"War er.", bejahte Vala einsilbig die Frage nach seinem Vater, die ihn hier äußerst kalt erwischte. Natürlich kannte man Flavius Duccius Germanicus, war er doch (nach vieler Bekundung) einer der Granden des Reichs seiner Zeit gewesen... ohne es in den Senat oder auch nur einer handfesten Einflussposition zu bringen. Aber dass er sich das hier nun in Erinnerung rufen lassen durfte störte dann doch: "Und ja, ist es.",
Und dann wieder: ehrloser Spitzel. Als Vala das Wort nur hörte kam ihm die Galle hoch, und er hätte am liebsten seinen Kopf auf die Tischplatte geschlagen um den Irrsinn zu vertreiben, indem er sich hier befand. Ehre! Was hatten die ganzen Römer mit Ehre? Manchmal glaubte Vala, viele Römer wussten garnicht was es damit auf sich hatte, und plapperten das Wort quasi als verbale Allzweckrechtfertigung in jede passende Situation hinein. Ob es sich bei diesem Octavier damit genauso auf sich hatte wusste er nicht... und wollte er auch nicht wissen, es gab wichtigeres zu besprechen.
Dass das Wichtige laut eigener Aussage kaum nennenswert war, war irgendwo ein weiterer Rückschlag in einem Gespräch das nicht so recht verlief wie Vala sich das vorgestellt hatte. Zu behaupten als einer der höchstrangigen Klienten des Vesculariers nicht zu dessen Intimkreis gehört zu haben war... gelinde gesagt... abenteuerlich, und Vala machte durch hochgezogene Augenbrauen und schmale Lippen ziemlich deutlich, für wie wahrheitsträchtig er diese Aussage hielt. Das ganze Gerede um die Informationslage musste er dabei nicht einmal kommentieren, immerhin hatte es zu den ersten Schritten gehört die Festzunehmenden eben nicht nur festzunehmen, sondern auch alles mögliche an Informationen einzuholen. Und genau in diesem Moment wurde überall in Rom fleißig denunziert und verraten, eigene Häute gerettet und preisgegeben.. letztlich war die Aussage des Octavius dabei nur peripher von Bedeutung.
In anderer Sache war sie allerdings elementar: "Du hast als Vertreter der Anklage maßgeblich an der Verurteilung von Marcus Vinicius Lucianus zum Tode mitgewirkt.", begann Vala daher mit eindringlichem Blick, "Man kann den Vinicius nicht aus dem Grab zurückbringen.. was man allerdings kann, ist klarstellen, was es mit dieser Verurteilung auf sich hatte."
Vala gab sich nicht die Muse mit einem Becher zu hantieren und dabei irgendeine besondere Mimik an den Tag zu legen um irgendwelche Ränkespiele zu betreiben, hier ging es letztlich darum, dass der Octavius tat was man von ihm verlangte: "Ich denke du bist lange genug in der Politik Roms tätig, um zu verstehen was hier gleich von dir verlangt wird. Und zwar nicht nur in Tinte und Papyrus, sondern auch in dem, was du öffentlich über die Sache sagen wirst."
Die vollständige Rehabilitation des Marcus Vinicius Lucianus konnte Vala eigentlich vollkommen Schnurz sein, mit dem Mann hatte er zuletzt ein recht angespanntes Verhältnis gehabt welches nur durch seinen Patron aufrecht gehalten wurde. Allerdings zielte die Sache eben auch eher auf letzteren: Würde die Verurteilung von Marcus Vinicius Lucianus als Verräter und Kaisermörder als konstruiert, forciert und abseits aller Rechtsvorstellungen der Römer entblößt, wäre damit ebenso die Verbannung seines Bruders hinfällig.
Und wer könnte das Urteil als unrechtens erklären, als derjenige, der maßgeblich darauf hingearbeitet hatte?