Eine Insula am Rande der Subura aber noch Rande zum Esquillin

  • Kein Wort mehr. Kein Wort über Besitzer, Ersparnisse, Probleme und Lösungen, ermahnte Avianus sich selbst erneut. Nichts ließ sich vorerst ändern, nur, wie sie den heutigen Abend verbringen würden.
    Und schon tat sie es, kaum hatte er sich ausgezogen, half dabei, dass ihm zumindest für den Augenblick nichts anderes mehr wichtig erschien. Er wäre verrückt, jetzt noch an Geld oder Varus denken zu wollen, wo er doch ihre Finger zärtlich auf seiner Haut spürte und ihre Lippen sie gleichzeitig mit Küssen bedeckten bis sie zu seinen eigenen zurückkehrten und er ihren Kuss erwiderte, wo sie ihm doch zeigte, wie schön dieser Abend sein könnte, war er auch noch so kurz.
    Mit einem Lächeln beobachtete er, wie sie sich auf ihr Bett sinken ließ, und folgte ihrer Aufforderung, nichts Schöneres gab es nämlich, als sie, und keinen Ort, an dem er lieber wäre als bei ihr.
    "Nichts lieber als das, carissima", flüsterte er in ihr Ohr, nachdem er sich bei ihr niedergelassen hatte. Sich auf einen Ellbogen stützend, legte er die andere Hand in ihren Nacken und küsste sie, ihren Hals, ihr Kinn, ihren Mundwinkel, ihre Lippen, und wollte sich von ihr weit forttragen lassen. Von ihrer weichen Haut, als seine Hände an ihrem Körper hinunterglitten, dem Geschmack auf seiner Zunge, als er sie mit den Zähnen zärtlich neckte, ihren warmen Lippen, ihrem Duft, als er die Haut um ihren Schoß mit den seinen berührte und liebkoste, und den er bei jeder Gelegenheit einsog, um gemeinsam mit ihr den Gipfel zu erklimmen und ihr Geschenk zu empfangen, denn nicht nur für ihn sollte es ein Geschenk sein.

  • Er folgte ihr nur zu gerne und flüsterte die süßesten Dinge in ihr Ohr, die alles an schlechten Ereignissen des Tages wettmachten. Nun war er bei ihr und verwöhnte sie, wie sie es nur allzu selten erfuhr. Jede seiner Berührungen und Küsse steigerten ihr Verlangen nach mehr. Sie schien wie ausgehungert zu sein. Denn nur bei ihm war ihr Verlangen echt und die Leidenschaft keine Illusion, die sie Tag für Tag ihren Kunden vorgaukelte. Dies war wahre Liebe, die er ihr und sie ihm entgegenbrachte und die mit nichts in der Welt bezahlbar war. Jeden Tag dankte sie den Göttern, dass sie diese wahre Liebe in ihrem Leben gefunden hatte und betete dafür, dass sie durch nichts und niemanden jemals enden würde.
    Diesmal war er es, der sie hinauf trug, zu den höchsten Gipfeln der Lust. Und Sibel genoss es, wie die Leidenschaft sie durchströmte und ihren Körper erbeben ließ. Dies hier war mehr, als alles andere, was sie bisher erlebt hatte und es von einer Schönheit und Reinheit geprägt, wie es wohl nur ganz selten an einem solchen Ort geschah.


    "Danke," flüsterte sie ihm leise zu und lächelte.Er hatte sie glücklich gemacht und sie hielt ihn auch weiterhin mit ihren Armen umschlungen, als könne sie so ihr Zusammensein noch bis in alle Ewigkeit hinauszögern. In ihrem Gesicht, das in diesem Moment glücklich und zufrieden schien, spiegelte sich dennoch die Wehmut, ihn wieder gehen lassen zu müssen. Nein, er sollte noch nicht gehen, nicht jetzt. Denn dort draußen vor ihrer Tür lauerte nur die Abscheulichkeit ihres Daseins.

  • Die kostbaren Augenblicke, die hinter ihnen lagen, und zu sehen, wie glücklich sie nun war, ließen auch in seinem Gesicht ein Lächeln erscheinen, welches noch etwas breiter wurde, als sie sich bedankte. Ihren warmen Atem auf seiner Haut spürend, legte der Iunier einen Arm um sie.
    "Ich danke dir", entgegnete er nur leise, legte den Kopf zurück ins Bett, fuhr sich mit der einen Hand durch die feuchten Haare und ließ sie auf ihre Hüfte sinken. So zufrieden wie schon lange nicht mehr blickte er unter tiefen Atemzügen zur Decke hoch. Nur eines schien seltsam: Er hatte erwartet, dass es eilte, sie zu Varus zurück musste, doch noch immer lag sie bei ihm. Und er wusste nicht ob er etwas sagen sollte, oder was, wenn er es denn tat. Natürlich wünschte er, sie könnte noch etwas Zeit erübrigen, allerdings nicht, wenn sie dadurch ihren Besitzer verärgerte und in Schwierigkeiten geriet. Für einige Sekunden schloss er die Augen. Nein, alles war in Ordnung. Wenn nötig könnte er sich noch einmal einmischen, sagen, dass es seine Schuld war, was auch immer … aber ihr würde nichts geschehen.
    "Ich habe dir etwas mitgebracht", erinnerte er sich plötzlich an das Bündel, das er irgendwo am Fußende des Bettes hatte liegen lassen, bevor er ihr nach unten gefolgt war. "Ich weiß nicht, wie lange du …" ... Varus warten lassen kannst. Nicht jetzt. Nicht schon wieder Varus. "Ich meine … du kannst es dir auch später ansehen", sagte er schließlich und öffnete die Augen wieder, um fragend zu ihr zu blicken, abwartend, was sie wohl sagen würde. Später? Ohne ihn eben. Doch er wäre ihr nicht böse, es war nicht ihre Schuld.

  • Und er blieb noch eine ganze Weile bei ihr liegen. Sie genoss seine Nähe. Sein erhitzter Körper an ihrem und das vom Schweiß benetzte Haar, durch das nun sanft ihre Finger strichen. Zufriedenheit und so etwas wie Glück waren in ihrem Gesicht zu lesen. Noch immer war sie weit davon entfernt, sich von ihm lösen zu wollen, als könne sie so diesen vollkommenen Moment für ewig aufrecht erhalten.
    Doch dann war es ihr Geliebter, der sie auf sein Geschenk hinwies. Das Bündel, das noch immer am unteren Rand des Bettes darauf wartete, endlich enthüllt zu werden. Sie hatte es ganz vergessen, denn er hatte sie doch schon so reich beschenkt. Avianus aber schien nun abzuwägen, ob dies der rechte Zeitpunkt für sein Geschenk war, oder ob es bereits zu spät war. Zwar hatte er Varus Namen nicht erwähnt, Beroe aber wurde aber dadurch wieder von der Gegenwart eingeholt.
    „Nein, nein. ich werde es mir jetzt ansehen. So viel Zeit muss sein!“ Behutsam und mit einem Lächeln löste sie sich von ihm und griff nach besagtem Bündel. Mit einem fragenden Blick tasteten ihre Finger etwas Festes, Eckiges. Doch das Geschenk schien noch etwas anderes zu beinhalten. Schließlich öffnete sie es vorsichtig. Ein rechteckiges hölzernes Etwas kam zum Vorschein und eine Kette aus goldfarbenen Steinen, die ein unerwartet leichtes Gewicht aufwiesen, doch in ihnen schien das Licht der Sonne eingefangen worden zu sein. Doch nicht nur das, in einigen der Steine entdeckte sie Einschlüsse von Insekten. Der filigrane Körper einer Fliege…
    Staunend hielt Beroe die Steine gegen das Licht der Öllampen. „Das alles soll für mich sein?“, fragte sie zweifelnd. Dann besah sie sich die hölzernen Täfelchen, die sich als Tabula entpuppten. Ihre Fingerkuppen ertasteten feine Schnitzereien, die sich auf der Außenseite befanden. „Aber das ist doch… viel zu … viel zu wertvoll… für mich.“ Der Lykierin stiegen die Tränen in ihre Augen, doch es waren Tränen der Freude. „Danke, vielen Dank!“ Sie wandte sich wieder zu ihm und umarmte ihn. „Aber….“, warf sie plötzlich ein. „Ich habe gar kein Geschenk für dich…. und außerdem….“ Sie löste sich von ihm und schlug befangen die Augen nieder. „Ich kann doch gar nicht schreiben.“ Geschweige denn Lesen…

  • Er hatte sie zwar nur kurz auf das Geschenk angesprochen und sie nicht dazu gedrängt, es gleich anzusehen, dennoch machte sein Herz einen kleinen Hüpfer, als sie sich sofort dazu entschloss, es zu öffnen. Avianus setzte sich auf, um ihr erwartungsvoll zuzusehen, während sie aus dem Stück Leder befreite, was er ihr mitgebracht hatte, ihren Gesichtsausdruck beobachtend, bis schlussendlich sogar ihre Augen feucht zu glänzen begannen. Einmal mehr brachte er sie zum weinen. Vor Freude, zum Glück.
    Lächelnd erwiderte er ihre Umarmung. Zu wertvoll? Er lachte leise auf. "Red' keinen Unsinn …"
    Doch viel zu schnell löste sie sich wieder von ihm und ihm ihre Zweifel und Sorgen mit. Als hätte er heute auch ein Geschenk von ihr erwartet. Oder viel eher: Als hätte sie ihm bisher noch nie etwas geschenkt. Und als wüsste er nicht, dass sie weder lesen noch schreiben konnte. Was Sibel sagte, war für ihn so unsinnig, dass der fröhliche Ausdruck noch immer nicht aus seinem Gesicht wich.
    "Nein, warte mal, … warte, … ich weiß", sagte er hastig und strich ihr sanft über die Wange, "Du hast mir das schon mal gesagt, vor einer halben Ewigkeit. Ich wollte es dir damals beibringen. Und dann hatten wir keine Zeit, dann musste ich weg, und danach warst du fort … aber jetzt hast du einen Ort, wo du bleiben kannst. Und ich dachte, wir brauchen nur noch das hier", meinte er lächelnd und tippte auf die Tabula.
    "Und du hast mir schon so viel geschenkt … Weißt du, als ich nicht bei dir sein konnte, hatte ich dein Amulett und die Haarsträhne, und du hattest gar nichts." Natürlich hatte sie für ihn kein Geld ausgeben, ihm nur geschenkt, was sie gerade besaß, aber darum ging es doch gar nicht. Er hatte nur einfach nur so furchtbar wenig Dinge herumliegen, von denen er das Gefühl hatte, sie wären passend. Und eine Haarsträhne konnte er sich auch nicht abschneiden. Bei dem Gedanken musste er unwillkürlich grinsen.
    "Da dachte ich, ich will dir auch etwas geben, das dir bleibt, wenn … ich weiß nicht. Und ich wollte dir etwas zu den Saturnalien schenken, selbst wenn ich da nicht da war."

  • „Das hast du nicht vergessen?“, fragte sie erstaunt, als sie wieder ihren Blick anhob. Wieder kehrte ihr Lächeln zurück. So viel Zeit war seitdem vergangen und so viel war geschehen. Doch er hatte den Wunsch, den sie damals geäußert hatte, nicht vergessen. „Ehrlich gesagt hatte ich mir vor kurzem sowieso überlegt, ob ich dich nicht noch einmal fragen sollte… wegen Varus… wenn er mich frei lässt, dann will ich meine Freilassungsurkunde lesen können.“ Nun aber kam das Eine zum Anderen. Und wieder gab es etwas, worauf sie sich freuen konnte. Sie umarmte ihn erneut, als er weitersprach und ihr versicherte, dass sie ihm schon so viel gegeben hatte. Das gleiche hätte sie auch behaupten können. Wie wäre ich Leben vielleicht verlaufen, wenn die Götter sie damals nicht zusammen geführt hätten? „Ich weiß nicht, wie ich dir dafür danken soll. Du erfüllst mir damit einen langgehegten Wunsch.“ Ihre Finger streichelten sanft seine Lippen und die Wangen, das Gesicht, das sie so sehr liebte. In diesem Moment war sie glücklich, dass er bei ihr war, dass sie ihn getroffen hatte und dass er sie liebte. Doch sie bemerkte auch dieses kurze Zögern in seiner Stimme. Ich will dir auch etwas geben, das dir bleibt, wenn … Wenn was? Jedoch hakte sie nicht näher nach, aus Angst, die Antwort darauf könne diesen Augenblick des Glücks für immer zerstören.

  • Erneut strahlte sie. Genau so wollte er sie in Erinnerung behalten, wenn er nachher zur Castra zurückkehrte. Glücklich und wunderschön.
    "Du wünschst dir ja nicht besonders oft etwas. Wenn ich deine wenigen Wünsche dann auch noch vergessen würde ...", meinte Avianus leise lachend, nahm ihre Hand, die gerade eben noch zärtlich sein Gesicht berührt hatte, und küsste sie.
    "Aber noch habe ich es dir nicht beigebracht", witzelte er und drückte ihr einen weiteren Kuss auf die Lippen.
    "Es gibt da noch eine andere Sache, von der ich dir erzählen wollte." Obwohl er nicht sicher war, wie sie auf die Neuigkeiten reagieren würde, von denen er ihr gleich berichten würde, wollte der glückliche Ausdruck nicht aus seinem Gesicht weichen. "Dir steht jetzt ein Centurio zur Seite."
    Es hatte einmal diese Zeit gegeben, in der er gesagt hatte, er würde sie hinter sich lassen, sollte er einmal Karriere machen. Würde er noch genau dasselbe denken wie damals, hätte sie jetzt allen Grund, unglücklich zu sein. Doch er war noch immer da und sein Geschenk zeigte ihr hoffentlich, dass er auch in Zukunft noch Zeit bei ihr verbringen würde. Weshalb auch nicht. Denn wen interessierte es schon, wenn er hin und wieder ein Lupanar besuchte. Selbst wenn er irgendwann noch höhere Posten erhielt, würde es niemanden kratzen. Nicht einmal Seneca würde was merken. Und der war ohnehin nicht da, um ihn zurechtzuweisen.

  • „Wie sollte ich auch? Wenn du bei mir bist, dann bin ich doch schon wunschlos glücklich“, erwiderte sie und ein Lächeln umschmeichelte ihre Lippen. Was hätte sie sich auch sonst wünschen sollen? Sie hatte im Laufe ihres Lebens erkennen müssen, dass es nur unglücklich machte, wenn man sich zu viel wünschte. Denn viele dieser Wünsche hätten unerfüllt bleiben müssen. So behielt sie auch diesmal ihren allergrößten Wunsch für sich, nämlich den, für immer bei ihm bleiben zu können.
    Stattdessen brachte er sie zum Lachen. „Ich werde eine geduldige Schülerin sein und dich hoffentlich nicht in den Wahnsinn treiben.“ Doch ihr leises Lachen verstummte, als er ihr eine Neuigkeit ankündigte. Er lächelte dabei immer noch. Also konnten es keine schlechten Neuigkeiten sein. Endlich kam er mit der Sprache heraus und voller Stolz verkündete er ihr, dass er befördert worden war. Beroe ließ sich seine Worte erst langsam auf der Zunge zergehen, um zu verstehen, was es für ihn bedeutete und auch für sie. „Sie haben dich …befördert?... Zum Centurio?... Das ist ja ….wundervoll! Oh, ich freue mich so für dich!“ Sie drückte ihn herzlich und küsste seine Lippen.
    „Eigentlich müssten wir das jetzt feiern, aber..." ...bald schon mussten sie sich für heute trennen, denn Varus wartete bereits auf sie. Doch dann hatte sie die Idee! "Beim nächsten Mal! Ich verspreche es dir, wenn du das nächste Mal wieder kommst, dann werden wir das richtig feiern!“ Beroe malte sich bereits aus, was sie alles für seinen nächsten Besuch vorbereiten konnte. Wein… viel Wein… und kleine Köstlichkeiten… vielleicht konnten sie ihr nächstes Treffen sogar ins balneum verlegen. Sie würde dafür sorgen, dass sie dort ungestört waren.
    Doch bei all der Freude schob sich plötzlich eine beißende Frage in ihre Gedanken: Hatte er deshalb vorhin gezögert, weil sich nun dadurch etwas ändern könnte? Ein Centurio und eine wie sie…?

  • Obwohl er auch zuvor noch gelächelt hatte, war er nun sichtlich erleichtert, als sie sich mit ihm freute, selbst wenn sie nicht sofort in Begeisterungsstürme ausgebrochen war. Avianus hatte ja schon befürchtet, sie könnte ihn jetzt entsetzt anstarren und glauben, er würde sich im nächsten Augenblick aus dem Staub machen.
    Nein, stattdessen brachte sie sogar den Vorschlag, ihr nächstes Treffen seiner Beförderung zu widmen. Feiern. Klang gut. Bisher hatte er auf seine Beförderung noch nicht mal mit irgendwem angestoßen. Wie auch, bei dem ganzen Mist mit dem toten Kaiser. Aber gemeinsam mit Sibel würde er das liebend gerne nachholen. Sich mal wieder etwas mehr zu amüsieren als sonst konnte bestimmt nicht schaden.
    "Da kann ich nicht nein sagen... und ich freu' mich sowieso jetzt schon", stimmte der Iunius ihr glücklich zu, hatte das Thema für sich bereits wieder abgehakt, und lächelte weiter vor sich hin, noch immer wegen ihrer Bemerkung von vorhin. Und ob sie ihn verrückt machen würde. Tat sie doch schon immer, auch ohne dass er versuchte, ihr etwas beizubringen, und auf eine Art und Weise die ihm gefiel.
    Er ertappte sich selbst dabei, wie er sie sanft zurück in die Kissen drücken wollte, um den Abschied erneut hinauszuzögern, hielt dann inne und verzog kaum merklich das Gesicht. Sie hatte es ja gerade eben selbst wieder angedeutet, heute hatten sie nicht mehrere Stunden wie sonst. Und wie viel Zeit verbrachte Sibel eigentlich mit ihren Kunden? Da war er doch sicher schon längst über dem Durchschnitt, selbst für einen Stammkunden.
    "Vielleicht solltest du … dann mal wieder nach unten gehen …", sagte er ein wenig widerwillig, denn das würde eben auch bedeuten, dass der heutige Abend erstmal gelaufen war. "Du sollst meinetwegen keinen Ärger bekommen."

  • Auch ihm fiel es sichtbar schwer, sich von ihr zu trennen. Hatte er sie soeben noch einmal sanft in die Kissen zurück drücken wollen, schien doch die Vernunft zu obsiegen. Und auch Beroe wusste, dass sie bereits jetzt schon viel länger beisammen gewesen waren, wie es bei ihren anderen Kunden üblich war. Innerlich verfluchte sie Varus dafür, dass er ihnen für den heutigen Abend einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte. Doch sie tröstete sich damit, dass ihr nächstes Treffen bestimmt nicht wieder so lange auf sich warten ließe.
    „Ja,“ seufzte sie. „Vielleicht sollte ich das.“ Noch ein letztes Mal küsste sie ihn, bevor sie sich langsam erhob. Dann nahm sie ihre Geschenkte und packte sie in ihre Truhe. Dort waren sie gut verwahrt. Umso unmotivierter begann sie als nächstes nach seinen und ihren Kleidern zu suchen. Immer wieder warf sie ihm dabei einen sehnsuchtsvollen Blick zu. Hätte es doch nur ein Mittel gegeben, um den Augenblick der Trennung noch weiter hinauszögern zu können! Doch es half alles nichts. Sie schlüpfte in ihre Tunika und stülpte die Sandalen über ihre Füße.
    Als auch er wieder angekleidet war umarmte sie ihn noch einmal, bevor sie die Tür öffnete und ihr gemeinsamer „Abend“ endgültig ein Ende finden sollte. „Bitte komm bald wieder… sobald du wieder Zeit hast.“ Ein letzter Kuss, dann trennten sie sich. Ihre traurigen Augen blickten ihm noch nach, als er ging. Wenig später ging auch sie missmutig die Treppen hinunter, um im Atrium Varus zu treffen, der wahrscheinlich schon ungeduldig dort auf sie wartete.

  • Wohl oder übel hatte er Recht, denn nur ein weiterer Kuss von ihr folgte, dann ließ sie ihn bereits auf dem Bett zurück. Warum ausgerechnet heute, fragte Avianus sich noch immer in Gedanken. An so vielen anderen Tagen hätte der Helvetius mit ihr solange reden können, wie er wollte, und ihn hätte es nicht groß gestört - solange er Sibel damit nicht verletzte eben. Aber ausgerechnet am heutigen Abend musste der Kerl antanzen und in ihr lang ersehntes Treffen platzen. Natürlich war er froh, sie zumindest einmal wieder gesehen, ein paar Worte und Zärtlichkeiten ausgetauscht zu haben ... doch dass es nicht das war, was er sich vorgestellt hatte, ließ sich kaum leugnen, und ein Blick zu Sibel war gar nicht nötig um zu verstehen, dass sie nicht anders dachte.
    Mit mäßiger Begeisterung stemmte er sich vom Bett hoch und zog sich an. Als er damit fertig war, trat Sibel ein letztes Mal nah zu ihm.
    "Das werde ich. Ganz bestimmt", versicherte er nach ihrer Umarmung, weil nach dem heutigen viel zu kurzen Treffen eine längere Durststrecke auf für ihn nur schwer zu ertragen wäre. Er genoss und erwiderte den vorerst letzten Kuss, machte den schweren ersten Schritt durch die Tür und wenig später die nur unwesentlich leichteren hinaus aus dem Lupanar. Das war doch... Mist. Da stand er schon wieder auf der Straße, trat den Heimweg an, dabei fühlte es sich so an, als hätte er das Lupanar erst vor wenigen Minuten betreten. Mist ... dachte er noch einmal, während er weiterschritt, die Gassen entlang, auf dem Weg zur Castra Praetoria.

  • Morrigan stand vor der Tür zum Lupanar. Sie atmete noch am tief durch. Schon auf dem Weg hier her hatte sie sich überlegt was sie sagen sollte. Dies das oder jenes. Alles jedoch wurde wieder verworfen, Wie sollte sie auch einen Plan machen. Sie wusste ja nicht mal was sie im Lupanar erwartet.
    Zuvor war sie natürlich erst noch in der Subura gewesen und hatte bei ihren persischen Freunde etwas Mut und vor allem Informationen getankt.
    So wusste sie, dass sie wohl weder Dracon noch Apolonia im Lupanar antreffen würde. Es stimmte sie traurig und so blieb ihr also nur die Hoffnung, dass sie die Beiden so schnell wie irgend möglich ausfindig machen würde.


    Aber erst mal musste sie das jetzt hier hinter sich bringen. Sie drückte also die unscheinbare Tür zum Lupanar auf und schlüpfte hinein. Der Mann der die Tür bewachte wollte gerade etwas sagen, doch dann erkannte er sie wohl und nickte ihr zu „Willkommen zurück.“ ein Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Mannes aus und er legte seinen fast zahnlosen Mund frei.
    Sind die anderen auch da?
    Ja die Mädels sind drin geh nur rein. Schön das du wieder da bist.
    Danke.


    Sie ging also den Gang bis in Atrium. Fast schüchtern war ihr Lächeln, als sie dort Greta und Ines sah.
    Die Beiden aber hielten sich nicht zurück und stürmten auf Morrigan zu um sie auch sogleich in die Arme zu schließen.
    Bist du es wirklich? Er hat es also geschafft der Helvetier? Er hat dich von den Claudiern weg bekommen? Wie geht es dir? Bleibst du hier? Und was ist das?
    Greta war es die Morrigan mit all diesen Fragen bestürmte.
    Komm wir setzen uns und du erzählt uns alles ja?
    Da das wohl mehr eine Aufforderung denn einer Frage war, kam Morrigan dieser nach, vielmehr ließ sie sich zu den Clinen ziehen und dort wurde sie platziert.


    „Das -“ sie nahm den Anhänger in die Hand, den Varus ihr gegeben hatte. „Nun das zeigt wem ich nun gehöre. Er hat mich ja schließlich gekauft. Ich soll für ihn das Lupanar leiten und er will mich wohl frei lassen.“
    Im weiteren Verlauf folgte ein kurzer abriss der Geschehnisse in der Villa Claudia. Morrigan gab aber nur das nötigste preis. Greta und Ines war das wohl bewusst, aber sie bohrten auch nicht weiter nach.
    „Wo sind Dedina und Sibel?“ fragte Morrigan schließlich und hoffte, dass die beiden auch zugegen waren.

  • Varus wollte gerade gehen und das Gespräch auf einen anderen Tag verschieben als Sibel wieder erschien. Es war ja ein recht langer Termin gewesen zumal der Kunde ja schon vor seinem Erscheinen da gewesen war.
    Sibel´s Augen zeigten aber irgendwie eher Traurigkeit. Erschöpfung hätte er jetzt verstanden oder eine neutrale Maske auch. Ja vielleicht auch ein Anflug von Ekel, keine Ahnung was der Kunde ja für Wünsche gehabt hatte, aber Traurigkeit passte irgendwie nicht zu einem solch langen Besucht.


    Aber dafür irgendwie schon dazu was Varus schon länger im Verdacht hatte.


    Als Sibel bei ihm ankam ging er mit ihr vom Atrium in das kleine Tablinum von dem Morrigan aus den Laden geführt hatte. Er bat ihr Platz zu nehmen und tatsächlich er schenkte sich und ihr Wein ein der nur leicht verdünnt war.
    Er hob seinen Becher kurz an und wollte ihr damit bedeuten auch erst einmal einen Schluck zu trinken. Er selber tat dies sofort und sah sie dann noch einmal genau an. Was würde ihr Gesicht wohl jetzt für einen Ausdruck zeigen wenn sie nicht mehr im Atrium standen. Was würde ihre Körperhaltung für eine Sprache sprechen. Varus war in beiden kein Meister aber über ein wenig Empathie verfügte er dann doch.

  • Beroe folgte ihm gleichgültig ins Tablinum. Als er ihr dort einen Platz anbot, setzte sie sich auf den angebotenen Stuhl. Ein wenig Verwunderung darüber konnte man schon ihrem Blick entnehmen. Doch es sollte noch besser kommen: Er schenkte ihr auch einen Becher Wein ein. Was sollte das denn jetzt? Eigentlich wäre es wohl jetzt an der Zeit gewesen, misstrauisch zu werden. Doch stattdessen nahm sie den Becher und trank einen Schluck daraus. Langsam zeigte sich ein zartes Lächeln auf ihren Lippen. Vielleicht hatte sie ja Varus doch ganz falsch eingeschätzt. „Danke,“ sagte sie scheu.

  • "Na geht doch", ließ Varus kurz hören als Sibel lächelte und strich ihr kurz mit den Fingerrücken über die Wange.


    Er sah sie an und fing ganz vorsichtig das Gespräch an. Er bemühte sich dabei weiterhin ein offenes und freundliches Gesicht zu machen da er ja inzwischen wusste wie empfindlich Sibel war.


    "Ich wollte noch einmal mit dir reden. ....", eine kurze Pause entstand.


    "Sibel ich werde das Gefühl nicht los das du mich anlügst oder angelogen hast. Bevor ich weiter spreche.
    Ich möchte die Wahrheit hören. Du hast dich schon einmal offenbart und es hat nicht dazu geführt das du in Ketten liegst, tot geschlagen wurdest oder dergleichen was sicherlich einige mit entlaufenen Sklaven getan hätten. Sei also ganz offen!"


    Er gab ihr einen kleinen Moment.


    "Als du hier angefangen hast habe ich dich gefragt ob du wirklich als Lupa arbeiten möchtest. Ich möchte kein Lupanar führen wo die Damen und Herren des Hauses die Arbeit aus Zwang machen. Sie sollen es freiwillig machen und ihre Körper aus freien Stücken anbieten. Du sagtest das dem so wäre ich werde aber den Eindruck nicht los das dem nicht so ist!"


    Er schwieg vorerst und gab ihr Zeit und Gelegenheit zu antworten weiterhin darum bemüht möglichst wenig einschüchternd oder so zu wirken.

  • Sie zuckte leicht, als seine Finger ihre Wange berührten. Plötzlich war ihr wieder so seltsam zumute. Diese Freundlichkeiten, die er ihr gerade erwiesen hatten, sie dienten einem bestimmten Zweck. Doch was letztendlich dahintersteckte, konnte sie noch nicht ergründen.
    Noch schien Varus guter Dinge zu sein. Er begann ruhig in freundlich das Gespräch, was wohl darauf hindeuten konnte, dass es um nichts „Schlimmes“ ging, weswegen er noch einmal mit ihr sprechen wollte. Doch bereits sein nächster Satz kam ihr so vor, wie ein Messerstich in ihre Brust. Augenblicklich wich ihr Lächeln. Entsetzen stand stattdessen in ihrem Gesicht.
    „Aber, aber wie kommst du darauf? Wieso sollte ich dich anlügen, Domin.. äh Varus? Ich war immer ehrlich zu dir! Ich schwöre es!“ Sie war inzwischen auf ihrem Stuhl zurückgewichen. Mit Varus‘ Anschuldigen hatte sie wohl am wenigsten gerechnet. Sie konnte sich auch nicht erklären, warum er sie beschuldigte. Sie hatte ihn doch nie betrogen!
    Die Antwort aber kam postwendend. Aber auch jetzt konnte sie es sich immer noch nicht erklären. Natürlich, es gab bessere Arbeiten, als das, womit sie sich ihr Geld verdient hatte. Doch wer hätte ihr damals eine ordentliche Anstellung gegeben, als sie in der Gosse gelegen hatte? Noch immer war sie Morrigan für ihre Freundlichkeit und ihren Großmut unendlich dankbar.
    „Aber ich bin gerne hier! Und meine Kunden sind alle zufrieden mit mir? Du musst dich irren!“ Beroe wirkte ganz verschreckt und war schon fast den Tränen nah.

  • Verflixt nochmal das war aber auch schwierig mit dem Mädchen ging es Varus durch den Kopf.


    "Also erst einmal beruhige dich! Egal wie deine Antwort ausfällt du wirst nicht bestraft oder so."


    Wieder gab er ihr ein paar Augenblicke und hoffte das seine Worte Wirkung zeigen würden.
    "Es ist einfach so das ich das Gefühl habe du fühlst dich eben nicht wohl mit deiner Arbeit. Du brauchst dir keine Sorgen machen es gab bisher keine Beschwerden oder dergleichen.... du wirkst nur immer ein wenig ... traurig will ich es mal nennen.
    Du bist ja nicht als Lupa geboren worden und auch Sklaven haben ja Träume und Wünsche sie sind ja immer noch Menschen. Ich kann mir deshalb sehr wohl vorstellen das wenn man diese Tätigkeit nicht freiwillig ausübt sie einen doch kaputt macht. Was ich sagen will ist das du nicht gezwungen bist diese Tätigkeit weiter auszuführen. Es gibt durchaus Alternativen. War es nicht auch so das du bei deinem vorherigen Besitzern im Haushalt gearbeitet hast?"

  • Auf Varus‘ Worte hin beruhigte sich Bereo tatsächlich ein wenig. Zumindest verschwand ihr verschreckter Gesichtsausdruck allmählich. Doch das hielt nur kurz. Als er weitersprach und er ihr seine Eindrücke mitteilte, erfasst sie wieder die Angst, er könnte irgendetwas tun, was sie in Zukunft von Avianus trennen könnte.
    „Aber ich bin nicht traurig. Ganz sicher nicht!“ entgegnete sie schnell und hoffte so, seine Bedenken zerstreuen zu können. Was wusste Varus denn schon, was ihre Beweggründe waren, im Lupanar zu arbeiten?! Erst recht seit dem er sie nun in der Hand hatte. Natürlich hätte sie liebend gerne eine andere Arbeit gemacht. Aber für die Arbeit im Lupanar bekam sie viel mehr Geld. Geld, dass sie für ihre Freiheit sparte. Und überhaupt, was interessierte es ihn, wie sie sich fühlte? Sie war ja gar nicht wegen der Arbeit unglücklich… es war nur wegen Avianus und dass sie ständig getrennt waren. Schließlich erwähnte Varus auch noch ihren alten Besitzer, der sich doch ganz sicher auch darum sorgte, ob sie glücklich war. Ausgerechnet die Aurii!
    „Mein Dominus hat keinen Widerspruch geduldet. Er nahm sich einfach, was er wollte und wann er es wollte.“ Beroe blickte bedrückt auf den Boden vor ihren Füßen. Die Erinnerungen an ihre Zeit in Misenum schmerzten noch immer.

  • "Das sieht aber meistens anders aus!", gab Varus von sich. Jedenfalls war es immer so wenn er sie sah.


    "Das ist ja nun aber vorbei! Du bist nun meine Sklavin und unsere Abmachung ist weiter gültig. Ich glaube auch seitdem das so ist hat man dir kein Leid angetan und nichts gegen deinen Willen gemacht. So soll und wird es auch bleiben.
    Denk noch einmal darüber nach. Du hast doch sicherlich noch andere Fähigkeiten und gerade mit dieser Vergangenheit muss es doch schwer sein dich jedem hinzugeben der dafür bezahlt! Wenn ich nur an den Soldaten von eben denke. So wie du aussahst nach seinem langen Besuch war es bestimmt nicht angenehm! Da bist du dir sicher das du nichts anderes machen möchtest? Wenn es wegen der Summe für den Freikauf ist.... da kann man dann ja noch einmal darüber reden. Ich könnte dir z.B. die Erlaubnis geben neben deinem Aufgaben z.B. im Haushalt noch anderen Tätigkeiten nachzugehen und Geld zu verdienen. Wenn sie die Erlaubnis ihres Dominus haben ist das durchaus nicht unüblich!"

  • Auf Varus‘ Einwand wusste sie nichts zu sagen. Alleine schon wegen des Respekts ihm gegenüber. Ganz zu schweigen davon würde sie mit ihm niemals über ihr Verhältnis zu Avianus sprechen. Stattdessen ließ sie ihn weiter reden. Er war noch immer davon überzeugt, besser zu sein, als ihr alter Dominus weil es diese Abmachung zwischen ihnen gab, die sie seiner Meinung nach schützte. Dabei war es ihr auch schon davor gut ergangen, seitdem Morrigan sie mit hierher gebracht hatte.
    Dann kam er auf ihre Fähigkeiten zu sprechen, die sie als Sklavin bestimmt gelernt hatte und wie schwer es doch für sie sein musste, sich jedem, der dafür zahlte, hinzugeben…. wie eben jenem Soldaten. Beroe sah auf, als er ausgerechnet Avianus als Beispiel ausgewählt hatte. Ob Varus vielleicht etwas ahnte? War das etwa der Grund für dieses Gespräch? Allein der Gedanke daran machte ihr Angst. Varus durfte unter gar keinen Umständen irgendetwas davon erfahren!
    „Im Haus der Aurii war ich nur eine einfache Sklavin. Meistens war ich zum Putzen eingeteilt. Nur gelegentlich bediente ich die Herrschaften. Aber wenn dir so viel daran liegt, dass ich hier nicht mehr als Lupa arbeite, könnte ich stattdessen die Gäste bewirten oder auch für Sauberkeit und Ordnung sorgen.“ Wenn er ihr dafür mit der Summe für den Freikauf entgegen kam, sollte ihr das auch recht sein. Solange sie nur hier bleiben konnte und sie hin und wieder ihren Geliebten hier treffen konnte. Avianus würde sich vielleicht über diese Wendung sogar freuen, wenn er wusste, dass sie ihm dann alleine gehörte.

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