Aufhebung der Steuerfreiheit für Patrizier

  • "Es klingt in den Ohren des kleinen Mannes hart. Es ist ein tiefer Einschnitt in die Tasche des Mittelstandes. Aber die Erleichterung für fünf Prozent der Römer, den Reichen, kommt dem Staat mehr zu Gute, als die kleinen Leute übermäßig zu subventionieren, indem sie sehr moderate Steuern zu entrichten haben. Wer ist es denn, der die Infrastruktur des Reiches am Leben hält? Der Bürger, oder doch jene, die sich mit großartigen Projekten in den Ohren und Gedächtnissen der Bürger halten wollen? Wieviele dieser notwendigen Rekonstruktionsmaßnahmen oder Neubauten hat es denn die letzten Jahre gegeben, wieviele der gewählten Vertreter des Cursus Honorum haben Rom mit derart wichtigen Bauten verstärkt und neuen Glanz gegeben? Man kann es an einer Hand aufzählen! Und warum ist das so, weil jemand der als reich gebrandmarkt wird jeden Steuerzyklus mehr an Vermögen verliert, als er mit seinen üppigen Einnahmen je wieder aufzufüllen vermag. Heute ist es doch so, das jene die viel haben, sehr viel an den Staat zahlen müssen, zuviel wie ich sage! Und jene die unter der zehntausend Sesterzen Grenze üppig leben, kaum etwas zum Wohlstand des Reiches beizutragen haben. Doch jene werden auch so nie das Geld haben Roms Glanz und Glorie zu erhalten und zu mehren, also wie soll in Zukunft dem Verfall Einhalt geboten werden, wenn es in dieser Sache kein Umdenken gibt?!"


    Avarus schaute sich um, dann führte er fort:


    "Sicher sind zweihundertfünfzig Sesterzen viel Geld für jemanden, der vielleicht hundert die Woche verdient. Aber jemand der hundert verdient, gibt auch siebzig aus, um leben zu können. Es trifft also mehr den Mittelstand, als den "kleinen Mann". Zudem ist es zusätzlich engstirnig betrachtet, man würde die Reichen immer reicher werden lassen. Nur die wenigsten Römer haben ein Einkommen jenseits der besprochenen zweitausendfünfhundert Sesterzen. Mit dem jetzigen System wird der Status Reich förmlich abgeschafft. Das mag dem einfachen Bürger plausibel erscheinen, aber den vorhin argumentierten Notwendigkeiten kommt es bei weitem nicht zu Gute. Ganz im Gegenteil Rom hat mehr darunter zu leiden, als die Bevölkerung, die nur ihren eigenen kleinen Familienstaat vor sich sieht. Heute bezahlen die Reichen mehr als zehntausend Sesterzen pro Woche. Der Mittelstand nichts. Was ist daran ein gerechtes System?"

  • Es freute Macer durchaus, dass Germanicus Avarus in der Debatte immer mehr Zahlen nannte, denn am Umgang mit Zahlen hatte Macer meistens Freude. Vielleicht noch eine Altlast aus seiner Zeit als Aedil oder vielleicht auch eher umngekehrt die Ursache dafür, dass ihm die Zeit als Aedil so viel Spaß gemacht hatte. Auf jeden Fall kam er nicht umhin, während der Rede gelegentlich milde lächelnd den Kopf zu schütten, wenn er wieder einmal Zahlen zu hören bekam, die in seinen Ohren nicht im mindestens Sinn ergaben und zu den vorher genannten Zahlen passen wollten. Aber noch verzichtete er darauf, im Detail auf diese einzugehen, weil er wusste, dass die meisten Zuhörer durch solche Details ohnehin gelangweilt wurden. Stattdessen ging er wieder auf die Intention der Rede und des Vorhabens ein.


    "Es ist ein starker Vorwurf, den du da erhebst, Germanicus Avarus, wenn du behauptest, dass mit dem jetzigen System der Status 'Reich' abgeschafft wird. Es gibt zweifellos viele Menschen hier in Rom, die zahlreiche Senatoren als reich bezeichnen würden - auch jene, die nicht zu den steuerbefreiten Patriziern gehören. Möchten wir wirklich bestreiten, dass zahlreiche amtierende Statthalter oder auch ehemalige Statthalter und Consuln - beispielsweise Matinius Agrippa, um nur einen wohlbekannten Namen zu nennen - reiche Männer sind? Ich glaube kaum, dass sich diese Debatte wirklich darum drehen sollte, wie reich man nun sein muss, um als reich zu gelten. Vielmehr möchte ich die Frage stellen, was wir, als Senat, als Vertreter Roms, als Verantwortliche für das Wohl von Millionen von Bürgern, davon haben, wenn fünf Prozent der Römer nicht nur im Auge der anderen, sondern auch in ihren eigenen Augen reich sind!"


    Er machte eine kleine Pause, damit jeder nachvollziehen konnte, was genau er gefragt hatte und wie sich das auf die Rede von Germanicus Avarus bezog. "Sicher hat keiner von uns etwas dagegen, mehr Geld zu haben", gestand er dann jedem zu. "Aber darum geht es hier ja nicht. Es geht um Rom. Wie Germanicus Avarus eben so schön ausführte, braucht Rom Geld für die Infrastruktur, für Reparaturen, für Neubauten. Wenn ich ihn recht verstanden habe, dann soll es das Privileg und auch die Pflicht der Reichen sein, hierfür Geld zur Verfügung zu stellen, um den Ruhm Roms zu mehren und sich selber dem Andenken der Nachwelt zu empfehlen. Ich denke, dies ist ganz im Sinne unserer Vorfahren und damit für uns alle zustimmungsfähig. Doch das bedeutet, dass es Rom gar nicht darum geht, dass die Reichen reich werden oder reich bleiben - es geht Rom darum, dass sie ihr Geld zum Wohle Roms ausgeben! Es macht für Rom keinen Unterschied, ob jemand das zwanzigfache, das fünfzigfache oder das hundertfache seines Einkommens als Vermögen ansparen kann. Was für Rom zählt ist die Tatsache, dass Geld ausgegeben wird zum Wohle aller! So wie jemand, der einhundert verdient, siebzig ausgeben muss um zu leben, so wird dann wohl der, der eintausend verdient, siebenhundert ausgeben um zu leben und der Gemeinschaft zu dienen. Und weil man für siebenhundert keine Straße bauen kann, ist es doch nur recht und billig, wenn jeder über die Steuern seinen Anteil leistet, damit dann alle gemeinsam die Straße finanziert haben - und nur diese Straße ist es, die allen Bürgern zugute kommt."

  • | Lucius Vipstanus Maecilianus Sermo


    Der Consul seufzte. Dass Germanicus Avarus diesen kaiserlichen Antrag für seine Ideen nutzen würde, hatte Sermo nicht erwartet. Aber langsam reichte es ihm auch! Er wollte dem Kaiser schließlich Ergebnisse vorweisen!


    "Ob das Reich jetzt durch die aktuelle Steuergesetzgebung in Gefahr ist oder nicht, tut zu meinem Antrag nichts zur Sache! Germanicus, lege bitte dem Senat einen ausgearbeiteten Antrag mit Begründung und so weiter vor, dann kann sich jeder darauf vorbereiten!


    Hier brechen wir die Diskussion ab und ich lasse über meinen Antrag abstimmen!"

  • Er hatte gerade Luft holen wollen, um die neuen oder alten Argumente des Senator Macers zu neutralisieren, als der Consul die Debatte abruppt beendete. Aus welchem Grund auch immer... nein es konnte nur einen geben, aber Senator Avarus schluckte den bitteren Geschmack des Despotismus herunter und fiel dem amtierenden Consul nicht ins Wort. Er würde sich einfach für die Politik entscheiden und schließlich den Antrag mit Nein bestimmen. Auch wenn er garnichts davon hielt, das nur ein geringer Teil der Senatoren unbesteuert blieb und dies auch noch die eh regierungsunfähigen Patrizier betraf. Wollte man diese Art und Weise der Stimmabgabe verstehen, musste man eben etwas weiter denken als vom Angesicht der fetten Geldbörse geblendet bis zum Absprung in deren Meer aus unzähligen Goldmünzen. (-Dagobert Reloaded-)

  • Potitus erschien persönlich im Senat. Das war schon lange nicht mehr geschehen! Aber die letzte Abstimmung war ein Schlag ins Gesicht gewesen! Er musste reagieren! Zur Sicherheit erschien er mit einer großen Abordnung seiner skythischen Leibwache und trug einen vergoldeten Brustpanzer unter der purpurnen Toga. Die Consuln machten ihm gehorsam Platz, als er zielstrebig auf das Podest mit den Sellae Curules zuhielt und vor diesen stehen blieb. Die beiden Liktoren am Eingang schlossen das Portal und postierten sich davor, jetzt wurde deutlich, dass ihre Rutenbündel heute mit Äxten ausgestattet waren. Dann begann Salinator seine Rede mit zornigem Blick: "Senatoren!


    Vor einigen Tagen fand hier in diesen ehrwürdigen Hallen eine Frechheit statt, wie ich sie in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt habe! Der Senat stellte sich geschlossen gegen seinen Kaiser! Er hat leichtfertig die Stabilität und Ordnung unseres Staates aufs Spiel gesetzt und das für ein Häuflein Familien, die auf kaum etwas als ihre großen Namen verweisen können! Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus, was?



    Wie lautet der § 18, Absatz 1 des Codex Universalis?" fragte er in Richtung Maecilianus Sermos, der pflichtschuldig aufzubeten begann:


    "Der Imperator Caesar Augustus ist das Staatsoberhaupt des Imperium Romanum und als solches sind seine Anweisungen allgemein absolut bindend. Der Senat hat ausschließlich nur beratende Funktion gegenüber dem Imperator Caesar Augustus."


    "Sehr richtig!" fuhr der Kaiser fort. "Ich werde es nicht dulden, dass ihr aus Egoismus und Geiz das ganze Imperium blockiert! Ihr habt lange genug arrogant und fett in euren Villen gesessen, während das arme Volk auf der Straße buckeln muss und mit seinem sauer verdienten Geld eure fantastischen Pöstchen und Posten finanziert!" Er machte eine kleine Pause und sah kurz in die Reihen der Senatoren. "Ich wollte ein Zeichen setzen, dass Senat und Kaiser mit einer Stimme sprechen, gerade in so schwierigen Zeiten, in denen ein Patrizier, ein Kaisermörder, dreist nach dem Thron grabscht! Ich habe euch meine Hand zum Bunde hingehalten, aber ihr habt darauf gespuckt und damit nicht nur mich, sondern auch das Andenken unseres geliebten Valerianus und aller anderen Kaiser beschmutzt!


    Das werde ich nicht akzeptieren! Ihr wollt keinen Bund? Gut, könnt ihr haben! Ich brauche euch nicht! Ihr seid ein Puppentheater, gestützt auf irgendwelche Traditionen und Privilegien! Aber was nützt ein Senat, der seinen Aufgaben nicht nachkommt? Der nicht integriert, sondern spaltet? Garnichts! Deshalb werde ich ab jetzt eben ohne euch regieren! Ich habe genug Freunde und Klienten, die ich zu Senatoren machen kann, damit sie die paar senatorischen Posten übernehmen können und dem Volk die Fassade des funktionierenden Staates aufrechterhalten können! Ab sofort werden andere Saiten aufgezogen!


    Ich werde die Senatsliste nochmal einer kritischen Prüfung unterziehen, um Platz für loyale Senatoren zu schaffen, die dieser Institution Ehre machen! Und ich kann euch versichern, dass sehr klar verzeichnet ist, wer die Frechheit besaß, gegen meinen Antrag zu stimmen!" Er funkelte die Consulare und Praetorier, die ganz vorn saßen, böse an. "Und wenn ihr mich blockiert, blockiere ich eben euch! Kraft meiner Tribunicia Potestas werde ich jeden einzelnen Antrag, der in diesem Raum gestellt wird, ablehnen! Gesetze werden ab sofort auf dem Palatin beschlossen!"


    Einen Moment überlegte der Vescularier, ob er zum Abschluss noch auf den Boden spucken sollte, wagte das aber doch nicht. Stattdessen gab er seinen Männern ein Zeichen und marschierte grußlos durch den Saal auf die Tore zu. "Und übrigens: Das Dekret von Iulianus ist natürlich aufgehoben! Und ich erkläre diese Sitzung zum Staatsgeheimnis gemäß Codex Iuridicialis! Wer versucht, diese Sache hier hinauszuposaunen, um das Volk zu verwirren, den werde ich ohne Gnade hinrichten lassen!" Damit öffneten die Liktoren das Portal und der Kaiser, umgeben von Leibwächtern und Liktoren, marschierte davon.

  • Das war wohl das, was man als Paukenschlag bezeichnen konnte. Macer hatte mit einer solchen Reaktion nicht gerechnet und war zumindest beeindruckt. Was er von der Sache halten sollte, wusste er noch nicht. In der Sache war er durchaus einverstanden und die Argumentation fand er sogar gelungen. Das Auftreten passte ihm dagegen nicht. Also sagte er erst einmal nichts, um sich nicht zu vorschnellem Beifall oder Widerspruch hinreißen zu lassen, den er später bereute.

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