Ein kleiner Spaziergang

  • Gaius folgte Octavena schnell. Auch er mochte Pferde. Hätte er eins gehabt wäre er bestimmt schneller von Rom nach Mogontiacum gekommen. Ausserdem erinnerten sie ihn an seine Kindheit in Sizillien.


    "Ja. Die sind wirklich sehr schön. Auf dem Landgut in Sizillien auf dem ich aufgewachsen bin gab es viele Pferde. Reitest du gerne?"

  • Octavena lächelte und schüttelte den Kopf. "Nein. Aber ich mag Pferde."
    Vorsichtig trat sie noch ein Stückchen näher an eines der Tiere heran, um es vorsichtig an ihrer Hand schnuppern zu lassen und mit der anderen sanft den Hals zu streicheln. "Mein Vater hatte vor langer Zeit einmal ein Pferd, aber wie gesagt, das ist schon eine Weile her."

  • [WRAPIMG=left]http://farm2.static.flickr.com/1093/804561443_03fb01d2a3_t.jpg[/WRAPIMG] "Und die da vorn?" fragte Leif mit einem dezenten Fingerzeig auf eines der Tiere, das einen gesunden und kräftigen Eindruck machte. "Macht einen ruhigeren Eindruck, finde ich."
    "Hmhm", brummte Witjon zustimmend. Er beobachtete das Tier noch einen Moment, wobei ein Knecht kam und einen anderen Interessenten in den Pferch führte, wo dieser die Stute genauer unter die Lupe nehmen konnte.
    "Wieso braucht dieser verdammte Händler denn so lange, um uns hier mal zu entdecken?", beschwerte Witjon sich daraufhin ärgerlich, woraufhin Leif nur ratlos die Achseln zuckte. "Viellicht sollten wir mal auf uns Aufmerksam machen?", meinte er und schürzte dabei die Lippen nach dem Motto: Du bist Chef, ich nix wissen.


    Witjon seufzte genervt. Sein Blick suchte den muskulösen Pferdehändler zwischen den Leuten am Rande des Pferches, als ihm etwas ganz anderes ins Auge sprang. Oder vielmehr: Jemand ganz anderes. Er tippte Leif auf die Schulter und bedeutete ihm zu folgen, um dann die wenigen Schritte am Rande des Pferchs entlang zurückzulegen, wo er sich räusperte und Petronia Octavena abrupt - wie ihm erst im selben Moment bewusst wurde - in ihrem Gespräch mit irgendeinem jungen Burschen unterbrach.
    "Die Ludi Florales sind auch schon eine ganze Weile her", begann er und versuchte dabei sein charmantestes Lächeln auf seinen Gesichtszügen zu zeigen. "Salve, Petronia Octavena", begrüßte er die so Genannte dann mit Namen und reichte ihr die Hand.

  • Überrascht wandte Octavena den Kopf, als sich plötzlich jemand neben ihr räusperte, und erwartete schon fast den Händler, der wissen wollte, ob sie sich für eines der Pferde interessierte. Umso erstaunter war sie als sie Duccius Marsus erkannte. Sie machte ein, wenn auch positiv, überraschtes Gesicht und reichte ihm ihrerseits die Hand, um ihn zu begrüßen. Er hatte recht, sie hatten einander tatsächlich das letzte Mal bei den Ludi Florales gesehen, als dieser aurelische Senator mit seinen Komplimenten völlig hatte übertreiben müssen und Sicca sich wieder einmal fürchterlich benommen hatte. Sie schob die Erinnerungen zur Seite und erwiderte: "Allerdings. Salve, Duccius Marsus."
    Da fiel ihr ein, was ihr Onkel ihr noch zum Thema Charme eingeschärft hatte, und eilig ließ sie ein warmes Lächeln auf ihren Lippen erscheinen. "Es freut mich, dich wieder zu sehen."

  • Gaius beobachtete gespannt die Szene. Er hielt sich im Hintergrund wie es sich für einen Diener gehörte, aber trotzdem nah genug um mitzubekommen was passierte. Es schien so zu sein das Octavena diesen Duccius Marsus kannte und wohl auch nicht unerfreut darüber war ihn zu treffen. Darum war es wohl nicht nötig das Gaius als Leibwächter einspringen müsste, aber er wollte zur Stelle sein wenn Octavena etwas wollte.


    Ausserdem war er natürlich auch ziemlich neugierig was es mit diesem Duccier auf sich hatte. Er kannte Octavena ja erst kurz und es war spannend etwas mehr über sie herauszufinden. Gaius wollte das nicht als Neugier sehen, den schlieslisch musste ein guter Diener wissen was seine Herrschaften so anstellten um immer einsatzbereit sein zu können.

  • "Die Freude ist ganz meinerseits", erwiderte Witjon und war froh, dass Octavena sich offensichtlich nicht von seinem plötzlichen Auftauchen gestört fühlte. Ihr Lächeln, das diesen angenehm sonnigen spätwinterlichen Tag noch einmal unterstrich, hob seine Laune dabei umso mehr.


    "Darf ich dir Leif vorstellen?", fuhr er im Folgenden mit einer hinweisenden Geste auf den Mann neben ihm fort. "Er ist der Vorarbeiter der Hros Duccia. Wenn du jemals eine Frage zu Pferden hast, wende dich an ihn. Er kennt sich aus." Der so Benannte nickte Octavena und ihrem Begleiter knapp zu und ließ ein beiläufiges "Salvete" hören. Er war zwar gewiss von Octavenas Erscheinung angetan, aber sein erster Grund hierherzukommen waren tatsächlich die Pferde gewesen. "Und was führt dich heute auf's Forum? Hast du vor eins dieser schicken Reittiere zu erwerben?" Er warf einen Blick auf den Pferch, wo gerade ein Kund die Zähne eines Schimmels prüfend betrachtete und dabei argwöhnisch vom Händler beobachtet wurde. Neben Witjon trat Leif von einem Fuß auf den anderen und hatte seine Aufmerksamkeit nun vollends den Pferden zugewandt. Er war heute hier um eins dieser Tiere zu erwerben, nicht um mit einem Weib zu quasseln. Witjon bemerkte das jedoch nicht, sondern wandte sich wieder Octavena zu. Dabei kam ihm die Frage, wer wohl der stille Begleiter nun sein mochte, der sich hinter der Petronia so bedeckt hielt.

  • Octavena nickte dem Begleiter des Ducciers kurz zu, beließ es aber dabei und antwortete stattdessen auf Marsus' Frage: "Nein. So schön ich die Tiere auch finde, aber ich habe nicht vor, eins zu kaufen. Ich mache nur einen kleinen Spaziergang mit meinem Diener."
    Sie machte eine knappe Handbewegung auf ihren Begleiter, verzichtete jedoch darauf einen Namen zu nennen. Das wäre ja auch wohl eher unnötig gewesen, schließlich hielt Athicus sich ja bisher auch brav, fast schon ein wenig wie ihr stummer Schatten im Hintergrund, auch wenn ihr durchaus aufgefallen war, dass er in ihrer unmittelbaren Nähe geblieben war und dem Gespräch lauschte. Im Gegensatz zu diesem Leif, der seine Aufmerksamkeit viel mehr den Pferden schenkte, was Duccius Marsus jedoch entweder nicht zu bemerken oder einfach nicht zu kümmern schien. Aber wahrscheinlich verfolgte der nur ihren ursprünglichen Plan, während der Duccier die Unterbrechung durch Octavena zuließ.
    Sie grinste ein wenig schief und fuhr dann fort: "Aber ich vermute, bei dir sieht das anders aus. Oder bist du etwa doch auch nur aus Bewunderung für die Pferde hier?"

  • Aha, das musste also der berüchtigte Diener sein, den Octavenas Onkel erwähnt hatte. Witjon nickte Athicus knapp zu, wobei er seine Aufmerksamkeit nur Sekunden später wieder der Petronia zuwandte, deretwegen er ja überhaupt nur eine Konversation führte. Sie machte also nur einen Spaziergang. Bei der Kälte war das nicht unbedingt üblich wie Witjon fand. Daraus schloss er aber, dass Octavena jedenfalls keine nesthockende faule Frau war, sondern gern auch außer Haus unterwegs war und Kontakte knüpfen wollte.


    "Du vermutest richtig", bestätigte Witjon Octavenas Gesagtes. "Ich bin hier um mit Leif zusammen eine neue Zuchtstute zu kaufen." Dabei warf er einen Blick zu seinem Begleiter, der schon komplett abgewandt am Rand des Pferches stand und sich die Tiere besah. Witjon zuckte kurz entschuldigend die Achseln und rief Leif zu sich.
    "Leif, sprich doch schon einmal mit dem Händler. Er soll dir mal seine Tiere näher zeigen, ja?"
    "Geht klar", sagte Leif und fackelte auch gar nicht lange, sondern machte sich sogleich an die Arbeit, für die er überhaupt erst hergekommen war.
    "Er kann das sowieso viel besser als ich", erklärte Witjon Octavena nun und fügte mit einem schmalen Grinsen hinzu: "Ich muss hinterher nur noch ein paar Münzen aus dem Beutel zaubern, dann ist er zufrieden." Er warf ihr einen Seitenblick zu, während er Leif dabei zusah wie er den Pferdehändler ansprach. Dabei ging er schließlich doch noch auf Octavenas Theorie über Witjons Pferdebewunderung ein: "Bewunderung habe ich für prächtige Pferde allerdings auch übrig." Witjon verschränkte die Arme vor der Brust und stieß wie die Pferde weiße Atemwölkchen aus. Wenn es nach ihm ginge, durfte jeder Wintertag so schön sonnig sein. Auch, wenn seine Finger trotzdem froren.

  • Vor allem am Schluss bezahlen, darauf kam es also an. Interessant. Octavena schmunzelte amüsiert bei der Bemerkung, besonders weil sie sich das gut vorstellen konnte. Zumindest demnach zu urteilen wie viel mehr sich Leif von Anfang an für die Pferde anstatt für das Gespräch interessiert hatte.
    Ein kleines Windchen streifte Octavena und ließ sie kurz frösteln. Warum um alles in der Welt musste es auch so kalt sein? So sehr sie Mogontiacum inzwischen mochte, genauso sehnte sie sich nach den milden Wintern in Tarraco.
    Ihr Blick glitt wieder kurz über die Pferde. "Sie sehen schön aus", stimmte sie dabei noch einmal zu, "Aber eigentlich faszinierender finde ich, dass ihnen die Kälte kaum etwas auszumachen scheint." Sie verzog kurz das Gesicht. "Das lässt einen fast neidisch werden..."

  • Unbewusst stieß Witjon eine besonders große Atemwolke aus, die die Kälte nochmal besonders veranschaulichte. Als er die Symbolkraft bemerkte musste er grinsen. Erst recht angesichts Octavenas missgelaunten Mienenspiels. "Naja, dafür haben wir Menschen immerhin die Begabung, Tieren ihr Fell über die Ohren und es uns selbst um die Schultern zu ziehen", bemerkte Witjon daraufhin und zog automatisch seinen Mantel etwas enger, so dass der Pelzbesatz neben dem Schal seinen Hinterkopf und die Ohren noch besser schützte. "Und wozu gibt es darüber hinaus Garküchen und Thermen, wo man sich selbst im tiefsten Winter hervorragend aufwärmen kann?"
    Im Pferch begann Leif nun eine angeregte Diskussion über eins der Tiere, einen Schimmel, zu führen. So wie Witjon seinen Vorarbeiter kannte, würde das eine kurze, aber heftige Debatte mit - für die duccische Börse - gutem Ausgang werden.

  • Zwar war sich Octavena nicht so recht darüber im Klaren, was sie gesagt oder getan hatte, dass Marsus so grinste, andererseits hatte er natürlich Recht. Wahrscheinlich sollte sie sich einfach noch ein Stück besser einpacken, wenn sie einen ihrer geliebten Spaziergänge machte. Das war etwas, das sie demnächst noch in Angriff nehmen sollte. Vielleicht ein besserer Mantel. Der Ihre war wahrscheinlich doch ein wenig dünn, was vor allem daran lag, dass Octavena es nach wie vor befremdlich fand, ihren Körperumfang allein durch ihre Kleidung fast zu verdoppeln.
    "Auch wieder wahr. Unangenehm ist die Kälte trotzdem", erwiderte sie also mit einem kleinen Lächeln und warf einen Blick gen Himmel, der blau und schön über ihnen hing. "Aber heute haben wir ja sowieso verhältnismäßig Glück mit dem Wetter. Immerhin schneit es nicht." Auch wenn es noch so kalt war, war diese klare Luft immer noch besser als irgendwelche stürmischen Schneefälle, bei denen Octavena nicht einmal einen Hund vor die Tür gesetzt hätte. Und wenigstens ließ sich heute auch die Sonne blicken und machte schon wieder fast Hoffnung auf den Frühling, auch wenn der wahrscheinlich noch auf sich würde warten lassen.

  • "Immerhin", sagte Witjon und nickte beipflichtend. Immerhin schneite es nicht immer noch und wieder. Wobei das vermutlich nicht lange so bliebe. "Aber als unangenehm würde ich die Kälte auch nicht zwingend bezeichnen. Sie hat viele Vorteile. Erstens wird man auf der Straße nicht alle paar Schritte von irgendeiner Quasselstrippe angesprochen, sondern kann seiner Tätigkeit zügig nachgehen. Zweitens kann man seine Lebensmittel hervorragend lagern. Und zwar ohne, dass sie innerhalb von Tagen in muffigen Kammern verschimmeln. Und wenn man dann noch dicke Klamotten am Leib hat..." Witjon warf seiner Gesprächspartnerin einen leicht ironischen Blick zu. Natürlich wusste sie das alles, davon ging er aus. Aber er meinte sich erinnern zu können, dass Octavena nicht in Mogontiacum oder überhaupt in einer nördlichen Provinz des Reiches aufgewachsen war. Bei Doars dreckigen Fußsohlen, wann hatte er das denn nochmal gesagt bekommen? Sicherlich war das im Gespräch mit ihrem Onkel Marcus Petronius Crispus gewesen. Aber wann und wo? Im Domus Petronia? Möglich. Vor den Ludi Florales? Definitiv. Und wann, wo und warum genau? Witjon wusste es einfach nicht mehr, aber das war ja auch egal. Viel ungünstiger war, dass er keine Erinnerung mehr daran hatte, wo genau Octavena jetzt überhaupt her kam! Aus Sicilia? Hispania? Mauretania gar? Ha! Der alte Petronier erzählte doch immer seine Familie stamme aus Hispania. Vermutlich kam sie also dorther. Wo genau war ja dann auch egal, aber so hatte Witjon zumindest eine ungefähre Ahnung.


    "Und wo soll der Spaziergang heute noch hinführen?", fragte er letztendlich aber völlig ohne Bezug auf die Wetterlage, bloß um vom Thema Wetter wegzukommen, das schon im zweiten Jahrhundert nach Christus gewiss den Menschen vorkommen musste wie seit fünf Millionen Jahren ausgelutscht. Über das Wetter diskutierten immerhin bekanntlich nur Omis und Barbiere, wenn es nichts anderes zu bequatern gab. Oder aber Männer und Frauen, wenn sie am Versuch verzweifelten, gemeinsame Gesprächsthemen zu finden.

  • Octavena legte ein wenig den Kopf schief und hob fragend eine Augenbraue. Bildete sie sich das ein oder machte sich der Duccius gerade ein wenig über sie lustig? Nein, sie bildete es sich wohl nicht ein, obwohl sie auch genügend Humor besaß, um das gelassen zu nehmen. Schließlich war es kein Geheimnis, dass sie nicht in Mogontiacum groß geworden war und wahrscheinlich hatte sie gerade unabsichtlich alle Klischees in der Richtung, dass Südländer keine Kälte vertrugen, bestätigt. Aber es war ja auch wirklich kalt! Und bis auf die Sache mit den Lebensmitteln sah Octavena auch keinen Vorteil darin.
    "Du meinst, wenn man sich so dick einpackt, dass man wie eine Kugel auf zwei Beinen aussieht?", gab sie ebenfalls leicht amüsiert zurück und ein feines Lächeln huschte über ihr Gesicht.


    Der Themawechsel kam Octavena - so unvermittel er auch war - dann aber doch ganz gelegen. So nett man auch von Zeit zu Zeit einfach einmal über das Wetter plaudern konnte, genauso war das ja doch wieder nur ein Verlegenheitsthema, auf das sie beide im Grunde nur gekommen waren, weil es das Offensichtlichste und unkreativste war. Zumindest konnte man dabei wohl kaum etwas falsches sagen oder sich kopfüber in ein Fettnäpfchen stürzen und sich im Anschluss noch darin suhlen ohne es zu merken.
    Trotzdem: Ein Thema, über das man sich länger unterhalten konnte, war es in keinem Fall, aber da würde wohl auch das Spaziergangsthema nicht länger vorhalten...
    "Mal sehen..." Sie zuckte ein wenig mit den Achseln. "Eine Runde übers Forum und dann mehr oder weniger direkt nach Hause. Aber das werden wir dann noch sehen."
    Gleichzeitig überlegte sie, ob sie das Gespräch auch auf etwas besseres als diese Verlegenheitsthemen bringen konnte, stellte dabei aber nur fest, dass sie dafür zu wenig über Marsus wusste. Die paar Male, die sie ihn bisher getroffen hatte, ließen sich ja auch an einer Hand abzählen. Also schob sie selbst noch eine eher simple Frage hinterher: "Und du? Hast du außer deinem Pferdekauf heute noch viel zu tun?"

  • "Sehe ich etwa aus wie eine Kugel auf zwei Beinen?", gab Witjon auf Octavenas nicht ganz ernst gemeinte Frage hin zurück. Er musste dabei ihr Lächeln erwidern, da war er völlig Chancenlos. Diese Frau hatte einfach ein besonders süßes Lächeln und wie schon so häufig zuvor zog sie Witjon damit ziemlich schnell in ihren Bann. Auch wenn er nun schon einige Jahre mehr auf dem Buckel hatte als in seiner Jugend, aber wenn es um Frauen ging, gelang es ihm dennoch nicht immer, komplett nüchtern und unbeeinflusst zu bleiben von deren Anziehungskraft - zumindest solange sie jung und schön waren.


    "Oh, durchaus", beantwortete Witjon im Folgenden Octavenas Interesse an seinen weiteren Vorhaben mit einer allgemeinen Bejahung. "Wenn wir die Geschäfte hier abgeschlossen haben, muss ich meinen Platz in der Regia einnehmen, wo ich seit kurzem den Posten des Procurator Civitatium inne habe. Da kommt erstmal einiges an Arbeit auf mich zu, wie das in der Verwaltung nunmal so ist." Er zuckte mit den Schultern. Sofern nicht notwendig oder gefordert, sah er lieber davon ab Octavena nun Einzelheiten zu erklären. Die würden sie vermutlich nur langweilen. "Naja und später dann der obligatorische Besuch der Thermen und eine sättigende Cena. Und dann ist der Tag auch schon fast 'rum", ergänzte er schließlich stark verkürzt und zeigte dabei nun ebenfalls wieder ein schmales Lächeln auf seinen Lippen. Schließlich mutmaßte er: "Dein Tagesablauf sieht dagegen vermutlich ein bisschen abwechslungsreicher aus."

  • Octavena rollte kurz mit den Augen angesichts der Gegenfrage, lächelte aber weiterhin, wobei sie es sich eine weitere Antwort sparte. Man konnte auch jeden Witz zu sehr ausweiden bis er jedem nur noch auf die Nerven ging.


    "Nicht direkt", erwiderte Octavena dann auf seine Vermutung zurück und zuckte mit den Achseln, "Vielleicht bisher weniger geplant, aber abwechslungsreicher würde ich ihn nicht nennen. Seit meiner Ankunft hier kümmere ich mich um den Haushalt meines Onkels und da gibt es immer etwas, das noch ansteht. Das ist auch heute nicht anders." Sie sagte das recht unbeschwert, denn eigentlich machte ihr das auch nichts aus. Und mit einer gewissen Routine hatte sie auch inzwischen alles ganz gut im Griff. Sicher auch etwas, das ihrem Onkel bei der Suche nach einem Ehemann für sie gelegen kam. Was sie wieder darauf brachte, dass der alte Crispus ja gesagt hatte, dass er nachdem aus seinen Plänen für sie und den Domitius nicht geworden war, nun den Duccier im Visier hatte. Ob er da schon erste Schritte in die Richtung unternommen, zumindest einmal vorgefühlt hatte? Gesagt hatte er ihr davon jedenfalls bisher nichts.

  • Witjon überging Octavenas Augenrollen mit einem Grinsen und blieb dann also beim zuletzt angeschnittenen trivialen Thema. Wenn er merkte, dass er die Schmerzgrenze des Humors erreicht hatte, ging er meist klugerweise nicht weiter als nötig.
    "Was steht denn heute noch alles an?", fragte Witjon, ohne sich wirklich dafür zu interessieren. Wenn die Frau den Haushalt schmiss, kümmerte ihn das gewöhnlich nur insoweit, als dies nicht den vereinbarten finanziellen Rahmen sprengte. Und mit einem Fingerzeig auf Gaius Athicus fügte er noch die Frage an: "Und der junge Mann dort hilft dir auch fleißig? Gehört er deinem Onkel? Ich kann mich nicht erinnern, ihn bei den Saturnalien in eurem Hause gesehen zu haben." Dabei wurde deutlich, dass Witjon wie selbstverständlich davon ausging Gaius sei ein Sklave. Von den Petroniern kannte er es bisher nicht anders. Als er letzteren Satz ausgesprochen hatte, fiel ihm noch etwas ganz anderes ein. "Stichwort Saturnalien: Dich habe ich an dem Abend auch vermisst..."

  • "So dies und das", erwiderte Octavena gelassen, auch wenn sie sich sicher war, dass Marsus sich wohl kaum für die genauen Details interessierte, genauso wenig wie sie alle möglichen Details seiner Arbeit in der Regia kümmerten. "Wahrscheinlich werde ich zu Hause erst einmal die Vorräte überprüfen und dann sehen,ob und wann ich Athicus die nächsten Tage noch wieder her schicken werde oder selbst gehe, um das Nötigste ein wenig aufzufüllen." Sie zuckte mit den Achseln. Ihre ursprünglichen Pläne würden sich durch ein weiteres Maul im Hause vermutlich, wenn auch nur geringfügig, ändern. Da würde sie lieber auf Nummer sicher gehen und alles nocheinmal durchgehen.
    Die Frage nach ihrem frisch gebackenen Diener ließ aber dann doch ein paar irriterte Falten auf ihrer Stirn erscheinen. Warum schien jeder davon auszugehen, dass sie sich nur einen Sklaven zulegte? So unüblich waren Leibdiener ja auch wieder nicht.
    Dennoch lächelte Octavena gleich im nächsten Moment wieder und legte ein wenig den Kopf schief. "Athicus ist mein Diener, kein Sklave meines Onkels. Er hilft mir im Haushalt und soll ansonsten anpacken, wo ein Paar Hände nötig ist", erklärte sie zuerst ehe sie auf die Saturnalien einging, bei denen sie ja tatsächlich nicht anwesend gewesen war. "Mir ging es an dem Tag nicht gut." Sie verzog das Gesicht. "Eine wirklich unangenehme Erkältung."
    Tatsächlich war die Erkältung gar nicht so schlimm gewesen, aber Octavena hatte sich so schlapp gefühlt, dass ihr die Lust auf die Saturnalien völlig vergangen war. Also hatte sie die Erkältung etwas höher gehalten als nötig und sich im Bett verkrochen.

  • Dies und das war zunächst nicht sonderlich konkret, aber Octavena präzisierte diese Aussage ja noch ein klein wenig. Und was sie da beschrieb klang ungefähr so, wie Witjon sich Margas und Albins Tagesablauf vorstellte, wenn es um Beschaffung von Vorräten oder Feuerholz oder ähnlichem ging. Octavenas Achselzucken verriet Witjon letztlich jedenfalls, dass dies für sie offenbar derart Routine darstellte, dass es schon fast nicht mehr erwähnenswert war. Hervorragend, dachte Witjon sich. Seine potenzielle Gemahlin würde einen so großen Haushalt wie den duccischen souverän führen können. Callista hatte damals durchaus nicht wenig Eingewöhnungszeit benötigt. Er hoffte, dass sein zweites Weib sich schneller einleben würde. Um aber nicht weiter in alltäglichen Gesprächsthemen zu versickern, ließ Witjon dieses Thema mit einem "Hmhm" und einem verstehenden Nicken stehen.


    Interessanter war da schon, dass Gaius Athicus kein Sklave, sondern bezahlter Diener war. Und, dass Octavena krankheitsbedingt nicht bei der Würfelrunde anlässlich der Saturnalien mit von der Partie hatte sein können. Diesbezüglich machte Witjon erstmal ein betroffenes Gesicht, während er sagte: "Oh, da bin ich aber froh, dass es dir wieder gut geht." Denn eine Erkältung im Winter konnte sich selbst bei jungen Menschen schnell zu einem tödlichen Husten oder einem lebensbedrohlichen Fieber ausweiten.


    [WRAPIMG=left]http://farm2.static.flickr.com/1093/804561443_03fb01d2a3_t.jpg[/WRAPIMG]In diesem Moment unterbrach Leif das Gespräch, als er vom Pferdehändler zurückkam und sagte: "So, gekauft", grinste er und hielt glücklich die Leine in die Höhe, an der die Stute angebunden hinter ihm hergetrottet kam.
    "Ah, sehr schön. Dann sind wir hier wohl fertig. Was kostet uns die Schöne?"
    Leifs Grinsen wurde etwas schmaler, verschwand jedoch nicht gänzlich. "Läppische dreieinhalb Aurei."
    Witjon schnaufte, wobei unbestimmbar blieb ob aus Zufriedenheit oder aus Ärger über den Preis, sagte dann aber: "Ein gutes Geschäft, fürwahr." Dann lächelte er sogar, während er sich den Schimmel näher betrachtete. "Gut, dann bring die Dame mal in ihr neues Zuhause."
    Daraufhin verabschiedete Leif sich gebührlich zuerst von der Dame und dann von den beiden Herren und führte die Stute aus dem Pferch heraus über das Forum zu den duccischen Pferdekoppeln.


    Witjon wandte sich daraufhin wieder Octavena zu. "Ich würde sagen, das war ein angenehmer Morgen, in zweierlei Hinsicht." Er lächelte und sagte mit einem Blick in Richtung der Straße, die links vorbei am Capitolium zur Regia des Legatus Augusti Pro Praetore führte: "Leider bedeutet das aber auch, dass ich deine reizende Gesellschaft nun werde aufgeben müssen, da die Wachstafeln und Papyrusrollen wieder nach mir rufen." Er reichte Octavena die Hand. "Ich wünsche noch einen schönen Tag, werte Petronia."

  • Octavena lächelte freundlich, wenn auch mit angemessener Bedauerung, dass ihr Gespräch schon wieder vorüber war. Und das war sogar nur zu Hälfte der Höflichkeit halber. Sie hatte diesen kleinen Plausch tatsächlich genossen.
    "Zu schade", gab sie munter zurück, als sie ihm zum Abschied die Hand gab und nickte ihm noch einmal höflich zu, "Den schönen Tag wünsche ich dir auch. Mit etwas Glück dauert es bis zu unserem nächsten Wiedersehen nicht noch einmal so lange wie seit dem letzten."

  • Octavenas Berührung hinterließ ein Kribbeln auf Witjons Fingern. "Danke. Das will ich doch schwer hoffen", sagte er und dachte sogleich an die Abmachung mit Octavenas Onkel, dass es in Kürze wohl zu einer gemeinsamen Cena kommen würde, bei der es noch einmal Gelegenheit zum besseren Kennenlernen und vielleicht schon zu anfäglichen Eheverhandlungen geben würde. "Ich freue mich bereits auf unser nächstes Zusammentreffen." Und damit war es dann auch mal gut, befand Witjon, weshalb er ein letztes "Vale" aussprach und sich dann zum Gehen wandte, wobei er auch ihrem Diener kurz zunickte. Auf dem Weg zur Regia würde er jedenfalls Octavenas Lächeln noch einige Zeit vor Augen haben.

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