Der Beginn einer neuen Zeit

  • Wie er es von der Rostra auf dem Forum verkündet hatte, schritt Cornelius Palma nach seiner Rede als einer der ersten Männer in die Curia, in der tatsächlich gleich nach seiner Ankunft eine Senatssitzung stattfinden sollte. Dass nicht alle Senatoren in Rom waren, war ihm bewusst, aber es kam ihm mehr auf das Zeichen einer möglichst baldigen Senatsitzung an und weniger auf eine möglichst volle. Trotzdem wartete er nach dem Betreten der Halle natürlich geraume Zeit, damit sich auch die anderen Senatoren versammeln konnten. Zeit, die er gut nutzen konnte, um sich nach dem aufwühlenden Auftritt auf dem Forum ein wenig zu sammeln und zudem sicherzustellen, dass alle wichtigen Personen ebenfalls den Weg hierher gefunden hatten.

  • Gaius Flaminius Cilo

    http://www.kulueke.net/pics/ir…/f-roemer-soldaten/34.jpg Direkt nach Palma ging auch der Flaminier die Stufen zur Curia Iulia hinauf. Er war noch nicht hier gewesen, seit er vor inzwischen einigen Jahren nach Germania aufgebrochen war, um seine Statthalterschaft zu übernehmen. Wenn er damals geahnt hätte, dass er eines Tages einem seiner Kollegen den Weg zum Kaiserthron ebnen würde...


    Und doch stand er jetzt da. Im Gegensatz zu den anderen nahm er nicht Platz, sondern blieb gleich stehen, denn es würde an ihm sein, den entscheidenden Antrag zu stellen. Zuerst war es aber am Princeps Senatus, die üblichen Formalitäten zur Eröffnung der Sitzung abzuwickeln, sobald alle anwesenden Senatoren versammelt waren.




  • In all den Jahren, in denen Macer Senator gewesen war, hatte er noch nie eine so kurzfristig angesetzte Senatssitzung erlebt wie diese hier, glaubte er sich zu erinnern. Das musste zwar nichts heißen, aber es reichte, um selber einigermaßen beeindruckt zu sein, während er sich zu seinem Platz in der Reihe der Consulare begab. Nach den Überraschungen vom Forum war er gespannt, was sich nun hier ereignen würde, auch wenn er zumindest nicht annahm, dass hier wieder mit Obst auf Frauen geworfen wurde, die auf Iuppiter schworen. Einen kurzen Augenblick schoß ihm die Frage durch den Kopf, ob man damit den Gott wohl erzürnen konnte, aber er vertiefte sie nicht weiter, denn dafür war er in religiösen Dingen einfach nicht bewandert genug. Stattdessen schaute er zur Tür, welche Senatoren sich noch hier einfanden, die er draußen vielleicht noch gar nicht gesehen hatte.

  • Zwar nicht in der edlen Toga eines Senators sondern in der weitaus unedleren, wenngleich nicht kostengünstigeren Rüstung eines Tribunen betrat Sextus die Curia zum zweiten Mal seit seiner Rückkehr aus dem Norden. Dieses Mal aber mit dem nicht unwesentlichen Unterschied, dass er an einer Senatssitzung teilnehmen würde, als Senator Roms, und nicht nur als Befehlshaber einer Legion, die gerade die Stadt eroberte und ein wenig Ordnung aufrecht zu erhalten versuchte. Man könnte also sagen, Sextus war durchaus sehr zufrieden damit, den Senatssaal jetzt und hier im Gefolge des Kaisers zu betreten.
    Aufgrund seiner Unkenntnis der momentanen Platzverteilung wartete er aber zunächst, bis die weiteren Senatoren, die sich hier einfanden, ihren Platz gesucht hatten, und suchte sich dann erst selbst einen möglichst nahe bei Palma selbst.

  • Gaius Flaminius Cilo

    http://www.kulueke.net/pics/ir…/f-roemer-soldaten/34.jpg Langsam strömten die Senatoren vom Forum in die Curia Iulia, die heute nicht von Liktoren, sondern von Soldaten der siegreichen Armeen bewacht wurden, die ebenfalls Fasces trugen (immerhin hatte ein Statthalter wie der Flaminier auch Anspruch auf diese Ehrenzeichen).


    Als es dann endlich so schien, als wären auch die gebrechlichsten Senatoren über die Schwelle getreten und an ihre Plätze gelangt, wurde die Tür von einer Soldatenkette versperrt, die Türen jedoch nicht geschlossen. Das Volk sollte ruhig mitbekommen, wie ihr neuer Princeps akklamiert wurde.


    Vorher übernahm der Princeps Senatus allerdings die etwas langwierigen Prozeduren, die vor einer Senatssitzung zu vollziehen waren. So waren Auspizien einzuholen, den Göttern zu opfern, dann musste die Liste der Anwesenden geprüft und die Beschlussfähigkeit festgestellt werden. Schließlich rief man den Flaminier auf, der den einzigen heutigen Tagesordnungspunkt vortragen würde:


    "Patres conscripti,", begann er mit der alten Formel, mit der man den versammelten Senat anzusprechen pflegte, "An diesem denkwürdigen Tag haben wir uns versammelt, um unserer nobelsten Pflicht nachzukommen: Als Herz des Staates, als Optimates obliegt es uns heute zu entscheiden, wer das Ruder des Staatsschiffes übernehmen soll, um es nach stürmischen Zeiten wieder auf Kurs zu bringen. Und die Stürme waren, wie wir bereits auf dem Forum hörten, äußerst heftig: Unser alter Kapitän Aelianus Valerianus fiel einem Mordkomplott zum Opfer, angestiftet von seinem engsten Vertrauten, der selbst das Ruder an sich riss, um es sogleich wieder fahren zu lassen. Unser Schiff wurde hin- und hergebeutelt, die Stürme rissen manchen unter uns hinweg in den Tod oder die Verbannung! Statt ehrbarer Männer holte der faule Kapitän Piraten an Bord, die gemeinsam mit ihm unsere Mannschaft, das Volk der Quiriten, ausbeuteten und zur Erschöpfung trieben!"
    Er blickte in die Runde. Viele Plätze waren leer, was bedeutete, dass die, von denen er gesprochen hatte, zumeist gar nicht erst erschienen waren. Doch wer wusste schon, ob nicht der ein oder andere Günstling Salinators nicht die Frechheit besaß, heute hier zu erscheinen?


    "Noch immer sind einige von Salinators Spießgesellen auf freiem Fuß und bringen Unfrieden in die Provinzen des Reiches. Doch immerhin ist das Ruder nun wieder in festen Händen, der unrechtmäßige Kapitän unschädlich gemacht! Nun müssen wir jedoch entscheiden, wohin die Fahrt gehen soll! Wollen wir weiteres Chaos? Neue Meutereien? Oder wollen wir das Staatsschiff lieber in einen friedlichen Hafen lenken, unter dem Kommando eines gütigen Kapitäns?"


    Er machte ein kurze Pause und blickte fragend in die Runde. Bis hierher hatte er sich vorbereitet, was nun kam, hatte er sich auf dem Weg hierher zusammengeschustert: "Valerianus mag unter furchtbarer Krankheit gelitten haben, aber er hat vorgesorgt, wie wir soeben hören durften: Nicht diesen fetten Vescularier hat er als seinen Nachfolger vorhergesehen, sondern den edlen Appius Palma aus dem Geschlecht der Cornelier! Diese Familie von ältestem Adel, die schon den Befreier von der Knute Hannibals hervorbrachte, jenen Scipio Africanus, wurde erneut dazu ausersehen, Rom von der Herrschaft eines Tyrannen zu befreien!
    Cornelius Palma ist euch allen wohlbekannt, dennoch möchte ich euch nochmals an seine Verdienste für diesen Staat erinnern: Noch unter Divus Traianus begann er seine Laufbahn als Senator, stieg auf bis zum Praetor Peregrinus, bekleidete gleich zweimal das Consulat, übernahm Statthalterschaften in Thracia, Syria und Asia. Kaum einer unter uns wird so viel Erfahrung mit der Verwaltung verschiedenster Ämter haben! Doch nicht nur hier, sondern auch im Kriegsdienst tat er sich hervor: An der Spitze der Legio VIII Augusta, die auch heute der Rechtmäßigkeit zum Sieg verhalf, bekämpfte er aufständische Germanen in Raetia und in Syria hielt er die Grenze gegen das Reich der blutdürstigen Parther! Für diese Leistungen wurde er mit Auszeichnungen geehrt, mit Ehreninschriften und Statuen wie auch mit zwei Hastae Purae.


    Es ist kein Wunder, dass Valerianus diesen verdienten Mann ausersehen hat, die Herrschaft zu übernehmen, sollte das Schicksal ihn seines Sohnes berauben. Dennoch will es die Mos Maiorum, dass wir, der Senat von Rom, das letzte Wort haben!
    Und deshalb beantrage ich, dem zweimaligen Consularen Appius Cornelius Palma jene Rechte zu übertragen, die seit mehr als hundert Jahren dem ersten Mann des Staates zustehen! Ich beantrage, ihm den Ehrennamen des Augustus zu verleihen, ebenso die Tribunicia Potestas zu übertragen, das Imperium Maius für alle Provinzen des Reiches und alles weitere, was nötig ist, um das Wohl des Staates zu sichern!"


    Die Rede wurde sehr emotional vorgetragen und am Ende wartete der Flaminier mit Schweißperlen auf der Stirn auf den Applaus, der von den Anhängern Palmas nun losbranden würde.


  • So kurz, wie die Begrüßung am Stadtrand und der Auftritt auf dem Forum ausgefallen war, so schnell kam auch der Senat zur Sache, stellte Macer fest. Gleich nach der Eröffnung der Sitzung wurde der zu erwartende Antrag gestellt, ohne dass Cornelius Palma noch einmal das Wort ergriff oder das das draußen gezeigte Testament noch einmal näher in Augenschein genommen wurde durch den Princeps Senatus. Macer hoffte, dazu zumindest in halboffiziellem Rahemn später trotzdem noch Gelegenheit zu erhalten, schon rein aus Neugier. Jetzt waren aber wohl keine detaillierten Betrachtungen gefragt, sondern klare Zeichen - und Macer fiel es nicht schwer, hier wie erwartet zu applaudieren, denn alles in allem fiel die Vorstellung und Berufung des neuen Kaisers um einiges vertrauenserweckender aus als jene seines Vorgängers.


    :app:

  • Der Gaermanicer war einer der letzten Senatoren die in der Curia eintrafen. Er suchte sich schnell einen Platz und ließ den Blick durch die Halle schweifen ob er hier wenigstens seinen Onkel Avarus erblickte.
    Dann ging es auch schon los. Anstatt das sich der "neue" Imperator noch einmal zu Wort meldete, schwang sogleich einer seiner Legaten eine Rede und stellte sogleich den Antrag Appius Cornelius Palma den Titel Augustus zu verleihen.
    Sedulus`ging das alles irgendwie zu schnell. Er war immer noch der Meinung, dass Aelius Quarto der rechtmäßige Nachfolger des Aelianus Valerianus war.
    Vielleicht sollte er ja auch beginnen, diesen Gedanken abzuschütteln und sich damit abfinden, dass dem nicht so war.
    Nur war er auf die weiteren Worte des Corneliers gespannt.

  • Man konnte meinen, der Flaminier hatte heute noch andere wichtige Termine. Sextus hörte sich die doch sehr lange Rede ruhig an und war an deren Ende doch froh, dass der selbsternannte Anführer ihres Feldzuges (denn de facto war er in nichts höhergestellt als Annaeus Modestus, der nur in Vincetia verletzt wurde, und seit Überschreitung des Pomeriums rechtlich gesehen noch nicht einmal mehr ein Feldherr) bei seinen Ausführungen nicht noch bei Romulus und Remus angefangen hatte, auszuholen.
    Insgesamt aber fand Sextus das Vorgehen alles andere als der Situation angemessen. Ja, Palma sollte Kaiser werden, aber nach der Einlassung von eben, der so zur Schau getragenen Demut und Bescheidenheit und der Betonung der Rechtmäßigkeit seines Anspruches roch das hier gerade doch ein wenig zu sehr nach militärischer Machtübernahme mittels Gewalt. Immerhin trug gerade der Legat der Legionen hier den Antrag vor, der vor wenigen Tagen und Wochen noch befohlen hatte Rom anzugreifen. Sextus konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass der wütende Mob da draußen das vergessen hätte. Zu viel Gewaltbereitschaft hatte sich noch vor wenigen Momenten gezeigt, zu viel Barbarentum und Dummheit. Wollte sich der Cornelier also von seinem ebenfalls tumben und gewalttätigen Vorgänger abheben, sollte er sich nicht von dem Mann einsetzen lassen, der kurz davor stand, die Stadt niederzubrennen.
    (Abgesehen davon, dass Sextus diesem Möchtegern ganz sicher nicht sämtliche Lorbeeren kampflos überlassen würde. Die letzten Monate und Jahre hatten ihm genügt. Er hatte definitiv genug dafür bezahlt, genug investiert, um jetzt hier auch eine angemessene Belohnung für seine Taten am Ende zu erhalten und dies nicht dem Gutdünken des in seinen Augen nur sehr leidlich fähigen Legaten einer Barbarenprovinz zu überlassen.)


    Also spendete er nur anstandshalber mäßigen Applaus, ehe er sich erhob, um anzuzeigen, dass er das Wort zu ergreifen gedachte. Nachdem ihm selbiges auch erteilt wurde, gab Sextus also eine kleine Erwiderung zum Besten.
    “Du bringst gute Gründe, werter Flaminius, warum der Senat Appius Cornelius Palma als Imperator des gesamten Römischen Reiches bestätigen sollte. Und ich stimme dir auch zu: Auch ich bin der Meinung, dass er der Mann ist, der rechtmäßig die Nachfolge unseres geliebten, verstorbenen Imperators Ulpius Valerianus antreten sollte.


    Allerdings, und verzeih mir diesen Einwand, ist es ebenfalls Aufgabe des Senates, die Sachlage zu prüfen, ehe er eine Entscheidung fällt.


    Daher richte ich jetzt das Wort an dich, Appius Cornelius Palma. Du hast gehört, was der werte Flaminius Cilo beantragt hat.
    Wir alle haben deine Worte vor den Toren Roms und soeben auf der Rostra vernommen. Und es steht wohl außer Zweifel, dass wir alle die Dinge ersehnen, die du angesprochen hast: Kultur, Wohlstand, Weisheit, Frieden.
    Deine Eignung, dies zu erschaffen, hat Flaminius soeben wortreich dargelegt. Deinen Anspruch hierzu haben wir zuvor auf dem Forum gehört.


    Doch was sagst du zu dem Ganzen, was dir hier angetragen wurde? Bist du gewillt und bereit, die Rechte und Pflichten eines Caesar Augustus zu tragen? Bist du bereit, deinen Anspruch hierauf von den hier versammelten Senatoren prüfen zu lassen?“


    Natürlich wusste Sextus, dass die Antwort auf diese Fragen hier ein eindeutiges Ja sein würden. Allerdings war dieses "ja" etwas, das seiner Ansicht nach auch von dem Cornelius kommen musste, etwas, das er anbieten musste und der Senat, der sich wohl der versammelten Soldaten dort draußen sehr wohl gewahr war, nicht von ihm einfordern konnte. Und so gab er dem Cornelier nun hoffentlich eine Glanzvorlage, eben das auch anzubieten und selbst noch etwas zu sagen und die letzten Wogen, die die Vergangenheit unter Vescularius Salinator geschlagen hatte, zu glätten. Immerhin hatten sie in ihrer Verschwörerrunde damals den Cornelier auserkoren, weil er von seiner Persönlichkeit und seiner Art her die Hoffnung erweckt hatte, genau das zu tun .

  • Zügig wie der Einzug in die Stadt vonstatten gegangen war, nahmen die Dinge nun auch hier im Senat ihren Lauf. Kaum hatte sich Cornelius Palma versichert, dass Flaminius Cilo und die anderen Offiziere, Iunia Axilla mit dem Testament und schließlich auch die ganzen Senatoren in der Curia versammelt waren, begann auch schon der Princeps Senatus mit der Sitzung. Ebenso schnell kam dann wenig später auch schon Flaminius Cilo zum ersten und einzigen Tagesordnungspunkt und hielt eine Rede, die Cornelius Palma gut gefiel. Nicht nur wegen ihres Inhalts, sondern auch schon alleine deshalb, weil es zum ersten Mal seit Monaten war, dass er wieder im Senat einen Senator reden hören konnte. Wie erwartet und geplant hab es Beifall und in dessen Ausklang hinein meldete sich ein Mann zu Wort, der einer der letzten gewesen war, mit denen Cornelius Palma vor seiner Abreise aus Rom gesprochen hatte - und der vor allem wohl auch einer der wenigen war, der genauso wie er wusste, was es mit dem Testament auf sich hatte. Was er dann sagte, hätte man wohl auch mit einer Absprache nicht besser hinbekommen können und Cornelius Palma musste sich zwingen, die Freude über die Aufforderung zu sprechen unter einer staatstragenden Miene zu unterdrücken.


    "Patres conscripti, ich kann die eben gestellte Frage nur aus ganzem Herzen und im Angesicht der Götter, denen wir zu Beginn dieser Sitzung geopfert haben, mit einem klaren Ja beantworten. Ja, ich bin gewillt, die Rechte und Pflichten zu tragen, die ihr mir mit dem Titel und Namen eines Caesar Augustus übertragen wollt. Ja, ich bin bereit, meinen Anspruch prüfen zu lassen vor dem Senat und vor jedem anderen Gremium, welches der Senat dafür bestimmen sollte. Alles, was auf dem Forum gesagt wurde, stelle ich zur Überprüfung für jetzt oder später, gerade auch meine Versprechen auf eine bessere Zukunft, an die ihr mich jederzeit erinnern dürft."

  • Na, ein bisschen ausführlicher hatte sich Sextus die Einlassung des Corneliers nun doch vorgestellt. Im Grunde war er fast ein wenig verdattert, dass der Mann so schnell schon wieder mit dem Reden aufgehört hatte, nachdem der Flaminier vorhin noch ihnen allen ein Ohr abgekaut hatte und er selber ja auch nicht unbedingt an Worten gespart hatte.
    Es entstand also ein ,wenngleich sehr kurzer, Moment des Schweigens, den Sextus benötigte, um auf diese sehr kurze Einlassung eine Erwiderung zu finden. Da aber der gesamte Senat noch ein wenig misstrauisch (wahlweise auch perplex oder lethargisch) auf ihn wirkte, beschloss er, lieber selbst weiterhin das Wort zu behalten und das Ganze voranzutreiben. Noch dazu, wo er als Einziger hier im Raum wusste, was es denn mit diesem Testament auf sich hatte, denn alle anderen ihrer Verschwörerrunde waren nach seinem Kenntnisstand inzwischen tot. Abgesehen von Tiberius Ahala, der zum einen kein Senator und zum anderen gerade in aurelischer Gesellschaft war.
    “Dann, mit deiner Erlaubnis, nehme ich dein Angebot gerne an und würde das Testament gerne in näheren Augenschein nehmen.“
    Langsam also ging Sextus hinüber zu der Iunia, die dem Cornelier brav und folgsam wie ein Hündchen bis in den Senat gefolgt war und hielt ihr geduldig die Rechte hin, auf dass sie ihm den alten Wisch einmal in die Hand drücken konnte.

  • Als der Aurelier sich das Testament aushändigen ließ, erhob sich nun Sedulus um ein paar Worte los zu werden, die ihm auf der Zunge brannten.
    Doch bevor er begann, räusperte er sich noch einmal kurz.


    Ehrenwerte Väter Roms! Nicht das ich Quintus Germanicus Sedulus dieses Testament anzweifeln möchte geschweige denn etwas gegen dich Appius Cornelius Palma habe...


    Erst nickte er hin in Richtung des Testamentes dann deutete er auf den neuen Imperator.


    ...doch stellt sich mir die Frage, was ist mit Lucius Aelius Quarto? Warum machte sein Bruder nicht ihn zum Nachfolger, sein eigen Fleisch und Blut?


    Hoffentlich hatte sich Sedulus mit dieser Frage nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt. Zumindest schienen einige Senatoren sich etwas ähnliches gedacht zu haben.


    Ich gehe doch davon aus, dass er noch am Leben ist.


    Und wenn ich schon dabei bin von Leben zu sprechen, was ist mit Potitus Vescularius Salinator geschehen? Lebt dieser Verräter noch oder macht er schon die Unterwelt unsicher?


    Im Grunde war es Sedulus ja egal, aber er war halt neugierig was mit diesem Fettsack geschehen war.

  • Es war größer hier drin, als Axilla es sich vorgestellt hatte. Der blanke Marmor, die hohen Sitzreihen, die noch höheren Säulen... das Alles war doch mindestens so beeindruckend, wie Axilla es sich vorgestellt haben mochte. Und doch konnte sie es nicht im Entferntesten genießen, dass sie hier, als Frau, in der Curia sein konnte. Überhaupt war dieser ganze Tag nichts, an das sie jemals mit einem positiven Gefühl zurückdenken würde.
    Erst gab es Auspizien und Opfer, dann Reden. Viele lange Reden. Axilla hörte gar nicht erst richtig zu. Zu viel ging in ihrem Kopf herum. Die Sorgen waren auf einmal wieder da, die sie so sehr zu unterdrücken versuchte. Was war mit ihrem Mann? Was war mit ihren Söhnen? Wenn ihr schon so ein Hass entgegengeschlagen war, was war dann erst mit ihnen? Wo waren sie? Es war äußerst schmerzlich, nicht zu wissen, wie es den eigenen Kindern ging. Axilla hätte das nie für möglich gehalten, dass ein Mensch sich so fühlen konnte, aber die Ungewissheit über deren Verbleib zerriss sie mehr als sie es von den Zeiten in Erinnerung behalten hatte, als sie als Kind auf ihren Vater gewartet hatte.
    Und dazu gesellte sich neue Ungewissheit, neue Gedanken. An Vala. Wieso musste er jetzt hier sein? Warum? Ausgerechnet jetzt? Axilla hatte schon lange nicht mehr an ihn gedacht, an seine Umarmung, seinen Geruch, den leichten Geschmack von Süßholz auf seinen Lippen. Und jetzt? Sie erinnerte sich schmerzlich an diese eine gemeinsame Nacht, die sie gehabt hatten, an all das, was sie gefühlt hatte. An die dinge, die sie gehofft, geträumt, gewollt hatte. Und die nie in Erfüllung gegangen waren. Nicht mit ihm. An die Zeit nach Atticus' Geburt, der ihm so ähnlich sah, an die Angst und die Sorgen. Warum war er jetzt hier? Und warum war er jetzt nicht hier?


    Dass sich etwas änderte, merkte Axilla erst, als der aurelische Senator, auf dessen Hochzeit sie gewesen war, zu ihr herübertrat und die Hand ausstreckte. Es dauerte einen kurzen Moment, bis sie alles realisiert hatte, und vorsichtig öffnete sie wieder den Tornister, um das Testament herauszuholen. Diese kurze Pause nutzte dann gleich der Mann ihrer Cousine für einen Einwurf, bei dem Axilla doch kurz aufblicken musste. “Vescularius hat meinen Mann Aelius Archias für weit weniger umbringen lassen, da wird er wohl kaum Quarto verschont haben.“ Sie sagte es leise, aber die Akustik des Baus war dafür nicht gerade von Vorteil, so dass der ein oder andere Senator ihre leise Stimme vermutlich doch gehört hatte.


    Leicht beschämt holte sie das Testament schließlich hervor und überreichte es dem Aurelius und versuchte, möglichst unsichtbar zu sein, wenn im Boden versinken schon nicht so recht funktionieren wollte.

  • Gerade war Sextus dabei, den alten Wisch entgegenzunehmen, als schräg hinter ihm Germanicus Sedulus das Wort ergriff und eine aus seiner Sicht so dermaßen unnütze Frage stellte, dass er stark an sich halten musste, sich nicht umzudrehen und den Mann erstmal dumm anzuglotzen. Die gemurmelten Worte der Iunia nahm er sehr wohl war und kurz überlegte er, inwieweit er diese in seine Erwiderung einfließen lassen konnte. Zwar war er sich bei weitem nicht so sicher wie die Frau vor ihm, dass der Vescularier irgendeinen Aelier umbringen hatte lassen – zumindest nicht, bevor Valerianus an seiner Suppe erstickt war, und Aelius Archias war weit früher vom tarpejischen Felsen gesprungen – aber warum so eine schöne Vorlage nicht benutzen?


    Sextus nahm also in aller Ruhe das Testament entgegen, ehe er sich umdrehte, um die aufgeworfenen Fragen zu erwidern. “Senator Germanicus Sedulus. Hast du irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass Aelius Quarto noch lebt? Wann wurde er das letzte Mal lebend gesehen? Vor wie vielen Amtszeiten? Selbst noch vor Kriegsbeginn war der Mann bereits verschwunden, sobald er hieß, dass sein Bruder vergiftet wurde. Vescularius hat es ja noch nicht einmal für nötig befunden, den Mann zu proskribieren! Warum wohl nicht, außer, wenn er sich nicht sicher war, dass dieser niemals lebend auftauchen würde, um ihm seinen erlogenen Platz streitig zu machen?
    Selbst Iunia Axilla hier meinte, wenngleich leise, dass Vescularius mit dem Tod von Aelius Archias zu tun hatte. Und der stand in einem sehr viel weiteren Verwandschaftsverhältnis.


    Allerdings beantwortet dies nicht deine Frage, warum Valerianus nicht Aelius Quarto zu seinem Nachfolger bestimmt hatte. Nun, wir können ihn kaum fragen, warum er diesen Schritt so gegangen ist. Vermutlich dachte er, dass sein Sohn weit älter sein würde und ihn vor allen Dingen überleben würde. Ein Zeitpunkt, zu dem sein Bruder vielleicht auch schon zu alt wäre, Staatsgeschäfte mitzubestimmen. Noch dazu verfügte Consular Aelius über keinerlei militärische Erfahrung. Ich weiß, über die Toten soll man nur Gutes sprechen oder gar nichts, aber wenn du schon fragst: Kein Kaiser könnte das Römsiche Reich zusammenhalten ohne die geringste militärische Erfahrung. Der letzte war Kaiser Claudius, den selbst wohlmeinende Quellen als – und verzeih mir das Wort in diesen Hallen – unfähigen Idioten bezeichneten und seine Entscheidungen nicht zum Wohle des Reiches.
    Vielleicht also wollte Valerianus seinem Sohn einen Mann an die Seite stellen, der über genügend Erfahrung verfügte, um seinen Sohn nicht als solchen Idioten dastehen zu lassen. Als Mann des Militärs, der seinen Adoptivvater im Feldzug gegen die Parther verloren hat, wusste er um die Notwendigkeit eines starken Militärs, um dieser Gefahr zu begegnen.
    Vielleicht aber erinnerte er sich nur daran, dass er nun ein Ulpier und kein Aelier mehr war und damit eben NICHT mehr der Bruder von Consular Aelius. Oder es gib einen völlig anderen Grund.
    Es ist müßig, darüber zu spekulieren, was er gedacht haben mag. Wenn also du selbst das Testament nicht anzweifelst, verstehe ich deine Frage nach den Gründen hierfür nicht wirklich.


    Was die Frage nach Vescularius angeht: Ja, er ist tot. Er wurde lange im Theatrum Flavium zur Schau gestellt, damit sich ein jeder davon Überzeugen konnte.“ Wo auch immer der Germanicer gewesen war, um das nicht mitzubekommen. “Und bevor du fragst: Die Legionen haben ihn nicht getötet. Wir wollten ihn lebendig fangen, damit er sich für seine Verbrechen vor ganz Rom verantworten kann. Nur sollte Rom dieser Triumph wohl nicht vergönnt sein.“


    Das war nun hoffentlich der Erwiderung genug auf die Fragen, so dass sich Sextus dem Testament widmen konnte:


    Testamentum
    des
    Gaius Ulpius Aelianus Valerianus
    Imperator Caesar Augustus
    Divi Iuliani Filius Pontifex Maximus
    Tribuniciae Potestatis Imperii Proconsulare Censor


    [FONT=Herculaneum,Comic sans ms]Pars Prima
    Meine Betriebe, Grundstücke und Immobilien, mein Privatvermögen, Lagerbestände und aller beweglicher Besitz sollen meinem Sohn und Thronerben Publius Ulpius Maioranus zufallen.


    Pars Secunda
    Sollte das Erbe aus Gründen der Unvolljährigkeit oder des Todes meines Erben nicht auszahlbar sein, so wird mein nächster agnatischer Verwandter aus der Gens Ulpia als Verwalter bis zur Vollstreckung des Erbes bzw. selber als Gesamterbe eingesetzt.


    Pars Tertia
    Sollte die Gens Ulpia zum Zeitpunkt meines Todes erloschen sein, setze ich den Consular Appius Cornelius Palma ein, der meinem Vater und Großvater in Krieg und Frieden tapfer und treu gedient hat, als meinen Gesamterben und Thronfolger ein.


    Dies verfüge ich im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, niedergeschrieben und gesiegelt mit eigener Hand.


    ANTE DIEM VI ID MAI DCCCLVIII A.U.C. (10.5.2008/105 n.Chr.)
    [/FONT]



    Sextus ließ seinen Blick über das Testament schweifen. Ja, Flavius Gracchus und Tiberius Durus hatten sich damit wirklich viel Mühe gegeben. Es sah echt aus.
    “Nun, ich erkenne keine Anzeichen, dass dieses Schriftstück nicht aus der Feder von Ulpius Valerianus stammen sollte. Auch trägt es das Siegel des Kaisers. Für mich sieht es echt aus, und damit ist für mich der rechtliche Anspruch von Appius Cornelius Palma unbestritten.
    Aber ich bin auch kein Advocatus, insbesondere für Erbangelegenheiten. Aber in den ehrwürdigen Reihen hier finden sich ja gewesene Prätoren, die damit sicher mehr Erfahrung haben. Consular Purgitius, möchtest du nicht einen Blick hierauf werfen?“


    Das letztere war etwas gepokert. Sextus hasste es, nach Wahrscheinlichkeiten und nicht nach Fakten vorzugehen, aber in diesem Fall war es ein kalkuliertes Risiko. Zum einen war Purgitius Macer über jeden Zweifel innerhalb der Reihen des Senats wohl erhaben, und zum anderen gab es an dem Testament ja nun wirklich keine Anzeichen, dass es eine Fälschung war. Es war also nur ein weiterer Test für das Schriftstück auf dessen Echtheit und ein nicht nunbedeutender Schritt in Richtung von Cornelius' Legitimation als Kaiser.

  • Sedulus blickte entschuldigend zu Cornelius Palma. Er hatte nichts gegen den Mann, allerdings war Quarto sein Patron und er wollte nicht, dass eventuell der nächste Bruderkrieg ins Haus stand.


    So antwortete Sedulus kanpp.


    Und hast du Anhaltspunkte Senator Aurelius Lupus das er nicht lebt? Hast du irgendwo auf deiner Reise seinen Leichnam auf den Straßen gesehen?


    Einige Senatoren kicherten.


    Die Gründe des Vescularius warum er dies getan oder nicht getan hat kenne ich nicht. Es tut hier auch nichts zu Sache finde ich!


    Und als der Aurelier dann auch das Alter ins Spiel brachte, müßte Sedulus einfach nur grinsen.


    Ich glaube Appius Cornelius Palma dürfte ungefair im selben Alter wenn nicht sogar etwas älter als Senator Lucius Aelius Quarto sein? Also von daher kann das Alter keine große Rolle gespielt haben.
    Nun, unser großer Augustus hatte bevor er seine Kriege geführt hat auch keine große militärische Erfahrung. Genauso wie sie Nerva und Salvius Otho gehabt haben dürften. Beide hatten zuvor keine große militärische Laufbahn zu verzeichnen. Dafür gibt es militärische Berater, die sonst arbeitslos wären wenn jeder Imperator zuvor Soldat gewesen wäre. Zumindest aber war Senator Aelius Quarto wärend des Krieges gegen die Parther mit an der Front. Aber lassen wir das!


    Sedulus blickte sich um.


    Einige von euch fragen sich vielleicht, was für ein Spiel ich hier treibe. Ich will es euch sagen. Ich möchte nur sicher gehen, dass uns nicht ein erneuter Krieg ins Haus steht Testament hin oder her. Es ist nur ein Stück Papier welches angefechtet werden kann.


    Und wie schon erwähnt, hege keinen Groll gegen dich Senator Appius Cornelius Palma um dies noch einmal zu betonen.
    Mir ist jeder Imperator recht, solange er kein Vescularius Salinator ist!
    Von daher möchte ich die Möglichkeit ergreifen und dir persönlich zu deinem Sieg über den Ursupartor gratulieren! :app:


    Das war`s eigentlich was Sedulus zu sagen gehabt hatte. Jetzt konnte Senator Macer in Ruhe das Testament in Augenschein nehmen.

  • Macer war einigermaßen überrascht und irritiert, als ihn Aurelius Lupus aufforderte, das Testament ebenfalls zu inspizieren. Nicht, dass Macer das schon aus purer Neugier nicht ohnehin vorgehabt hätte, aber hier als ehemaliger Praetor und Consular offiziell dazu aufgefordert zu werden war dann doch etwas ganz anderes. Dass Germanicus Sedulus zur selben Zeit ebenfalls sprach und Macer nicht ganz klar wurde, auf welchen Punkt er hinaus wollte und ob er das Testament anzweifeln wollte oder nicht, trug dann auch nicht dazu bei, dass Macer schnell reagieren konnte. Dementsprechend zögerlich stand er daher nur auf und ging nach vorne, um das Schriftstück entgegen zu nehmen. "Ich denke, es gibt wesentlich erfahrenere Männer in diesen Reihen, die sich mit Urkunden dieser Art auskennen und sie zu beurteilen vermögen als ich einer bin", erklärte er schon auf dem Weg sein Unwohlsein mit seiner Aufgabe. "Ein Moment wie dieser führt uns zweifellos besonders deutlich vor Augen, wie schmerzhaft die Verbannung so großartiger Rechtgelehrter wie Vinicius Hungaricus ist, der als Consular und ehemaliger Praefectus Praetorio zweifellos ein wesentlich besserer Gutachter ist als ich es je sein kann. Sofern es mir gestattet ist, möchte ich daher den Antrag stellen, dass die Proskriptionen und Verbannungen, die unter Vescularius Salinator gegenüber Mitgliedern des Senats ausgesprochen wurden, schnellstmöglich revidiert werden", führte er dann weiter aus, während er das Dokument inzwischen in der Hand hielt. Erst einmal schaute er sich aber im Senat nach Reaktionen auf seinen Antrag um, dann fiel sein Blick fast wie zufällig auf das Schriftstück in seiner Hand und er erinnerte sich scheinbar wieder daran, wofür er überhaupt aufgestanden war und vertiefte sich in die Begutachtung des Dokuments, dass er schließlich mit einem Nicken an Aurelius Lupus zurück gab. "Ich kann mich deinem Urteil uneingeschränkt anschließen", stellte er fest und hatte damit sowohl seine Aufgabe erfüllt als auch seine Neugier befriedigt. Auf dem Dokument stand tatsächlich, was bisher immer behauptet worden war.

  • Hatte Cornelius Palma eben noch seine Freude über die unerwartete und günstige Aufforderung zu sprechen unterdrücken müssen, so musste er nun aufpassen, nicht auch noch breit zu grinsen oder laut zu lachen. Kaum war der Usurpator vertrieben und Rom wieder frei, kaum hatte man den Senat wieder einberufen und frei sprechen lassen, schon ergossen sich die Senatoren in wilden Debatten, Reden und Gegenreden, Spekulationen und Anträgen, und schienen darüber ganz die eigentlich gestellte Frage zu vergessen. Bisher hatte er gedacht, dass es seine Erinnerung an frühere Zeiten gewesen war, die ihm solchen Szenen besonders farbig vor seinem inneren Auge ausgemalt hatte, während sie in der Realität nicht möglich waren, aber jetzt konnte er wieder entdecken, dass Rom tatsächlich so war. Genüsslich lehnte er sich zurück, warf Flaminius Cilo einen verstohlenen Blick zu und ließ die Senatoren sprechen. Wenn es so weiter ging, wurde er am Ende irgendwann nebenbei zum Imperator und Caesar erklärt, zusammen mit einem ganzen Stapel an Anträgen und Gesetzesvorlagen. Aber die Zeit konnte er prima nutzen, einen genaueren Blick über die Reihen der Senatoren streifen zu lassen und gezielt nach Gesichtern zu suchen, die er gerne wiedersehen würde und von denen er zumindest gehofft hatte, dass sie den heutigen Tag erleben würden. Aber er fand zu seinem Bedauern nicht allzu viele solcher Gesichter, was es ihm zumindest etwas leichter machte, die ernste Miene zu wahren.

  • Der Germanicer hatte wohl weder Augen im Kopf, noch ein besonders gutes Gedächtnis. Von Scharfsinn ganz zu schweigen.“Nein, diese Leiche habe ich nicht gesehen. Hast du die verstorbene Familie der Ulpier gesehen? Vielleicht leben die ja ebenfalls noch.“ Auch jetzt amüsierten sich einige Senatoren gut, nur diesmal auf Kosten des Germanicers.
    Sextus schüttelte nur demonstrativ den Kopf, ehe er sich Consular Purgitius zuwandte, und verzichtete auf den Hinweis, dass der Cornelier gute zwanzig Jahre jünger war als Aelius Quarto, ebenso wie auf den Hinweis, dass der Germanicer genau nach dem gefragt hatte, worauf er eine Antwort erhalten hatte: Warum Valerianus nicht Quarto zu seinem Nachfolger bestimmt hatte. Aber wenn einem Antworten nicht gefielen und man keine Argumente hatte, blieb wohl nicht viel weiteres, als sie als unwichtig zu beurteilen. Sextus störte es nicht weiter. Noch lächerlicher konnten sich die Germanicer wohl nur machen, indem sie wiederum Steuerfreiheit für Senatoren beantragten. Noch weiter nachtreten brauchte er nicht, das würden sie zu gegebener Zeit von selbst erledigen.


    Der Purgitier hingegen stellte einen Antrag, den Sextus aus nicht uneigennützigen Gründen durchaus guthieß. Immerhin standen sowohl der künftige Kaiser als auch er selbst auf dieser Liste. “Diesem Antrag kann ich mich nur anschließen. Ebenso sollten gemachte Beschlagnahmungen von Vermögensteilen, soweit dies möglich ist, wieder rückgängig gemacht werden. Wobei die Rückführung und Rehabilitierung so verdienter Persönlichkeiten des Staates wie Consular Vinicius Vorrang haben sollte.“


    Sextus nahm das Testament wieder entgegen und war durchaus zufrieden mit der ganzen Situation. Er seinerseits gab das Schriftstück wieder zurück an die Iunia, um sich im Anschluss wieder zu seinem Platz zu begeben. Was er zu sagen gehabt hatte, hatte er gesagt, den Rest konnte er auch im Sitzen beitragen.

  • Und so einen hatte Sedulus freundlich bei sich aufgenommen als er bei ihm die Klinke geputzt hatte. Er könnte sich jetzt dafür in den Arsch beißen. Wäre Ursus nicht gewesen... Tja, was tat man nicht alles für Freunde. Und das war nun der Dank. Aber Sedulus hatte ein dickes Fell und er konnte sich einiges gut merken und vorallem lange.


    So winkte er nur ab uns schüttelte verächtlich den Kopf.

  • Gaius Flaminius Cilo

    http://www.kulueke.net/pics/ir…/f-roemer-soldaten/34.jpg Der Feldherr hielt diese Diskussion für ausgesprochen lächerlich. Es wurde viel geredet und am Ende war doch kein anderes Ergebnis vorhanden als das vorher festgelegte. Mehrmals runzelte der Flaminier die Stirn, als er feststellte, dass er in all den Jahren in Untergermanien diese Debatten fast vergessen hatte.


    Als dann aber niemand mehr etwas hinzuzufügen hatte, erhob er sich und sah zum Princeps Senatus: "Wenn es keine weiteren Einwände gibt, beantrage ich eine Abstimmung!"
    Und Princeps Senatus erhob sich und tat wie ihm geheißen.


  • Die Abstimmung war vorüber und jener Mann, der als Senator Appius Cornelius Palma die Curia betreten hatte, führte nun den Titel eines Imperator Caesar Augustus. Einige Reden hatte er heute schon gehalten, zunächst auf dem Forum und eben ein paar Sätze zumindest hier auch schon im Senat. Aber trotzdem wollte und musste er die Gelegenheit ergreifen, jetzt noch einmal das Wort an die Senatoren zu richten. Dass den Worten später Taten würden folgen müssen, war ihm klar. Dass mancher ohnehin lieber Taten sah als Worte hörte ebenfalls. Doch der Senat war für ihn der Ort, an dem Männer über die Taten und Pläne reden sollten, an dem sie die Geschicke Roms mit Worten lenkten, und genau diese Aufgabe wollte er nun wahrnehmen. Er hatte sich nach der Abstimmung einen Augenblick gesammelt, einige Glückwünsche seiner engsten Vertrauten entgegen nehmen können und trat nun in die Mitte des Raumes.


    "Patres conscripti! Mit dem eben erfolgten Votum habt ihr euren Willen ausgedrückt, mir Pflichten in der Führung unseres Staates aufzuerlegen und mich mit Rechten auszustatten, die mich aus eurer Menge herausheben, zu der ich bis eben gehörte. Ich betrachte es daher als meine Pflicht, nun zu euch zu sprechen um euch darzulegen, wie ich diese Pflichten zu erfüllen und diese Rechte zu nutzen gedenken. Dies tue ich umso mehr gerne und mit voller Absicht, da mir nicht entgangen ist, dass einige von euch noch zögerlich waren, was von mir zu erwarten wäre und ob sie ihr Vertrauen tatsächlich in mich setzen können.


    Und ich sage euch, diese Männer erfüllen ihre Aufgabe als Senatoren gut, wenn sie zweifeln und Bedenken äußern. Schaut euch um und schaut vor allem auf jene Plätze, die leer geblieben sind. Welche Männer fehlen dort? Da fehlen solche, die sich nicht scheuten, ihre Zweifel und Ansichten laut zu äußern, und die unter der Herrschaft des Vescularius Salinator dafür verurteilt und vertrieben, wenn nicht gar getötet wurden. Solche Lücken gilt es zu schließen, indem wir die zurück holen, die verbannt wurden und andere in die Fußstapfen derer treten, die nicht mehr in die Curia zurück kehren können. Aber es gibt auch leere Plätze von jenen, die erst kürzlich aus dem Senat vertrieben wurden oder die vom Volk in den Wirren der letzten Tage daran gehindert wurden, sich zum Senat zu begeben. Männer, die unter der Herrschaft des Vescularius Salinator in den Senat berufen wurden weil sie eben keine Zweifel hegten, weil sie ihre Stimmen eben nicht erhoben außer zur Abstimmung, um ihrem Gönner blinden Gehorsam zu bezeugen. Solche Lücken gilt es zu schließen mit besseren Männern. Mit Männern, die vielfältige Ansichten vertreten, die verschiedenes erlebt habe, die Bildung und Ausbildung erfahren haben, die wertvolle Meinungen hier in die Curia bringen können. Aber es gibt auch die Plätze derjenigen, die freiwillig geflohen sind unter der Herrschaft des Vescularius Salinator, um der Verfolgung zu entgehen. Die sich versteckt haben und ihren Mund geschlossen hielten, um nicht gesehen und nicht gehört zu werden. Solche Lücken gilt es zu schließen, indem wir ihnen Mut machen sich wieder zu zeigen, wieder zu sprechen, ihre alten Plätze wieder einzunehmen, zum Wohle Roms. Erinnert euch an die Zeiten unserer Vorfahren, als hier in Rom nicht ein einzelner Mann in Willkür und gestützt auf einige Freunde über die Geschicke unseres Reiches entschieden hat, sondern einem Mann die Rechte und Pflichten eines Imperator Caesar Augustus übertragen wurden, damit er gemeinsam mit dem Senat, den Magistraten, überhaupt den Bürgern Roms und auch im Vertrauen auf die Götter über die Geschicke unseres Reiches weise entscheide und die Entscheidungen umsetze. Erinnert euch an diese Zeiten, die glückliche waren und helft mit, dass wir sie wiedergewinnen können!


    Doch ich weiß, dass euch dies als Ankündigung, als Versprechen, als Ausblick auf eine bessere Zukunft nicht reichen wird. Ich weiß, dass man ein Haus nicht renoviert, indem man nur ankündigt, die Lücken in seinem Fundament zu schließen. Es muss tatsächlich Hand angelegt werden, es braucht viele Arbeiter und es reicht nicht, nach dem Fundament aufzuhören. Und ich werde Hand anlegen und nicht zu früh aufhören. Die Proskriptionen und Verbannungen, die unter der Herrschaft des Vescularius Salinator ausgesprochen wurden, werden aufgehoben und zurückgenommen werden, um dem Senat wieder die Ehre zurück zu geben, die ihm gebührt. Ich werde meine Rolle als Beisitzer des Senates erfüllen, wie es das Gesetz vorschreibt und nicht mit bewaffneten Leibwächtern die Sitzungen an mich reißen. Ich werde neue Senatoren ernennen, die sich vor aller Augen durch Verdienste ausgezeichnet haben und ich werde mir dabei von vielen Seiten Rat einholen. Ich werde die Wahl der Magistrate wieder dem Senat überlassen wie es geschrieben steht und nicht durch lange Listen von Kandidaten des Augustus die Wahlen zu einem tumben Schauspiel werden lassen, das nur die Herzen der Sponsoren und unbedarften Zuschauer erfreut. Und weil in einem neuen Haus auf einem renovierten Fundament die alte Hausordnung nicht mehr stimmen muss, beabsichtige ich, überhaupt alle Rechte des Imperator Caesar Augustus auf den Prüfstand stellen zu lassen und den Codex Universalis daraufhin untersuchen zu lassen, ob nicht die Übertragung der notwendigen Rechte und Pflichten auf meine Person durch eine vom Senat verabschiedete Lex Imperio geregelt werden sollte, statt in der heutigen pauschalen Form.


    Doch nicht nur meine Rechte und Pflichten gehören geprüft, besätigt oder verändert, sondern auch andere Rechte, die in der Vergangenheit vernachlässigt oder gar vorsätzlich missachtet wurden, denn sonst stürzt das renovierte Haus gleich wieder ein wie ein Gebäude, bei dem der Baumeister die Regeln der Baukunst nicht eingehalten hat. Der Notstand, der unsere Stadt noch in seinem Griff hält und der es notwendig macht, dass bewaffnete Heere vor den Mauern lagern und bewaffnete Männer in den Straßen patroillieren muss baldmöglichst beendet werden. Das Gesetz, welches das Tragen von Waffen innerhalb des Pomeriums verbietet ist ein göttliches und als solches duldet es keine Ausnahmen. Sobald es die Situation zulässt, werden die Cohortes Urbanae und Cohortes Praetoriae in ihre Lager zurückkehren und die Legionen wieder ihren Dienst in den Provinzen unseres Reiches versehen. Bewaffnete Banden, die auf Unsicherheit spekulieren um ihre Habgier zu befriedigen oder Rache zu üben, sollen keinen Platz haben innerhalb der Mauern Roms und werden nach unseren geltenden Gesetzen bestraft werden. Rom soll wieder ein sicherer Ort werden, in dem alle Bürger hinaus aufs Forum gehen können und nicht Angst haben müssen, von einem diebischen Dolch oder einem skythischen Säbel verletzt zu werden. Und ich spreche hier bewusst von allen Bürgern, auch von jenen, die sich durch ihre Taten unter der Herrschaft des Vescularius Salinator den Zorn ihrer Nachbarn und Freunde zugezogen haben, denn die Renovierung kann nur gelingen, wenn alle Arbeiter zusammen arbeiten und nicht einer den anderen argwöhnisch beäugt und niederreißt, was jener begonnen hat. Überlasst die Rache Mars Ultor, dem göttlichen Rächer, dem auf dem Forum des ersten Augustus ein Tempel geweiht ist und überlasst die Strafe den Gerichten, denen der Augustus Ulpius auf seinem Forum des Traianus eine Halle gebaut hat. Unrecht muss beseitigt werden, Schäden müssen begleichen werden, aber wer sich vor den Göttern verpflichtet, in der Zukunft zum Wohle Roms zu dienen und nicht zum Wohle eines einzelnen, der muss auch vor blutiger Strafe verschont bleiben.


    Denn die Götter Roms und nicht die Gönner und Günstlinge einzelner sollen unsere Zeugen dafür sein, dass jeder hier in dieser großen Halle und ich als derjenige, der von euch als Erster bestimmt wurde, zum Wohle Roms handeln und gemeinsam auf einem stabilen Fundament ein neues, strahlendes Haus bauen. Und als Zeichen dafür schlage ich vor, dass wir im Anschluss an diese Sitzung alle gemeinsam hinauf zum Capitol ziehen, um dort den Göttern ein Opfer darzubringen, auf dass sie die Pläne gutheißen und stützen und mir die Kraft geben, die Aufgabe zu meistern, die ihr mir eben übertragen habt."


    Schweißperlen standen auf der Stirn von Cornelius Palma und auf dem Capitol würde er sicher nicht noch einmal so viel und kräftig sprechen können, wie er es gerade getan hatte. Aber er blickte wie während der gesamten Rede mit festem Blick in die Reihen der Senatoren und wartete ab, wie sie reagieren würden oder ob sich tatsächlich gleich welche erhoben, um ihm zum Capitol zu folgen.

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