Besuch aus Ostia

  • Es wäre ja auch verwunderlich gewesen, wenn der erwartete Besuch pünktlich angekommen wäre, das musste sich Lucia immer wieder sagen. Durch Lepidus knappe, nicht besonders tiefgehende, aber doch irgendwie vielsagende Erzählung war die junge Tiberia fürchterlich neugierig auf den Besuch aus Ostia und konnte es kaum erwarten diesen Duumvir endlich kennen zu lernen. Lepidus hatte kein Alter genannt, also erwartete Lucia eher einen Mann in den ‚besten Jahren‘, mit grauen Schläfen und Fältchen um die Augen und auf der Stirn. Sie schritt ungeduldig im Atrium auf und ab und ließ den armen Mundschenk Gylippus sich immer wieder versichern, dass in der Küche alles zum Besten stand. Lepidus selbst hatte beschlossen die Zeit bis zur Ankunft seines Freundes sinnvoll zu nutzen und sich in sein Zimmer zurückgezogen, also wartete die arme Lucia ganz alleine und wurde von Minute zu Minute nervöser.


    Endlich kam die junge Putzsklavin, welche Lucia auch für sich gewonnen hatte ins Atrium gelaufen. „Er ist da!“, verkündete sie freudig. Die junge Tiberia hatte die Sklavin sich so postieren lassen, dass sie die Sänfte würde ankommen sehen. „Und?“, fragte sie also nervös und die Sklavin begann zu berichten: „Eine schöne Sänfte hat er, muss ein wichtiger Mann sein. Hat einige Sklaven dabei und …“ Da hörten sie die Tür und die Sklavin verstummte. Mit einem Wink machte Lucia klar, dass sie sich unsichtbar machen sollte, obwohl die junge Frau gerne noch mehr gehört hätte, bevor sie dem Duumvir Aug in Aug gegenüberstehen würde. Rasch ließ sich Lucia auf einem kleinen Hocker nieder, neben dem auf einem Tischchen Erdbeeren in einer Schale standen. Daneben wartete zum Glück der Mundschenk Gylippus, der eben aus der Küche wiedergekommen war mit einem Tablett mit zwei Gläsern und einem Krug verdünnten Weines als mögliche Erfrischung. Nervös überprüfte sie noch einmal den Sitz ihrer modischen Frisur und strich nicht vorhandene Falten ihres Kleides glatt.


    Stesichoros, der Ianitor, führte den Besuch ins Atrium und zog sich dann mit ehrerbietigen Verbeugungen wieder an seinen Posten zurück. Kaum dass der Iulier in Sichtweite kam, erhob sich Lucia auch schon elegant von ihrem eben erst eingenommenen Platz und schritt dem überraschend jungen Mann mit einem strahlenden Lächeln entgegen. „Willkommen, Marcus Iulius Dives! Ich freue mich Dich endlich kennen zu lernen. Mein Bruder hat schon so viel von Dir erzählt!“ Vor lauter Aufregung vergaß die junge Frau doch glatt sich vorzustellen.

  • So also gelangte Dives zunächst ins Atrium der Villa Tiberia, wo er von einer hübschen jungen Dame, augenscheinlich der angekündigten Schwester des Lepidus, empfangen wurde. Der Iulier ließ sich, ohne hinter sich zu blicken, den Strauß Blumen blind von seinem Sklaven in die Hand geben, während er mit erfreutem Lächeln die Begrüßung der Tiberia - viel mehr war von ihrem Namen, da Dives und sie sich nicht näher kannten, ja eh nicht wichtig - entgegen nahm.
    "Sei gegrüßt, Tiberia! Es ist mir eine Freude und große Ehre, dass dein Bruder und du mich heute hier empfangt. Ich habe dir als kleine Aufmerksamkeit hier auch einen hübschen Strauß africanischer Astern...", die in späterer Zeit einmal unter der Bezeichnung Gerbera bekannt sein würden, "... mitgebracht. Aber sei versicht, dass sie an deine Schönheit heute nicht heran reichen.", erklärte er, während er den bunten Strauß bestehend aus sieben Blumen und etwas grünem Farnkraut übergab. Die kleine Schmeichelei, hatte sich der Iulier überlegt, könnte sicherlich nicht schaden. Denn auch wenn Lepidus geschrieben hatte, dass er an ihrem Bündnis festhalten wollte, so könnte es sicher nicht verkehrt sein, wenn sich der Duumvir vielleicht noch den einen oder die andere Freund(in) im Hause Tiberia schuf. Angezogen fühlte sich Dives von der Patrizierin jedoch nicht, Null.
    "Und ich hoffe, dass dein Bruder bisher nur Gutes über mich zu erzählen wusste?", lächelte er und versuchte damit zumindest im Ansatz zu ergründen, was der überhaupt erzählt hatte.

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  • Dieser Iulier war komplett anders als Lucia sich ihn vorgestellt hatte – er war um einiges … attraktiver? … charmanter? … jünger? Es war wohl all das zusammen und dann kam noch der Blumenstrauß hinzu. Lag es daran, dass Lucia so lange Zeit auf dem Land in der Villa Rustica gelebt hatte und Schmeicheleien nicht wirklich gewohnt war oder lechzte jede Frau so sehr nach Komplimenten? So oder so, die junge Tiberia errötete geschmeichelt, als sie die Blumen und die netten Worte entgegen nahm. Hatte sich die ganze Mühe heute früh mit ihren Haaren, ihrer Kleidung und ihrem Gesicht also wieder gelohnt, das würde sicher auch Sekunda freuen! Lucia schnupperte an dem Strauß und schenkte ihrem Gast ein freudiges Lächeln. „Vielen Dank! Das wäre doch nicht nötig gewesen…“, sprach sie wohl eine der am häufigsten verwendeten Floskeln, wenn einem etwas geschenkt wurde, nur dass man dieses Mal zumindest nicht das Gefühl bekam als wäre das Geschenk unwillkommen… im Gegenteil. Lucia schnupperte abermals am Strauß und winkte dann eine junge Sklavin aus dem Schatten heran. „Gib den Blumen Wasser und stelle sie auf den Essenstisch!“ Das Mädchen wuselte eilfertig davon.


    Was ihr Bruder erzählt hatte? Eigentlich kaum etwas, Andeutungen bestenfalls, aber das sagte man natürlich nicht. „Nur das Beste, das kann ich dir versichern. Wie sollte er auch sonst über den Mann reden, der ihm in den schwierigsten Zeit ein guter Freund war?“, beteuerte Lucia ihrem Besuch, was ja immerhin auch nicht gelogen war. Da fiel ihr wieder eine Information ein, die vielleicht stellvertretend für mehr stehen konnte: „Er hatte großes Glück dich in der Societas Claudiana et Iuliana kennen zu lernen!“ Lucia machte eine einladende Geste zu dem Sklaven mit den Getränken und den Sitzgelegenheiten neben diesem. „Aber bitte, setz dich doch! Darf ich dir eine Erfrischung anbieten?“

  • Waren die Blumen wirklich nötig gewesen? Der Iulier wusste es nicht so genau, doch zumindest konnte man wohl sagen, dass der Strauß nicht schadete. Die Tiberia jedenfalls schien Gefallen an dem kleinen Geschenk zu finden und für ein weiterhin gutes Verhältnis zu Lepidus wäre es sicherlich nicht verkehrt auch mit dessen Schwester gut auszukommen. Dives schüttelte ganz leicht den Kopf und lächelte sein 'dafür brauchst du mir doch nicht zu danken'-Lächeln, bevor er sich kurz umsah, während die Patrizierin den Blumenstrauß an eine Sklavin weitergab. Von Lepidus war noch nichts zu sehen. Wo der wohl blieb?
    Der Duumvir dachte sich aber nichts weiter dabei und ging davon aus, dass einer der Sklaven des Hauses den Tiberius schon informieren würde. Bis dahin würde sich Dives eben einfach ein bisschen mit der Tiberia unterhalten. Auf ihre Bitte hin nickte er und setzte sich auf einen der angebotenen Plätze.


    "Vielen Dank. Gerne würde ich einen Becher Wein nehmen, aber bitte gut verdünnt, da er mir leider stets recht schnell zu Kopfe steigt.", nahm er anschließend ihr Angebot an und ignorierte die Erdbeeren dabei gekonnt. Sollten ihm diese Symbole der Sinnlichkeit und Verlockung, die zugleich Attribute von Venus, Aphrodite, Freya und Co. waren, irgendetwas sagen? Er hoffte nicht.
    "Was die Societas Claudiana et Iuliana anbelangt, dessen Interrims-Magister ich bin und wohl auch noch eine Weile bleiben werde, ...", hielt er Centho aus dem Gespräch mögst fern, "... so muss ich eindeutig sagen, dass es mein großes Glück war deinen Bruder dort kennenzulernen. Allein sein Einsatz und seine Hilfe bei der Modernisierung der alten Vereinssatzung, die nach diesem elendigen Bürgerkrieg nun hoffentlich bald durch die Neufassung ersetzt werden kann, waren wahrlich nicht gering.", lobte er und musste dabei einmal mehr daran denken, wie es unter Palma wohl in der Kanzlei aussehen würde. Sein Cousin Crassus oder der Schwager seiner Tante Paula, Pompeius Imperiosus, hätten eigentlich für eine rasche Bearbeitung sorgen sollen. Während des Krieges war dies aus offensichtlichen Gründen ja kaum möglich. Nach dem Krieg nun würde sich zeigen, wer von ihnen überhaupt noch dort tätig sein würde, um sich der Angelegenheit annehmen zu können.
    "Darüber hinaus denke ich, dass ich deinem Bruder auch vertrauen kann. Es ist gut, wenn man hier in Roma solche Leute an seiner Seite weiß.", schloss er anschließend ehrlich. Hätte er Lepidus nicht ansatzweise vertraut, so wären ihm seine Gedanken zu Ulpius Probus niemals gegenüber dem Patrizier über die Lippen gekommen. Dass dieses Gedankengut bisher, soweit Dives wusste, zwar keine direkten Folgen auf Dritte gehabt hatte, aber andererseits der Tiberier scheinbar auch nicht versucht hatte diese Informationen gegen den Duumvir zu verwenden, hatte dieses Vertrauen nur noch weiter gefestigt. Blind, das hatte seine Formulierung sicherlich klar gemacht, vertraute er Lepidus aber dennoch nicht. Denn wem könnte man schon blind vertrauen?

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  • "Wohl dem, der in Ostia solche Leute an seiner Seite weiß", betrat nun auch Lepidus die Szene und sprach noch im Gehen die Worte, die sich eng an den letzten Satz anlehnten, den er gerade noch aufgeschnappt hatte. Auch wenn er damit Ostia sicherlich nicht zu viel Bedeutung beimessen wollte, zumindest keine, die einen Vergleich zu Rom gestatten würde. Aber als nette Floskel für den Duumvir aus Ostia war die Anlehnung doch ganz nett und Lepidus war doch immerhin wirklich froh, Dives an seiner Seite zu wissen. Schlecht war es dem Tiberier jedenfalls bisher nicht bekommen.


    Lepidus lächelte und trat an die beiden heran. Seine strahlende Heiterkeit war wohl mehr als augenscheinlich. Hatte es mit dem Besuch des Iuliers zu tun oder war das immer noch die Freude, die Lepidus durchzog seit der Vescularier endgültig das Zeitliche gesegnet hatte? "Wie ich sehe, hat dich meine Schwester bereits in Empfang genommen." Es folgte ein dankbarer Blick auf Lucia und dann wieder auf Dives. "Salve mein Freund, wie schön, dass du es einrichten konntest hierherzukommen. Hattest du eine angenehme Reise aus Ostia? Du ehrst unsere Villa mit deiner Anwesenheit und ich hoffe, du wirst mit unserer Gastfreundschaft zufrieden sein." Da war der Tiberier wieder als Schmeichler par excelence unterwegs. Ob Lucia und Dives bereits Zeit gefunden hatten sich ein wenig anzufreunden? Wenn sie sich mögen wäre es sicherlich nicht schlecht, obwohl der Tiberier nicht gerade ein weitergehendes Arrangement im Auge hatte. Es konnte aber wohl nicht schaden, wenn seine Schwester ihn ein wenig in den Bann zog. Dass der Iulier so gänzlich uninteressiert war, konnte Lepidus naürlich kaum ahnen und so blieb er wohl auch deshalb noch für einige Momente in seinem Arbeitszimmer zurück, damit die beiden sich erst einmal allein unter die Augen schauen konnten. "Nehmt mir meine Verspätung nicht übel. Ich wurde leider noch von dringenden Geschäften aufgehalten. Ihr wisst ja wie undurchsichtig es derzeit zugeht. Ein alter Kaiser weg, ein neuer wohl bald auch offiziell in Würden. Da erfordert vieles meine Aufmerksamkeit." Zu diesem Zeitpunkt hatte er zumindest schon gehört, dass er noch ein Staatsopfer im Iuppiter-Tempel zu organisieren hatte. Aber darunter gehörte wohl nichts, was dem Tiberier die Laune verderben konnte.

  • Je länger ihr Austausch von Höflichkeiten dauerte, Lucia würde es eigentlich schon als gutes, kleines Gespräch bezeichnen, umso sicherer fühlte sie sich. Doch eine Grundnervosität blieb, sie saß wie ein Schmetterling in der Brust der jungen Frau und jedes Mal wenn es an ihr war etwas zu erwidern schlug das Tier mit seinen Flügelchen, ein seltsames Gefühl. Aber immerhin war dies ihr erster Besuch, der nicht mit ihr Verwandt war, und außerdem Lepidus sehr wichtig, sie wollte möglichst keine Fehler machen.


    „Ah, wie schön, dass ich da nicht die Einzige bin“, sprach sie mit einem Lächeln auf Dives Bekenntnis, dass er nichts vertrug. Der Mundschenk Gylippus war schon eilfertig dabei zuerst dem Gast, dann seiner Herrin das Getränk zu bereiten, als Lucia hinzufügte: „Gib ein paar Minzblätter in meinen.“ Ob das auch eine Bedeutung hatte? Lucia wäre sicher rot geworden, wenn sie von den Gedanken des Duumvirs zu den Erdbeeren wüsste. Sie hatte sich nichts dabei gedacht. Sie hatte nur ein paar Früchte naschen wollen, während sie auf den Besuch wartete – es gab Momentan ja eigentlich nur Beeren – und hatte dann vor Aufregung doch nichts runtergebracht. Gylippus reichte nach wenigen Momenten den Herren die Getränke und machte sich dann wieder möglichst unsichtbar.


    Interessiert lausche die junge Tiberia den Ausführungen über die Societas und Lepidus Beitrag zu dieser. Sie hätte nicht gedacht, dass ihr Bruder so engagiert war! War also dessen Überarbeitung, die sie bei ihrer Ankunft noch für Übertreibung gehalten hatte… diese Überarbeitung war also durchaus berechtigt, wie es schien. Ihr armer Bruder! Zum Glück schien sie ihm tatsächlich mit ihren Aufgaben einiges abgenommen zu haben, er wirkte seit ihrer Ankunft ausgeruhter, zumindest kam es Lucia so vor. Auch Dives sang ja ein wahres Loblied auf Lepidus! Lucia wollte eben was antworten, als auch schon ihr Bruder mit seinerseits schmeichelnden Worten hinzutrat. Unter Lepidus dankbaren Blick schien Lucia ein paar Zentmeter zu wachsen, zufrieden nahm sie einen Schluck, während ihr Bruder sich an Dives wandte.

  • Hätte der Iulier, der die Erdbeeren bislang einfach nur ignorierte und hoffte, dass er sich berechtigterweise nichts weiter dabei dachte, nun auch noch von der mit einem papilio verglichenen Nervosität der Tiberia gewusst, wäre er nun wohl selbst etwas nervös geworden. So allerdings, denn er meinte zwar ein mitunter ganz gutes Einfühlungsvermögen zu besitzen, konnte deshalb aber noch lange nicht hellsehen, lächelte Dives nur freundlich auf ihr Bekenntnis hin, ebenfalls nicht viel Wein zu vertragen. Die Minze anschließend, von welcher der Duumvir zwar die Bezeichnung als Venuskrone kannte, sie aber - denn er konnte ja nun auch nicht alles wissen - eher als Hausmittel beispielsweise gegen Verdauungstörungen verbuchte, zog entsprechend keinen weiteren Schluss aus dieser Bitte. Mancheiner trank seinen Wein ja vielleicht auch einfach nur aufgrund des Geschmacks mit dieser Minznote.
    "Lepidus, sei gegrüßt!", freute er sich anschließend und war nun doch etwas erleichtert, dass der Patrizier noch recht schnell aufgetaucht war. Er stellte den Becher, den man ihm zuvor gereicht hatte und an dem der Iulier bislang erst einmal kurz genippt hatte, neben sich ab und erhob sich, um den Freund angemessen auf Augenhöhe (naja, so fast) zu begrüßen.


    "Ich danke der Nachfrage, aber deine reizende Schwester hat mich die Mühen und Unannehmlichkeiten meiner kleinen Reise bereits ein wenig vergessen lassen.", übertrieb Dives ohne mit der Wimper zu zucken. Vielmehr war es wohl der kleine Zwischenstopp in den Thermen, der maßgeblich zu der aktuellen Entspannung des Iuliers beigetragen hatte. Aber nachdem er bereits so viel Lob für den Tiberier losgeworden war, hielt er es nur für angemessen auch dessen Schwester nicht das Gefühl zu geben, dass er sie vernachlässigen oder gar wesentlich geringer achten würde.
    "Aus diesem Grund kann ich dir deine Verspätung auch nicht im Geringsten übel nehmen und... jetzt bist du ja hier.", lächelte der Duumvir leicht. Anschließend drehte er sich um, nahm er seinen abgestellten Becher wieder auf und schlug nach erneuter Drehung zu Lepidus vor:


    "Ich denke, darauf sollten wir trinken, oder? Auf Cornelius Plama, der hoffentlich schon bald vollends in Amt und Würden ist!" Mit dem Erheben des Bechers wartete Dives selbstredend noch, da sein patrizischer Freund ja offenbar noch keinen gefülltes Trinkgefäß zum Anstoßen in den Händen hielt. Dass der Tiberier soeben den fetten Usurpator, als der der Vescularier ja nun mehr oder minder offiziell gelten musste, als alten Kaiser betitelt hatte, überging der Iulier dabei kommentarlos.
    "Und natürlich auf eure generöse Gastfreundschaft!", schob er stattdessen nach, blickte kurz zur Tiberia und nickte leicht. Er hoffte im Verborgenen nicht allzu viel falsch zu machen bei seinem ersten Besuch eines patrizischen Anwesens und dem zweiten Kontakt überhaupt mit einer Adligen, wobei die Aurelia im Theater von Ostia dereinst ja ganz genau genommen nur der Gast eines Gastes war und deshalb eigentlich kaum zählte. Dies war wohl letztlich auch der Grund dafür, dass sich Dives ein bisschen mehr als gewöhnlich um einen guten Eindruck bei dieser Dame bemühte.

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  • Lepidus ließ nur einen kurzen Blick auf das sklavische Personal fallen und schon wurde ihm ein Becher unverdünnten Weines gereicht - so wie er es mochte und wie es bereits in der Villa bekannt war. Die Komplimente zu seiner Schwester nahm der Tiberier wohlwollend zur Kenntnis? Ob der Iulier tatsächlich gefallen an ihr gefunden hatte? Naja, das wäre noch herauszufinden. In jedem Fall würde er das Verhalten ihr gegenüber sehr genau im Blick haben.


    So standen sie sich nun mit ihren Trinkbehältnissen gegenüber, der Iulier überragte den Tiberier um einige Zentimeter, aber das war ja bekanntlich nicht alles. Sie tranken als auf Palma und die generöse Gastfreundschaft. Was konnte man denn da noch ergänzen? "Und auf unsere Freundschaft, die in schlechten und guten Tagen bestand hat und die wir nun mit in eine neue Ära nehmen werden!" Das sollte patrizischer Pathos genug sein. Genüsslich konnten sie nun darauf trinken. Der Wein tat der Kehle des Tiberiers äußerst gut. Er sollte ausreichend sein, um die nötige Energie zum Sprechen zu erhalten. Fürs erste deute er seinem Gast sich wieder hinzusetzen, während Lepidus selbst sich bei den beiden nun niedersetzte. Er war schon gespannt, was Lucia noch so alles für den Besuch des Iuliers geplant hatte. Lepidus selbst hatte sich ja da vollkommen herausgehalten und konnte sich demzufolge entspannt zurücklehnen und mit er Plauderei beginnen. "Hattest du eigentlich schon Gelegenheit den Cornelier zu Gesicht zu bekommen?" Vielleicht machte er ja auf dem Weg einen Zwischenstopp in Ostia. Welchen Weg der neue Kaiser nun tatsächlich nahm, war ihm nicht wirklich bekannt. Er wollte Dives erst einmal auf den neuesten Stand bringen. Daran war er sicherlich interessiert, wie der Tiberier instinktiv annahm. In der Tat war Lepidus auch sehr daran interessiert, wie sein iulischer Freund die ganze Sache bewerten würde.


    "Ich habe jedenfalls viele neue Eindrücke gewinnen können. Davon muss ich dir erzählen: Nach dem Einzug des Corneliers in Rom sprach er auf dem Forum und machte wirklich eine hervorragende Figur. Zwar ist er äußerlich auch nur ein grauer älterer Mann. Aber verglichen mit dem Dicken wirkt er geradezu athletisch und elegant." Dass er den Vescularier vorhin als Kaiser betitelt hatte, war dem Tiberier eigentlich egal, sonst hätte ja sein Spruch auch gar nicht mehr funktioniert. Ein alter Usurpator, ein neuer bald im Amt? Nein, dann hätte er extra noch sagen müssen ein alter Usurpator weg und ein neuer 'Kaiser' da? Nein, dann hätte er wohl einen ganzen Spruch bringen müssen und es wäre nur noch halb so unverkrampft herübergekommen. "Und dann ließ er von einer Frau das Testament des Valerianus vorlesen. Das war vielleicht eine Überraschung! Das Testament, welches der Vescularier einst präsentierte erwies sich als eine Fälschung! Eigentlich hätte man es sich ja denken können. Im wahren Testament nun steht geschrieben, dass Cornelius Palma rechtmäßiger Erbe des Valerianus ist. Es scheint als, als könne er seine legalen Ansprüche auf den Kaisertitel geltend machen." Nicht, dass das noch eine große Rolle spielte, wo der Cornelier mit seiner Armee ohnehin alles haben konnte, was er nur wollte. Aber die rechtliche Legitimität wird seine Herrschaft wohl wenigstens etwas stabilisieren. "Von einem gewissen Probus war im Übrigen keine Rede", fügte er dann noch scherzhaft an. Zweifellos ein Insider zwischen ihm und Dives.

  • Eine Frau hört immer nur genau das, was sie hören wollte – das ist zumindest die weitverbreitete Meinung. Wenn eine Frau wütend auf einen ist, hört sie garantiert nur das Schlechte oder dreht einem die Worte im Mund herum. Das Ganze geht aber auch anders herum: Lucia war aufgeregt und inzwischen auch zuversichtlich. Der lobende Blick ihres Bruders hatte auch ihre Sinne in diese Richtung hin geschärft und nun hallte vor allem ein Wort von Dives in ihrem Kopf wieder: Reizend. Sie war reizend. Ach, wie schön! Dieses wunderbare Wort schaffte es doch tatsächlich zu Lucias Lächeln noch glückliche Grübchen hinzuzufügen. Sie liebte es einfach, wenn ihr Ego Streicheleinheiten bekam.


    Sie sollte sich vielleicht lieber mehr auf das eigentlich Gespräch konzentrieren, das mit dem ‚den Usurpator Kaiser nennen‘ entging ihr völlig, aber da sie auch niemand mit der Nase drauf stieß… Sie würde sicher noch lernen Prioritäten zu setzen, spätestens dann wenn sie mal bemerkte, was ihr alles entging wenn sie zu sehr in mehr oder weniger eingebildeten Komplimenten badete. Doch sie tauchte rechtzeitig wieder auf, um bei dem Bild zu bleiben, um den Trinkspruch mitzubekommen. Möglichst elegant erhob sie sich, es gehörte sich schließlich eher weniger sitzen zu bleiben, während die anderen bei einem Toast standen. Sie wusste nichts mehr wirklich hinzuzufügen und hoffte einfach mal, dass Lächeln und das Glas mit heben für eine Frau reichen würde. Sie nippte an ihrem Wein und setzte sich ebenfalls wieder hin, als Lepidus ihrem Gast anzeigte es sich doch bequem zu machen.


    Der folgenden Erzählung lauschte Lucia um einiges aufmerksamer, als dem Geplänkel zu Beginn. Hatte sie doch auch selbst versucht noch rechtzeitig zu eben dieser Rede zu kommen und das ganze Spektakel dann doch leider verpasst. Was sie stattdessen erlebte, davon hatte sie ihrem Bruder noch kein einziges Wort erzählt und hatte dies auch nicht vor! Umso interessanter und auch irgendwie frustrierend war es für sie, nun zu hören was sie da alles verpasst hatte. Sie nippte immer mal wieder an ihrem Wein und fühlte sich irgendwann sicher genug nach einer kleinen Erdbeere [kennt ihr die kleinen Wald-Erdbeeren? So winzig!] zu greifen und sie mit einem schnellen Habs verschwinden zu lassen. Lecker! Und sie passte wunderbar zu dem leicht minzigen Wein. Kurz war sie versucht zu fragen, wer Probus war und man sah ihr ihre Neugierde auch deutlich an, doch sie nippte lieber abermals an ihrem Wein, um nicht unverfroren zu erscheinen.


    Am Durchgang zum Triclinium nahm indessen unauffällig eine Sklavin mit einem Tablett Aufstellung. Das hatte Lucia so bestimmt, da sie ja keine Ahnung hatte ob die beiden Männer sofort essen wollten, oder sich lieber noch ein wenig unterhielten. Sie fand es eine gute Idee die Sklavin mit den Appetithappen im Sichtbereich Aufstellung nehmen zu lassen, so konnte sie jeder Zeit herangewunken werden, störte aber auch nicht. Auf der Platte, die die junge Frau auch sehr schön präsentierte lagen die typischen Appetitanreger: Hartgekochte Hühnereier. Doch da man hier ja nicht in irgendeinen Haushalt zu Gast war, waren dies auch keine schlichten Eier. Sie waren der Länge nach halbiert worden und das Eigelb herausgehöhlt. Ein paar der Eier waren mit kräuterversetzter Eigelbcreme gefüllt worden, andere mit Krabbencreme und um das ganze optisch noch ein wenig aufzuwerten gab es noch eine dritte Sorte, bei der die Eicreme irgendwie rötlich gefärbt worden war.

  • "Und natürlich darauf!", stimmte der Iulier dem Gastgeber zu und nahm anschließend seinen nunmehr zweiten Schluck, der nach diesen Toasts naturgemäß etwas größer ausfiel, aus seinem Becher. Auf die anschließende Frage des Tiberiers schüttelte Dives nur leicht den Kopf. Dass er vom Verwalter seiner Betriebe in Bovillae mittlerweile erfahren hatte, dass Palma auf dem Weg nach Roma direkt durch diese Stadt gekommen war und folglich die Via Appia als Reiseroute gewählt hatte, erwähnte er nicht. So wichtig war das letztlich wohl auch kaum. Umso interessierter hingegen spitzte er die Ohren beim Kommenden.
    Mit großen Augen und überraschtem Blick nahm er auf, dass auch der Cornelier ein Testament des Valerianus hatte, welches jedoch nicht Salinator, sondern natürlich ihn zum Nachfolger erklärte. Dass dieses Dokument nun öffentlich von einer Frau verlesen worden sein sollte, wo es doch schon höchst außergewöhnlich war, wenn eine Frau überhaupt in der Öffentlichkeit zum Volk sprach, ließ sogar gleich mehrere Fragen im Kopf des Iuliers keimen:


    "Von einer Frau wurde das Schreiben verlesen?! Ich will mich ja nicht zu weit vor wagen, doch so ganz im Sinne der Sitten unserer Vorfahren erscheint mir dies ja nicht. Da könnte ich ja beinahe auf die Idee kommen zu fragen, ob er Marmorbruch, Gold- und Erzmine des Valerianus, die nach dem Gesetz nicht nur kein Mitglied des Ordo Senatorius, sondern darüber hinaus auch kein Patrizier besitzen darf, stillschweigend einfach angenommen hat oder nicht.", implizierte der Duumvir sehr deutlich diese Frage, ohne sie jedoch direkt zu stellen. Immerhin hatte schon Valerianus selbst einst ein entsprechendes Decretum Imperatoris erlassen. Doch erst dies und dann auch noch diese Frau... Sehr traditionsbewusst hörte sich das in den Ohren des Iuliers für einen Patricius Maior nicht gerade an.
    "Weißt du denn, wer diese Frau überhaupt war? War sie eine Vestalin?", denn das würde wieder irgendwo Sinn ergeben, wachten doch die Vestalinnen in aller Regel über die Testamente. Da wäre diese öffentliche Ansprache vielleicht sogar noch irgendwo zu rechtfertigen, überlegte Dives kurz, denn diese Frauen hatten ja sogar jede einen eigenen Liktor. Dabei hatte der Duumvir natürlich nichts gegen Frauen allgemein oder Frauen, die unmatronenhaft aus der Reihe tanzten, speziell. Im Gegenteil war er als Praeceptor sogar einer solch besonderen Frau, Decima Seiana, der Schwester Serapios (Zufälle gabs...), unterstellt und sie hatte mehr als deutlich gemacht, dass sie auf diese Hierarchie auch durchaus Wert legte. Damit hatte der Iulier, der als Teil einer Minderheit die Meinung vertrat, dass sich Minderheiten nicht selbst das Leben schwer machen sollten, kein Problem. Aber DAS, eine öffentliche Rede (oder Lesung), hielt er dann doch für... ziemlich gewagt.


    "Und hast du mitbekommen, ob sich das Dokument sonst noch irgendwie von dem vorgeblichen Testament, das der Usurpator als solches bezeichnet hat, unterscheidet? Direkt von Probus war ja auch da nicht die Rede, soweit ich weiß...", erkundigte sich Dives - jedoch mehr aus simpler Neugier. Irgendeine tiefere Absicht verfolgte er damit nicht. Palma hatte gesiegt, hatte Roma eingenommen und hatte das Gros der Legionen hinter sich. Jeder, der jetzt noch auf die Idee käme Thronansprüche zu stellen, war wahrscheinlich schlichtweg lebensmüde und würde dem Fettwanst wohl nur allzu schnell in den Tod folgen.
    "Aber naja...", begann er dann, nach einem kurzen Blick zur Tiberia, die als gesittete Frau zu dem politischen Thema selbstredend und wohlerzogen nicht viel beisteuerte. "... Ich denke, letztlich ist es wichtig, dass nach diesem schrecklichen Bruderkrieg im Reich wieder Ruhe einkehrt, damit die Grenzen sicher sind, der Handel blüht und die schönen Verwandten meiner Freunde nicht länger im freiwilligen Exil ausharren müssen.", lächelte er der Patrizierin kurz zu, bevor er wieder zu Lepidus blickte. Irgendwelche Sklaven im Hintergrund bemerkte Dives natürlich nicht und darüber hinaus würde er als Gast wohl auch kaum bestimmen, wann es an der Zeit wäre ins Triclinium (oder wohin auch immer man ihn entführen würde) zu gehen.

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  • "Nein, den Sitten mag es wahrlich nicht entsprochen haben. Verwundert waren wohl alle Anwesenden über diese Testaments-Verlesung dieser Frau. Einige waren so außer sich, dass sie letztlich sogar mit faulem Gemüse nach ihr warfen." Dass ein gewisser Verwandter von Lepdius daran maßgeblichen Anteil hatte, verschwieg er ganz bewusst. "Doch das hatte weniger etwas mit einer Anprangerung der Sitten, als mit der Person selbst zu tun wie mir scheint. Denn eine Vestalin war es nicht. Sie stellte sich sogar recht genau vor: Ihr Name war Iunia Axilla und sie war die Frau eines gewissen..." da musste der Tiberier wieder einmal grübeln. Sein Namensgedächtnis war wirklich manchmal furchtbar. Lucia selbst konnte das ja schon einmal feststellen, als es sogar um ihre Verwandten ging. Aber nach kurzer Zeit des Nachdenkens kam es ihm dann noch, obwohl er das Praenomen verschluckte "...Pompeius Imperiosus, der ein Klient des Vesculariers war. Da kannst du dir ja sicherlich vorstellen, dass die Menge etwas verwundert war, die Frau eines treuen Günstlings des Dicken da vorne Sprechen zu sehen. Sie gab an, das echte Testament gerettet zu haben, welches eigentlich auf Befehl Salinators von ihrem Mann vernichtet werden sollte." Alles eine sehr heikle Geschicht, wie Lepidus schon während der Rede feststellte. Es drängten sich einfach sehr viele Fragen auf. "Trotz des Umstandes, dass es sich wohl um eine ehemalige Anhängern des Vescualariers und eine Frau handelt, will ich die Entscheidung des Corneliers nicht hinterfragen. Soll er doch sprechen lassen, wen er will, solange er nur endlich ein bisschen Frieden und Ruhe ins Reich bringt." Diese unkritische Haltung konnte man natürlich beanstanden, aber Lepidus hatte wirklich besseres zu tun, als jetzt auch noch den nächsten Herrscher in Rom zu bekämpfen, vor allem, weil es jetzt auch keine Alternative mehr gab.


    "Inwieweit sich das Testament im Übrigen in jeglichem Detail vom alten Testament unterscheidet kann nicht genau sagen. Das frühere Testament habe ich ja nie gesehen oder genau vernommen, da kenne ich ja nur die wenigen Infos, die ich einst von dir bekommen habe. Ich glaube, der einzige Unterschied besteht darin, dass anstatt der Name des Vesculariers der Name des Corneliers im Original-Testament steht. Priorität hatten der Sohn des Valerian und anschließend der nächste agnatische Verwandte der Gens Ulpia. Im Falle des Erlöschens... du weißt ja. Doch ich hörte keinerlei Zweifler bezüglich des Erlöschens der Gens Ulpia, die damit dann wohl doch ein Fakt ist." An sich war es nach wie vor ein sehr kurzes Testament. Bei einem Kaiser dachte Lepidus immer, dass es deutlich länger sein müsste. Es gab doch sicherlich so viel, was für die Nachfolge geregelt werden musste. Hier beschränkte es sich aber auf eine einfache Erbfolge-Regelung.


    Schönen Verwandten? Dives ließ wohl kaum ein Kompliment aus und dann auch noch dieses Lächeln ihr gegenüber. Das brachte den Tiberier natürlich gleich selbst zum Lächeln. "Ohja, endlich wieder Ruhe und Frieden in Rom, nicht wahr Lucia?", sprach er und erzählte Dives gleich selbst über ihre 'Leiden'. "Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie langweilig ihr auf unserem Landsitz gewesen ist. Was hab ich mir nicht alles anhören müssen", scherzte der Tiberier, als er an ihr erstes Wiedersehen dachte. "Aber besser gelangweilt in einer schönen Villa auf dem Land als tot in Rom, wie ich gern zu sagen pflege." Naja, oder eher zum ersten Mal zu sagen pflege.

  • Im ersten Moment fand Lucia es überhaupt nicht ungewöhnlich, dass eine Frau das Testament vorgelesen hatte, sie hatte es einfach so hingenommen. Ihre einzigen Bedenken waren, ob eine Frau denn laut genug sprechen konnte, dass sie auch wirklich alle hörten. Doch als sie jetzt durch die Kommentare der Männer genauer darüber nachdachte… das war echt seltsam, aber es gefiel Lucia auch irgendwie. Sie schmunzelte zufrieden, verbiss sich aber jeden Kommentar. Und wer war dieser Probus? Die Männer schienen ja einen Narren an dem gefressen zu haben. Fast hätte Lucia ihrer Neugierde nachgegeben, da wechselte das Gespräch schon wieder in andere Gefilde und sie bekam schon wieder ein nettes Kompliment von dem Duumvir aus Ostia. Sie erwiderte das Lächeln geschmeichelt und stellte ihre Neugierigen Fragen wieder hinten an. Sie schien ja einen guten Eindruck zu machen, das wollte sie jetzt nicht verderben!


    Oh, wie gemein Lepidus doch sein konnte, ganz der große Bruder… Musste er ihre Langeweile denn jetzt vor ihrem Gast so breittreten? Jetzt stand sie ja so da, als ob sie sich nur beschwert hätte. Dafür bekam Lepidus von seiner kleinen Schwester einen so tödlichen Blick zugesandt, es war ein Wunder dass er nicht auf der Stelle umfiel. Manche alten Gewohnheiten brauchten wohl nur den richtigen Trigger um wieder an die Oberfläche zu kommen. Als Lucia das selbst auffiel machte sie eine wegwerfende Handbewegung und zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen. „Das du immer so übertreiben musst!“ , begann sie. „Es gab dort aber auch überhaupt nichts zu tun. Eine wahre Verschwendung, wenn du mich fragst!“ , jetzt wandte sie sich an Dives. „Ich in der Villa Rustica mit Langeweile, während mein Bruder hier ein wenig Unterstützung gut hätte gebrauchen können!“ Sie sprach die Worte mit einem abmildernden, leicht gezwungenen Lächeln, man merkte deutlich dass sich da was angestaut zu haben schien. Sie atmete tief durch und fing sich damit auch wieder einigermaßen. „Aber jetzt weiß ich ja, dass er zumindest einen guten Freund hier hatte, das beruhigt mich sogar noch im Nachhinein. Und es freut mich, dass du heute zu uns zum Essen gekommen bist!“ Lucias Lächeln wurde wieder ehrlicher und sie winkte die Sklavin mit dem Tablett heran, ein wenig Ablenkung war sicherlich gut. „Darf ich dir denn schon einen Appetithappen anbieten?“

  • Bei der Erwähnung der faulen Wurfgeschosse als Reaktion auf den Auftritt dieser bisher noch nicht näher definierten Frau konnte Dives nicht anders, als ein wenig belustigt zu grinsen. Dabei wünschte er natürlich keiner Frau (und keinem Mann) mit Vegetabilien beworfen zu werden, doch erwartete er auf der anderen Seite eben irgendwo auch nicht, dass sich eine Frau öffentlich so präsentierte. Das Lächeln des Iuliers erstarb erst, als der Name der Dame seine Ohren erreichte. Iunia Axilla, Frau des Gaius Pompeius Imperiosus, der seinerseits der Schwager von Dives' Tante Iulia Paula war... und ein direkter Klient des fetten Salinator, genau. Der Duumvir nickte etwas betreten, während er den Blickkontakt von Lepidus löste und für einen Moment zu Boden schaute.
    Ob er nun ausführen sollte, dass die Iulier mit den Pompeiern - und vorwiegend natürlich mit Imperiosus - ein enges Verhältnis zu haben pflegten, zumindest bis zum Aufkommen gewisser Differenzen zwischen dem Eques und Dives' Onkel Proximus? Der Duumvir kannte ja sogar nicht nur den Pompeier, sondern auch dessen Frau, die in Ostia zu einer Cena in der Villa Iuliana gewesen war, persönlich. Andererseits aber hatte er nach einem ganzen Abend mit Gesprächen über zahllose Dinge kaum einen gemeinsamen Nenner mit der damals Schwangeren gefunden und hatte sich im Gegenteil bei den meisten Themen nur mit ihr gestritten. Leiden konnte er die Dame also nicht, sodass der Iulier zu dem Schluss kam, dass es vielleicht auch garnicht nötig wäre jetzt hier einmal mehr die großen Verstrickungen seiner Verwandtschaft mit den Freunden und Verbündeten Salinators auszupacken.


    Pünklich zum Themenwechsel blickte Dives wieder auf und setzte ein freundliches Lächeln auf. 'Besser gelangweilt in einer schönen Villa auf dem Land als tot in Rom.', war ein sehr interessanter Satz und für einen kleinen Moment ging dem Duumvir durch den Kopf, dass man abgesehen von der Langeweile diese Aussage vielleicht auch so mehr oder weniger auf ihn beziehen könnte. Denn auch die Villa Iuliana war ja nicht in, sondern nur bei Ostia ländlich gelegen und wer wüsste, ob der Iulier heute nicht noch immer in den Castra säße, wenn er dereinst in Roma geblieben und stärker von dem Fettsack profitiert hätte.
    "Oh, für einen kleinen Appetithappen bin ich immer zu haben.", schmunzelte Dives anschließend und war angenehm überrascht, mit welcher Leichtigkeit die Tiberia, deren Cognomen Lucia er durch ihren Bruder nun auch ganz zufällig mitbekam, von ihrem Exil auf dem Lande zum heutigen Essen in der Villa Tiberia überleitete. Erst im Anschluss ging ihm auf, dass die Patrizierin natürlich eine ausgezeichnete Erziehung gehabt haben würde und dementsprechend sicher mit solchen Situationen wohl auch umzugehen wüsste. Von der Möglichkeit einer eventuell auch leicht anzüglichen Interpretation seiner Worte, merkte Dives, dem schließlich gerade völlig andere Dinge durch den Kopf gingen, nichts.


    "Darf ich denn fragen, wo sich euer Landsitz befindet, in dem du so lange ausharren musstest? Ich hoffe doch, dass du neben der Langeweile, die wohl mehr oder weniger aufkommen MUSS, wenn man sich dazu gezwungen sieht, sich aufs Land zurückzuziehen, wenigstens mit dem Klima keine allzu großen Probleme hattest.", erkundigte sich der Iulier bei der Tiberia und blickte vergleichsweise ernst. Neulich hatte er eine beispielsweise eine Sergia kennengelernt, die ihr bisheriges Leben in Alexandria in vermutetermaßen größer Hitze zubringen musste, während auf der anderen Seite natürlich auch das kalte Germanien nicht der beste Ort für eine Römerin wäre. So zumindest sah Dives die Sache recht klar.

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    Klient - Marcus Vinicius Hungaricus

  • Die ungewollte Zweideutigkeit von Dives Worten entging Lucia vollkommen. Sie war ja die meiste Zeit ihres jugendlichen Lebens von allen verderblichen Einflüssen abgeschirmt gewesen, davor war - von ihr größtenteils unbemerkt - gesorgt worden. Das freiwillige Exil hatte dem ohnehin nur noch die Krone aufgesetzt. Wo hätte sie da diese anzügliche Form der Zweideutigkeit denn lernen sollen? So hörte sie nur die angenehme Bestätigung, dass sie richtig übergeleitet hatte und kommentierte die von der Sklavin nun Dives angebotenen Eierhälften: „Ich kann dir die Eier mit der Kräuter-Creme nur empfehlen, das sind meine liebsten.“ Sie wartete, bis sich Dives bedient hatte, und auch Lepidus war vorher dran, aber dann nahm sich Lucia mit spitzen Fingern und vorfreudigem Lächen eins eben dieser Eier.


    Bei der Frage nach ihrer Zeit auf dem Landsitz war Lucia versucht einen prüfenden Blick in Richtung Lepidus zu werfen, vielleicht wollte ja er darauf antworten… Doch dann machte sie sich selbst klar, dass Dives eindeutig mit ihr gesprochen hatte und es somit auch an ihr war, etwas zu erwidern: „Ach nein, mit dem Klima hatte ich zum Glück keinerlei Probleme, so weit weg war ich den Göttern sei Dank nicht.“ Wenn sie sich auch nur vorstellte, dass sie die Zeit im kalten Germanien hätte verbringen müssen, schauderte es Lucia ja schon! „Ich war in unserer Villa Rustica in Misenum. Eigentlich ein wunderschöner Ort, im Pars Urbana vermisst du wirklich keine Annehmlichkeit, die du aus Rom gewohnt bist und für ein paar Wochen ist die Ruhe dort und der ländliche Charme des Pars Rustica auch sehr angenehm, aber irgendwann…“ Lucia zuckte mit den Schultern, das hatten sie ja schon gehabt. „Man lernt geduldig zu sein und sich nützliche Aufgaben zu suchen. Was soll man auch sonst machen? Irgendwann hat man alle Schriftrollen gelesen, alle möglichen Brettspiele gemeistert… Lach jetzt bitte nicht, aber ich habe sogar ein wenig gelernt die Lyra zu spielen, weil ich etwas Sinnvolles tun wollte.“ Lucia tat wirklich ihr Bestes die Zeit dort möglichst positiv darzustellen und nicht zu sehr auszuschweifen, was man dort alles nicht machen konnte. Aber sie sollte nicht so viel über sich reden, ihr Besucher sollte sich interessant fühlen! Ihr fiel nur leider so direkt keine gute Überleitung ein, alles woran sie denken konnte hinkte, so dass sie lieber auf ihren Bruder oder Dives selbst hoffte.

  • Vorerst waren sie mit der guten Politik schon durch, wie Lepidus erst einmal konstatierte. Es wäre ja auch Verschwendung den ganzen Tag damit zu verbringen und Lucia als stille Beisitzerin dazulassen. Dennoch hoffte der Tiberier vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt etwas ernstere Themen einzuschlagen, als über Kräuter-Creme und Villenleben. Achja, beim Gedanken an Kräuer-Creme musste Lepidus natürlich gleich selbst von den Eiern probieren. Lepidus aß weitgehend weniger genüsslich, seinen Gaumen konnten ohnehin nur wenige Dinge wirklich zufriedenstellen. Für das meiste befand er jedoch: Immerhin akzeptabel.


    Ruhig hörte er sich das Gerede seiner Schwester an, die etwas von ihrem Landleben preisgab. Vieles davon wusste er immerhin selbst noch nicht. Wahrscheinlich vor allem deshalb, weil er nie so richtig zuhörte. Er spitzte die Ohren, als er von den Lyra-Künsten seiner Schwester hörte: "Wie bitte, du hast gelernt auf der Lyra zu spielen?" Irgendwie amüsierte den Tiberier das. Vielleicht weil er seiner Schwester so etwas überhaupt nicht zugetraut hätte. "Dann hast du wohl wirklich viel zu lang auf dem Landsitz verbracht. Ein Glück für dich, dass der Bürgerkrieg vorbeigegangen ist."Lepidus konnte sich nicht erinnern, dass in seiner Verwandtschaft überhaupt jemand musische Fähigkeiten entwickelt hatte. Bei den Männern wohl ohnehin nicht, denn das schickte sich seiner Ansicht nach nicht. Da war er noch ganz Traditionalist und wollte der Musik besser den Berufsmusikern überlassen. Aber wenn seine Schwester das machte, dann war es sicherlich nicht verkehrt. "Ich muss doch wohl jetzt hoffentlich nicht damit rechnen, dass die ganze Villa von deinem - nunja... sicherlich hervorragenden - Spiel beschallt wird, oder?", fragte er scherzhaft und stichelte damit wieder ein wenig gegenüber seiner Schwester.

  • Nachdem die Tiberia ihm die Sorte Eier mit der kräuterversetzten Eigelbcreme empfohlen hatte, konnte der Duumvir natürlich nicht anders als sich genau davon eins zu nehmen und gleich nach dem ersten Bissen beeindruckt zu nicken und mit seiner Mimik stumm kundzutun, dass es ihm äußerst mundete. Ob es einen großen Unterschied gab zu den Eiern, die der Iulier sonst verspeiste? Das wusste der für den Moment selbst nicht so genau zu sagen, war er doch durchaus überzeugt davon, dass auch in patrizischen Haushalten letztlich 'nur mit Wasser gekocht' wurde, wie man so schön sagte.
    Doch wie dem auch war, aß Dives genüsslich den Appetithappen und hörte dabei interessiert zu, was die Tiberia ihm auf seine Nachfrage hin antwortete. Bei der Erwähnung Misenums war der Duumvir natürlich sofort und vollkommen intuitiv dabei, seinen Onkel Proximus zur Sprache zu bringen, der sich hatte ganze dreimal zum Duumvir der Hafenstadt wählen lassen. Allerdings stoppte er sich in seinem Erzähldrang zunächst selbst, da er gerade den Mund voll hatte und folglich nicht sprechen konnte, bevor hernach Lepidus das Thema weiter auf die Musik lenkte. Als der Iulier letztlich seinen Verwandten hätte erwähnen können, war es dafür wohl schon zu spät. Jedoch kamen ihm im Nachhinein sowieso Zweifel, ob die Nennung des Namens unbedingt von Vorteil gewesen wäre. Immerhin galt für das Reden ähnlich wie für das Essen doch bei einer solchen Cena eher, dass man die schwere Kost nicht schon gleich zu Beginn darreichte. So sprang also letztlich auch Dives auf das deutlich leichtere musikalische Thema an:


    "Beeindruckend. Nein, wirklich, ich finde, dass es einer Frau von Welt in jedem Falle gut steht die Lyra oder auch die Kithara spielen zu können. Ich bin sowieso in vielen Dingen ein Freund der griechischen Einflüsse auf die römische Kultur und Apollo genießt einen sehr hohen Stellenwert bei mir.", erklärte er und nickte dabei leicht. Natürlich aber hatten beide zuletzt genannten Aspekte kaum vordergründig etwas mit der Musik, dem Gesang oder irgendeinem Schauspiel zu tun, sondern waren schlicht und einfach auf Schönheit, Ästhetik und Männerliebe zurückzuführen. Trotzdem log der Iulier natürlich nicht, was das Lyra-Spiel anbelangte, und stellte dies auch sogleich unter Beweis:
    "Vielleicht möchtest du deinem offenbar von deinen Fähigkeiten etwas überraschten Bruder und mir ja später eine Kleinigkeit vorspielen?", fragte der Duumvir anschließend und schwenkte mit seinem Blick von Schwester zu Bruder, um zu sehen, ob der offenbare Traditionalist in diesen Dingen etwas dagegen einzuwenden hätte.


    "Wo wir gerade bei Freizeitbeschäftigungen sind, wie sieht es eigentlich bei dir aus, Lepidus? Hast du nach unserem einstigen Gespräch in der Casa Iulia mittlerweile die richtige Factio für dich gefunden oder bist du noch immer auf der Suche?", grinste der Iulier durchaus amüsiert, um etwas ernster nachzusetzen:
    "Dass euer Verwandter Tiberius Durus eine Mitgliedschaft in der Veneta ganz sicher sehr gerne gesehen hätte, habe ich dir bestimmt schon einmal gesagt, oder?", schob er als angedeutetes Autoritätsargument hinterher. Immerhin hatte Durus sogar seinen eigenen Sohn in die Veneta geholt, wenn der ehrenamtliche Veneta-Sekretär Iulius Dives das richtig in den Mitgliedsakten gelesen hatte...

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  • Na, wunderbar! Lepidus verhielt sich in Lucias Augen grad wieder wie ein Sechszehnjähriger… im besten Fall. Und sie durfte sich wieder zusammenreißen und so tun, als ob sie das nur peripher tangierte, dabei wollte sie ihrem Bruder grade am liebsten eine Grimasse schneiden! Stattdessen musste sie sich auf einen weiteren bitterbösen Blick in dessen Richtung beschränken. Im nächsten Moment wurde sie jedoch schon wieder von Dives Worten versöhnt, eine Frau von Welt, ja, das würde Lucia eindeutig gefallen! Und das Ganze auf ein Interesse an der griechischen Kultur zu schieben, fand sie eine wunderbare Idee, das würde sie sich merken! Dankbar und geschmeichelt zugleich, lächelte die junge Tiberia den Duumvir an und verkniff sich einen ‚Na, Siehste!‘-Blick zu ihrem Bruder.


    Von der nun folgenden Bitte über eine Demonstration war Lucia leicht überrascht, war sich aber schon im nächsten Moment darüber im Klaren, dass sie sich das hätte denken können. Sie überlegte kurz, ob ihr ein angemessenes Stück, das sie ausreichend beherrschte einfiel und da ihr gleich mehrere in den Sinn kamen nickte sie. Dem Seitenblick zu ihrem Bruder folgend, sprach sie jedoch: „Es wäre mir ein Vergnügen, sofern nichts dagegen spricht…“ Sie wollte jetzt nicht so direkt sagen, sofern ihr Bruder nichts dagegen hatte, das klang so… komisch. Er war immerhin ihr Bruder und nicht ihr Vater, auch wenn er hier der Mann im Haus war… Es war einfach noch nicht wirklich lange her, dass die beiden noch urplötzlich im kindlichen Klinsch gelegen hatten oder sich ebenso rasch wieder versöhnten. Lediglich die Zeit der Trennung ließ die Zeit seitdem wieder um einiges länger wirken.

  • Dass Dives ein Schöngeist war, ist dem Tiberier nie verborgen geblieben. Kein Wunder, dass er also gleich Feuer und Flamme war für das neu entdeckte Hobby seiner Schwester. Innerlich konnte Lepidus über diese musischen Vorlieben nur lachen: Wahrscheinlich schrieb der Iulier auch heimlich Gedichte. "Das wäre wirklich einfach hervorragend!", sprach er auf den netten Vorschlag von Dives, dass Lucia doch etwas vorspielen könne. Er setzte dabei ein breit übertriebenes Lächeln auf und seine überzogene Wortwahl ließ einen gewissen Sarkasmus vermuten, aber er bemühte sich immerhin noch den Ton einigermaßen abzumildern. Lustig fand er das ganze ja irgendwie trotzdem, erst recht, als er meinte, dass er seine Schwester mit seinen Worten wieder ein wenig angestachelt zu haben. In der Tat, die Tatsache, dass sie sich getrennt hatten, als sie beide noch halbe Kinder waren, sorgte sicher dafür, dass sie im Grunde gar kein erwachsenes Verhältnis zueinander entwickeln konnten. Stattdessen fiel - zumindest Lepidus - einfach nahtlos in diese alte Zeit zurück. Er sah halt immer noch "nur" die kleine Schwester und keine erwachsene Frau vor sich. Auch das musste sich wohl erst einmal mit der Zeit einbürgern.


    Nach diesem kleinen Kommentar schwenkte Dives auch gleich auf das nächste Thema über. Ohweh, in Sachen Factio hatte sich seit ihrem letzten Gespräch rein gar nichts getan. Irgendwie hatte er daran überhaupt nicht mehr gedacht, obwohl es da ja immerhin mal einen kleinen Plausch mit Lucia und dieser Diademata gab. Mehr aber auch nicht. "Ja, ich muss dir unguterweise gestehen, dass ich da noch nicht viel weiter bin, auch wenn meine Mitgliedschaft in der Veneta natürlich naheliegend ist." Das hat er wahrscheinlich auch schon einmal so ähnlich von sich gegeben. "Interessanterweise hatte ein anderer Verwandter von mir namens Tiberius Dolabella eine nicht unwichtige Funktion in der Purpurea", versuchte er dann gleich das Thema ein bisschen zu streuen. Nicht, dass ihn der Iulier hier festnageln wollte. "Offensichtlich war man in meiner Verwandtschaft nie so ganz einheitlich mit der Zugehörigkeit." Er hatte dafür zwar nur ein schwaches Indiz, aber immerhin ein Indiz. "Sagt, habt ihr beide schon zufällig irgendetwas davon gehört, ob der neue Kaiser Spiele plant? Anzunehmen wäre es ja durchaus. In dem Fall müsste ich meinen Entscheidungsprozess vielleicht beschleunigen, um vielleicht selbst noch an den Vorbereitungen innerhalb einer Factio mitzuwirken, was ich mir zweifellos sehr interessant vorstelle."

  • Mit einem freundlichen Lächeln nahm Dives zur Kenntnis, dass sowohl die Tiberia, als auch der Tiberius mit einer kleinen musikalischen Einlage einverstanden waren. Und ja, insgeheim schreib der Iulier auch dann und wann das eine oder andere kleine Gedicht, wobei er sich selbst insbesondere im Vergleich mit den Autoren, mit deren Werken ihn der Bibliothecarius Caelius Caldus (noch so ein dem Griechischen in mancherlei Hinsicht völlig verfallenen Kerl) so versorgte, als absoluter Amateur betrachtete. Nur wenige hatten und würden je auch nur eins dieser Laienwerke zu Gesicht bekommen, wie auch nur wenige - praktisch fast niemand - erfahren durften, wie sehr der Duumvir Feuer und Flamme war, wenn es um das Thema Nageln ging! Ob dabei nun festgenagelt wurde oder eben auch nicht ganz so fest, das hing ja auch durchaus von den jeweiligen Vorlieben ab, war da eher zweitrangig, solange es nur nicht um irgendwelche Frauen oder irgendwelche Nägel im handwerklichen Sinne ging. So also probierte Dives durchaus ein bisschen seinen guten Freund Lepidus an dieser Stelle etwas festzunageln:


    "Tiberius Dolabella? Ich habe einen angeheirateten Großonkel dieses Namens, ich glaube Spurius Tiberius Dolabella heißt er vollständig. Bist du, seid ihr denn näher mit ihm verwandt oder nur entfernt?", deutete der Iulier wohl recht deutlich an, wo er hin wollte. Sein eigener Großvater war schließlich auch bei der Aurata gewesen, wie im Übrigen auch Serapio, den er bei dieser Erinnerung glatt wieder vermisste. Dennoch hatte sich Dives für eine Mitgliedschaft bei der Veneta entschieden, da mit seinem Vater Caius, seiner Tante Helena und seinem ihm nahestehenden, senatorischen Cousin Lucius die nähere Verwandtschaft eben bei der Veneta war. Darüber hinaus war sein iulischer Großvater tot, während immerhin Helena und Centho noch lebten. Da war seine Wahl praktisch alternativlos dereinst auf die Veneta gefallen!
    "Von irgendwelchen Spielen ist bisher noch keinerlei Information zur Veneta und dementsprechend wohl auch nicht zu den anderen Factiones vorgedrungen. Als ehrenamtlicher Sekretär der Veneta, wennauch noch einige Zeit lang von Ostia aus, bevor ich nach den kommenden Wahlen wieder nach Roma ziehen werde, wäre mir da sicherlich etwas bekannt, wenn es etwas gäbe. Dennoch habe ich erst vor einer Weile mit dem Vicarius Magistris et Senator Germanicus Sedulus gesprochen, der davon überzeugt scheint, dass wir uns auf jeden Fall vorbereiten sollten auf den Tag, an dem genau eine solche Information uns erreicht. Ich persönlich bin ja gespannt, ob ich nach diesem Bürgerkrieg noch die Chance haben werde den ersten Mann unserer Factio Aelius Quarto kennenzulernen oder ob der Krieg wohlmöglich die Neuwahl einer Führung notwendig macht.", erklärte der Iulier, der sich für letzteren Fall durchaus einige Chancen auf die Vikarenstelle hinter Sedulus ausrechnete. Nicht zuletzt erzählte er dies hier aber auch deshalb, da der Patrizier doch dereinst auf die Geschichte mit Probus recht interessiert reagiert hatte und Quarto immerhin der leibliche Bruder des Valerianus war (oder gewesen war). Neugier geweckt?


    "Und was ist mit dir, Tiberia? Interessierst du dich für den Wagenrennsport? Oder gehörst du eher zu den Liebhabern eines spannenden Gladiatorenkampfes?", erkundigte sich Dives dann in die andere Richtung möglichst neutral und offen. Es gab schließlich Frauen (und Männer), die die gestählten Gladiatorenkörper in der Arena einem eher athletisch schlanken Auriga vorzogen (und mitunter weniger am jeweiligen Sport interessiert waren).

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  • Tiberius Dolabella, Lucia runzelte die Stirn. Sie hatte vor längerem Mal den Stammbaum der Familie gelernt, als Frau sollte man ja auch besser wissen, wer zu wem gehört. Sie erinnerte sich an zwei Dolabellas, mindestens… Aber die zwei, die sie sicher wusste waren Brüder, womit das für ihren Verwandtschaftsgrad ja keinen Unterschied machte. Sie waren die Vettern ihres Großvaters… nein des Urgroßvaters! Also waren sie ihre Vettern ersten, zweite… Moment, wenn einer der Urgroßeltern der letzte gemeinsame Verwandte war, war es zweiten Grades, dann musste Dolabella… weiha! „Wenn ich mich richtig entsinne“, hob Lucia vorsichtig an. „Dann müsste Tiberius Dolabella ein Cousin 4. Grades von uns sein. Der Vetter unseres Urgroßvaters.“ Sie blickte stolz über ihr Gedächtnis von Dives zu Lepidus… und bekam urplötzlich das Gefühl, dass diese Frage eigentlich keine so genaue Antwort gebraucht hätte. Sie hatte sich so in das Rätsel der Verwandtschaft vertieft, dass ihr wohl ein wichtiger Teil der Unterhaltung entgangen war und das war ihr jetzt mehr als peinlich. Rasch griff Lucia nach ihrem Weinbecher und tat so als würde sie trinken, um ihr immer röter werdendes Gesicht dahinter zu verstecken. Sie sollte wirklich besser zuhören! Zuhören und lernen und nicht mit irgendwelchem unnützen Wissen angeben wollen! Herrje, wie schrecklich peinlich!


    Als sie dann wieder von Dives auf ein anderes Thema, diesmal die öffentlichen Spiele, angesprochen wurde, überlegte Lucia dreimal wie sie am besten antwortete. Da sie ihren Gast aber auch nicht einfach so mit Stille mehr oder weniger strafen wollte, begann sie vorsichtig: „Ich habe leider schon sehr lange weder das eine noch das andere sehen können.“ Sie lächelte verlegen. „Aber auch wenn ich Gladiatorenkämpfe durchaus… spannend finde, so hab ich die Rennen doch in besserer Erinnerung. Bei Gladiatorenkämpfen kann alles so plötzlich vorbei sein, oft bekommt man nicht mal den entscheidenden Schlag mit, zumindest ging es mir so. Eben sieht alles noch ausgeglichen aus und plötzlich liegt einer der Kontrahenten im Staub und du weißt nicht wieso…“ Das klang ja jetzt fast so als wäre sie zu langsam für diesen Sport, das wollte sie nun auch nicht sagen… Irgendwie schien ihr grad jeder Witz und geistiger Esprit abhandengekommen zu sein. „Ach, ich rede dummes Zeug. Entschuldige. Alles was ich sagen wollte, ist dass mir die Rennen besser gefallen, ich aber leider schon lange keines mehr gesehen habe.“ Na wenigstens ein wenig gerettet, oder? Am liebsten hätte sich Lucia schon wieder hinter ihrem Wein versteckt, aber sie wollte ja auch nicht als Säuferin gelten und so lächelte sie tapfer und fasste sich in einer selbstkritischen Geste an die Stirn.

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