Ein eingerüstetes Streifenhaus


  • In der nähe der Curia Mogontiaci steht ein Streifenhaus, das unbedingt einmal wieder einen Anstrich und Ausbesserungen am Dachstuhl benötigt. Der Eigentümer hat dies erkannt und den Architekten Lysander beauftragt, alles Notwendige zu veranlassen und das Haus wieder auf Hochglanz zu bringen.


    Mittlerweile war es zwar eiskalt, aber der Anstrich war immerhin schon abgeschlossen. Was noch beendet werden musste, waren die Dachstuhlarbeiten. Man befürchtete, dass es Schäden durch starken Schneefall geben könnte und außerdem mussten etliche Dachziegel ausgetauscht werden. Lysander war gerade zu Besuch und besprach sich mit dem Zimmermann, der die Aufsicht führte. Sie standen mitten auf der Straße und zeigten hierhin und dorthin auf Stellen am Dachstuhl. Platz war genug da, denn bei den Temperaturen huschten die Leute lieber zügig auf dem überdachten Gehweg entlang.


    Quelle

  • Pacatus wetzte um die Curia herum in die angegebene Straße und sah dort gleich zwei Typen vor einem eingerüsteten Haus stehen, die nach oben schauten und diskutierten. Das Haus war eigentümlich gebaut, zumindest kam das Pacatus so vor, denn aus Roma war er anders gebaute Häuser gewohnt. Aber auch hier schien das Haus etwas aus der Reihe zu fallen, wenn man es mit den Nachbarhäusern verglich. Es war niedriger und hatte einen Porticus, der auf Holzsäulen stand, während die anderen Häuser meist ein zweites Stockwerk hatten und verputzte Säulen unter den Portici. Aber er war nicht hier, um Architektur zu studieren.


    Wie jeder das so macht, wenn einer in die Höhe schaut, stellte sich Pacatus dazu und schaute auch in die Höhe. Nach einer Weile sagte er: "Salvete. Ist einer von Euch beiden der Architekt Lysander? Den suche ich. Mein Name ist übrigens Matinius Pacatus".

  • Die beiden waren offenbar so in einige Details am Gebäude vertieft, dass keiner auf seine Frage reagierte. Pacatus schaute noch einmal angestrengt in die Höhe, aber konnte nichts Bemerkenswertes entdecken. Schließlich klopfte er einem der beiden auf die Schulter: "Salvete, verzeiht die Störung. Ist einer von Euch beiden der Architekt Lysander?"

  • Lysander


    Lysander bemerkte den Fragesteller tatsächlich nicht. Er redete einfach weiter, bis sein Zimmermann ihn anstupste und auf Matinius aufmerksam machte.
    "Äh, bitte?" fragte Lysander und bedachte den Fremden mit einem verwirrten Blick. "Der bin ich", verlautete er sodann, als er sich des Sinngehalts der Frage bewusst wurde. "Wie war dein Name? Ich äh..." Er sah kurz seinen Zimmermann an, bevor er sich wieder Pacatus zuwandte. "Du brauchst einen Architekten? Wofür?" Lysanders Stirn runzelte sich in Erwartung der Antwort. Er war zwar nicht mehr der Jüngste, aber er verstand sein Handwerk noch immer sehr gut. Nur wenn man ihn mit unerwarteten Nachrichten oder Ereignissen aus dem Konzept brachte, kam er manchmal etwas durcheinander.


    Sim-Off:

    Sorry. Schreib mir doch nächstes Mal einfach eine PN, wenn ich mal länger als zwei, drei Tage nicht antworte, aber in anderen Threads loslege wie ein Meisterschriftsteller. Ich übersehe in letzter Zeit schonmal den ein oder anderen Beitrag...

  • Der Alte war ein bißchen zusammengezuckt. Pacatus lächelte und trug sein Anliegen erneut vor. "Ich bin Matinius Pacatus, Stadtschreiber. Der Aedil hat mich beauftragt, die städtischen Gebäude auf Bauschäden zu überprüfen. Weil ich recht wenig vom Baufach verstehe, suche ich einen Architekten, der mich dabei beraten kann. Deshalb wende ich mich an Dich".


    Sim-Off:

    War doch recht lebensnah. Lysander ist eben schwerhörig.

  • Lysander


    Die Augen des Architekten verengten sich ein wenig, während er sich auf die Worte des Stadtschreibers konzentrierte. Bei dem Lärm hier auf der Straße hatte Lysander mittlerweile so seine Schwierigkeiten mit dem Hören.


    "Die städtischen Gebäude haben Bauschäden, sagst du? Das ist ja ungeheuerlich! Wie schlimm ist es denn?"


    Lysander wunderte sich, dass da noch kein Aedil eine Überprüfung vorgenommen hatte. Am besten sollte das ein erfahrener Architekt übernehmen!


    Sim-Off:

    :D

  • Da hatte der alte Lysander wohl etwas in den falschen Hals gekriegt. Aber, wenn man einen Hörschaden hat, dann kann es schon mal passieren, dass man nur Bruchstücke mitbekommt und daraus gleich eine mittlere Katastrophe zusammenbastelt. Pacatus erhob also seine Stimme, um dem Alten seine Botschaft rüberzubringen.


    "Na, ob die Gebäude Bauschäden haben, das wollen wir ja erst mal feststellen. Weißt Du, der Aedil hat mich beauftragt, genau das zu tun. Ich werde mir also die Gebäude ansehen und dem Aedil berichten. Aber ich brauche einen Fachmann, der mir dabei hilft".

  • Lysander


    "Na, da wendest du dich an den richtigen, das kann ich dir sagen!", rief Lysander aus, als Pacatus noch einmal laut wiederholte was er wirklich meinte. "Ich bin der Fachmann, den du brauchst. Wenn die Civitas mich engagieren möchte, wohlgemerkt." Der alte Mann lächelte fein und verengte dann ein wenig die Augen, um etwas angestrengter der Antwort des Scriba zu lauschen.

  • Natürlich wollte der Alte Geld für seine Arbeit. Wie sollte das auch anders sein? Das hätte man sich an fünf Fingern abzählen können. Pacatus hatte darüber ja schon mit dem Aedil gesprochen.


    "Ja, ich bin froh, dass ich endlich einen Fachmann gefunden habe", schrie Pacatus dem Alten ins Ohr, "Aber mit Deiner Bemerkung, 'wenn die Civitas Dich engagieren möchte' sind wir genau an der Stelle angekommen, wo der Hund begraben liegt. Geldmäßig ist die Civitas nämlich ziemlich klamm und man braucht schon mindestens eine halbe Legion, um dem Quaestor ein einziges As abzuringen. Wieviel willst Du denn für die Arbeit haben?"

  • Lysander


    Die Civitas war ziemlich klamm. Na klar! Und Lysander war der Herrscher von Parthia! Aber er konnte natürlich verstehen, dass der Scriba nicht gleich mit Versprechungen und hohen Honoraren um sich werfen durfte. "Das ist eine knifflige Frage. Es kommt darauf an, worin genau meine Arbeit besteht. Für die reine Begutachtung der Bauwerke würde ich nicht so viel berechnen. Für die Civitas Mogontiacum nur dreißig sesterzen pro Gutachten."*


    Sim-Off:

    *Was in der Wisim rein zufällig genau einem Bauplan aus dem Angebot der Freya Mercurioque entspricht. Dann natürlich als privates Angebot. :D

  • Pacatus blickte kurz auf seine Gebäudeliste. Er war sich nicht ganz sicher, ob er wirklich schon alle Gebäude drauf hatte, aber er rechnete trotzdem kurz hoch, was das kosten würde.


    "Nun, wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann würde das die Civitas mindestens 360 Sesterzen kosten. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Quaestor rot anläuft, wenn er das hört. Gut und schön, kann ich dem Aedil ausrichten, dass die 30 Sesterzen für eine Begutachtung von Dir als Kostenvoranschlag betrachtet werden können?"


    Pacatus kratzte sich am Kopf. Er versuchte sich vorzustellen, wie die Sache ablaufen würde. Man machte einen Rundgang, Lysander guckte sich das Gebäude an, stellte fest, dass es keine Bauschäden hätte, bing, 30 Sesterzen. Oder so ähnlich.


    "Ich kann mir vorstellen, dass man nicht alle Gebäude begutachten muss, sondern nur die, bei denen Bauschäden offenkundig sind. Wir könnten ja eine Vorauswahl treffen. Das müsste ich dann machen. Aber da bräuchte ich von Dir auch brauchbare Hinweise, auf was ich achten muss. Versteht sich, dass Du dafür auch ein Honorar berechnen könntest. Meinst Du, dass man das machen kann?"

  • Lysander


    Lysander nickte ernst. Mit dem Quaestor war meistens nicht zu spaßen, wenn es um sein Geld beziehungsweise das der Civitas ging. "Was für ein Schlag?" fragte er dann aber vorsichtshalber erstmal nach, denn er meinte da etwas falsch verstanden zu haben. Im selben Moment erahnte er jedoch, was der Scriba wirklich meinte und winkte ab: "Achso, ein Voranschlag. Ja ja, den würde ich dann wohl machen, nicht?"


    Im Folgenden hörte er sich den Vorschlag an, den Pacatus ihm zu unterbreiten hatte. Seine Meinung dazu tat er auch sogleich kund: "Sicher kann man das machen, mein Sohn. Die Entscheidung liegt bei dir, würde ich mal sagen. Aber wirf mir hinterher nicht vor, dass du die nicht so offensichtlichen Bauschäden nicht erkannt hast, wenn dann mal etwas passiert."

  • Pacatus hatte zwischendurch vergessen, dass der alte Lysander nicht mehr so gut hören konnte. Er stellte also seine Lautstärke noch etwas lauter, obwohl sich vorhin schon ein paar Leute erstaunt umgedreht hatten.


    "Nein, einen Kostenvoranschlag brauchst Du jetzt noch nicht zu machen. Ich geh einfach zum Aedil und sag ihm dann, dass er mindestens mit 360 Sesterzen zu rechnen hat. Später kannst Du das ja auf Punkt und Komma ausrechnen, alles klar?"


    Das mit den Bauschäden, die er vielleicht übersehen könnte, machte Pacatus natürlich auch Bauchschmerzen. Aber er hatte sich schon Gedanken darüber gemacht. "Weißt Du, ich hab mir gedacht, dass Bauschäden bei schlecht gepflegten Gebäuden wahrscheinlicher sind als bei anderen. Wenn ich also sehe, dass Farbe abgeblättert ist, dass Türen und Fensterläden schief hängen, dass Gras und Sträucher in Mauerritzen und auf Gesimsen wachsen, dass Feuchtigkeitsflecken im Verputz zu sehen sind oder dass verwitterte Mauersteine und Balken nicht ausgewechselt wurden, dann würde ich dem Aedil sagen: Da muss der Lysander mal genau hingucken".


    Er überlegte noch einen Augenblick: "Wir greifen uns also erst einmal die ganz verrotteten Hütten heraus. Dann die übrigen. Die Sache wird sowieso nicht von heute auf morgen über die Bühne gehen".

  • Lysander


    Der alte Mann kniff die Augen wieder etwas zusammen, als er Pacatus zuhörte. Hier und dort verlautete er ein verstehendes "Ahja" oder ein durch Nicken bekräftigtes "Hmhm", während man ihm ansah, dass er dem Gedankengang des Matiniers vor seinem inneren Auge folgte.


    Im Anschluss an Pacatus' letzte Feststellung, dass nämlich sowieso die ganze Aktion nicht von heut auf morgen über die Bühne gebracht werden würde, lächelte Lysander wissend.
    "Was du sagst, klingt alles sehr vernünftig. Geh' und sprich mit dem Aedil. Richte ihm schöne Grüße von Lysander aus und sag mir bescheid, wenn ihr übereingekommen seid. Du findest mich in den nächsten Tagen vormittags hier oder ein paar Häuser weiter, da habe ich noch ein Projekt." Er deutete die Straße hinunter und warf dann einen Blick zu der Baustelle, wegen der er ja eigentlich heute hier war. Dieser Matinius sorgte jedenfalls dafür, dass ihm nicht langweilig wurde und auch weiterhin die Münzen im Beutel klingelten.

  • Pacatus war erst mal zufrieden.


    "Gut, Lysander, dann werd ich mal zum Aedil traben und ihm erzählen, was Sache ist. Dann soll er rausrücken, was er davon hält. Den Gruß richte ich gerne aus. Ich wünsche Dir gutes Gelingen. Vale".

  • Lysander


    "Was?" fragte Lysander verwirrt, drehte sich um und warf einen Blick zum Gerüst hinauf. "Nein, nein, das ist mein Zimmermann. Der wird schon nicht springen!", korrigierte er die zuletzt von Pacatus vorgebrachten Befürchtungen.


    "Trotzdem viel Erfolg beim Aedil. Vale, Matinius." Daraufhin widmete er seine Aufmerksamkeit wieder der Baustelle, die er zu betreuen hatte.

  • Pacatus schoss aus der Curia heraus, schwenkte nach links in die Via Borbetomagna, dann nochmal nach links. Jetzt, wo ihn keiner aus der Curia mehr sehen konnte, bremste er sich und temmelte die Straße hinter der Curia lang. Er sah, dass das Streifenhaus vom letzten Mal inzwischen fertig war und ging weiter. Ah, da bog eine Straße nach rechts ab. Er sah, dass dort ein etwas besser ausgestattetes Streifenhaus eingerüstet war.


    Als er davor stand, bemerkte er nichts, rein gar nichts. Keine Hammerschläge, keine Flüche von Maurern und kein Knirschen von Schaufeln, mit denen Mörtel angerührt wurde. Weil ihm dann noch einfiel, dass der alte Lysander von einer ungeheuren Schwerhörigkeit geplagt war, brüllte er in das Haus:


    "Lysander, wenn Du mich hörst, komm raus!"

  • Lysander


    "Ich höre!", rief jemand aus dem Inneren des Hauses. "Ich höre, wer ist denn da?", erklang es wieder, dann trat ein fragend dreinschauender Lysander auf die Straße und kniff die Augen zusammen im Versuch den Rufenden zu erkennen.
    "Ah, Matrinus, schön dich zu sehen. Wie ist es dir ergangen? Wie stehen die Geschäfte in der Curia?" Er reichte dem Scriba - denn das hatte er sich gemerkt - die Hand.

  • Der Alte kam aus dem Haus und blinzelte Pacatus an. Der war erleichtert, dass er den Lysander gleich auf Anhieb gefunden hatte.


    "Salve Lysander, Du weißt ja man hats nicht leicht, aber leicht hat's einem. Ich hab mir mittelerweile schon einige Gebäude angesehen. An der Curia hab ich Risse in der Mauer auf der Rückseite gefunden. Das solltest Du Dir mal anschauen. Ich hab dann mit dem Aedil gesprochen. Er ist einverstanden, dass Du dazu ein Gutachten machst, zu dem Preis, den Du genannt hast. Du solltest Dir auch das Augustalium ansehen, das sieht etwas verwahrlost aus".


    Pacatus hoffte, dass seine Botschaft ohne Verluste in den Gehörgängen des Alten angekommen war.

  • Lysander


    Lysander lächelte wissend. Man hat's nicht leicht, ja ja. Aufmerksam hörte er sich dann erstmal den Bericht über Matinius' bisherige Anstrengungen in Sachen Bauaufsicht an.


    "Curia und Augustalium also", zählte Lysander auf und zückte eine Wachstafel, auf der er die beiden Gebäude notierte. "Schön, dass dem Aedil mein Angebot schmeckt. Gibt's noch mehr zu tun?"


    Während ein Eselskarren vorbei fuhr, kniff Lysander die Augen zusammen in der Anstrengung, Pacatus' Antwort durch den Lärm hindurch zu verstehen.

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