beim Lesen respektive Überfliegen des Schreibens zu stören. Nach einem Moment der Ruhe ergänzte Dives:
    "Darüber hinaus hat mein Collega auch die Urkunden zum Stadtpatronat, von denen ich dir erzählt hatte, mitgebracht..." Ob diese den Tribun interessieren würden oder nicht, stand natürich auf einem anderen Blatt und würde sich sicherlich gleich herausstellen. Letztlich allerdings dienten sie wohl mehr der Förderung der eigenen Glaubwürdigkeit als irgendeinem anderen Zweck. Wen interessierte hier in Roma schließlich das Stadtpatronat irgendeiner Civitas - auch wenn diese Ostia hieß und die Versorgung Romas zum größten Teil an ihr hing...

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • "Stop quoting the law, we carry weapons..", murmelte Vala auf im Dialekt der Angeln und Sachsen des Nordens nachdem er sich die Tabula hatte reichen lassen und überflog den Text mit kritischem Blick... nur um sich danach beiläufig zur Seite zu werfen: "So ein Blabla... als würde ein Stück eingeritztes Wachs und Holz uns tatsächlich garantieren, dass Ostia brav ist und die Füße still hält, während wir hier in Roma die Sache zuende bringen. Aber sei's drum..."
    Mit einem langen Blick taxierte er die angebotenen Dokumente für den Wechsel des Stadtpatrons, und warf schließlich den Duumvirn einen ebenso vieldeutigen zu: "Macht euch nicht lächerlich... der Wechsel des Stadtpatrons zu diesem Zeitpunkt wäre nichts weniger als eine peinliche Farce. Ich habe das jetzt einfach nicht gehört... ihr habt eure Schuldigkeit getan, damit seid ihr frei. Es wird noch viel Arbeit auf eure Civitas zukommen, ist dieser Krieg erst einmal vorüber und das Korn Aegyptens wieder auf dem Meer. Vale bene, die Herren.", komplimentierte er die städtischen Würdenträger relativ fix aus dem Haus, immerhin gab es hier nichts mehr großartig zu arrangieren. Ostia hatte kapituliert, das war alles was sie hätten wollen können.

  • Da weder Dives noch Hemina auch nur irgendeine barbarische Sprache halbwegs verstehen oder gar sprechen konnten, blieb ihnen beiden verborgen, was der Tribun sich da in seinem Bart murmelte. Nachdem jener nach einer abfälligen Bemerkung zum Inhalt der Wachstafel, sowie dem Stadtpatronat Ostias die beiden Duumvirn dann in die Freiheit entließ, war den beiden Freigelassenen letztlich allerdings auch ziemlich egal, was genau der Duccier nun auf nicht-lateinisch gesagt hatte. Unterm Strich zählte für sie erstmal eins: Sie war wieder frei!


    So blieb letztlich auch das Unverständnis des Iuliers für den Ausdruck 'peinliche Farce' in Bezug auf das Stadtpatronat der Hafenstadt unausgesprochen. Dass der Tribun fälschlicherweise davon ausging, dass Ostia erst unter Dives' Regie zur Klientelstadt des Vesculariers geworden war, konnte der Duumvir ja nicht ahnen. Er ging nach wie vor davon aus, dass sein Cousin Octavius Macer damals einen Fehler gemacht hatte, den es nun eben zu berichtigen galt. Die mehr oder weniger unbegründete Festsetzung, denn dies war sie für die Duumvirn in der Tat: unbegründet, würde sie wohl kaum aufhalten ihre Civitas zumindest offiziell vom Fettwanst loszusagen. Alles andere lag sowieso nur bedingt in ihren Händen.


    "Wir danken. Vale bene, Tribun." - "Vale bene.", verabschiedeten sie sich sodann mehr als gerne und ließen sich gar noch lieber aus den Castra Praetoria führen. Endlich waren sie wieder freie Römer...

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