Da es ihren Kopf weniger anstrengte und sie auf Anregungen seitens der diesbezüglich äußerst unwilligen Sekunda hoffte begann Lucia laut nachzudenken: „Ich könnte auf dem Sklavenmarkt gehen. Sicher kann man für einen entsprechenden Aufpreis auch spezielle Eigenschaften verlangen.“ Die gerunzelte Stirn und das angedeutete Kopfschütteln Sekundas ließen Lucia diese Idee nochmal hinterfragen. „Hm, aber zum einen würden dann einige wissen, dass ich nach so einem Sklaven gefragt habe und ich es war, die diesen Sklaven erworben hat… Das hat sich Sergia ganz schön schlau ausgedacht! Sie hält sich da komplett raus, dabei geht es doch um ihre Freundin!“, fiel Lucia auf einmal auf und sie schwankte zwischen Bewunderung und Verärgerung ob dieser Tatsache. „Will die mich da irgendwie in etwas reinreiten!?“ Sekunda wiegte den Kopf hin und her und kommentierte widerwillig: „Na, wenigstens bist du dir selbst dessen bewusst geworden. Denk da nochmal genau darüber nach! Vielleicht lässt du es doch lieber bleiben.“ Lucia musterte Sekunda und schüttelte entschieden den Kopf. Sekunda seufzte und fügte, wohl in der Hoffnung noch mehr Gegenargumente von Lucia selbst zu hören, an: „Du sagtest zum einen, was ist denn das andere?“ Lucia schnitt eine Grimasse, fuhr aber mit dem lauten überlegen fort: „Na, Lepidus würde dann sicher wissen wollen wofür ich den Sklaven brauche. Das würde er überhaupt, wenn ich irgendeinen unserer Sklaven nehme…“ Lucia verzog das Gesicht. Vor ihrem Bruder wollte sie sich nun wirklich nicht rechtfertigen müssen, zumindest nicht was diese Geschichte anging und nicht zum aktuellen Zeitpunkt. Dieser unsensible Trottel von einem Bruder! „Ich könnte jemanden losschicken und einen entsprechenden Prostituierten von der Straße auflesen.“, war der nächste Gedankenblitz der jungen Patricia. Sie rieb sich nachdenklich das Kinn. „Aber ist das überhaupt anstößig mit einem Prostituierten? Immerhin werden einige bezeugen können, dass er tatsächlich einer ist…“ Das war eindeutig schwerer als Lucia sich das vorgestellt hatte. So überlegte sie noch eine gute Stunde laut vor sich hin.
Sekunda hatte sich irgendwann entschieden, dass sie in dieser Zeit genauso gut vorsichtig die Haare ihrer Herrin entwirren und kämmen konnte. Sie ging äußerst vorsichtig und geschickt dabei vor, so dass sich Lucia kein einziges Mal, trotz ihrer sicherlich übersensiblen Kopfhaut beschwerte. Das Kind schien sich einfach nicht davon abbringen lassen zu wollen. Sekunda seufzte verstohlen. Ihre Ideen wurden auch immer abstruser und irgendwann konnte sich die alte Sklavin das Ganze nicht mehr anhören. Wenn sich ihre junge Herrin schon an einem so gefährlichen Spiel beteiligte – und sie schien sich nicht davon abbringen zu lassen – dann wollte Sekunda ihr lieber helfend zur Seite stehen. „Erinnerst du dich noch an die Zeit in Misenum, als wir das Atrium renovier thaben?“, fragte sie also irgendwann unvermittelt. Lucia blickte verwirrt auf. „Ja, wieso?“ Sekunda schmunzelte. Lucia war zu diesem Zeitpunkt noch ein unschuldiges Mädchen gewesen und hatte von dem Trubel so gut wie nichts mitbekommen und das was sie mitbekommen hatte, hatte sie wohl nicht verstanden. „Nun, wir hatten auch ein neues Mosaik legen lassen, das uns im Endeffekt günstiger kam, als es ursprünglich veranschlagt war.“ Lucias Verwirrung schien sich nur noch zu steigern. „Ja, und?“ Sekunda schüttelte mit einem nachsichtigen Lächeln den Kopf: „Denk mit, Kind! Durch Zufall war eine ganz bestimmte, von dir gesuchte Neigung des Fliesenlegers herausgekommen, mit der sich der Preis wunderbar drücken ließ, wenn wir nur Stillschweigen darüber bewahrten.“ Das Gesicht ihres Schützling hellte sich auf und sie schien zu verstehen, doch Sekunda wollte lieber auf Nummer Sicher gehen: „Warum schreibst du deiner Freundin nicht, dass du da einen Handwerker wüsstest, den sie für eure kleine Intrige aus Misenum anwerben könnte?“
Lucia setzte also einen Brief an Sergia auf.