Officium | Lucius Tiberius Lepidus

  • Das Officium des Lucius Tiberius Lepidus



    Lepidus hatte eines der alten Arbeitszimmer bezogen und sein eigenes daraus gemacht. Durch die vielen große Regale wirkte der Raum recht klein und unansehnlich. Dennoch war es zwischen den Wachstafeln und Schriftrollen genau die Atmosphäre, die der Tiberier zum arbeiten brauchte. Tintenfässer und Federn schmücken den wuchtigen Schreibtisch, der das Zentrum des Officiums darstellt. An der Wand strahlt das Wappen der Gens Tiberia. Der weich gepolsterte Stuhl, auf dem Lepidus die meiste Zeit saß, war überaus bequem und wirkte fast protzig, aber auch für eventuelle Besucher waren zwei Stühle am Ende des Schreibtisches aufgestellt, die der Sitzgelegenheit des Tiberiers kaum nachstanden.


    Im Officium bringt Lepidus seine erhaltenen Geschenke unter, sie alle gut sichtbar zur Bewunderung im Raum aufgestellt wurden


  • Gerade war er noch beim Vilicius im Sklaventrakt und nun ließ sich Lepidus in seinem Arbeitszimmer nieder. Es gab wiedereinmal viel zu tun. Sofort setzte er sich an seinen Schreibtisch und begann etwas auf einer Wachstafel zu lesen. Die Tür zu seinem Officium stand offen, so dass dieser Vagus, den er gerade kennengelernt hatte, in Begleitung eines Sklaven eintreten konnte. Was für ein lustiges Subjekt. Lepidus musste still in sich hineingrinsen.

  • Die Tür standt offen. Ich betrat, in meiner neuen Kleidung das Arbeitszimmer. Es erinnerte mich ein wenig an mein Arbeitszimmer in Augusta Baurica, sofort schob ich die aufkeimenden Erinnerungen bei Seite und versuchte zu lächeln. Ich fühlte mich in diesen Frauenkleidern der Römer unwohl, warum trugen sie keine Hosen? "Hier bin ich."
    ich dachte kurz nach. "Falls ihr Pläne mit mir habt...ich kann noch mehr als lesen, schreiben und rechnen." Ich kratzte mich wieder nervös am Hinterkopf.

  • Der Tiberier blickte von seinem Schreibtisch auf und betrachtete den Mann, der nun in neuen ubeschmutzten Sachen doch fast als richtiger Römer durchgehen konnte. So eine frische Tunika konnte schon einiges ausmachen. Lepidus lächelte und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Mit einer gönnerhaften Handbewegung wies Lepidus auf einen der beiden Stühle vor seinem Tisch: "Setz dich. Es war eine weise Entscheidung meinem Angebot nachzukommen." Er hörte die Worte des Rhianus Vagus uns rümpfte nur die Nase. "Hmm... du kannst also noch mehr? Vergiss nicht, dass alles, was du so in den dreckigen Gassen Roms aufgeschnappt haben magst, in meiner Gesellschaft nicht wirklich viel zählt. Also erzähle mir: Was willst du denn sonst noch können?" Ein prüfender Blick fiel auf Vagus nieder. Der Tiberier hoffte, dass der Bettler seinen Worten überhaupt folgen konnte.

  • Ob es wirklich so gut war hier zu sein würde sich noch zeigen. "Ihr müsst wissen dass ich nicht erst seid Gestern auf der Straße lebe. Ich bin in den zehn Sommern auf der Straße viel rum gekommen. Germania Magna, Germania Inferior, Belgica, Gallia, Germania Superior, Raetia, hab die Alpes überquert und bin von ihnen aus nach Roma gewandert. Ich kann also viele Geschichten erzählen." Ich überlegte kurz ob ich auch keine Provinz vergessen hatte. "Ich hab viel gelernt in der Zeit. Kann Singen, gut mit Hunden umgehen. Wie ihr wisst, lesen, schreiben, rechnen und Nager fangen. In Augusta Baurica hab ich fast zwei Sommer bei einem Buchhändler gearbeitet. Vor ein paar Tagen hab ich jemandem Lesen und Schreiben beigebracht." Ich machte eine Pause und kratzte mich wieder nervös am Hinterkopf. "Auch kann ich Dinge die andere nicht können..."

  • "Also halten wir fest: Du kannst lesen, schreiben und singen." Das schienen die einzigen Fähigkeiten zu sein, die für Lepdius von Relevanz waren. "Du bist Germane?", fragte er dann eher rhetorisch. Diesem Mann konnte man das ja relativ gut ansehen. "Erzähl mir doch einmal, wo du die meiste Zeit deines Lebens verbracht hast und seit wann du in Rom bist, bzw. warum du überhaupt in diese Stadt gekommen bist. Immerhin scheinst du einen langen Weg beschritten zu haben." Zuletzt musste der Tiberier auch noch etwas sehr wichtiges über den Fremdling erfahren, damit er wissen konnte, was mit ihm anzufangen war: "Bist du ein Freigeborener oder bist du ein Freigelassener?" Das römische Bürgerrecht hatte dieser Mann ja zweifellos nicht, wie er bereits feststellen konnte, aber für seine Verwendung wäre es sehr wichtig zu erfahren, ob er einst ein Sklave war, was sich nicht allzu gut machen würden.

  • Freigelassener? Was für eine Frage. "Ich bin frei geboren und lebe frei." Wo ich die meiste Zeit meines Lebens verbracht hatte? Da musste ich nicht überlegen. "Ich habe bis zu meinem neunten Sommer in meinem Dorf gelebt. Damals nannte man mich noch Richard. Wir lebten im Norden am großen Meer, wir waren Bauern, Jäger und Krieger. Wie ich erfuhr nennt ihr Römer meinen Stamm Aviones. Ich stammte aus einer Ruhmreichen Ehrenvollen Familie. Meine Vorfahren haben zum Beispiel an der Seite des großen Arminius gekämpft.", sprach ich nicht ohne Stolz doch meine Stimme wurde bitter als ich fortfuhr, "Dann in einer nacht vor 10 Sommern wurde mein Dorf von einem anderen Stamm überfallen. Die Männer und Frauen wehrten sich Tapfer doch die Angreifer waren zu viele und so musste ich mit meinem Bruder fliehen. Ich holte kurz Luft. "Da wir alles verloren hatten dachten wir im Imperium Romanum könnten wir unser Glück machen." Ich lachte sarkastisch auf. Wir wollten nach Rom, in die goldene Stadt, das gelobte Land. Wir sind aber vorerst mit anderen nach Lutetia gezogen. Dort haben wir uns getrennt und ich und mein Bruder sind wieder in Richtung Rom. In Augusta Baurica haben wir uns für 2 Jahre niedergelassen, ein alter Buchhändler hatt uns Obdacht und Arbeit gegeben, Dort habe ich auch schreiben, lesen und rechnen gelernt. Auch meinen neuen Namen hatt man mir dort gegeben. Als der Mann starb hatt sein Sohn das Geschäft übernommen, er hat mich und meinen Bruder gehasst und rausgeworfen. Wir standen wieder auf der Straße und beschlossen weiter nach Rom zu laufen. Alles verlief gut, selbst die Alpesüberquerung aber auf der Straße nach Rom wurden wir überfallen." Ich sammelte mich. "Wir haben uns verteidigt, einer der Räuber atmet nicht mehr.", ich deutete auf meinen Stoch der an der Wand lehnte, "Er ist keine Krücke. Naja, aber gegen Schwerter konnten wir kaum etwas ausrichten und so flohen wir....aber ein Pfeil flog schneller als mein Bruder rennen konnte." Ich räusperte mich. "Zei Tage von Rom entfernt liegt mein Bruder in der Erde."
    Ich wurde still.

  • Lepidus hörte sich die Ausführungen des Vagus an und intervenierte auch nicht, als ihm ein großes Gähnen entglitt. "Wie rührend. Mir kommen fast die Tränen.", erwiderte der Tiberier alles anderes als ernst gemeint und nur in einem äußerst kalten Ton. Vorfahren an der Seite des Arminius gehabt zu haben, ist sicherlich in Rom auch keine Auszeichnung. Eher trug dies dazu bei alte Wunden aufzureißen, aber immerhin konnte Lepidus festhalten, aber dieser Vagus würde das angemessene Verhalten in Rom sicherlich noch lernen, wenn er etwas länger hier war. Bisher konnte man ja noch nicht allzu viel erwarten und sonst sprach er sicherlich nur mit irgendwelchen Gestalten auf der Straße. "Hast du schon einmal daran gedacht, dir eine wirklich gute Arbeit zu suchen?" Der Tibrier betonte besonders die "gute" Arbeit. "Möglicherweise könnte dir deine Fähigkeit zu schreiben einen netten Posten als Scriba einbringen oder dein Können im Rechnen gar eine Stelle als Agrimensor. Gute Arbeit, die nicht allzu schmutzig ist und einem Freigeborenen wie dir zugänglich. Und wer weiß... vielleicht könnte sich bei entsprechender Leistung ja auch eines Tages das Bürgerrecht für dich ergeben." Diese Aussicht war natürlich immer verlockend. Das römische Bürgerrecht zu erlangen war zweifellos eine große Ehre. "Aber das kommt natürlich darauf an wie ehrgeizig du bist oder ob du zufrieden mit deiner derzeitigen Existenz bist." Welche der Tiberier selbstverständlich zutiefst unwürdig fand.

  • Die Kommentierung meiner Geschichte ignorierte ich gekonnt.Naja, Rättenfänger zu sein ist schmutzig und elendig. Römischer Bürger werden? Naja, schaden konnte es nicht.
    "Wenn ihr jemanden kennt der einen Scriba sucht." Ich bemühte mich zu lächeln. "Ich würde gerne einen ehrenhafteren Beruf ergreifen.

  • "Du hast es erkannt." , erwiederte der Patrizier nur kurz auf das Rattenfängerdasein. "Einen Scriba kann man immer gebrauchen. Ich bin überzeugt, wenn du in einer vernünftigen Tunika steckst und dich auch nur halb so gut ausdrückst wie jetzt auch, so könntest du leicht in der Stadtverwaltung einen ehrenhaften Posten erhalten. Hast du schon einmal daran gedacht dich dort vorzustellen?"

  • Sim-Off:

    Hat leider etwas länger gedauert.


    "Wohl wahr, deshalb bemüh dich um dein Äußeres. Wenn du halbwegs gepflegt daherkommst, werden sich dir noch viele Türen öffnen." Der Tiberier dachte darüber nach, wo man ihn denn überall hinschicken könnte. "Eine Anlaufstation für dich wäre die Basilica Iulia auf dem Forum Romanum. Ebenso könntest du dich in der Verwaltung Italias kundig machen. Ich würde mich in beiden Fällen einfach an den erstbesten Schreibtisch-Beamten wenden, denn du dort zu Gesicht bekommst. Dieser kann dir dann sicher sagen, wo man dich gebrauchen kann."

  • "Ach, na klar! Kompliziert ist das alles nicht!" Aber was wusste schon der Patrizier. Er redete in letzter Zeit ohnehin nur mit Personen aus der Nobilitas und er selbst wäre wohl nie auf die Idee gekommen Stadtschreiber oder ähnliches zu werden. "Falls du Schwierigkeiten hast, würde ich eventuell den ein oder anderen Freund für dich fragen. Aber bisher scheint mir das noch nicht notwendig. Kleide dich einfach so angemessen wie jetzt. Am besten lass ich dir gleich noch eine Tunika mitgeben. Nicht, dass du die eine bald verschmutzt und dann wieder so herumläufst wie ich dich vorgefunden habe." Lepidus tippte mit den Fingern auf dem Schreibtisch und sah seinen Gast eindringlich an und dachte nach. "Hmm... sonst noch was?"

  • "Aber, aber", begann Lepidus in einem typisch gönnerischen Ton. "Mach dir darum erst einmal keine Gedanken. Ich bin ja schließlich so etwas wie ein Wohltäter, HAHA." Lepidus lehnte sich jetzt etwas nach vorn, wo er doch die ganze Zeit so gemütlich gesessen hatte. Er legte seine Ellenbogen auf den Tisch ab und gestikulierte ab und zu mit den Händen, während er sprach. "Es mag sein, dass sich unsere Wege noch das ein oder andere Mal kreuzen werden und vielleicht werde ich dich dann sogar um eine Kleinigkeit bitten. Jemand wie du könnte sich noch als nützlich erweisen..." Was der Tiberier aber genau damit meinte, würde wohl im verborgenen bleiben, aber er wäre nicht Lepidus, wenn er nicht immer noch irgendeinen Hintergedanken hätte. "Nun, wenn das erst einmal alles wäre, dann wünsche ich dir in jedem Fall noch viel Glück." Er rief gleich einen Sklaven heran, dem er mitteilte Vagus noch eine Tunika zu überlassen und ihn hinauszugeleiten. "Solltest du einen anständigen Beruf ergriffen haben, such meine Villa ruhig erneut auf. Du kannst dir bei Gelegenheit einen Termin von meinem Ianitor einholen."

  • Rhianus bedankte sich und verabschiedete sich höflich. Ihm war zwar nicht entgangen das der Römer etwas vor hatte aber Rhianus interessierte dies momentan nicht. Der Sklave geleitete Rhianus und Lupus nach draußen und beide machten sich auf den weg nach Hause.

  • Lepidus hatte sich einmal mehr in einige Rechtsschriften vertieft. Sein Cursus Iuris war schon wieder einige Zeit und obwohl ihm die Juristerei sehr viel Freude bereitete, hatte er bisher noch nicht die Möglichkeit erhalten, sich einmal als Advocatus zu beweisen. Von daher schadete es nicht, seinen Wissenstand einigermaßen aktuell zu halten.


    Zwischendurch wurde ihm von einem Sklaven eine Tabula gebracht, die nun aber erst einmal noch auf seinem Schreibtisch verweilte. Zu sehr war der Tiberier in Gedanken. Er versuchte sich zurückzulehnen, stand auf, ging umher. Irgendwann landeten seine Augen dann doch eimal auf der Tabula und er konnte den Absender erkennen: Iulius Dives. Lepidus schmunzelte, begab sich wieder auf seinen Platz und nahm sich die Tabula vor. Was hatte der gute Duumvir wohl auf dem Herzen? In der Tat hatten sie sich schon lange nicht mehr gesehen. Seit die Truppen Palmas einmarschierten war ohnehin alles recht unübersichtlich, so dass nicht viel Zeit für ausgedehnte Brieffreundschaften bleiben konnte.


    Erneut lachte der Tiberier als er über "Glückwünsche" an seine Person las. Die Abmachung hatte er natürlich nicht vergessen, obwohl es Lepidus natürlich nicht wunderte, dass der Iulier so schnell wie möglich darauf zurückkommen musste. Noch belustigter schaute Lepidus drein, wenn er bedachte, dass der gute Iulier es jetzt sicher nicht einfach haben würde, nachdem der Vescularier das zeitliche gesegnet hatte. Die Erwähnung eines "düsteren Aufenthalts" ließ jedenfalls Raum für Deutungen. Wer wusste schon, was man dem armen Mann angetan hatte? Zu gut hatte er noch den Mob in Erinnerung, der auf die Jagd nach Salinator-Anhängern ging. Die Vorstellung eines durch die Straßen gescheuchten Dives war - trotz aller Freundschaft - doch ziemlich amüsant. Naja, er würde wohl sein Wort halten. Er war ja niemand, der gute Freunde vergas, nur weil sich seine eigene Situation ein wenig verbesserte. Oder vielleicht doch? Zumindest im Fall von Dives war er es nicht. Und so diktierte er gleich das Geschreibsel für die Tabula, die bald Dives erreichen sollte.

  • Die Antwort des Iuliers ließ nicht lange auf sich warten. Großartig, dachte er sich nur, bald würde er hier auftauchen und das wäre dann schon eine ganz andere Situation, als damals, als sie ihr letztes Gespräch in Dives Anwesen in Ostia hatten. So ziemlich alles hatte sich seitdem geändert.


    Er wundert sich auch, warum er das "ruhigen" auf der Tabula auch noch einmal extra deutlich geschrieben hatte. Das machte den Tiberier natürlich gleich noch neugieriger, obwohl er es andernfalls sicher schnell wieder vergessen hätte. Aber mal sehen, offensichtlich schwang da sehr viel Unbehagen mit. Er würde wohl noch abwarten und dann spontan entscheiden, was er seinem Freund zumutete. Allerdings musste er sich wirklich darum kümmern, dass Dives ein angenehmer Aufenthalt geboten wurde. Zweifellos waren dafür Lucias Qualitäten gefragt. Für dieses Treffen würde er in Vorbereitung doch noch einmal gesondert mit ihr sprechen müssen. Er schickte bereits einen Sklaven voraus um sich anzukündigen, räumte dann noch irgendetwas auf seinem Schreibtisch weg und begab sich dann zum Cubiculum von Lucia.

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