[Vor dem Templum Apollinis Sosiani] Prozession und Opfer zu Ehren des Apollon

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    Anlässlich des Jubiläums der
    Schlacht bei Actium


    Großes Opfer und Prozession zu Ehren des Apollon


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    Die Societas Claudiana et Iuliana wird anlässlich des Jubiläums der Schlacht bei Actium dem Apollo ein großes Opfer darbringen. 139 Mal jährt sich dieses Ereignis nun, welches das Ende eines langanhaltenden Bürgerkrieges einläutete. Jenem Krieg, in dem der erhabene Augustus den Sieg gegenüber Marc Anton davontrug und so dem Reich Frieden brachte. Es war gleichsam der Sieg des Apollon, der seine schützende Hand über den späteren Princeps legte und den Bacchus bezwang. So lasst uns gemeinsam Apollon opfern, damit auch am Ende des jetzigen Krieges, der unser Reich so erschüttert, wieder eine neue Pax Romana stehen kann.

    ~


    ANTE DIEM IV NON SEP DCCCLXII A.U.C.*
    AM Tempel des Apollo Sosianus bei Sonnenaufgang.

    ~
    Societas Claudiana et Iuliana



    Sim-Off:

    * (2.9.2012/109 n.Chr.)
    Bildquelle

  • "Audite! Audite!", erklang es in den Tagen zuvor noch auf so manchem Forum. Einige dazu beauftragte Ausrufer sollten die Bürger auf das bevorstehende Ereignis der Prozession aufmerksam machen. Es waren zwar nicht allzu viele jener Ausrufer und die Bekanntmachungen waren letztlich kaum so umfangreich, wie dies bei anderen offizielleren Anlässen geschah, dennoch erhoffte man sich den ein oder anderen Bürger zur Teilnahme an der Prozession bewegen zu können, auch wenn diese in sehr bescheidenem Ausmaße stattfinden würde, wie es eben in den Möglichkeiten der Societas Claudiana et Iuliana stand. Immerhin schien es auch ein nicht uninteressanter Anlass zu sein. Die Schlacht von Actium und damit der entscheidende historische Augenblick, der einen Kampf unter Römern ein baldiges Ende setzte, würde womöglich den ein oder anderen schon aus schlichter Neugier zur Teilnahme bewegen. Und war es nicht auch dies, was sich die Menschen in jenen Tagen erhofften? Ein Ende des nun ebenfalls stattfindenden Krieges unter Römern? Konnte diese Hoffnung nach einem endlich eintretenden langen Frieden nicht am besten durch ein historisches Beispiel genährt werden, welches gleichsam einen Lichtblick auf die Zukunft warf? Nicht zuletzt konnte selbst der kritischste Geist in unsicheren Zeiten zu einem frommen Mann werden, der jede nur erdenkliche Form nutzte, um den Göttern zu huldigen und sich von ihnen bessere Tage ersehnte.


    Lepidus war als Hauptorganisator dieser Prozession und des damit verbundenen Opfers selbstverständlich schon sehr früh an Ort und Stelle. Durch den Aedituus des Tempels des Apollon wurden entsprechende Diener und Musikanten organisiert. Alles musste schon einigermaßen in Position sein, bevor der Großteil der Menschen eingetroffen war. Auch das Opfertier musste schon geschmückt sein und die entsprechenden Gaben für das Voropfer sollten ohnehin bereitstehen, damit es zu keinerlei Verzögerung im Ablauf kam.


    Die Sonne sollte sich schon bald erheben und dort sah man auch bereits, wie die ersten Menschen vor dem Tempel des Apollo Sosianus eintrafen, jenem Tempel, der seinen Namenszusatz durch Gaius Sosius erhielt, der einst den Neubau aus Marmor finanzierte und dessen Benennung letztlich auch dazu diente dieses Heiligtum vom Apollotempel auf dem Palatin zu unterscheiden. Der Tiberier stand nun auf den Stufen des Tempels, sprach mit Opferdienern, gab den ein oder anderen Hinweis und beobachtete gleichsam immer mal wieder, wie sich nach und nach ein paar Menschen versammelten, um Apollon ihre Ehrerbietung zu erweisen. Besonders hoffte der Tiberier natürlich, dass auch möglichst viele Mitglieder Societas Claudiana et Iuliana Zeit gefunden hatten, an jenem Tage zu erscheinen.

  • Der größte Teil der Vorarbeiten wurde inzwischen geleistet. Noch einmal durchatmend, ging Lepidus die Stufen des Tempels hinauf, und betrat unter den Säulen den marmornen Prachtbau, der sich auf einem Podium erhob und durch seine reichen Verzierungen und imposant geformten Kapitellen bestach. Anbei hatte er ein paar Sklaven, die die Opfergaben bei sich trugen.


    Der Tiberier wandte sich zuerst zur Seite und wusch seine Hände in einem dafür vorgesehenen Becken. Einen Teil seiner Toga nun über den Kopf gezogen, schritt er weiter voran in das Innere des Tempels, wo Lepidus die diversen Kunstwerke bewunderte, die dort aufgestellt und wohl meist griechischer Herkunft waren; gleichsam wanderte er auf einem wunderschön verarbeiteten Mosaikfußboden dem foculus entgegen, wo die Sklaven bereits die nötigen Opfergaben platziert hatten und sich Lepidus nun ganz auf die eigentliche Opferung konzentrieren konnte. Er nahm das Behältnis mit dem Weihrauch und streute jenen in die entsprechende Feuerstelle, die herrlich glühte und den Duft in der gesamten Räumlichkeit verteilte. Nachdem die Verbindung zu Apollon hergestellt war, konnte er seine Gaben dem Gott offenbaren. Verschiedene Blumen und eine reiche Anzahl an Früchten wurden dem Gott der Musen dargebracht, auch etwas Gebäck war dabei und dazu legte der Tiberier ihm noch einige Lorbeerzweige bei. Die Lorbeerblätter pflückte er einzeln ab und gab sie langsam und bedächtig auf die Feuerstelle, die nun erneut einen recht eigentümlichen Geruch verbreitete. Mit dem simpuvium ließ er auch eine Weingabe in die dafür vorgesehenen Schalen am Altar tropfen. Nun streckte Lepidus die Hände in die Höhe, die Handflächen nach oben zeigend und sprach zu Apollon:


    "Großer Apollon, der du vermagst zu heilen und Licht zu spenden, Gott der Künste und der Musik, der Weisheit und der Weissagung. Nimm diese Gaben zu diesem besonderen Anlass zu deinen Ehren. Es jährt sich heute der Tag, an dem du schützend deine Hand über den Caesar Divi filius Augustus legtest und ihm zum Sieg bei der Schlacht von Actium verhalfst und dem römischen Volk damit Frieden brachtest. Heute bringen dir viele aufrechte Römer ihren Dank entgegen und bitten dich gleichsam dein Werk noch einmal zu tun und uns den Frieden zu bringen. Heute laden wir dich ein, oh mächtiger Apollon, und bitten dich mit uns zu sein."


    Der Geruch von Weihrauch und Lorbeer lag dem Tiberier immer noch in der Nase als er seine Worte an Apollon endigte und sich nach rechts abwandte. Tief in Gedanken versunken, musste er nun den Tempel verlassen. Auf dem Platz davor waren nun einige Menschen mehr eingetroffen und warteten auf den Beginn der Prozession. Es war an sich nur eine bescheidene Anzahl von Personen und vielleicht hätte sich der Tiberier etwas mehr Beteiligung gewünscht, aber grundsätzlich zählte wohl nur, dass den Göttern gehuldigt wurde, egal, ob dies viele oder wenige tun.


    Der Tiberier blieb auf dem unteren Teil der Stufen stehen, leicht erhoben hatte er so einen guten Überblick und konnte die Menschen vor Beginn der Prozession noch ein wenig genauer aufklären, weshalb sie an diesem Tage zusammengetreten waren und weshalb an diesem speziellen Tage ein großer Opfer durch die Societas organisiert wurde. Er zog sich die Togafalte vom Kopf, blickte sich noch einmal kurz um und erhob seinen Arm als Zeichen, dass er etwas sagen wolle. Seine Helfer bemühten sich einige Menschen auf ihn aufmerksam zu machen, damit sie die Gespräche möglichst einstellten. Zweifellos war dies nicht in vollständigem Ausmaße möglich, weshalb Lepidus in jedem Fall sehr laut und eindringlich sprechen musste, damit ihn wirklich ein paar mehr Menschen gehör schenkten. Noch einmal atmete er tief durch, um sein Stimmenvolumen die nötige Kraft zu verschaffen und sprach dann:


    "Bürger Roms, hört mich an! Ich freue mich, dass ihr euch heute eingefunden habt, um an der feierlichen Prozession und dem Opfer zu Ehren des Apollon teilzunehmen. Wie ihr alle wisst, befinden wir uns in schweren Zeiten. Man mag das Wort kaum aussprechen, nur flüstern möchte man es, weil es uns im tiefsten Inneren erschüttert; doch wir alle wissen genau, um was es sich handelt und deshalb spreche ich es laut aus: Bürgerkrieg! Ja, in einem solchen befinden wir uns und jener ist die Ursache, weshalb wir um die Zukunft und den Wohlstand unseres Reiches bangen müssen und dass wir von Unsicherheit erfüllt sind, nicht wissend, was mit uns geschieht."


    Eine kleine Kunstpause setzte ein, der Tiberier blickte in die Gesichter der Anwesenden.


    "Doch es gibt Hoffnung und jene findet sich in unserer Geschichte. Ich sage es euch, Mitbürger, Rom hat schon viele Krisen überstanden und es ist nie gefallen, nein, es ist sogar häufig gestärkt hervorgegangen. Heute jährt sich der Tag als einst Caesar Augustus - mit der schützenden Hand des Apollon über sich - die entscheidende Schlacht bei Actium gewann und dem damals ebenso wie heute kräftezehrenden Bürgerkrieg ein Ende bereitete. Es war der Wendepunkt einer Zeit, in der Römer, wie ihr und ich, die gleichen Befürchtungen hatten und die gleiche Beklommenheit verspürten wie wir sie heute empfinden im Angesicht der ungewissen Zukunft. Doch am Ende jenes Krieges stand etwas neues, etwas großartiges. Am Ende dieser Schlacht stand ein langer Frieden und die Eintracht unseres Reichs!


    Ich stehe heute hier als Sodales der Societas Claudiana et Iuliana, die es sich zum Ziel gemacht hat, der Iulisch-Claudischen Dynastie zu gedenken und zu ehren. Ebenso vergessen wir nie ihre Schirmherren zu ehren. Augustus war der große pater patriae, bekannt als Apollons Sohn und apollinisch war sein Ideal. Lasst uns auch heute dem Gott für den langen Frieden danken, den er uns einst gab und lasst ihn uns gleichsam bitten uns vom Geschwür des Bürgerkrieges zu heilen. Lasst uns gemeinsam zu Ehren des Apollon durch die Straßen ziehen und bereiten wir ihm ein würdiges Opfer!"


    Lepidus beendete diese kleine Rede, die alle noch einmal erinnern sollte, wofür dieses Opfer am heutigen Tage stattfinden sollte. Er musste sich wohl erst einmal den Schweiß von der Stirn wischen, denn es kostete Kraft so laut zu reden und die Wörter verständlich auszusprechen. Er konzentrierte sich in seiner Einführung vorwiegend auf das Ergebnis des einstigen Krieges, nicht wie es zu diesem Ergebnis kam. Ob sich die Bürger den jetzigen Salinator als Augustus vorstellen konnten oder nicht, blieb wohl allein ihnen überlassen. Etwas stolz war Lepidus auf seine Formulierung mit dem Geschwür, da dieses Zeichen der Krankheit auch gleichsam einen Bogen zur Bedeutung des Apollon als Gott der Heilung schlug. Dass dieser Gott, der eigentlich eher für seine musische Bedeutung bekannt war, auch für eine kriegerische Assoziation taugte, war keine Erfindung des Lepidus, sondern wurde gerne so erdacht. Mann stellte sich Apollon so manches Mal als Gott des Lichtes vor, der mit seinem Pfeil und Bogen die Gestalten der Dunkelheit bekämpft.


    Auch hinter der Bedeutung des Augustus als Sohn des Apollon rankten sich die interessantesten Geschichten. So soll Augustus Mutter, Atia, tatsächlich ihren Sohn von Apollo empfangen haben. Sie sei mitten in der Nacht in den Tempel des Apollon gegangen, um ein feierliches Opfer darzubringen. Dann habe sich ihr der Gott in Gestalt einer Schlange genähert. Nicht wenige behaupteten dass, dass der Hauptgrund Caesars zum Entschluss der Adoption des jungen Gaius Octavius dessen apollinische Herkunft gewesen wäre.


    Doch wie dem auch sei. Inzwischen wieder halbwegs bei sich und in der Lage die Prozession einzuleiten, gab Lepidus noch einige Anweisungen. Nun sollte sich alles in Position begeben und eine anständige Formation hergestellt werden. Während die Musiker auf ihre zugewiesenen Position gingen, das Kultbild des Apollo auf seinen Platz in der Menschenmenge getragen wurde und diejenigen auf ihre Plätze gingen, die dem Marsch voranschritten, hatte sich der Tiberier noch etwas besonderes ausgedacht, um den Erschienenen den Verlauf der Schlacht bei Actium auf musische Art etwas näher zu bringen...

  • Die Straße von Ostia zum Herz des Imperiums war am heutigen Morgen interessanterweise besonders leer gewesen. Ob das an der Prozession der Societas Claudiana et Iuliana lag oder schlicht daran, dass es dieser Tage eben nicht so leicht war Dinge zu verkaufen, weil man jene ja auch ersteinmal irgendwo einkaufen musste, wusste Dives dabei natürlich nicht. Allerdings waren die genauen Gründe dem Iulier für den Moment auch reichlich egal, solange er dadurch noch ein bisschen schneller an sein Ziel kommen würde.


    In der ewigen Stadt angekommen, steuerte der junge Decurio zunächst die Casa Iulia an, um einerseits dafür zu sorgen, dass das Brot entsprechend nach und nach zum Tempel des Apollo Sosianus transportiert wurde und andererseits auch, um selbst nochmal etwas zurecht gemacht zu werden für den Prozessionszug und die anschließende Festivität. Zur Feier des Tages wurde sogar eine iulische Sänfte - weithin erkennbar an den vier weißen Tauben, die an den Ecken scheinbar auf der Sänfte saßen und mit ihren ausgebreiteten Flügeln wohl gerade im Begriff waren in die Lüfte zu entschwinden - bereit gemacht. Sonst mochte Dives es eigentlich nicht sonderlich so schwankend umher getragen zu werden, auch weil er meinte, dass er dafür noch viel zu gut zu Fuß sei. Doch bei einem solchen Anlass sollte man auf der anderen Seite auch sehen, dass er kein völlig Niemand war (unabhängig davon, dass das vielleicht nicht vollends stimmte). Immerhin aber vertrat er auch heute seinen Cousin Centho in der Position des Magisters des dies alles veranstaltenden Kultvereins.


    Am Tempel des Apollo Sosianus angelangt, stellte der junge Decurio erfreut fest, dass die Prozession noch nicht begonnen hatte. Auf den Stufen zum Tempel erblickte er nach kurzem Umschauen auch Tiberius Lepidus. Der schien gerade eine kleine Ansprache gehalten zu haben und den in Dives' Nähe stehenden Menschen zufolge war diese auch wirklich effektvoll und gut gewesen! Da der Iulier vermutlich Tage gebraucht hätte, um in seiner Sänfte durch die Massen zu Lepidus vorzudringen, stieg er kurzerhand einfach aus, ließ sein Gewand anschließend kurz wieder in Form bringen und machte sich dann begleitet von zwei Custodes Corporis auf zu dem Patrizier.
    "Salve, Lepide!", rief er jenem entgegen, um ihm nicht unnötigerweise letztlich wohlmöglich noch zu verpassen. Es klang für seinen Geschmack ein wenig seltsam den Tiberier so persönlich anzusprechen, doch hätte es wohl für die Außenstehenden noch seltsamer angemutet, wenn er laut heraus einen Tiberius, einen Verwandten des Tiberius Durus so gegrüßt hätte. Heute sollte es um Augustus und Apoll und ein hoffentlich baldiges Ende des Bürgerkrieges gehen. Da musste man nicht unnötig die Aufmerksamkeit auf andere Details lenken.


    Immer wieder schaute Dives an dem ihm vorausgehenden Leibwächter links und rechts vorbei und hoffte, dass er von Lepidus gesehen wurde...

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    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Das Kultbild des Apollon, welches weit vorn in der Prozession getragen werden sollte und reich geschmückt war, entsprach dem Gott, wie man ihn sich vorstellte und wie man Geschichten über ihn erzählte. Er erschien als junger Mann ohne Bart, mit langen fliegenden Haaren, mit einem Lorbeerkranz gekrönt, und mit einem Gewand und Sandalen, die wie Gold glänzten. In der einen Hand hält er den Bogen, in der anderen eine Leyer. Es diente dazu sich den Gott zu vergegenwärtigen, seine Präsenz zu spüren, auf das er während der Prozession wirklich mit ihnen sein würde. Neben dem Kultbild des Apollon sollten auf jeder Seite eine Frau entlanglaufen, beide jeweils mit einem bunten Schild in der Hand. Das Symbol des Schildes dient als Zeichen, dass Apollon die Menschheit beschützt und ihnen Gesundheit und Sicherheit verschafft.


    Die Gehilfen aus dem Tempel trugen allesamt Lorbeerkränze oder waren ebenso mit Blumen geschmückt. Die Musiker trugen ein weißes Gewandt und ihre Instrumente waren vergoldet. Gerade sie mussten heute ihr bestes geben, spielte doch Musik im Kulte des Apollon von jeher eine wichtige Rolle.


    Noch ganz vertieft in seine Pflichten, war der Tiberier etwas überrascht lauthals seinen Namen rufen zu hören. Bei der Rede hatte er diesen ja zum Glück nicht genannt, da dies womöglich bei dem ein oder anderen gewisse Assoziationen hervorgerufen hätte, die hier fehl am Platz waren. Ein kurzes Umblicken und da war auch schon der richtige Mann erkannt. Auf Dives war Verlass, musste er an dieser Stelle feststellen. Gerade schickte er noch einen für den Beginn der Prozession wichtigten Mann auf seine Position und schritt dann anschließend auf den Iulier zu, um ihn zu begrüßen. "Freut mich, dass du bereits hier bist, ich hoffe der Weg von Ostia bereitete dir nicht allzu viel Mühe. Es ist inzwischen alles vorbereitet, die Prozession wird jeden Augenblick losgehen. Wie hast du dich im Falle der Nahrungsspende entschieden?" Lepidus hatte dies dem Iulier ja nur in Aussicht gestellt, wusste allerdings nicht, wie dieser sich dazu verhalten würde. Der Tiberier sprach übrigens ebenso hektisch, wie er die gesamten Planungen empfand. Zweifellos war dies alles eine große Herausforderung für den noch jungen Patrizier. Doch bevor er die Antwort abwarten konnte, sah er bereits, dass sein eben noch angewiesener Mann bereit war und gleich anfangen würde etwas vorzutragen. Er gab Dives und seinen Leibwächtern ein Zeichen, dass sie sich mit ihm zusammen an einen bestimmten Teil im vordersten Drittel der Prozession einreihen sollten. "Flüster mir die Antwort am besten zu oder auf der Prozession selbst sollten wir noch genug Zeit zum Reden haben. Jetzt lausche meinem besonderen Einfall für den Beginn. Vielleicht trifft es deinen Geschmack."


    Die Worte an Dives waren gerade verklungen, als ein sanftes Flötenspiel einsetzte und ein Mann, auf einem provisorischen Podest neben den Prozessionsteilnehmern begann zu sprechen. Offensichtlich hatte man es hier mit einer dichterischen Einlage zu tun. Der Tiberier hatte den Mann selbst ausgesucht, weil er eine sehr gute Stimme hatte (deutlich kraftvoller als seine eigene) und in der Lage war Verse auch an ein größeres Publikum zu bringen. Man munkelte, dass dies einer der parasiti Apollinis sein musste und dann war dies in der Tat kein Wunder. Ein waschechter Schauspieler im Dienste des Apollon, musste solch eine Fähigkeit wahrhaftig haben.


    "Seid gegrüßt, liebe Römer an diesem wunderschönen Tage. Erfreut euch nun an der Darstellung der Schlacht bei Actium aus der Feder des großen Vergil persönlich, der diesen besonderen Moment so überaus leidenschaftlich und eindrucksvoll beschrieb."


    Das Flötenspiel, welches gerade noch eingesetzt hatte, blieb auch während der folgenden Worte zur Untermalung erhalten. Die sanften Hintergrundgeräusche gaben dem ganzen noch eine gewisse zusätzliche Nuance und der engagierte Schauspieler konnte seine Verse im besten Singsang vortragen.


    "Zwischen hindurch zog weit sich das goldene Bild des erregten
    Meeres; es schäumte das Blau mit weißlich schimmernden Wogen.
    Rings im Kreise gereiht, hell glänzend von Silber Delphine
    Peitschten die Flut mit dem Schweif und furchten die gärende Brandung.


    Mitten darin war die aktische Schlacht - erzschimmernde Flotten -
    Deutlich zu schaun. Man sah von Mavors' gerüsteten Schlachtreihn
    Ganz Leukate umtobt und in Goldglanz funkeln die Wellen.
    Caesar Augustus führt die italischen Scharen zum Kampfe
    Mit dem Senat und dem Volk, den Penaten und obersten Göttern.


    Wie er auf ragendem Heck hoch dasteht, da flammt von den heitern
    Schläfen ein doppeltes Licht und der Stern des Erzeugers zu Häupten.
    Etwas entfernt führt dann mit günstigen Göttern und Winden
    Stattlich Agrippa den Zug, dem die Schläfe die Krone des Seemanns,
    Mit Schiffsschnäbeln geschmückt, umfunkelt, ein prächtiger Kriegsschmuck.


    Dorther führt, von Barbaren umringt und den buntesten Waffen,
    Siegreich über Auroras Volk und das rote Gestade,
    Ganz Ägypten Antonius mit und den Osten und Baktras
    Äußerstes Reich, und ihm folgt - o Schmach! - die ägyptische Gattin.
    Alle sie stürzen zugleich sich drauf, rings schäumt das Gewässer,


    Von dreizackigen Schnäbeln durchwühlt und geschwungenen Rudern.
    Fort auf die Höhe dann geht's; man meint, zerstückte Zykladen
    Schwämmen im Meer; es stürzte Gebirg sich gegen Gebirge:
    Mit so massiger Wucht drohn rings die getürmten Verdecke.
    Brennendes Werg wird verstreut, der Geschosse geflügeltes Eisen


    Schwirrt, und Neptunus' Flur schäumt rot von dem neuen Gemetzel.
    Mitten im Heer ist die Königin selbst; mit dem heimischen Sistrum
    Ruft sie zur Schlacht, sieht hinter sich nicht - zwei drohende Schlangen.
    Scheußlicher Götter verworrnes Gezücht und der Kläffer Anubis
    Heben die Wehr hier gegen Neptun, Minerva und Venus.


    Mavors tobt inmitten des Kampfes, aus Eisen getrieben,
    Während vom Himmel herab die entsetzlichen Furien drohen.
    Prahlerisch schreitet die Zwietracht dort mit zerrissnem Gewande,
    Welcher Bellona folgt, mit der blutigen Geißel bewaffnet.
    Aktiums Phoibos sieht dies alles; er spannt aus den Lüften


    Hoch sein Geschoss: da kehrt vor Schreck der Ägypter und Inder,
    Ganz Arabien kehrt samt allen Sabäern den Rücken.
    Selber die Königin scheint zu den Winden zu flehn und die Segel
    Auszuspannen und schon ihr Tauwerk schießen zu lassen.
    Bleich vom nahenden Tod hat künstlich der Gott sie gebildet,


    Wie vom Westwind sie und der Flut dem Gemetzel entrafft wird;
    Jenseits aber den trauernden Nil mit riesigem Leibe,
    Wie den Besiegten er winkt mit dem Bausch und dem ganzen Gewande,
    Sich in den bläulichen Schoß und des Stroms Schlupfwinkel zu bergen.
    Caesar dagegen, der Rom dreifach triumphierend betreten,


    Weihet den Göttern des Italervolks ein unsterblich Gelübde:
    Rings in der Stadt umher dreihundert erhabene Tempel.
    Jubel und Spiel durchbraust und Beifallsklatschen die Straßen:
    Chöre von edelen Fraun, Altäre in sämtlichen Tempeln
    Und vor jedem Altar auf dem Boden geschlachtete Rinder."*


    Mit dem Ende der letzten Verse, setzten nun auch die restlichen Musiker mit ihrem Spiel ein. Wie abgesprochen, fing nun die erste Reihe an sich fortzubewegen und die dahinter Gehenden folgten Schritt für Schritt. Ein Diener des Apollon ging mit in der ersten Reihe voran. Immer wieder mit lauten wiederholenden Ausrufungen zu Ehren des Apollon und gleichzeitigen Hinweisen den Weg zu räumen sowie die Einladung sich der Prozession anzuschließen. Nun schritten sie nördlich neben dem Porticus Octaviae und vorbei am Theatrum Balbi langsam in Richtung der Via Flaminia.


    Sim-Off:

    *Aeneis, Buch VIII, V 671-719; Übersetzung von Wilhelm Hertzberg

  • Der Tiberier schien trotz seiner Konzentration offene Augen und Ohren zu haben. Er sah den eintreffenden Iulier und erwiderte die kurze Begrüßung. Zeit für die Antwort auf seine Frage blieb Dives jedoch nicht, da es eine scheinbar straffe Planung der Prozession gab. Um diese nicht durcheinander zu bringen, reihte sich der junge Decurio also stattdessen wie gewünscht in den Prozessionszug neben Lepidus ein, während erst ein seichtes Flötenspiel einsetzte, bevor ein Vortrag aus einem vergilischen Werk folgte. Aufmerksam und stumm lauschte Dives den Worten, die ihm durchaus passend gewählt zu sein schienen. Kurz blickte er zum Tiberius und nickte diesem anerkennend zu. Es folgte die zweite Strophe, eine dritte und vierte... und der junge Decurio überlegte sich, ob man nicht vielleicht auch während des Zuges diese Rezitation hätte anbringen können. Vielleicht hätte dies ja zusätzliche Zuhörer unter den Gehenden gebracht. Wer das Werk in Gänze hätte hören wollen, hätte folgen müssen. Andererseits aber wären die Musiker in ihrer Lautstärke beschränkt gewesen, um den Vortragenden nicht zu übertönen. Dives kam folglich zu keinem Ergebnis bei der Frage nach einem geeigneteren Zeitpunkt des Vortrages.


    "Mehrere große Wagenladungen...", begann der Iulier zu flüstern. Es folgte ein kurzes Winken nach links, wo zwar nicht ganz so viele Zuschauer standen, wie erhofft, doch immerhin auch nicht niemand. "... sind gerade auf dem Weg hierher...", flüsterte er dann weiter zum Tiberier und wandte sich anschließend nach rechts. Auch dort wollten schließlich einige Schaulustige begrüßt werden. "... Wenn wir zurück am Tempel sind..." Wieder wanderte der iulische Blick nach links und ein fröhliches Winken mit freundlichem Lächeln folgte. "... sollten die Stände aufgebaut sein..." Abermals wandte er sich zu anderen Seite, um einen frohen Prozessionszugteilnehmer zu mimen und vielleicht noch den einen oder anderen bisher Unbeteiligten zur Beteiligung zu bewegen. "... und das Brot verteilt werden können." Anschließend reckte Dives beide Hände in die Luft um zu beiden Seiten die Menschen zu begrüßen.


    An Theater des Balbus angelangt, gönnte sich der Iulier vom vielen Winken eine kleine Pause und erkundigte sich stattdessen bei Lepidus:
    "Wer war eigentlich dieses Stimmwunder eben bei Vergils Versen? Und vor allem: Woher hast du ihn?" Vielleicht ließe sich der ja auch später für diese oder jene künftige Veranstaltung engagieren...

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  • Hatte er doch gewusst, dass sich dieser Iulier die Gelegenheit ein wenig Eindruck zu schinden, nicht entgehen lassen würde. Wenn der Mann vielleicht noch hoch hinaus wollte, müsste er wohl auch in Zukunft noch viele Male durch solche Wohltätigkeiten auffallen, ganz zu schweigen davon, dass auch Lepidus davon profitierte. So erwiderte er denn auch ein kurzes und zufriedenes "Ausgezeichnet". Fast wäre er verleitet gewesen währenddessen seine Finger aufeinander tippen zu lassen, doch seine Hände waren ebenfalls noch zur Genüge mit Winken beschäftigt.


    Bisher schien tatsächlich alles recht gut zu laufen. Die Verse wurden überaus gut vorgetragen, allerdings hätte Lepidus es vielleicht noch ein wenig kürzen sollen. Im Moment des Vortrages empfand er es doch ein wenig zu lang. Gut möglich, dass nicht jeder Zuhörer bis zum Ende seine Konzentration beibehalten konnte. Wer es allerdings konnte, wurde mit einer sehr schönen Schilderung der Schlacht belohnt und hatte sicherlich etwas, woran er sich erinnern konnte. Woher er diesen Wunderknaben hatte? "Ich hatte großes Glück. Der Aedituus des Apollon-Tempels vermochte mir diesen Hinweis zu geben. Als ich diesen wahren Künstler vorsprechen hörte, war ich gleich hin und weg. Wo dieser herkommt, gibt es allerdings noch mehr. Es existieren noch einige andere Schauspieler, die ihr Wirken ganz dem Apollon widmen. Häufig sieht man sie an den Ludi Apollinares auf dem Marsfelde, wo sie mit ihrem Talent glänzen. Nicht wenige behaupten, dass ihr Spiel deshalb so eindrucksvoll ist, weil Apollon seine Hand über sie hält. Der Mann, den du gesehen hast, soll auch bald wieder im Marcellustheater auftreten. Zu welchem Stück müsste man wohl noch in Erfahrung bringen." Das erinnerte den Tiberier wahrlich daran, dass er schon lange kein Theaterstück mehr begutachten konnte. "Welche Stelle hat dir denn am meisten zugesagt?"


    Gerade noch über das eine Theater gesprochen, wurde ein anderes von der Prozession passiert. Sie schritten vorbei am Theatrum Balbi, das kleinste der Theater auf dem Marsfelde, benannt Lucius Cornelius Balbus, dem Jüngeren wohlgemerkt. Gewidmet war es Augustus, dem ja heute auch gedacht wurde. Der gute Balbus selbst, soll nicht nur das Theater in Auftrag gegeben, sondern gleichsam der Muse verfallen sein und ein Theaterstück verfasst haben. Ob der neue Cornelius, der derzeit aus dem Osten immer näher kommt, ein ebenso großes musisches Talent besitzt? Zum Glück schließt sich jenes mit dem Feldherrentalent nicht aus, wie man an Balbus eindrucksvoll sah und dem schließlich auch ein Triumphzug zuteil wurde.


    Die Musik erfüllte die Straßen und hinauf ging der Zug, den Tempel der Minerva im Blick, entlang des Porticus Divorum auf die kleine Straße, die sie auf die Via Flaminia führte. Von dort ging es südlich in Richtung des Forum Romanum...


  • Sim-Off:

    Sorry. Hab das Thema hier irgendwie vergessen...


    "Ja, das sollte man wirklich herausfinden. Den vielleicht sogar mit einigen seiner bestimmt nicht minder talentierten Schauspielfreunde im Theater zu erleben wäre sicherlich großartig!", antwortete Dives zunächst - auch um sich noch ein wenig mehr Bedenkzeit zu verschaffen. Tja, welche Stelle hatte ihm besonders zugesagt? Das war schwierig, wo er doch bei diesem langen Vortrag mitnichten alles noch so in seinem Kopf hatte. Da entschied er sich lieber für eine allgemeinere Reaktion:
    "Und ich fand mehr den Vortrag als Ganzes sehr passend und gelungen ausgewählt. Vergils Verse zu hören, ist immer wieder ein Genuss! Zwischen den einzelnen Strophen vermag ich mich da jetzt nicht zu entscheiden...", lächelte er. Dann bogen sie in die Via Flaminia Richtung Forum Romanum ein und der Blick des Iuliers fiel zunächst auf die Basilica Ulpia, welche sich direkt vor ihnen auftürmte. Während die Prozession sich auf der gebogenen Straße lang bewegte, wechselte Dives das Small-Talk-Thema:


    "Da steht die Basilica Ulpia... Hast du eigentlich mal gehört, dass auch der Bruder des Iulianus, der Onkel des Valerianus gestorben ist? Ich weiß nicht... Pro..motus, Pro..culus oder so." Den letzten Teil flüsterte Dives dem Tiberier mit unverändert übertrieben freundlichem Blick (damit niemand etwas vom Themenwandel merkte) zu, wenngleich bei der Lautstärke der gespielten Musik wohl weder die Leute eine Reihe vor noch eine Reihe hinter ihnen etwas hören könnten. Doch selbst für den Fall der Fälle hatte der Iulier weder die Frage nach einer Ermordung gestellt, noch genauer verifiziert, worauf er hinaus wollte...

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  • Sim-Off:

    Nicht der Rede wert. :)


    "Es macht mich natürlich sehr froh, dass dir ausnahmslos alles zugesagt hat." sprach der Tiberier lächelnd über das nette Kompliment der Versauswahl, die Lepidus tatsächlich selbst getroffen hatte. Der Iulier schien tatsächlich hin und weg von der Darbietung gewesen sein. Dieser Schöngeist verfasste sicherlich auch selbst Verse, da war sich Lepidus ganz sicher. Aber was hatte dieser Geist denn nun im Sinn? Gerade noch ein Gespräch über Schauspieler und Verskunst und nun über tote Kaiserfamilien? Das einsetztende Flüstern, als wäre dies ein Staatsgeheimnis und das beibehaltene Lächeln des Dives, machten den Eindruck nicht schwächer. Aber wer weiß, was der Iulier, der wohl immer mal für eine Überraschung gut war, sich gedacht hatte.
    "Lass mich nachdenken..." Auch der Tiberier flüsterte nun. "Propertius...nein Propinquus... nein, ach, einfach nur Probus? Das klingt irgendwie nach einem Ulpier." Und es klang auch irgendwie nach einem Kaiser, woher dieser Gedanke nun kam, wusste der Tiberier allerdings selbst nicht. Vollends verwirrte Lepidus auch die Formulierung des Iuliers. "Meintest du, dass er tot ist oder ob er tot ist? In ersterem Fall hätte ich wohl etwas verschlafen, im letzteren Fall muss ich dir leider sagen, dass ich nichts dergleichen weiß. Bei all den Ermordungen in letzter Zeit beginnt man aber auch leicht den Überblick zu verlieren." Letzeres sprach der Tiberier noch deutlich leiser als die vorherigen Worte. Unter der Musik und den anderen ebenfalls tratschenden Menschen hatte es der Iulier hoffentlich noch verstanden. Zur not half auch das Lächeln des Tiberiers, um zu klären um was es ging. Denn die Worte waren durchaus mit Witz gesprochen, ein gewisser Galgenhumor eben. Für Small-Talk war der Tiberier natürlich auch immer zu haben, was das wohl am Ende zu bedeuten hatte? Nicht, dass Iulius noch einen weiteren Beanspruchder des Kaisertitels ausgegraben hatte. Da konnte man wohl nur sagen: Je verworrener desto besser.


    Während sie so vor sich hinplauderten sollte sie ihr Weg zwischen Basilica Iulia und Domus Caligulae auf das Forum Boarium führen. Von dort würden sie nördlich schon das Theatrum Marcelli erblicken und dann wäre es tatsächlich nur noch ein kleines Stück bis zur Rückkehr zum Tempel des Apollo Sosianus.

  • Nein, Promotus oder Proculus hieß der Ulpier nicht. Aber auch Propertius oder Propinquus hörten sich nicht richtig an. Probus, ja Probus! Das klang stimmig. Bei der nachfolgenden Frage des Tiberiers überlegte Dives kurz... und musste dann wirklich ehrlich grinsen.
    "Beides ist interessant. Aber ich frage eigentlich eh nur, weil du,als Patrizier, das ja vielleicht hättest wissen können. Von meinem Cousin, Senator Centho, kenn ich nämlich ein interessantes Detail aus dem Testament des Valerianus...", flüsterte Dives. Centho war bei der Eröffnung des kaiserlichen Testaments persönlich anwesend gewesen. Die Informationen seines Cousins kamen folglich aus erster Hand! Leider war das Dokument selbst ja nie veröffentlicht worden, soweit dem jungen Decurio bekannt. Nur die damals anwesenden Senatoren hatten es einst verlesen bekommen.


    Der Iulier überlegte kurz. Sollte er mit Lepidus offen sprechen? So salinatortreu wie der bisher aufgetreten war, mochte das nicht unbedingt so eine gute Idee sein. Andererseits war der ein Patrizier und wirkte in der Regel auch in allen Belangen wie ein solcher. Da musste der doch auch irgendetwas auf seine Verwandtschaft geben und ein bisschen Stolz auf seine Gens musste ihm einfach inne wohnen. Für den Fall der Fälle legte Dives einen möglichst blauäugigen Flüsterton an den Tag:
    "Ich hatte nur überlegt, dass ja nach Gesetz gewisse Vorrechte bei den Ulpiern liegen. Mein Cousin meinte, dass jene auch in besagtem Dokument bestätigt seien." Das ließ der Iulier ersteinmal wirken und lächelte weiterhin starr mal in diese, mal in jene Richtung. Die diversen Schlüsse zu ziehen überließ er vorerst Lepidus. Dessen Ausbildung würde ihn bestimmt darauf kommen lassen, dass im Klartext also jener Ulpius Probus in der Thronfolge vor dem Vescularier stand. Lebte der Patrizier noch, so war mindestens der vescularische Thronanspruch falsch, wahrscheinlich allerdings sogar auch der cornelische. Wäre er tot, so stellte sich die Frage, weshalb davon eben nichts an die Öffentlichkeit gelangt war. Antwort eins: Probus war unter Valerianus verstorben und Valerianus und er hatten sich überworfen, weshalb Valerianus folglich dafür gesorgt hatte, dass Probus' Tod keinerlei öffentliche Erwähnung fand. Das allerdings war bei dem geringen Einfluss, den der verschiedene Kaiser wohl zuletzt nur noch ausgeübt hatte, eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher wäre Antwort zwei: Probus war erst mit oder nach Valerianus verstorben. In jenem Fall wäre eine natürliche Todesursache wohl ein äußerster Zufall. Vielmehr stünde dann die Frage im Raum, ob Salinator oder eher Cornelius dahinter steckten. Oder gar beide?! Eine spannende, vielschichtige Thematik...


    'Wenn zwei sich bis auf den Tod streiten, dann freut sich manchmal ein Dritter. Manchmal jedoch geht dem auch einfach nur der Tod eines Dritten voraus. Bereits Iulius Caesar und Pompeius Magnus waren da mit ihrem einstigen Triumvirat so ein historisches Beispiel...'

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    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Was ein Patrizier nicht alles wissen sollte. Zweifellos war der Tod eines Mitglieds der Kaiserfamilie etwas, über was man gut informiert sein sollte. Schließlich ist dies ja kein alltäglicher Tod und wie sehr zerreißt man sich doch gerade auf den Straßen Roms das Maul über eben jenen Kaiser und seine engsten Verwandten. "Würde mir mein adliges Blut doch immer sofort sämtliche Informationen beschaffen, wie sorglos könnte ich leben. Aber mich verwundert es in der Tat, dass der Tod des Bruders von Iulianus offensichtlich nirgendwo Erwähnung fand. Zweifellos war seine Person aber auch nirgendwo wirklich präsent..." Lepidus fing an ein wenig zu grübeln, so sehr, dass er doch glatt hin und wieder den netten Blick auf die Menschen um ihn herum vergas und das nette Winken mitunter ganz einstellte.


    Überhaupt? Warum fing der Iulier damit an? Nur weil er ein wenig mit seinem senatorischen Cousin gesprochen hatte? Konnte er sich denn überhaupt unter einer Herrschaft des Vesculariers leisten über Vorrechte der Ulpier zu sprechen? Die Gesinnung des Iuliers konnte einem schon Rätsel aufgeben. Einerseits bestand er sehr hartnäckig auf die Salinator-Treue des Tiberiers als es um den Eintritt in die Societas ging, andererseits waren seine Kommentare nicht gerade eindeutig, gerade auch was die Gespräche bei den Planungen zu eben jener Prozession anging, auf der sie sich gerade befanden. Ein loyaler Anhänger Salinators würde wohl kaum noch vom Testament des Valerianus sprechen, denn für einen solchen war die Sache ja mehr als klar. "Mir scheint gerade einem Senator müssten doch wohl erstklassige Informationen aus dem Kaiserhaus zur Verfügung stehen. Wusste denn dein Cousin Centho nichts vom Verbleib des Ulpiers? Und was wäre mit den restlichen Senatoren? Meinst du keiner von ihnen hätte etwas über den verbliebenen Ulpier gewusst? Ansonsten hast du natürlich recht. Ihnen stehen besondere Rechte zu, oder sagen wir doch lieber 'standen', denn höchstwahrscheinlich ist er doch tot. Wenn nicht vor dem Antritt Salinators, dann doch höchst wahrscheinlich anschließend..." Huch, hatte der Tiberier dem Vescularier gerade indirekt unterstellt, jemanden aus der Kaiserfamilie getötet zu haben? Lepidus hatte die Worte kaum ausgesprochen, da hatte er bereits sorgen um seine Formulierung. Er bemühte sich relativ normal dreinzuschauen, als wenn es nichts großartiges wäre, was er gesagt hatte. Immerhin konnte er damit ja auch nur entfernt gemeint haben, dass der Ulpier irgendwie gestorben sei und nicht aufgrund des Vesculariers. Aber vielleicht redete der Tiberier sich diese Deutung auch nur ein. Jedenfalls wusste er, dass es gefährlich war, offen zu sprechen und es bereitete ihm jedes Mal aufs neue Mühe. Aber was sollte der Tiberier auch sonst tun? Solche Gespräche waren wie immer ein Drahtseilakt, bei dem man schnell zu Boden gehen konnte. Wahrlich, manchmal wünschte sich der Tiberier einmal offen und klar sprechen zu können und sein Gegenüber dadurch auch besser einzuschätzen. Doch war das Vertrauen zwischen ihm und Dives bereits so gut ausgeprägt? Es war ein Riskio, welches der Tiberier noch nicht eingehen wollte. Auch diesmal musste vorsichtig und mit erhobener Deckung gesprochen werden. "Vielleicht möchtest du der Sache ja noch weiter nachgehen? Eine kleine unauffällige Recherche könnte sicherlich vieles aufklären..." Was Lepidus sich darunter vorstelle, ließ er erst einmal offen. Vielleicht hatte der Iulier auch ganz andere Dinge im Kopf. Vielleicht versuchte dieser auch nur Lepidus zu einer gefährlichen Aussage hinzureißen, die er dann beliebig gegen ihn verwenden konnte. Ja, vielleicht war Dives sogar der Wolf im Schafspelz, vielleicht auch das Messer, in was er blind hineinlief. Man konnte dem Tiberier schon fast etwas Verfolgungswahn attestieren, aber wen verwunderte es, nach allem, was er bisher durchmachen musste?

  • Schade eigentlich, dass der Tiberier nichts Genaueres über seinen adeligen Freund sagen konnte. Gerade als Patricius Minor war eine engere Bindung an das Kaiserhaus alles andere als utopisch, sondern war sowohl realistischer als bei den altehrwürdigen Patriziern, wie auch den Plebeiern. Immerhin waren die Taten jeder neuadeldigen Gens vergleichsweise jung und gereichten im Fall der Tiberier wohl hauptsächlich den Ulpiern zum Wohl. Für einen einfachen, plebeiischen Bürger lag damit die Vermutung näherer Kenntnisse nicht weit ab, zumal die Ermordung des Tiberius Durus (die offiziell natürlich Selbstmord war - aber wer wusste dieser Tage schon, was man noch glauben konnte) da gut ins Bild passte.
    Auf das Scheinargument der geringen Präsenz des Ulpius Probus ging Dives nicht im Geringsten ein. Wieviel präsenter war Maioranus gewesen?! Wieviel häufiger hatte der sich der Öffentlichkeit gezeigt?! Und dennoch fand der Tod des Maioranus Erwähnung in der Acta Diurna, während von Probus' Ableben nichts zu lesen war. Und jener Probus stand als Bruder des Iulianus und Vater des Caesar Ulpius Felix (ja, als Mitglied der Societas Claudiana et Iuliana hatte sich Dives nicht nur mit den ersten Kaisern und deren Familien ein bisschen beschäftigt) doch praktisch seit einer halben Ewigkeit auf Position drei bis vier der Thronfolge - ausgehend davon, dass die ulpischen Testamente stets den nächsten männlichen Ulpier zum Erben machten und niemand adoptiert wurde. Bei den Nachrichten, die hin und wieder über C- und D-Promis zu lesen waren (ein Phänomen, das es sicherlich noch in vielen hundert Jahren geben würde), wäre der Tod des Probus doch DIE Schlagzeile! Immerhin wäre mit ihm der letzte Ulpier seines Zweiges ausgestorben...


    Die im Eifer des Gefechts vielleicht etwas unvorsichtig gewählten Worte des Tiberiers nahm Dives nicht als solche wahr. Im Großen und Ganzen entsprach dies schließlich auch genau seiner Auffassung.
    "Ich glaube, du vergisst, wie es meinem Cousin geht. Momentan verlässt er ja nicht einmal sein Cubiculum. Wie soll er da gut informiert sein, geschweige denn bestimmte Informationen sammeln?", erwiderte der Iulier zwischen dem Winken hierhin und dorthin. Und die restlichen Senatoren? Nunja, mit einigen von denen war Dives sogar verwandt - Octavier, Matinier. Doch für so heikle Themen wohl kaum verwandt genug. Immerhin war Octavius Victor sogar Klient des Salinator und wer wüsste, was der einem bei einer Frage nach einem Ulpier wohlmöglich alles unterstellte. Dazu Octavius Macer, der zum Gefolge des Germanicus Sedulus gehörte, welcher nur sehr schwer zu durchschauen war. Blieb noch der Matinius, von dem man seit der verlorenen Consulatswahl, bei der er mit dem inzwischen verhafteten Vinicus angetreten war, auch nichts mehr gehört hatte. Nein, bessere Kontakte als den Patrizier Tiberius Lepidus hatte Dives in dieser Sache derzeit nicht aufzubieten... Oder doch? Nein! Politik und Privatleben vermischte man besser nicht miteinander - das gäbe nur unnötige Probleme und Konflikte.
    "Hast du keine Kontakte zu Verwandten, Anverwandten oder Bekannten? Irgendwer, der jener kaiserlichen Gens vielleicht sehr nahe steht... oder stand? Jemand, der soetwas eventuell wissen oder in Erfahrung bringen könnte?" Wohlmöglich hätte Lepidus ja noch einen entfernten greisen Urgroßonkel oder so, der unter Umständen einst sogar Klient des Iulianus war? Oder jener Urgroßonkel würde vielleicht jemanden kennen, der einst zum Gefolge des Iulianus zählte? Beides wohl eher weniger wahrscheinlich, doch irgendwelche nützlichen Verbindungen müsste ein patrizischer Tiberius doch haben... hoffentlich.

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  • Interessante Fragen, die den Tiberier zum Nachdenken anregten. Wer könnte etwas wissen und wen kannte er selbst überhaupt, der diese und jene Informationen beschaffen könnte oder gar selbst schon besaß? Ganz zweifellos unterschätzte Lepidus nicht nur den Zustand des Iulius Centho, sondern offenbar überschätzte Dives auch die Möglichkeiten, die dem Tiberier offen standen. Selbstverständlich tat Lepidus alles andere, um diesen vom Gegenteil zu überzeugen, aber faktisch hatte er keine wirklich nennenswerten Kontakte vorzuweisen. Nein, der Tiberier war noch sehr jung und seit seinem 16. Lebensjahr ohnehin lange Zeit in Achaia und nach dem Tode Durus blieb ohnehin nichts bewahrt. Die besten Kontakte der Tiberier hatten die Stadt ohnehin längst verlassen. Doch immerhin, eine sehr bedeutende Verbindung gab es doch tatsächlich. "Meine Verwandtschaft ist in alle Winde zerstreut oder naja, in anderen Umständen gefangen. Es gibt allerdings eine Verbindung, die sich auch in dieser Angelegenheit erwähnenswert ist. Meine gute Cousine, Tiberia Albina, ist die Frau des ehemaligen Consuls Purgitius Macer. Interessanterweise war er meines Wissens nach sogar Klient des Iulianus und hatte sicherlich auch eine enge Bindung zur Kaiserfamilie. Wenn jemand etwas darüber wissen sollte oder in Erfahrung bringen könnte, dann womöglich er." Zumindest nachfragen war sicherlich im Bereich des Möglichen. Ohnehin hätte er dem Purgitier womöglich bald wieder einen Besuch abstatten müssen, doch ob dieser Tatsächlich etwas über den Verbleib des Probus zu berichten haben würde? Gleichzeitig brachte ihn dies jedoch auch darauf, dass ein Senator wie Macer doch nie die Kaiserwürde des Vesculariers unterstützt hätte, wenn er gewusst hätte, dass dort noch irgendwo ein Ulpier war. Vielleicht war das doch alles viel Lärm um nichts? Aber gut, noch flüsterten der Iulier und der Tiberier ja nur.


    "Sicher gäbe es auch noch einige andere Stellen, an die man sich wenden könnte, doch womöglich stehen weder du noch ich wirklich gut da, wenn irgendjemand Wind bekommt, dass wir zu viele Fragen stellen." Allerdings war die Neugier doch sehr groß und das, was sich der Tiberier ausmalte, wenn sie dieses oder jenes in Erfahrung bringen würden, war gleichzeitig in höchstem Maße interessant, auf der anderen Seite auch etwas beängstigend.


    Die Prozession kam ihrem Endpunkt, dem Tempel des Apollon nun immer näher. Geistig musste sich Lepidus nun langsam darauf einstellen, dass Opfer zu vollführen. Ein wenig Nervosität war ihm anzumerken, wurden seine Gesten doch immer sparsamer und sein Blick etwas starrer.

  • Ganz offensichtlich überschätzte der Iulier die Kontakte und Verbindungen des Tiberiers nicht. Kurz hatte Dives ja tatsächlich etwas gezweifelt, da ein entfernter, greiser Urgroßonkel doch nicht sonderlich wahrscheinlich war. Zumindest nicht, wenn man bedachte, dass jener auch - und das bei der aktuellen politischen Lage - hier in Roma sein müsste (und natürlich am Leben). Aber Lepidus war in dieser Hinsicht wirklich ein Glücksgriff einer Bekanntschaft! Den Mann sollte sich der junge Decurio unbedingt warmhalten! Wer wüsste, wann er von dem und dessen Kontakten nochmal profitieren könnte?!
    "Dann wäre es schön, wenn du dich bei Gelegenheit vielleicht mal mit dem Consular unterhalten könntest, wobei ich vermute, dass er mehr erzählen wird, wenn du den Namen 'Iulius' aus dem Gespräch heraus halten würdest. An dem Ergebnis der Unterredung wäre ich natürlich sehr interessiert...", erklärte Dives. Den Hinweis mit seinem Namen, der eine gewisse Salinatortreue vermuten ließ, hätte sich der Iulier dabei wahrscheinlich sparen können. Doch, so dachte er sich, besser man erwähnte eine Sache einmal zu viel, als einmal zu wenig. Und auch als in Rechtsdingen unstudierter Bürger - ganz im Gegensatz zum Purgitier, der ja wohl bereits für dessen Praetur den Cursus Iuris gesetzlich benötigt hatte - wäre der consularische Kommentar für den jungen Decurio äußerst interessant und hoffentlich ebenso aufschlussreich.


    "Und wie versprochen!", deutete der vertretungsweise Magister dann nach vorn, als der Tempel des Apollo wieder langsam in Sichtweite kam. Am Rande des Platzes, der vom Aufgang zum Tempel und dem Marcellustheater begrenzt wurde, standen bereits so einige Stände und je näher man ihnen kam, umso mehr Brot konnte man entdecken. Die einzelnen Überdachungen waren schön geschmückt mit verschiedenen bunten Bannern und hier und dort mit einigen Lorbeerranken. Jedes Banner trug in großen Lettern den Namen der Kultvereinigung 'SOCIETAS CLAUDIANA ET IULIANA' und wurde rechts und links von verschiedenen Symbolen des Apollo flankiert. Geradezu schaute Dives beispielsweise gerade auf einen dunkelroten Banner mit links einem sonnengelben Blitz und rechts einem grasgrünen Lorbeerkranz. Die ersten Leute standen bereits da und der eine oder andere hatte auch schon Brot in den Händen.
    "Ein gutes Gelingen!", wünschte Dives dem Tiberier schonmal, wenngleich sie noch nicht ganz da waren. Doch er hatte bemerkt, dass der Patrizier sich wohl bereits mental auf das Opfer vorbereitete...


    Sim-Off:

    Brot ist in der WiSim - auch für die "Nur-Mitleser" ;)

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  • "Bei Gelegenheit werde ich mich darum kümmern." Macer hätte wohl ohnehin demnächst mal wieder einen Besuch vom Tiberier erhalten. Das Thema dann unauffällig anzuschneiden wäre sicherlich nicht weiter schwer. Über das Ergebnis würde er den Iulier sicher informieren, er schien nämlich in der Tat ein zuverlässiger Partner zu sein. Dieses Urteil wurde durch die Organisation der milden Gaben für die Bürger noch einmal unterstrichen. Die Prozession hielt Einzug auf dem Platze und es war bereits alles hergerichtet. Viele gierige Finger griffen nach dem Brot. Schon zu normalen Zeiten wäre dies dankend angenommen worden, doch jetzt während des Krieges konnten sich die Leute kaum zurückhalten. Der Name der Societas würde sich wohl dadurch nicht unerheblich verbreiten. "Du hast wahrlich keine Mühen und Kosten gescheut. Apollon wird das sicher zu schätzen wissen, guter Iulius."


    Nachdem die Stände zur allgemeinen Freude begutachtet wurden, konnten sich die guten Bürger, die sowohl an der Prozession teilgenommen hatten als auch solche, die nun erst hinzugestoßen waren, so langsam auf die Plätze vor dem Opferungsaltar begeben, wo bald das Blut fließen würde. Ob der wunderschön geschmückte Ochse auch nur entfernt sein Schicksal erahnte? Da stand er nun mit einem breiten buntgeränderten Tuch auf dem Rücken; an seiner Stirn waren Binden befestigt, an denen einige Bändchen hingen und in roter Farbe gehalten waren. Auch die Gold verzierten Hörner waren ein Blickfang.


    "Besten Dank.", erwiderte der Tiberier auf den Zuspruch des Dives. Ja, möge alles gut gelingen. Geopfert hatte Lepidus ja in letzter Zeit genug. Die nötige Routine war im Grund genommen da, aber ein Flüchtigkeitsfehler konnte sich jederzeit einstellen. Und bei diesem feierlichen Anlass wäre dies natürlich umso sträflicher. "Wir sehen uns dann nach der Opferung. Sicher dir einen guten Platz." Der Tiberier verließ den Iulier und war für die nächsten Momente auf sich allein gestellt. Er betrat fürs erste die Räumlichkeiten des Tempels, um sich noch einmal frisch zu waschen. Sobald er wieder herauskam, würden hoffentlich schon alle auf ihren Plätzen sein, so dass die Opferung Störungsfrei über die Bühne gehen konnte.


    Sim-Off:

    Wer mag, kann natürlich auch zu diesem Zeitpunkt noch am Geschehen teilnehmen. ;)

  • Das Thema der Ulpier war damit erst einmal unter Dach und Fach. Nun müsste die Zeit zeigen, inwieweit sich Dives auf den Tiberier verlassen könnte. Der hätte immerhin viele Möglichkeiten jetzt zu agieren. Nicht zuletzt bestünde sogar ein kleines Risiko, dass er gegen den Iulier vorging. Gerade dieser Tage wäre es zwar nicht sonderlich aussichtsreich, wenn ein Patrizier einen nach außen salinatortreuen Iulier anzuschwärzen versuchen würde, doch war bekanntlich nichts unmöglich und in die Denkweisen anderer Leute hatte man keinen Einblick. Aber der junge Decurio hatte ein ganz gutes Gefühl, als Lepidus ihn verließ, um den Tempel zu betreten.


    Tatsächlich war es für den vertretungsweisen Magister der Societas Claudiana et Iuliana nicht allzu schwierig einen Platz in vorderster Front zu ergattern. Bei der Brotspende, die zwar im Namen des Kultvereins getätigt wurde, doch vollständig aus dem Privatvermögen des Iuliers finanziert war, sollte eine gute Sicht ja wohl auch das Mindeste sein, was er heute hier erwarten könnte! Bei der Gelegenheit fiel ihm ein, dass er seinen Cousin unbedingt nach dessen Schlüssel zum Geldtresor der Vereinigung fragen müsste. Wie er nämlich erfahren hatte, lagerte nicht nur sämtliches Barvermögen sicher dort, sondern auch alle diesbezüglichen Aufzeichnungen und Unterlagen...
    Doch an einem Feiertag machte man sich gefälligst keine Gedanken um Ausgaben und Kosten! So blinzelte Dives seinen leicht verträumten Blick schnell wieder weg und sah durch die vielen Leute. Sehen und gesehen werden, so lautete das Motto! Und in der Tat erkannte er dieses oder jenes Gesicht, grüßte kurz aus der Entfernung und unterhielt sich auch mit der einen oder anderen Person in seiner Nähe. Wirklich spannend war allerdings keins dieser Gespräche, sodass der Iulier stets versucht war die Unterhaltungen nicht allzu sehr in die Länge zu ziehen. Was würde wohl zuerst passieren? Würde sich hier noch ein interessantes Gespräch ergeben? Oder würde er erst die blutige Opferung erleben? Bislang glaubte er ja eher an letzteres und war wirklich schon ein bisschen gespannt, was der Tiberius zur Feier des Tages so sagen würde.

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  • Füße und Hände waren gewaschen, denn rein musste der Opfernde sein an Leib uns Seele. Für den reinen Leib hatte er gesorgt, aber die reine Seele? Zumindest hatte Lepidus ein recht unbeflecktes Gewissen, was nicht minder wichtig ist vor einem derartigen Opfer. Als der Tiberier wieder aus dem Tempel mit bedecktem Haupt herauskam, atmete er einige Male tief durch und merkte, dass der Geruch von Weihrauch in der Luft lag. Er würde seine Stimme gleich wieder brauchen. Nun wurde auch bereits der Ochse zum Altar geführt. Würde er Widerstand leisten? Gar zu entfliehen versuchen? In diesem Fall wäre das Opfer gescheitert, denn ein Herbeitragen des Tieres war nicht gestattet. Das Tier schien aber keine Anstalten zu machen sich zu wehren. Wie überaus freundlich von ihm und ein gutes Zeichen. Auch ging jetzt ein Tempeldiener herum, der die Beteiligten immer wieder mit ein paar Tropfen Wasser bespritzte, um sie symbolisch zu reinigen. Wohlgemerkt nur symbolisch, bei den paar Wassertropfen brauchte sich niemand Sorgen machen großartig nass zu werden.


    Anders als bei den bisherigen Anlässen bei denen Lepidus bisher opferte, musste er nun auch für die Öffentlichkeit ein paar einleitende Worte sprechen, die den Grund der heutigen Opferungen und die Anwesenden benannte. Dies noch bevor alles verstummen sollte und Lepidus dazu übergehen konnte den Opferungsprozess vorzunehmen. Er beschloss es kurz zu halten, da er bereits heute morgen eine kleine Rede gehalten hat und stattdessen sein Gebet den größten Teil in Anspruch genommen hatte. Er bat mit einer Bewegung seiner Hand, die er nach oben streckte um Ruhe.


    "Die Societas Claudiana et Iuliana hat dieses Opfer ausgerichtet, um den großen Apollon anlässlich der Schlacht von Actium, in der er seinem Schützling Caesar Augustus zum Sieg verhalf, zu ehren. Viele Bürger haben sich heute versammelt und gemeinsam wollen wir ihm nun ein Opfer bringen." Ja, eigentlich stimmte das "viele" nicht so ganz, aber was hätte er sonst sagen sollen? Vielleicht "einige" oder "ein paar"? Nein, das klang alles nicht so gut und es war ja durchaus eine subjektive Einschätzung, was viel und was wenig war.


    "Favete linguis!" erklang es nun von einem Opferdiener. Die Menge, die auch während der Worte des Lepidus ein wenig geschnattert hatte, war nun dazu angehalten wirklich still zu sein, denn nun würde der Teil kommen, auf den alle den ganzen Tag lange gewartet hatten. Die Musik der Flötenbläser hatte bereits eingesetzt, um trotzdem stattfindende störende Geräusche zu übertönen. Lepidus schritt auf das prächtige Opfertier zu, dass wieder einmal schneeweiß anzusehen war. Den Trick mit der Kreide wandte er seit er ihn kannte nun eigentlich immer an, um ein wirklich weißes Opfertier zu erhalten und meist sah es dadurch auch noch deutlich eindrucksvoller aus.


    Lepidus weihte nun den weißen Ochsen und das Opfermesser, indem beides mit mola salsa bestreut wurde. Anschließend wurde ihm ein Gefäß voll Wein gereicht, welchen er nun langsam über das Opfertier goss. Bald war es ganz überströmt mit köstlichem Wein. Es schien sogar als würde es dem Ochsen ein wenig gefallen. Nun, wenigstens hatte er ein angenehmes Ende und nichts war doch schließlich für ein Opfertier von größerer Bedeutung als zu Ehren der Götter getötet zu werden. Nun konnte jeder noch einmal den Ochsen für eine kurze Zeit betrachten, doch dann gab der Tiberier das Zeichen zur Abnahme des Schmuckes. Die Bändchen, die Decke, die Verzierungen, all diese nun vom Wein etwas schmutzig gewordenen Verzierungen wurden dem Tier abgenommen. Zurück blieb ein reiner entkleideter Ochse. Nun wurde dem Lepidus das Messer überreicht und er zog den symbolischen Strich, ganz langsam und bedächtig, damit jeder Zuschauer dem Prozess genau folgen konnte, vom Kopfe des Tieres bis zum Rücken und Schwanzansatz. Nun übergab er das Opfermesser wieder und brachte sich in Position für das alles entscheidende Gebet. Lepidus hatte sich lange darüber Gedanken gemacht und auch überlegt es auswendig zu sprechen, um einen größeren Eindruck zu machen, doch letztlich entschied er sich dagegen, da das Gebet mit seiner Botschaft nicht ohne war und er sich somit keinen Fehler erlauben wollte. Also hielt ihm ein Diener die entsprechenden Zeilen vor, während er sich dem Tempel und dem darin befindlichen Kultbild zuwandte. Eine Richtung, die beim Gebet häufig vergessen wurde. Er streckte seine Arme in die Höhe und begann das Gebet zu sprechen:


    "Großer Apollon, der du vermagst zu heilen und Licht zu spenden, Gott der Künste und der Musik, der Weisheit und der Weissagung. Nimm diese Opfer zu diesem besonderen Anlass zu deinen Ehren.


    Zu tiefstem Dank ist dir das römische Volk verpflichtet, da du Caesar Augustus, unseren Pater Patriae, zum Sieg bei Actium verhalfst und damit Rom den langen Frieden brachtest. Damals schlossen sich die Tore am Tempel des Ianus zum ersten Mal seit langer Zeit wieder. Auf ewig zollen wir Dank für diesen Frieden, oh großer Apollon."


    Der Tempel des Ianus stand wie kein zweites Heiligtum. Sein Erbauer, Numa Pompilius, sprach einst, dass dieser Tempel in Kriegszeiten immer geöffnet zu sein habe, so wurde der Tempel denn auch nur zwei Mal in seiner Geschichte geschlossen. Einmal nach dem ersten Kriege gegen die Karthager und eben von jenem Augustus nach der Schlacht bei Actium.


    "Doch der Friede, weiser Apollon, blieb uns nicht ewig erhalten. Römer kämpfen wieder gegen Römer. Mütter verlieren ihre Söhne auf dem Schlachtfeld, die durch das Schwert ihres eigenen Bruders sterben. Viel Leid bricht über uns herein und jeder Tag im Bürgerkrieg ist ein verlorener Tag, doch womöglich zeichnet sich schon bald die Entscheidung ab, eine Entscheidung, die dem Ausmaß der Schlacht bei Actium sehr ähnlich sein könnte. Oh, mächtiger Apollon, auch diesmal wollen wir dich deshalb mit diesem Opfer bitten, diesem Krieg einen Ausgang zu bescheren, der uns in ruhigere Zeiten führt.


    Um was bittet den Apollon also das Volk von Rom? Um was bittet er dir ein Opfer darbringend? Wir bitten nicht um Felder, nicht um Viehherden, nicht um Schätze, nicht um ein Landgut in schöner ruhiger Gegend, nicht um des fetten Sardiniens fruchtbare Felder, nicht um des heißen Kalabriens schöne Rinder, nicht um Gold und Elfenbein aus Indien, nicht um Ländereien, die der Liris mit seinem stillen Wasser benagt, auch um Weinberge bitten wir heute nicht.


    Wir bitten dich einzig um Frieden, wie einst nach Actium, Heilung für unser Reich nach der Krankheit namens Bürgerkrieg. Führe auch diesmal denjenigen zum Sieg, der uns eine neue Pax Romana bescheren wird. Lege deine schützende Hand über ihn und bereite dem Blutvergießen unter Römern in der Zukunft ein endgültiges Ende. Stehe auch diesmal dem gerechten, dem großen und mächtigen Kaiser zur Seite... dem WAHREN Kaiser!


    Großer Apollon, der du vermagst zu heilen und Licht zu spenden, Gott der Künste und der Musik, der Weisheit und der Weissagung. Nimm diese Opfer zu diesem besonderen Anlass zu deinen Ehren."

    Lepidus hatte geendigt, nahm die Hände herab und wandte sich nach rechts ab. Hatten sein Gebet zu Beginn noch ein relativ langsames Tempo, so steigerte sich der dramatische Versuch des Tiberiers. Jeder sollte es genau hören können. Doch was hatte er tatsächlich gesagt? Er hatte den "wahren Kaiser" so stark betont, dass eigentlich nur irgendetwas unnatürliches damit gemeint sein konnte. War wirklich Palma damit gemeint? Wer wusste, dass es Tiberius Lepidus war, der dieses Opfer vornahm, hätte dies vermutet. Wer allerdings mit Lepidus bisher in Kontakt war und seine Anpassung an das salinatorische Regime sah, der konnte auch zu einem anderen Schlusse kommen. Noch bevor alle wirklich die Worte auf sich wirken lassen konnten, sprach der Victimarius auch bereits die entscheidende Frage: "Agone?" Lepidus zögerte kaum und rief so kräftig wie er konnte, immer noch etwas berauscht von der eigenen Rede, die sein Herz vor Aufregung höher schlagen ließ. Schließlich wusste er, dass er zweideutig sprach und es durchaus Raum für Fragen geben konnte. "Age!", kam es schließlich aus ihm heraus und die Menge konnte sehen wie der Ochse unter dem Schlag des Hammes niedersank. Ein Messer wurde in seinen Hals gestoßen und das Blut spritzte nur so vor sich hin. Genau der Blutrausch, den der Tiberier wohl gerade brauchte. Die Eingeweideschau würde zeigen, ob Apollon mit diesem speziell ihm durch die Societas gewidmeten Tage zufrieden war.

  • Auf dem Weg durch die ewige Stadt, kam Crassus an einem Theater vorbei, dem Marcellus Theater. Dort bemerkte er reges Treiben. Er folgte einigen Bürgern Roms, eine Straße am Theater vorbei entlang. Hinter dem Theater eröffnete sich ein größerer Platz, der gesäumt war von mehreren Ständen, an denen Brot an die Bevölkerung Roms verteilt wurde. An der Stirnseite eines jeden Standdaches waren Plakate befestigt, auf denen mit großen Buchstaben etwas Stand, dass Crassus zuerst nicht richtig erkennen konnte.


    Langsam näherte er sich den Ständen, je näher er kam, desto voller wurde der Platz und desto enger wurde der Weg, den Crassus noch nehmen konnte.
    'SOCIETAS CLAUDIANA ET IULIANA', prangte es in großen Buchstaben auf den Plakaten, die über den Ständen hingen, an denen das Brot verteilt wurde. Immer näher führten ihn seine Schritte, ein solches Brot wollte sich Crassus nicht entgehen lassen. Als er einen der Stände erreicht hatte, wurde ihm sofort ein Laib Brot in die Hand gedrückt. ,,Von der Societas Claudiana et Iuliana für die Bürger Roms, zu Ehren Apollons zum Jahrestag der Schlacht von Actium!", riefen sie ihm zu, während sie das Brot verteilten.


    Doch je näher er dem eigentlichen Tempel des Apollon kam, desto leiser wurde es, obwohl die Menschenmenge kaum abebbte. Kaum hatte sich Crassus unten an den Stufen des Tempels einen Platz zwischen den anderen Anwesenden Zuschauern gesucht, da ging es auch schon los. Crassus brach sich noch etwas von dem Brot ab, ehe er seine Aufmerksamkeit auf das Geschehen am Tempel verlagerte.


    Ein Mann oben an der Treppe sprach zur Bevölkerung. Er sprach, als ob er es gewohnt sei, als habe er nie etwas anderes getan. Sicher ein angesehener Politiker, ging es Crassus durch den Kopf, als er dem Römer zuhörte. Ein Opfer sollte dargebracht werden. Es dauerte auch nicht lange bis eine nahezu schneeweißes Rind vorgeführt wurde.


    Hatte Crassus das gerade richtig verstanden? Der Redner sprach darüber, das er für das Ende des Bürgerkriegs dieses Opfer darbringen wolle. Das wäre ja nicht dramatisch, denn ein jeder Römer wollte das Ende des Bürgerkriegs. Viel zu schrecklich war allein der Gedanke, dass sich Römer gegenseitig bekämpfen. Aber er sprach von dem einzig wahren Kaiser, ohne auch nur einen Namen zu nennen. Sprach er jetzt von dem momentanen Imperator Salinator, oder dem Anführer der "Rebellen" Cornelius Palma. War dies nun eine Anti-, oder Pro-Salinator Zeremonie. Einen gewissen Gedanken hatte Crassus sich bereits zurechtgelegt: Würde dies hier für den momentanen Herrscher Roms vollbracht werden, könnte sein Name ohne weiteres genannt werden, doch würde der Redner zu Palma halten, so dürfte er dies nie öffentlich machen, schon garnicht in Rom.


    Eine weitere längere Rede später, wurde das Rind mit einem einzigen Hammerhieb erschlagen und dann mit einer großen dolchähnlichen Klinge aufgeschnitten. Das Blut des Tieres floss in Strömen. Soviel Crassus wusste, würden noch die Eingeweide des Rindes überprüft werden, um zu sehen ob der große Apollon mit dem Opfer zufrieden und dem Anlass wohlgesonnen war.

  • Und tatsächlich trat der Tiberier aus dem Tempel, noch bevor Dives auch nur ein einigermaßen interessantes Gespräch oder wenigstens einen einigermaßen interessanten Gesprächspartner gefunden hatte. Der blutige Teil der Opfers wurde angekündigt und alle Anwesenden symbolisch mit Wasser gereinigt. Der mit in der ersten Reihe stehende Iulier hatte dabei das zweifelhafte Glück, dass er auch wirklich einen fetten Tropfen direkt zwischen seine Augen bekam. - Der typische Preis eben dafür, dass man solch einen tollen Platz hatte. Eh das Wasser ihm in eines seiner Augen lief, wischte er es sich mit einer Hand aus dem Gesicht. Hoffentlich würde der Rest jetzt besser werden. Aber da sah er bei Lepidus eigentlich bislang keinen Grund zum Zweifel.


    Still konzentrierte sich der übergangsweise Magister auf die Worte des Patriziers. Apollo als Heiler und Lichtspender in diesen dunklen Bürgerkriegszeiten anzusprechen, in denen das Imperium im Innern krankte, fand der Iulier wirklich sehr gelungen. Das würde dem Gott wohl sicherlich gefallen. Und auch die Ausarbeitung der nächsten Abschnitte bis hin zum Höhepunkt, dem Friedenswunsch, war wahrlich fantastisch! Der Tiberier war, aber da hatte Dives auch nichts anderes erwartet, ein wirklich toller Redner, der es mit der Kraft seiner Worte sicherlich noch einmal weit schaffen würde. Dann jedoch stockte der iulische Atem. 'Führe denjenigen zum Sieg, der...', repetierte er gedanklich. Ob das genau so auf seinem Script stand? Oder hatte sich Lepidus an dieser Stelle versprochen? Das Gesicht des Opfernden legte die Antwort auf diese Fragen nicht offen. Wer wüsste, dass es sich bei dem Mann um einen Tiberier handelte, der könnte wohl nur allzu schnell eins und eins zusammenziehen...
    Doch Entsetzen ob der gewählten Worte oder ein Eingreifen irgendwelcher bewaffneter Truppen blieb aus. Offenbar wurde die Undeutlichkeit der Benennung des 'wahren Kaisers' von dem Effekt überdeckt, dass jeder in einem gewissen Rahmen das hörte, was er zu hören gewillt war. Wer also nicht wusste, dass dort ein Patrizier das Opfer vollzog und in Salinator den wahren Kaiser sah, der würde wohl spätestens an der Stelle, an der jener 'wahre Kaiser' erwähnt wurde, die Nennung Salinators gehört haben. Zum Glück lag die fragwürdige Stelle im Text nur kurz davor und war die Ausrufung des 'wahren Kaisers' sehr dramatisch inszeniert, sodass niemand hier groß Zeit hatte sich Gedanken über diese Formulierung zu machen...


    Das verkrampfte Lächeln des Iuliers wurde wieder etwas entspannter, als das Tier sein blutiges Ende fand. Viel Blut - feel good. Denn ein besseres Zeichen konnte es vor der Eingeweideschau doch wohl nicht geben. Viel spritzendes Blut war stets ein gutes Zeichen. Hoffentlich würde Apollo auch den Rest für gut befinden, sodass sich keiner der Anwesenden mit der Frage nach Hause begeben müsste, was dem Gott wohl nicht gefallen hätte... oder besser: welche Worte wohlmöglich nicht dem göttlichen Willen entsprochen haben mochten...



    Während Dives auf die Verkündung des Ergebnisses der Eingeweideschau wartete, führte er kurz die Hand, an der sein iulischer Siegelring prangte, zur Schläfe. Er bekam Kopfschmerzen, was aber natürlich auch einfach an dem sonnigen Tag und der Tatsache, dass er heute noch nicht allzu viel getrunken hatte, liegen konnte. Prompt wurde einer seiner beiden sklavischen Leibwächter in die Spur geschickt ein Wasser zu beschaffen. Die tätowierte Taube auf dem Oberarm mit den darunter stehenden Lettern IVL wiesen den kräftigen Kerl erkennbar als iulischen Besitz aus - zumindest für all jene, die diese Zeichen kannten...

    ir-senator.png Iulia2.png

    CIVIS
    DECURIO - OSTIA
    INSTITOR - MARCUS IULIUS LICINUS
    IUS LIBERORUM
    VICARIUS DOMINI FACTIONIS - FACTIO VENETA

    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Während alle Anwesenden gespannt auf die Ergebnisse der Eingeweideschau warteten, regte sich weiter vorne an den Stufen der Treppe etwas. Ein großer kräftiger Mann, mit kurzen Haaren und einem ärmellosen Obergewand, bewegte sich vom Tempel weg. Offensichtlich ein Sklave, der wahrscheinlich für irgendjemanden irgendetwas organisieren sollte.


    Er ging einen schmalen Gang entlang, der sich zwischen den anwesenden Römern auftat. Als der Sklave in Crassus Nähe an ihm vorbeiging, fiel ihm ein Tattoo auf, das auf dessen Oberarm prangte. Es fiel ihm besonders deswegen auf, weil es sich um ein ihm nur allzu bekanntes Symbol handelte: Die Taube der gens Iulia. Das selbe Symbol, das auf seinem Ring am Finger, der rechten Hand, war. Mit dem Kürzel darunter konnte Crassus hingegen nichts anfangen. Er kannte die Bedeutung nicht.
    Ob sich hier ein weiteres Mitglied der Iulier aufhält?, schoss es Crassus durch den Kopf.
    Doch ehe der Iulier reagieren konnte, war der Sklave bereits hinter ihm in der Menschenmenge verschwunden. In der Hoffnung, dass der Sklave wie angenommen nur etwas holte, verhielt er sich ruhig und beobachtete alle, die an ihm vorbeigingen. Er wollte den Sklaven dann direkt abfangen und ansprechen.


    Als wenn Apollon selbst seine Gedanken gehört hatte, bahnte sich der große Kräftige wenig später bereits seinen Weg zurück zur Treppe des Tempels. Er hielt einen kleineren Krug in der Hand, vermutlich gefüllt mit Wein oder Wasser.
    Ein paar schnelle Schritte und Crassus hatte ihn erreicht.
    ,,He.", sprach er ihn in gewohntem Ton an. Als dieser dann seine Aufmerksamkeit ihm zu wandte, sprach er weiter. ,,Bring mich zu deinem Herrn.", wies er ihn an, ohne erst zu fragen, wer sein Herr überhaupt ist.


    So bahnten sich die Beiden also einen Weg zu den vorderen Plätzen, nachdem der Sklave eingewilligt hatte Crassus zu seinem Dominus zu bringen. Vorne angekommen, überreichte der Sklave seinem Herrn den kleinen Krug und deutete dann auf Crassus. Erst nachdem er Blickkontakt mit ihm aufnahm, begann er zu sprechen.
    ,,Salve. Mein Name ist Tiberius Iulius Crassus.", stellte der Iulier sich vor, gefolgt von einer höflichen angedeuteten Verbeugung, er sprach in gesenktem Ton, denn er wollte keinen der Anwesenden während der Zeremonie stören. Bei seinem Gegenüber handelte es sich um einen etwas kleineren Römer, als Crassus einer war, in einer äusserst eleganten Gewandung und mit harmonischen Gesichtszügen. Crassus stellte sich noch etwas aus dem Blick des Ansgesprochenen heraus, um diesen den Blick auf die Geschehnisse oben auf der Treppe nicht zu versperren, während er auf eine Reaktion seines Gegenübers wartete.

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