Cnaeus Decimus Casca

  • "Herr. Schön dich zu sehen. Aber ...ohje."
    Casca schien doch mehr leidend zu sein, als sie gedacht hatte. Es war beinahe so als könne Nelia das Zwicken und Poldern in seinem Kopf selbst spüren.
    "Ein kühler Essiglappen wird dir helfen. Ich schicke gleich..."
    Sie sah sich um.
    "Wo ist Mukel? Achja und ich habe die Tonstrina fertig gemacht. Ich könnte sie dir zeigen, aber ich denke... du solltest dich noch eine Weile hinlegen."
    Es nervte Nel ein bisschen. Denn schließlich hatte sie den ganze Tag geschuftet, während ihr Herr sich seinen Leiden hingab, für die er selbst die Schuld trug. Aber das durfte sie ihm wohl kaum sagen. Nelia fuhr sich durch die staubigen und wirren Haare. Lang Strähnen hatte sich aus ihrem dicken Zopf gelöst und klebten auf ihrer Haut. Sie legte kurz die Hand auf Cascas Schulter.
    "Alles wird wieder gut. Gleich schicke ich Mukel nochmal los ein wenig Essig und kaltes Wasser zu besorgen. Und ich... ich brauchte dringend ein Bad."

  • Ob es wirklich so schön war mich zu sehen, musste ich wohl bezweifeln, denn vor meinem geistigen Auge entstand ein Selbstbildnis von mir, welches einem nassen Lappen nicht ganz unähnlich war. Dennoch lächelte ich ein wenig gequält auf die Worte meiner Sklavin hin. Zwar konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Essigtüchlein mir Linderung verschaffen konnte, aber die Hoffnung wurde bekanntlich ja zuletzt zu Grabe getragen. “Oh ja… die Tonstrina!“, gab ich ein wenig müde von mir, als sie erwähnte, dass sie dort gewesen war und ich blickte ihrer Hand entgegen, die sich nun so vertraut auf meine Schulter setzte. Muckel würde sich bestimmt darüber freuen, sich gleich noch einmal auf den Weg machen zu dürfen, doch was sollte ich mir darüber Gedanken machen? Überhaupt waren Gedanken zu dieser Stunde eine schmerzhafte Angelegenheit, die ich wohl in der Tat verschieben sollte bis noch ein wenig mehr geruht hatte. Ich hob meine Rechte und legte sie vorsichtig, ja, fast scheu auf die meiner Sklavin und blinzelte ihr ein wenig behäbig entgegen. “Ich danke dir, mein Kind!“, erklärte ich beinahe altväterlich und seufzte dann schwer. “Vielleicht sollte ich wirklich noch ein wenig liegen, doch ich dachte mir, die frische Luft am Fenster würde meine Lebensgeister ein wenig erfrischen.“ Ein neuerliches Lächeln zierte meine Lippen, ehe ich nun doch dem Drang nachgab mein Haupt gegen die Schulter der Sklavin zu legen. “Dieser Tage würde ich untergehen, wenn ich dich nicht an meiner Seite wüsste.“ Tatsächlich war es so, dass Nelia sich in mein Leben geschlichen hatte. Still und leise und wie auf Samtpfoten. In denen bekanntermaßen ja auch einige scharfe Krallen verborgen liegen konnten. “Was macht meine Tonstrina?“, fragte ich nun aus eben jenen Grund. Ich wollte sie durch meine niedergedrückte Lebenslage nicht verstimmen, denn immerhin hatte sie sich für mein Geschäft mächtig in Arbeit stürzen müssen.

  • Nelia schenke Casca ein Lächeln. Zudem, dass sie selbst erschöpft war von der Schufterei und auch ein bisschen enttäuscht ihren Herren nicht in die Tonstrina entführen zu können, hatte das Ganze doch etwas Gutes, sie konnte sich selbst auch ausruhen. Vielleicht würden sie am Abend nach dem Mahl noch etwas spazieren gehen und dann... Genau das war ihr Ziel. Nelia schmunzelte, als Casca seine Hand über ihre legte. Es hatte so etwas vertrautes, als würden sie sich schon ewig kennen. Wäre sie nicht nur ein Sklavin, dann... Nelia musste sich das immer wieder sagen. Immer wieder vor Augen führen. Sie war nichts. Sie hatte in der Gesellschaft keinerlei Wert. Sie durfte sich niemals in falschen Hoffnungen wiegen. Denn wäre Casca ihr irgendwann überdrüssig, konnte er sie einfach abschieben, verkaufen, ja sogar töten. Keiner würde nach ihr fragen oder ihr gar eine einzige Träne nachweinen. Und doch...
    "Wenn du mein Kind sagst, Herr..." fing sie leise an. Das fühlte sich nicht richtig an. Auch wenn es liebevoll gemeint war. "Ich habe eine Idee. Komm doch mit mir zum Bad und nach dem Essen machen wir einen Spaziergang." Schlug sie vor. Die heiße Sommerluft am Tage war anstrengend, aber am Abend wenn es dunkel wurde, fand Nelia sie einfach wundervoll. Casca lehnte den Kopf an ihre Schulter und sie schlang ohne zu überlegen den Arm um ihn und streichelte ihn sachte. Ein bisschen Entspannung würde ihnen beiden gut tun. "Deine Tonstrina ist fertig, Herr. Selbst den letzten Krümel Staub habe ich heute beseitigt. Sie wartet nur auf dich und ihre Kunden." Sagte Nelia leise und blickte versonnen und auch ein bisschen stolz aus dem Fenster.

  • Ja, was war, wenn ich 'mein Kind' sagte? Ich hatte aufgehorcht, doch eine wirkliche Antwort auf diese meine stille Frage blieb sie mir wohl schuldig. Dafür überraschte sie mich mit einer Idee, die mich wohl zum Bade führen würde, sollte ich ihr zustimmen. Doch war mir gerade wirklich nach einem Bad? Im Grunde genommen war mir nach nichts und allein der Gedanke daran aufzustehen, zu essen, zu baden und einen Spaziergang zu unternehmen überforderte mich bereits zu dieser Stunde. Noch immer lehnte mein Kopf an dem warmen Arm meiner Sklavin und ich genoss diese zarte Nähe ein wenig. Sie war aufbauend und wohltuend und an diesem höchst unvollkommenen Tag schon fast etwas, was ich nun dringend brauchte. Mein Muckel war so ungnädig mit mir gewesen und er hatte mir – trotzdem er sehr hilfreich war – kaum etwas liebevolles Mitgefühl geschenkt. Meine Gedanken wanderten nun wieder hin zu meiner Tonstrina, die wohl nun erhaben erstrahlte und gänzlich bereit war ihre Kunden in neuem Glanz zu empfangen. Dank Nelias Einsatz.
    “Sie wartet also auf mich?“, fragte ich müde hauchend nach. Ein schweres Seufzen folgte meinen Worten und ich hob meine Blicke dem Gesicht meiner Sklavin entgegen. Wieder bemühte ich mich um ein Lächeln. “Dann werden wir morgen dort hin gehen und du wirst mir alles zeigen. Ich denke heute ist kein besonders guter Tag für Unternehmungen. Schau! Allein bei der Vorstellung dieses Zimmer zu verlassen wird mit flau und elend zu Mute.“ Natürlich wusste ich sehr genau, dass meine Worte mehr als nur enttäuschend für Nelia sein mussten, doch ich litt noch zu sehr unter den Nachwehen des doch allzu arg rauschenden Festes. Mein Kopf war schwer, meinem Leib war unwohl und ich konnte nicht dafür garantieren, dass sich mein Magen nicht doch noch einmal dazu entschloss, sich einfach von innen nach außen zu stülpen. Geradezu entschuldigend tastete ich nun nach Nelias Hand und drückte sie zart, während mein Daumen über ihren Handrücken streichelte. “Wie geht es Ulcus und Quix?“, wollte ich dann wissen. “Sehen sie immer noch aus wie haarige Bergziegen?“ Allein der Gedanke an meine beiden Sklaven erfüllt mich mit Grausen und bestimmt wäre es ratsam, sie früher oder später durch ein wenig stattlichere Erscheinungen zu ersetzten. Fürs erste aber würde ich mich wohl mit ihnen zufrieden geben müssen.

  • “Klingt doch gut, ich weiß gar nicht was du hast!“


    Muckel ließ den Brief ein wenig sinken und grinste mir entgegen.


    “Vielleicht hat es ihn nicht um, aber immerhin....“


    Er gab mir das Schriftstück zurück, welches ich soeben an Senator Iulius Dives verfasst hatte und zuckte mit den Schultern. Ich saß noch immer am Tisch, hielt meinen Stilus in der Hand und war mir überhaupt nicht sicher. Ich war mir noch nicht einmal sicher, ob ich überhaupt einem Kultverein beitreten wollte, doch so oft ich es auch gedanklich hin und her wendete, ich musste einfach ein wenig Einsatzfreude an den Tag legen und es würde sich gewiss auch hübsch machen, wenn ich diese unter einer harten Faktenlage einer Mitgliedschaft auch untermauern konnte. Mein Augenmerk rollte sich neuerlich zum Brief hin und ich schürzte ein wenig die Lippen. Vielleicht waren meine Worte doch ein wenig zu feurig gewählt, aber im Grunde genommen konnte man niemals zu dick auftragen und ich wollte schon den Eindruck erwecken, das mein Wunsch keineswegs undringlich und dünn war. Abwägen neigte ich mein Haupt hin und her.


    “Nun denn…. So soll es also sein!“


    [...]

  • “Das hier wird dich sicherlich freuen!“, drang Muckels frohlockende Stimme an mein Ohr, während ich an meinem Schreibtisch brütete und zum dritten Mal die hübsche Summe prüfte, die mich die Renovierung der Tonstrina gekostet hatte. Nelia war zwar sparsam gewesen, aber ein großes Loch hatte es doch in meinen Geldbeutel gerissen. Wenn nicht bald die Kundschaft in den Laden strömte und ihre Haare bei mir ließ, dann sähe es in naher Zukunft ziemlich schlecht um mich bestellt aus. Und in dieser Rechnung war das Sägewerk noch nicht einmal mit drin! Nun hob ich aber meinen Blick und schaute meinem Sklaven entgegen, der ein Schriftstück in der Hand hielt und damit herum wedelte.


    “Sag', dass es die Lösung für alle meine Probleme ist!“, stellte ich müde in den Raum und fuhr mir mit den Fingern kreisend über meine Schläfen, als Muckel näher trat und mir den Brief vor die Nase hielt.
    “Du hast Probleme?“ Muckel hob fragend eine Augenbraue und linste ein wenig schräg hinunter auf meine Bilanzen, ehe ich dann doch lieber schnell die Tabula zuklappte, damit er nicht erkennen konnte, wie schlimm es wirklich um mich stand.
    “Och, nicht mehr als üblich!“, wiegelte ich ab.
    “So schlecht also?“ Muckel legte eine ernste Miene auf, die jedoch arg gestellt wirkte, ehe er dann doch wieder lachte. “Nun lies das! Das freut dich!“
    “Was ist das?“
    “Ein Brief?“
    “Sehe ich!“, schnappte ich und griff auch sogleich nach dem Schreiben und setzte mein Augenmerk darauf. “Alexandria!“, stellte ich überrascht fest und nestelte so lange daran herum, bis ich obendrein erkennen konnte, dass es von Massa stammte. “Von Massa!“ Perplex schaute ich Muckel entgegen, während ich mich von Überraschung getrieben von meinem Stuhl erhob. “Er hat geschrieben!“
    “Natürlich geschrieben!“, stellte Muckel fest. “Gesungen wird er den Brief nicht haben!“
    Ich ignorierte denn dummen Kommentar meines Sklaven und überflog geradezu hastig die Worte meines Bruders, während sich ein warmes Gefühl in meiner Brust ausbreitete.


    Von Appius Decimus Massa


    Roma
    Casa Decima Mercator


    Cnaeus Decimus Casca



    Salve Brüderchen,


    lange nichts mehr gelesen von einander. Wie hast du dich in Rom eingelebt, was treibst du so. Hast du deine Berufung gefunden oder traust du mich nicht nach Geld zu Fragen und liegst Decimus Livianus auf der Tasche. Hier ist bisher kein Brief von dir eingegangen.
    Das du so wenig von mir liest, hat mit meinem Dienst zu tun. Wir sind, so lange es das Wetter erlaubt, auf See und halten die Piraten klein.
    Die letzte Fahrt, von der ich gestern zurückgekehrt bin, war von der Ausbeute her sehr mager. Die Piraten waren mehr auf das Tyrannisieren der Küstenbewohner aus. Dementsprechend haben sie ihre Lektion von uns bekommen. Ein Dutzend durfte am Kreuz im Tode darüber nachsinnen.
    Zurück in Alexandria bot sich das gleiche Bild wie beim hinaus fahren. Buntes Treiben, Menschen aus aller Herren Länder. Die römische Tunika ist hier auf dem Markt eine unter vielen anderen Bekleidungen. Die exotischsten Waren die du dir nur vorstellen kannst werden angeboten. Auf dem Sklavenmarkt vom stiernackigen Kämpfer bis zur zierlichen Haussklavin, deren Haut bronzen unter der Sonne Alexandria’s schimmert. Glaub mir, die können nicht nur Tanzen.
    Die nächsten Tage werden wie üblich ablaufen. Berichte schreiben, Kontrollen durchführen, Arbeiten verteilen. Am Nachmittag in die Therme und den Tag mit einer gemütlichen Cena, bei mir oder bei Freunden mit den Annehmlichkeiten des Alexandrinischen Überflusses, abschließen.
    Ich merke beim Schreiben, dass mir das griechisch bald flüssiger von der Hand geht als Latein. Die Jahre hier hinterlassen ihre Spuren. Einen Entschluss habe ich vor der letzten Fahrt gefasst. Ich habe beim Praefectus Aegyptii um Entlassung aus dem Dienst bei der classis gebeten. Die Entscheidung über mein Gesuch ist noch offen. Letztendlich wird sie über den weiteren Verlauf meines Lebens entscheiden. Also wirst du zu gegebener Zeit wieder Nachricht von mir erhalten.
    Sollte irgendwann eine Fahrt nach Italia anstehen, werde ich es nicht versäumen und den Decima in Rom einen Besuch abstatten.


    Die Götter mögen dich beschützen.


    P.S. Grüße Faustus von mir. Ich habe ihn nicht vergessen. Er bekommt bald Nachricht von mir.



    Appius Decimus Massa


    Nauarchus
    Classis Augusta Alexandrina



    So lange hatten wir nun schon nichts mehr voneinander gehört und nun ein Brief! Massa war doch eigentlich gar kein Mann der Feder, doch all die Monate des Stillschweigens hatte mich schon manches Mal vermuten lassen, dass er mich vergessen hatte. Aber so wie er schrieb konnte ich mich an die eigene Nase fassen, denn immerhin hatte ich ebenfalls nicht eine einzige Zeile gegönnt. Doch das würde ich um jeden Preis nachholen.
    “Und? Was sagt er?“
    “Dass er auf Piratenjagd war… an tyrannisierten Küsten und dass sie ein Dutzend von ihnen gekreuzigt haben...“
    Nun, da ich mich schon einmal erhoben hatte, begann ich unter meinem Lesen ein wenig im Raum herum zu wandern. “Und er schreibt von Alexandria...dem Sklavenmarkt dort und von seiner Arbeit… und dass er den Praefectus Aegypti um seine Entlassung aus der classis gebeten hat…“
    “Oh… ist das gut?“
    Ich drehte mich zu Muckel herum und zuckte mit den Schultern. Dann wendeten sich meine Blicke wieder auf das Schreiben. “'Sollte irgendwann eine Fahrt nach Italia anstehen, werde ich es nicht versäumen und den Decima in Rom einen Besuch abstatten,'“ zitierte ich die letzten Worte.
    “Na, das ist doch was!“
    “Ja, ist es!“
    Ich stand noch immer da und konnte nicht anders, als den Brief noch einmal zu lesen. Zeile für Zeile, Wort für Wort, während sich ein Lächeln im mein Gesicht stahl. Schließlich wendete ich mich wieder zu meinem Schreibtisch um und drängelte - um mich neuerlich zu setzen – Muckel ein wenig beiseite.
    “Du willst ihm gleich antworten?“
    “Natürlich!“
    Ich griff nach meinem Schreibutensil und musste feststellen, das ich nicht einmal großartig nachdenken musste.



    Ad Appius Decimus Massa
    Nauarchus
    Classis Augusta Alexandrina
    Alexandria


    Von
    Cnaeus Decimus Casca
    Casca Decima Mercator
    Roma



    Salve, mein großer Bruder!


    Oh! Wie ich mich freue von dir zu hören! Du hast recht. Zu lange haben wir uns nicht mehr geschrieben und ich für meinen Teil habe nicht einmal die nachvollziehbare Entschuldigung, dass mich mein Dienst davon abgehalten hätte! Dennoch, lieber Bruder, kann ich dir mitteilen, dass ich auf meinem Lebensweg, der sich nun immer mehr und mehr vor mir entfaltet, sehr eifrig und strebsam gewesen bin. Und auf Iuppiters Stein werde ich dir schwören, dass mich selbst die Furien nicht mehr davon abhalten können zu Ruhm Ehr' der Decima beizutragen, um ihnen dabei zu helfen unseren Namen geradezu in Stein zu meißlen! So wie es Faustus bei seiner feurigen und leidenschaftlichen Rede getan hat, als er vor ganz Rom – das hättest du sehen müssen - wieder zum Praefectus Praetorio ernannt worden ist. Vom Kaiser höchst selbst. Wie ein wegweisendes Mahnmal hat er ausgesehen (also Faustus, aber der Kaiser auch) und ich kann dir sagen, dass nicht nur seine Verlobte Quintilia Valentina voll Stolz einem jeden einzelnen Wort gelauscht hat! Was für eine Rede! Welch eine Wortgewalt! Auch Onkel Livianus, der zeitgleich von seinem Amt zurückgetreten ist, hat sehr gut ausgesehen!


    Schon bald werde ich meinen Weg im Cultus Deorum beschreiten, bei welchem ich schon jetzt die Ehre besitze als Schüler des großen Pontifex Flavius teilzuhaben. Auch in einem Kultverein habe ich mich beworben. Stell dir das vor! Ferner werden du und ich uns auch nicht mehr sorgen müssen, dass ich irgendwem auf der Tasche liege. Meine Betriebe laufen hervorragend und jüngst ist es mir gelungen, meine Tonstrina mitsamt meinen beiden dort ansässigen Sklaven (du weißt schon, die Haarigen!) auf Vordermann zu bringen. Ja, meine Bilanzen sind eine reine Freude, wann immer ich sie vor mir sehe, auch wenn mich die Renovierung nun doch eine hübsche Stange Geld gekostet hat. Meine neue Sklavin Nelia kennst du noch nicht, doch ich kann dir berichten, dass sie schön ist, wie die Nymphe Erato und mir stets als feinsinniges, musengleiches Wesen zur Seite steht. Wenn du sie nur sehen könntest! Oder sprechen hören! Ich kann dir versprechen, du würdest Alexandrias Sklavenmarkt mit allen seinen bronze-häutigen Schönheiten vergessen und auf der Stelle heim kehren!


    Du siehst also, auch wenn es mir nicht vergönnt ist an fernen Gestaden auf die Piratenjagd zu gehen, so ist mein Leben doch angefüllt mit Aktivität! Ich kann dir sagen, du wirst mich kaum wiedererkennen, sollte dich deine Wege in näherer Zukunft zurück nach Rom führen. Rom ist übrigens noch immer die vollgepfropfte Metropole als die du sie kennst. Viel darüber berichten brauche ich dir also nicht und ich wünschte mir, ich könnte nach deinem Schreiben nun Alexandria mit eigenen Augen sehen. Wie du schreibst muss es ja wirklich ja recht exotisch sein und bestimmt auch viel wärmer als Rom dieser Tage. Doch sag, Massa, warum hast du um deine Entlassung aus der Classis gebeten? Du würdest mich Erstaunen sehen, würdest du mir nun gegenüber stehen. Ist dir sie Seefahrt zuwider geworden? Oder gar die Piraten? Doch welche Gründe auch immer es geben mag: Vielleicht treiben dich ja deine Wege zurück nach Rom und zurück zur Familie und gerade das würde bestimmt nicht nur mich sehr freuen. Oh, die Familie! Mutter hat mir geschrieben, dass es ihr ausgezeichnet geht. Du weißt ja, sie ist sehr krank gewesen, doch nun ist sie wieder oben auf und bester Dinge.


    Natürlich werde ich Faustus von dir grüßen, so wie auch jeden anderen, der dich kennt und mir über den Weg läuft, sofern du damit einverstanden bist. Er wird diesen Gruß sehr zu schätzen wissen, denn er trug sich bereits mit der Sorge, ob du von einer Seeschlange verschlungen worden bist, da du dich nicht bei ihm gemeldet hast. Er wird sich sehr über die Nachricht von dir freuen! Es ist schön, dass deine Tage neben deinen Berichten und der allgemeinen Verwaltung auch mit anderen wunderbaren Dingen angereichert sind. Lass uns bei der nächsten Cena einen Becher Wein erheben und im Geiste auf das Gelingen sämtlicher Pläne anstoßen, auch wenn ich dem Wein seit dem letzten Saturnalienfest erst einmal abgeschworen habe. Dabei hast du wirklich etwas verpasst! Ich weiß zwar nicht mehr genau, wer den Rätselwettbewerb gewonnen und zum Rex Bibendi erhoben worden ist, doch ich weiß noch sehr genau, dass es wirklich eine rauschende Feierlichkeit gewesen ist. Doch nun will ich nicht mehr damit fortfahren, bei dir ein etwaiges Heimweh zu schüren, sondern mit den besten Grüßen an dich verbleiben!


    Mögen die Götter dich hüten und ihr Wohlwollen über dir ergießen!


    Dein Cnaeus


    P.S. Es ist mir zwar peinlich, diese Zeilen anzufügen, doch wenn du noch Geld übrig hast und sagen wir einmal etwas davon entbehren könntest, dann wäre ich dir überaus dankbar. Wie gesagt, es läuft alles ganz fantastisch und du musst dich auch nicht sorgen.


    Nachdenklich kratzte ich mich an der Schläfe, während ich meine Worte noch einmal überdachte. Besonders die allerletzten Zeilen gefielen meinem Ego keineswegs. Doch was sollte ich noch ändern? Ich schrieb den Brief noch einmal ab und überreichte ihn Muckel, damit er ihn von dannen tragen konnte.


    [...]

  • Roma, A.D. VII ID MAR DCCCLXVI A.U.C.

    Ad
    Cnaeus Decimus Casca
    Casa Decima Mercator
    Urbs Aeterna



    Iulius Dives Magister Societatis Claudianae et Iulianae Decimo s.d.


    Mit Interesse habe ich deinen jüngsten Brief zur Kenntnis genommen und möchte dir entsprechend hiermit nun mitteilen, dass ich deinem vorgebrachten Anliegen insbesondere unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit doch zumeist gut bewährten decimisch-iulischen Beziehungen überaus wohlwollend gegenüberstehe.


    Ich lade dich also am fünften Tag vor den Iden des Martius ein, mich in der zweiten Hälfte der Hora septima in meinem Officium in der Domus Societatis aufzusuchen, die notwendigen Einzelheiten in dieser Sache zu besprechen.


    Mögen die unsterblichen Götter über dich und die Deinen wachen. Vale!


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    MARCUS IULIUS DIVES
    SENATOR - QUAESTORIUS - MAGISTER



    Da lag er also vor mir: Der erste kleine Teilerfolg auf meinem Weg hin zum Mitglied eines Kultvereins. So recht mochte ich es noch nicht begreifen, was zum Teil auch den Umstand zu verdanken war, dass mich mein Sklave geradezu dazu überredet hatte hier um einen Beitritt zu ersuchen. Noch immer war ich mir eigentlich nicht ganz sicher und vielleicht sollte ich wirklich langsam erkennen, dass es besser wäre nicht mehr so oft auf die Einflüsterungen meines Sklaven zu achten. Ja, sie sogar zur Gänze von meinem sensiblen Gehör fern zu halten.


    “Was steht denn drin?“ Muckel war schräg neben mich getreten und reckte ein wenig den Hals, um einen Blick auf das Schreiben zu erhaschen.
    “Dass ich dich dich in einer Arbeitskolonne auf's Land schicken werde, wenn du noch mal versuchen solltest, mir derartige Belastungen aufzubürden,“ sagte ich dumpf.
    “Ich habe es doch nur gut gemeint! Und es wird dir gut tun! Ich meine...“
    Etwas brüsk hatte ich meine Hand erhoben, um meinen Sklaven zum Schweigen zu bringen.
    “… also wirklich, Casca. Denk an die vielen Beziehungen, die man...“
    “ES REICHT, MUCKEL!“, wurde ich nun laut und deutlich, ehe ich mich ein wenig zurück sinken ließ, deutlich seufzte und mir das Schriftstück noch einmal zu Gemüte führte. Besonders den Teil mit den guten decimisch-iulischen Beziehungen. Nein, nun gab es wohl kaum noch ein Zurück, sondern nur noch den Weg nach vorn. Es sie denn, ich wollte meine Familie und mich selbst bis auf die Knochen blamieren.
    “Am fünften Tag vor den Iden der Martius….“ Muckel blickte mir entgegen. “Das ist schon morgen!“
    Noch einmal drang ein Seufzer über meine Lippen, denn auch wenn ich es mir nur eingestehen wollte, so vermisste ich doch dann und wann schon einmal die Tage, in welche ich mich einfach selbst hinein gelebt hatte. Ohne Verpflichtungen, ohne besondere Vorkommnisse und ohne die Bürden, die ein strebsames Leben mit sich brachte. Genau genommen lagen diese Tage noch gar nicht so lange hinter mir und noch hatte ich ja nicht einmal wirklich mit irgendetwas begonnen. Dieser Umstand erschreckte mich stets ein wenig. So auch jetzt. Immerhin hatte ich nunmehr fast einem jeden versprochen etwas aus mir zu machen und letzten Endes wollte ich doch in einigen Jahren voller Stolz mein alterndes Antlitz im Spiegel betrachten.
    “Wie machen Livianus und Serapio das nur?“, wollte ich dann leicht überfordert klingend wissen.
    “Wie machen sie was?“
    “Na...diese ganzen Sachen. Ich meine, selbst Scipio ist immer so beflissen...“
    “Du schaffst das schon! Nelia legt dir gleich ein paar hübsche Sachen für morgen raus und dann wirst du strahlen wie die Sonne auf ihrem Zenit!“
    “Ja, auf das Blenden verstehe ich mich ganz gut...“, gab ich träge bekannt und dachte noch einmal an den Brief an Massa, der nun über ein wirklich leidiges 'P.S.' verfügte.
    “Siehst du! Dann wird das doch alles klein Problem!“


    Nein, bestimmt würde es keins werden, nur musste ich ganz eindeutig für mich feststellen, das dieser lästige kleine Funke schon wieder in meinem Inneren war, der stets die Flamme der Nervosität entfachte. Diese war in der letzten Zeit geradezu zu meinem übermächtigen Begleiter geworden und war mit ein Grund, warum ich wie heute an mir selbst und meinen Motiven zweifelte. Was im Namen aller Götter sollte ich bloß Marcus Iulius Dives erzählen, wenn ich ihm gegenüber trat? Die blanke Wahrheit schied auf jeden Fall schon einmal aus! Aber noch war Zeit.

  • Natürlich konnte Nelia verstehen, dass man zu nichts Lust hatte, wenn es einem nicht gut ging. Dennoch hatte sie gehofft, dass ihr Herr begeistert seine Tonstrina sehen wollte. Naja, damit musste sie nun leben.
    "Ist schon gut, Casca. entspanne dich und ruh dich aus. Wir machen das dann einfach morgen, wenn es dir besser geht."
    Sie wollte im Augenblick einfach nur in heißes Wasser. Ihre Muskeln schmerzten. Sie hatte schon seit Tagen, die Anstrengung in ihrem Körper gespürt. Es war ungewohnt und sie hatte sich kaum eine Pause gegönnt. Zudem hatte Nelia überall Farbe. Auf der Wange, im Haar, an Händen und Armen.
    "Ich werde dann mal das Bad aufsuchen."
    Nel wollte sich schon abwenden, als ihr Cascas Frage wieder einfiel.


    "Ulcus und Quix wirst du kaum wiedererkennen."
    Sagte sie und schmunzelte dann frech.
    "Wobei aus Ulcus einen Menschen zu machen, die Größte Herausforderung war."
    Der Kerl war einfach ein Riese und kein schöner Mann. Man konnte ihn nicht mal als hübsch bezeichnen. Aber dafür konnte er ja nichts. Doch, dass er sich und seine Kleidung sauber und ansehnlich hielt, dafür konnte er allerdings sorgen.
    "Ich hatte ihm gedroht, ihn auf die Straße zu setzen, wenn das in Zukunft nicht klappten sollte."
    Natürlich war das nicht Nelias Entscheidung und sie hatte sich weit aus dem Fenster gelehnt mit dieser Ansage. Aber Ulcus hatte es ihr anscheinend abgenommen, dass Casca ihr diese Freiheiten gewährt haben sollte.
    "Es hat mich an geknurrt, wie ein Berglöwe. Aber dann hingenommen."
    Sie drückte ihren Herren nochmal kurz an sich und hauchte ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn.
    "Morgen ist alles wieder besser. Versprochen."
    Dann holte sie sich eine frische Tunika aus ihrer kleinen Truhe.
    "Ich bin bald wieder da."

  • Offenbar zeigte meine liebliche Muse Verständnis für meinen derzeitigen Zustand, was ich natürlich sehr zu schätzen wusste. Immerhin war ich in Elend versunken, welches geradezu nach Anerkennung und Milderung schrie. Ich seufzte noch einmal wohlig und richtete meine Blicke in das schöne, ebenmäßige Gesicht meiner Nelia, die sich nun dazu entschlossen hatte das Bad aufzusuchen. In der Tat sah sie noch sehr nach Arbeit aus und Farbreste hingen ihr hier und dort an. Dabei wollte ich sie doch gar nicht gehen lassen! In die Arme ziehen wollte ich sie und sie an meine Brust drücken. Zur Not könnte es auch anders herum von statten gehen, dass sie mich… aber nein. Nein, es war nur ein frommer und wahrscheinlich zu dieser Stunde recht unstatthafter Wunsch, der sowieso unter der Thematik meiner beiden Sklaven aus der Tonstrina hinfort wehte. Ich richtete mich also wieder auf, sog noch einmal die frische, kühle Brise ein, welche durch das Fenster eintrat und blinzelte, als Nelia meinte, ich würde Ulcus und Quix kaum wieder erkennen. Derartiges war nur zu wünschen, denn der Zustand, in welchem sie sich bei meiner ersten Sichtung befunden hatten war ein ganz und gar grauenhafter gewesen! Aber immerhin konnte ich mir auch vorstellen, dass man aus dem Jüngeren der beiden einen optisch ganz passablen Menschen machten konnte, doch bei diesem Ulcus? Nelia bezeichnete es ja selbst als Herausforderung. Ich nickte müde und hielt mir noch einmal die Stirn, hinter der es wieder zu rumoren begann.


    “Wenn es nicht funktioniert, werde ich mich in der Tat von ihnen trennen müssen,“, erklärte ich halbherzig. Ich würde derartiges ungern tun, denn im Grunde gehörte ich ja nicht zu jenen, die bei Sklaven besonders hart durchgriffen oder sie aus irgendeinem Frust heraus einem harten Schicksal überantworteten. Dies war wohl eine meiner vielen Schwächen. Zwar konnte ich schon einmal recht zornig werden, doch diese Impulse brachten außer verbalem, lauten Getöse nichts weiter aus mir hervor. Im Endeffekt blieb dann doch immer alles beim Alten, wenn die Wut sich entladen hatte und im Nichts verpufft war. “Ja...morgen wird alles besser!“, sprach ich mir nun auch selber zu und lächelte meine Sklavin noch einmal milde an. “Geh du nur und bade schön!“
    Ich ließ ihre Hand los und machte mich daran, mich zu erheben, um zu meinem Bett hinüber zu wanken. Ein Poltern an der Tür verriet, dass Muckel aus der Küche zurück war. Er hielt einen kleinen Laib Brot in der einen Hand und in der anderen ein Schälchen mit Oliven in Öl. “Alles gut?“, wollte er wissen. “Alles wunderbar!“, erklärte ich träge, während ich mich nieder legte und meinen Blicken Nelia verfolgte, die sich nun aufmachte, um sich die Anstrengungen des Tages fort zu waschen. Morgen. Ja, Morgen würde mir schon etwas einfallen, wie ich sie für ihre Dienste entlohnen konnte. Und morgen würde ich mich auch der Sache mit dem Kultverein widmen. Auch meinen Sklaven und überhaupt… alles… morgen!

  • “Post für dich!“, erklärt mein Sklave Muckel und hielt mir ein Schreiben hin, welches ich ihm auch sogleich aus der Hand riss.


    “Vom Pontifex?“


    “Sieht so aus. Bestimmt bekommst du nun endlich wieder etwas zu tun.“


    “Was heißt denn hier ‚endlich wieder‘?“, wollte ich promt wissen und setzte mein Augenmerk auf die Zeilen:




    Ad Cnaeus Decimus Casca, Casa Decima


    M' Flavius Gracchus Pontifex pro magistro Decimo Cascae s.d.


    Auf Vorschlag der medica personalis des Augustus, Plinia Chrysogona, wird der Imperator ein neues Heiligtum für Aesculapius außerhalb der Stadtmauern errichten lassen, um die Gefahren durch Seuchen innerhalb Roms zu minimieren. Das Collegium Pontificum, respektive meine Wenigkeit, wird mit der Plinia einen geeigneten Standort für dieses Heiligtum determinieren, was eine günstige Gelegenheit für dich bietet, weitere Einblicke in den kultischen Alltag der Collegiumsarbeit zu erhalten.


    Sofern deine Zeit und anderweitigen Pflichten dies zulassen erwarte ich dich zum prandium zur siebten Stunde am zehnten Tag vor den Kalenden des Iulius in der Villa Flavia*.


    Mögen die Götter dir stets wohlgesonnen sein!




    “Seuchengefahr? Besteht denn sowas überhaupt in Rom?“, wollte Muckel nun wissen, da er mir beim Lesen über die Schulter geschaut hatte.


    “Offensichtlich!“


    Nachdenklich ließ ich das Blatt sinken und schaute einen Moment lang ein Loch in die Luft. Dann rang ich tief nach Atem. Natürlich würde ich pünktlich erscheinen, um mich so gut es ginge in die Sache einzubringen.

  • Scipio schlenderte durch die Casa, heute lag nichts an und er konnte den Tag etwas freier gestalten, als es sonst oft der Fall war. Und er hatte auch bereits eine Idee wie er diesen Tag gestalten würde. Er war unterwegs zu Casca, den hatte er immerhin eine Weile nicht mehr gesehen, schon gar nicht waren sie zu zweit unterwegs in Rom.
    "Cascaaaaa bist du da? Wehe du liegst noch im Bett, Rom wartet auf uns!"

  • “Meine Güte, bist du verspannt!“, maulte mein Sklave, während er sich redlich mühte, meinen Rücken mit den Finger zu kneten und zu walken. Ich knurrte zufrieden und nuschelte ein: “Eben, und dagegen tun wir ja gerade etwas...“ Natürlich lag ich auf meinem Bett, mit einem Tuch um die Hüften, den Kopf auf die Unterarme gebettet und genoss das Gefühl, das sich zwischen meinen Schulterblättern und an meiner Wirbelsäule ausbreitete. Dabei versuchte ich mich zu entspannen, was mir gelang, bis ich Scipios Stimme vernahm, welche durch die Tür schallte. Noch einmal knurrte ich, dieses Mal jedoch nicht mehr ganz so zufrieden.


    “Na wunderbar,“ kommentierte ich die veränderte Situation und hob meinen Arm, um meinen Verwandten herein zu winken. “Komm rein, Scipio!“ erhob ich ein wenig die Stimme und versuchte zu deuten, was der Ankömmling von mir wollte. Ach ja. Rom wartete ja. Aber wartete ich auch auf Rom? “Ich lasse mich gerade noch ein bisschen massierääääääääääään...“, quittierte ich mit diesem entarteten Wort Muckels Versuch mir eine besonders harte Stelle im Nacken fort zu drücken.


    “T‘schuldigung,“ meinte Muckel. “Du bist aber auch geschmeidig wie ein Brett….“ Ich seufzte fest und bedeutete meinem Sklaven aufzuhören, ehe ich mich herumwälzte und mich auf die Kante meines Bettes navigierte. Und das nur um Scipio angemessen entgegen zu sehen. “Musst du nicht arbeiten?“, fragte ich während ich mir selbst in den Nacken griff und meinen Arm ein wenig rotieren ließ.

  • Scipio bot sich ein, naja nicht ungewohnt aber durchaus überraschendes Schauspiel. Casca wurde massiert von Muckel, wieso auch immer gerade er, und sein Sklave meckerte wieder einmal an seinem Herrn herum. Egal, es war Cascas Sklave und damit ging es Marcus auch nichts an wie dieser mit seinem Herrn umging. Marcus mochte zwar selbst eine lockere Art, aber diese ständigen Frechheiten gingen ihm dann doch zu weit. Und Casca? Nun der zeigte mal wieder den Elan einer Schildkröte, ein Umstand den Scipio einfach nicht verstehen konnte.
    "Ich sehe es. Los, raff dich auf, die Stadt ruft. Und nein ich muss heute ausnahmsweise mal nicht arbeiten, deswegen stehe ich ja nun auch hier."

  • “In die Stadt?“, fragte ich sicherheitshalber noch einmal nach. Eigentlich stand mir nicht der Sinn nach einem Rundgang, aber andererseits hatte ich aber auch sonst nichts weltbewegendes vor. Wenn man es so wollte hatte auch ich heute einen freien Tag. “Nun denn...“, entkam es mir und ich erhob mich – mit noch immer rotierendem Arm - von meinem Bett. “Dann lass mir noch bitte die Zeit, mich zu bekleiden. Hast du denn etwas Bestimmtes in der Stadt im Sinn?“ Zielsicher steuerte ich auf meine Truhe zu, über der Muckel die Tunika des heutigen Tages ausgebreitet hatte.

  • Cascas Elan fand mal wieder keine passenden Worte. Es sollte Schnecken geben die schneller waren als er, aber das war Scipio nun egal. Solange er endlich mal aus der Casa kam und unter Leute war alles gut.
    "Ich wollte mir die neuen Sklaven ansehen, etwas gutes zu Essen auffinden und dir noch eine kleine Entdeckung zeigen, falls dir dann noch danach ist."
    Hätte er bereits vorab gesagt wo er hin wollte, Casca hätte sicher abgelehnt.

  • Die neuen Sklaven? Hatte Scipio sich etwa Sklaven gekauft? Ich streifte mir die Tunika über, während Muckel mir schon zu Hilfe eilen wollte. "Du hast dir Sklaven geleistet?", sprach ich meine Frage dann aus. "Und eine kleine Entdeckung? Du machst mich neugierig!" Was mochte das wohl sein?
    Ich angelte nach einem Becher Wasser, der noch auf dem Tisch stand und stürzte dessen Inhalt meine Kehle hinunter, ehe ich mir dem Handrücken über den Mund wischte.

  • Oh man, so früh schon? So ganz fit war Casca wohl noch nicht, ganz offensichtlich. "Nein, ich habe mir noch keine neuen Sklaven gekauft, aber ich gedenke es zu tun. Aus diesem Grund mag ich auf den Markt um mir die aktuelle Waren anzusehen, vielleicht finde ich ja etwas passendes." Hatte er sich so kompliziert ausgedrückt? Er glaubte nicht, aber vielleicht war Casca wirklich noch nicht ganz fit.


    Neugierde war gut, dann kam er vielleicht in die Gänge. "Nun, dann mach dich mal fertig dass wir los können. Und deine Sklaven kannst du zu Hause lassen, wir nehmen Broka mit der uns den Weg freimacht." Die wären am Ende auch nur hinderlich gewesen, gerade nachdem was beim letzten Mal auf dem Sklavenmarkt passiert war.

  • Sklaven kaufen? An diesem Morgen. Eigentlich hatte ich ja keine Lust um die Stände irgendeines Halsabschneiders zu streifen und mir sämtliches menschliches Elend dieser Welt anzuschauen. Außerdem konnte man nie wissen was passieren würde. Am Ende würde ich selbst ein weiteres Mal zuschlagen und meinem Muckel neben Nelia noch eine weitere Konkurrenz verschaffen. Aber was sollte es schon. Ich hatte ja nichts anderes vor und heute war auch mein freier Tag, den man ruhig mit ein bisschen Bewegung in der Urbs Aeterna verbringen konnte. “Na gut… dann wollen wir….“ Ich gab Muckel ein Zeichen, dass er hier auf mich warten sollte. So deutete ich also zu Boden und nickte dazu mit dem Kopf, was mir seitens meines Sklaven einen Schnaufer einbrachte. Sicherlich. Er war kein Hund, dem man auf diese Weise befehlen musste, aber das würde ich in diesem Leben bestimmt nicht mehr lernen. Ich raffe mich also auf und schritt auf Scipio zu. “Mit deinem Broka fühlt man sich doch immer sicher,“ erklärte ich näselnd. “Hoffentlich wird es nicht zu warm, dann könnten wir noch an einer Garküche vorbei schauen...“ Man sollte das Praktische immer mit dem Nützlichen verbinden, so dachte ich, lächelte und deutete auf die Tür. “Es kann los gehen!“, erklärte ich meine Bereitschaft und schritt ohne weitere Worte voran.

  • Noch wähnte ich mich in den schönsten Träumen und mein Blinzeln galt den Sonnenstrahlen, die hell und rein durch mein Fenster brachen, welches Muckel eigentlich hatte verschließen sollen, um mir einen gnädigen Mittagsschlaf zu ermöglichen. In welchen Sphären mein Bewusstsein nun schwebte vermochte ich dem Moment nicht mehr zu sagen, als ich unsanft von einem lauten Ruf aus dem Schlaf gerissen wurde.


    “Casca!“, tönte mein Sklave vernehmlich, nachdem er die Tür einmal mehr ohne zu fragen aufgerissen hatte.


    Ich schmatzte empört und öffnete nur widerwillig meine Augen zur Gänze, wobei ich auf dem Bauch liegend noch immer mein Kissen fest umklammerte. “Hmm?“, stieß ich müde aus und wälzte mich im Bett noch einmal herum.


    “Du hast Post!“ Muckel steuerte direkt auf das Bett zu und wedelte vor meiner Nase mit einem Schriftstück herum, das ich allmählich sogar mit den Blicken fixieren konnte. Dennoch wischte sich mir mit Daumenkuppe und Zeigefinger noch einmal durch die Augen und murrte dann laut auf. “Und deshalb weckst du mich?“ Muckel nickte kräftig, mit einem unübersehbaren Strahlen in seinen Augen. “Du bist befördert!“, erklärte er mir stolz, während sich bei mir die Stirn runzelte. “Hmmmmm?“, hakte ich noch einmal nach und richtete mich dann auf, wobei ich die Umklammerung des Kissens aufgab und nunmehr auf der Matratze kniend nach dem Schriftstück griff. “Kann nicht sein. Wo denn?“
    Muckel strahlte noch immer wie ein polierter Servierteller. “Na daaa…!“ Er deutete auf die Post in meiner Hand, die ich nun zu studieren begann, nachdem ich noch einmal meine Miene ein wenig verzog, in der Hoffnung, dass dies mich endgültig in die Wachheit katapultierte.


    “Oh...oh...oh!“, entfuhr es mir dann, wobei ich mich bei jedem „Oh“ ein wenig mehr aufrichtete. Dann hangelte ich mich irgendwie vom Bett, ohne die Augen von dem Schreiben zu nehmen, welches mich ehrlicherweise mehr und mehr auch zum Lächeln brachte. Es war von Marcus Iulius Dives, wobei er mir mitteilte, dass ich mich mit der Ernennung des Caesoninus vielleicht zu weit aus dem Fenster gelehnt hatte, denn es hatte nicht der Satzung entprochen. Zuerst wollte mir das ja ein wenig zusetzten. Immerhin patzte ich nicht wirklich gerne, auch wenn die auf meinen Wegen ausblieb, doch hatte ich natürlich auch weiter gelesen bis zum letzten Satz: “….Mögen die Götter stets wachen über dich und die Deinen.“ Nun war ich es, der strahlte. “Vale bene!“, seufzte ich beglückt und grinste dann.
    “Na? Was habe ich dir gesagt?“, frohlockte auch Muckel und er breitete ein wenig die Arme aus, als ob er nun erwarten würde, dass ich mich in sie vor Glück taumelnd hineinstürzen würde.
    Genau das tat ich aber nicht. Stattdessen steuerte ich meinen Schreibtisch an, um mich dann im bequemen Korbsessel niederzulassen.
    “Vicarius Magistris!“, sagte Muckel und kam auf mich zu. Seine Arme hatte er inzwischen wieder herunter genommen. “Ja!“, gab ich von mir und las das Schreiben noch einmal. Dann fiel mit etwas auf und ich hob meinen Kopf abrupt wieder.
    “Sag!“, pflaumte ich dann meinen Sklaven an. “Sag‘ bloß, du hast meine Post gelesen!?“
    Muckel grinste noch immer und nickte enthusiastisch. “Du hast doch geschlafen!“
    Ich schürzte meine Lippen und schaute ihn an. Dann sah ich wieder auf das Glück in meinen Händen.
    Im Laufe der Zeit ließ ich gewisse Dinge einfach unkommentiert, weil es die Nerven schonte und die Harmonie des Tages nicht störte. Außerdem war ich meinem Sklaven mitunter dankbar, dass er mir so gut zur Hand ging. Darüber hinaus kannten wir uns seit Kindertagen und nun noch mit Erziehungsversuchen zu beginnen wäre ebenso müßig wie wohl vergebens.


    “Da wird Valentina staunen!“, erklärte ich mit wieder stolz geschweller Brust. Dabei fiel mir noch etwas ein. “Wo ist denn das Schreiben vom Iulius Ceasoninus?“, fragte ich halblaut und wühlte mit einer Hand durch meine Unterlagen. “Ich sollte ihn sogleich informieren, wobei ich dann auch fragen kann, ob Valentina mich zur Cena begleiten darf.“ Muckel kam mir zu Hilfe und reichte mir auch diesen Brief. Voller plötzlichem Tatendrang wedelte ich mit meiner Hand. “Hol‘ mir eine Erfrischung!“, befahl ich meinem Sklaven. “Aber die beste, die wir im Keller haben! Heute ist ein guter Tag!“ Dann begann ich zu schreiben.

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