Lucius Helvetius Corvinus machte nachdem er das Officium verlassen hatte die Tür zu. Sofort danach sackte er ein gehöriges Stück in sich zusammen. Roma hatte ihm bisher nicht wirklich Glück gebracht.
Kaum in der Stadt angekommen bzw. nachdem sie sie "betreten" hatten, hatte er mit ein paar Männern den Auftrag bekommen Gefangene zu holen und diese zum Carcer der Prätorianer zu bringen. Das lief am Anfang sogar recht gut an. Klar bei der Casa der Gens Decima gab es mehr Ärger als er geplant hatte aber dafür waren seine Männer zufrieden da sie so die Gelegenheit bekommen hatten selbige halbwegs gründlich zu plündern und er selber hatte Beute in Form einer Sklavin gemacht die nun irgendwo im Lager der Legio Secunda auf ihn wartete. Natürlich auch mit seinem Anteil am Plüngergut aus der Casa.
Die gewonnenen Erkenntnisse aus der Casa hatten ihn schließlich zu seinem eigentlich Ziel gebracht, Decima Seiana, die er ohne größere Probleme in die Castra Praetoria gebracht hatte.
Doch dann hatten die Probleme begonnen.
Corvinus war sich bis heute nicht sicher ob es an daran lag das er die Götter verärgert hatte oder ob es das Werk eines bestimmten aurelischen Tribuns, dessen Verwandte er wohl ein wenig zu nah bei ihrer "Rettung" gekommen war.
Jedenfalls war ein Teil seiner Männer gleich weggeschickt worden er hatte aber noch einen kleinen Bericht zu Wachs bringen müssen um zu erklären was in der Casa der Decimer vorgefallen war. Schließlich kamen im Moment verdammt viele neue Gefangene rein und die Militärbürokratie hatte ihre Not da mitzukommen. Da waren neue Gefangene außer der Reihe nicht besonders beliebt.
Damit fertig hatte war er bei der Abgabe an einen sehr wichtigen Tribun gekommen. Dieser faselte irgendwas davon das er seine Arbeit gut gemacht hätte und er zur Belohnung gleich noch weitere Gefangene herzubringen hatte. So bildete er mit seinen 6 Legionären sowas wie einen billigen Abklatsch der "Glorreichen Sieben" der Militärverwaltung der Rebellenarmee, den es aufgrund der Abwesenheit von Urbaner die sonst prädestiniert waren für solche "Greifer" Aufträge. In der Bemühung schnell wegzukommen beeilten sie sich die Aufträge zu erfüllen und brachten immer neue Gefangene in den Carcer. Der Plan war es gewesen so schnell fertig zu sein und rechtzeitig zur Erstürmung des Palastes zu kommen. Doch der ging gründlich schief. Die Effiziens der Sieben sprach sie bei den Beamten rum. Nach und nach gelang es immer mehr von Corvinus Kameraden sich abzusetzen und wieder "normale" Soldatenaufträge bei ihren Einheiten machen zu können. Corvinus blieb aber an diesen verdammten Tribun und seinen Beamtenschergen quasi gefesselt. So verpassten sie die Erstürmung des Palastes und bekamen nur aus Erzählungen mit das Salinator tot war. Gleich darauf nahm das Aufkommen an Gefangenaufträgen eher noch zu als ab. Freilich die wichtigen Leute waren alle geflohen, tot oder schon gefangen. Aber jetzt ging es um die mittlere Etage der Gefolgsleute. Täglich schwoll der Strom der treuen Bürger an die Gefolgsleute (oder welche die sie dazu machen wollten) Salinators denunzierten. Wie es so oft in der Geschichte der Bürokratie gewesen war und auch noch blieben würde. Die richtige Münze an der richtigen Stelle brachte auch die abstrusesten Geschichten dazu das die beschuldigten Personen erstmal hergebracht werden mussten. Dummerweise war Corvinus und seine Männer einer der Hauptzubringer für diese Unglücksraben.
So ging es Tag ein, Tag aus. Diese Stadt war einfach so verdammt riesig und die Anzahl ihrer Bewohner kam obendrauf. Es schien kein Ende nehmen zu wollen, ja eher noch mehr zu werden. Corvinus der das marschieren nun wirklich gewohnt war taten jeden Abend oder besser gesagt jede Nacht die Füße gehörig weh wenn er sich für die wenigen Stunden hinlegen konnte. Alle Versuche dem Tribun dazu zu bringen ihn zu entlassen schlugen fehl und es war wie verhext alle Botschaften in Richtung seiner Legion die bringen sollten das er abgerufen wurde blieben unbeantwortet. Das war auch der Hauptgrund warum Corvinus den Aurelier hinter der Sache vermutete. Das einzig positive an der Sache war das Corvinus inzwischen einiges an Geld gemacht hatte. Nach einigen Tagen hatte er immer offensichtlicher weggesehen wenn seine 6 Legionäre Wertgegenstände in den Wohnungen der Beschuldigten "beschlagnahmten" oder diese Geld annahmen von Leuten die dann "nicht zu Hause oder auffindbar waren". Er selber hatten nichts mitgenommen oder angenommen aber auf seinen Anteil würde er nicht verzichten und die 6 waren lange genug dabei das sie keine Fragen stellten sondern sein wegschauen erkannten und dementsprechend von alleine seinen Anteil zu seinen Sachen bringen ließen. So pendelte inzwischen was täglich ein Calo zwischen der Castra Praetoria und dem Lager der Secunda.
Zu allem Übel kam noch dazu das er sich seit ein paar Tagen merklich schlechter fühlte. Er wusste nicht genau was es war. Es hatte eines Nachts angefangen. Er war aufgewacht und hatte tatsächlich geheult wie ein kleines Kind. War ordentlich verstörend für ihn gewesen wo er doch keinen Grund erkennen konnte woran das lag. Zum Glück hatte das keiner seiner Männer gesehen. Sie hatten sich in einem verlassenen Quartier der Prätorianer einquartiert und Corvinus schlief natürlich im Centuriozimmer.
Seit dieser Nacht tat ihm sein Herz schrecklich weh und er vermisste Alwina mehr als sonst. 3 Nächte war das inzwischen her und in diesen 3 Nächten hatte er quasi gar nicht mehr geschlafen. Jedes Mal wenn er einschlief wachte er kurze Zeit später schweißgebadet und mit stechenden Schmerzen in der Brust auf. Wenn er wach war ging es zwar aber seine Sorgen darüber taten ihr übriges. In diesem Zustand hatte er nun gerade am frühen Morgen erneute 5 Namen bekommen von Leuten die er heute in die Castra Praetoria bringen sollte. Natürlich wieder verbunden mit der scheinheiligen Ausrede das dies die letzten sein würden.
Corvinus war erschöpft, schlecht gewaschen, seeehr müde und unausgeschlafen und beschloss daher, ganz entgegen seines normalen Verhaltens erst einmal ne Pause zu machen. Er machte die paar Schritte und setze sich auf eine Bank im Innenhof im Halbschatten der Principia. Ächzend ließ er sich mehr fallen und nahm danach seufzend seinen Cassis ab. Er stützte die Ellenbogen auf die Knie und rieb sich mit den Händen die Augen und fasste sich danach mit einer Hand an die Brust wo gerade wieder eine Schmerzwelle durchströmte. Seine linke Hand wanderte zu dem germanischen Dolch und halb in Trance massierte sein Daumen den Griff des selbigen. Wie würde dieser Tag wohl weitergehen?