Wie lebte der Durchschnittsrömer?

  • Salve,


    ich lese gerade von Robert Knapp : Römer im Schatten der Geschichte Untertitel: Gladiatoren, Prostituierte, Soldaten: Männer und Frauen im Römischen Reich.
    Es geht dabei um die 60 Mio. Römer die nicht der hohen Gesellschaft angehört haben. Aus den Nachforschungen ergab sich z.B. das es im IR keine Vollbeschäftigung gegeben hat. Die Leute waren froh wenn sie halbwegs über die Runden kamen. Auch aus Liebe oder höheren Gefühlen wurde nicht geheiratet, sondern aus Kalkulation. Wenn sich die Partner halbwegs mochten war es schon gut. Auch mit dem Sex wurde anders umgegangen. Die Frau war minderwertig fast ein Ding (bitte alle Spielerinnen die das lesen nicht schlagen ich kann nichts dafür) und es waren wahnsinnige Ansichten in Mode. Auch über den normalen Soldaten wurde geschrieben, dass es eben nicht so war wie in unserem IR, sondern der Soldat einfach die bessere Versorung in jeglicher Art annahm und sich lieber Töten ließ als auf dem heimischen Ackerboden nur spärliche Ernten einzufahren.


    Ich will jetzt niemanden Schocken, vor allem da ich wirklich kaum eine Ahnung habe von der damailigen Zeit, aber wenn das Zeug das Knapp schreibt stimmen sollte dann gute Nacht Marie. weiss vielleicht der eine oder andere darüber besser Bescheid.?


    Aus meiner Sicht spielen wir hier im IR dann eigentlich die höhere Gesellschaft die Macht besaß und nicht die armen Schweine die NoNames von denen man fast gar nichts weiss.


    Könnt ihr mir dazu bitte weiterhelfen. Das wäre aus meiner Sicht schon sehr interessant wie es wirklich war.


    LG


    Agrippa

  • Da hat der gute Mann schon recht. Gut, einige Sachen sind vielleicht etwas überspitzt dargestellt, ich kenn das Buch jetzt nicht und weiß auch nciht genau, welche Zeitspanne das jetzt genau behandelt, aber ja: Es sind verdammt viele Leute im Imperium schlicht und ergreifend verhungert. Den meisten Sklaven ging es besser als einem Gros der armen Bevölkerung (da ein Sklave IMMER Nahrung und einen Schlafplatz hatte, was ein freier Mensch nicht immer hatte). Etwa 1-2% der römischen Gesellschaft war wohlhabend, der Rest war arm. Und zwar nicht wie heute mit zig Hilfsstellen (wobei es so etwas ähnliches auch in Rom gab), sondern wirklich so arm, dass man nciht wusste, ob man den nächsten Tag noch lebt. Es gab Tausende an Tagelöhnern, die wirklich von Tag zu Tag angestellt wurden und froh waren über jedes Ass, was sie verdienten, denn nur wenn sie eine Arbeit bekamen, hatten sie am Abend was zu essen. Von einem trockenen und sicheren Schlafplatz ganz zu schweigen. Denn so ein vermieter kümmerte sich wenig darum, ob sein Mieter auf der Straße schlafen musste, wenn er ihn rauswarf. Es warteten zwanzig neue Mieter an jeder Ecke.
    Wer ein HAndwerk konnte, ahtte da meistens dann schon Glück und konnte für seine Familie meist das Überleben sichern. Aber wir reden von einer Zeit, in der ein zu kurzer oder ein zu langer Sommer zu einer Hungersnot führen konnte, zu wenig Regen eine Dürre war und das Korn verdorrte, zu viel Regen es faulen ließ...


    Von daher war die Legion für viele junge (und auch ältere) Männer eine gute Gelegenheit, ihr Überleben zu sichern, denn da gab es schlicht und ergreifend was zu essen und einen Platz zu schlafen. Dass man getötet werden konnte war da gänzlich nebensächlich, denn das konnte man auf der Straße auch. Die LEgion hat auch nciht jeden genommen, von daher waren Soldaten heilfroh, wenn sie bei irgendeiner Einheit dienen konnten.
    Im im Klientelwesen gab es teilweise tessera (also Münzen) als Wertmarken für Essen, die die Leute dann bei bestimmten Bäckern gegen Brot eintauschen konnten etc.. Nahrung und Nahrungsbeschaffung war ein ganz wesentlicher Bestandteil und Lebensmittel wurden wirklich als Lebens-mittel betrachtet. Wenn ein Tier geschlachtet wurde, wurde ALLES davon verwertet. Fleisch wurde - auch in der höheren gesellschaft - erst ausgekocht, damit man eine Brühe hatte, und danach wurde das gekochte Fleisch erst weiter verarbeitet. Knochen wurden zu Suppe zerkocht. Selbst bei den Opfertieren waren nur einige Innereien für die Götter bestimmt (und zwar die, die ohnehin am ehesten verdorben bzw. ungenießbar sein konnten wie Leber, Nieren (die ja bekanntlich Giftstoffe aus dem Blut filtern) und dergleichen). Der Rest wurde gegessen und war für viele Menschen die einzige Möglichkeit, überhaupt mal Fleisch auf dem Teller zu haben. Auch in der höheren Gesellschaft aß man Fleisch vielleicht 1-2 Mal in der Woche, ansonsten kommt die römische Küche sehr fleischlos aus und stützt sich mehr auf Hülsenfrüchte (und verdammt viele Kräuter).


    Auch wurden teilweise Gesetze erlassen, dass sich Männer oberhalb eines bestimmten Einkommens nciht mehr selbst an eine Gladiatorenschule verkaufen durften (um so ihre Schulden zu zahlen), denn auch das kam durchaus häufiger vor. Denn auch da bekam man eine gute Versorgung (vor allem ärztlich) und zumindest eine warme Mahlzeit am Tag. Dazu noch die Möglichkeit auf Ruhm und Ehre in der Arena (auch wenn man außerhalb als männliche Prostituierte quasi angesehen wurde, da man den eigenen Körper verkauft hatte), und das ganze zeitlich begrenzt auf 2-4 Jahre.


    Wo er vielleicht ein wenig übertreibt, ist, dass Frauen nur wie Dinge behandelt wurden. Das stimmt nicht so ganz. Ja, Ehen wurden rein auf Grundlage politischer Entscheidungen getroffen, Zuneigung spielte dabei keine Rolle. Aber selbst in der Republik konnte sich eine Frau scheiden lassen, und das sehr einfach. Bei nachgewiesener Grausamkeit des Mannes - sprich, wenn er sie schlug - konnte sie das sogar entgegen des Willens ihres Vaters. Und in der Zeit des Kaiserreiches verbesserte sich die Situation der Frau zusehens, da sie dann auch mehr Rechte eingeräumt bekam und so auch wirtschaftlich selbständiger wurde. Von daher war sie nicht gänzlich immer ein Spielball, sie hatte schon auch ihre Rechte. Gegen später auch zusehens mehr, zum Anfang der Republik eher weniger.
    Vor allem, da es meist politische Ehen waren und der Mann natürlich nicht wollte, dass sich seine Frau bei ihren Verwandten über ihn ausheulte und so die Ehe am Ende noch beendet wurde und er damit seine Vorteile verlor (nicht zuletzt die Mitgift, die er dann zurückzahlen musste), behandelten die Männer ihre Ehefrauen im Durchschnitt wohl doch ganz ordentlich.


    Was den Sex angeht, da kann man nur drüber spekulieren. Vermutlich war ein Mann, der es sonst nur gewohnt war, mit Sklavinnen und Prostituierten umzugehen, nciht unbedingt so feinfühlig, wenn er dann mit einem jungen Mädchen von 14 Jahren verheiratet wurde (wobei in der höheren gesellschaft die Mädchen auch meist erst im Alter von 16-17 verheiratet wurden, auch wenn es mit 12 Jahren theoretisch möglich war), die von Tuten und Blasen keine Ahnung hatte. Da war es vermutlich nicht so romantisch, wie man sich das wohl vorstellt. Die Lust der Frau stand dabei auch nciht so im Vordergrund, sondern die Produktion von Erben.
    Allerdings sind das nur Mutmaßungen, von uns kann keiner in die Schlafzimmer gucken. Und es gibt ja auch durchaus Schriften, wie man denn eine Frau verführt (zum Beispiel Ovids Ars Amatoria, wo er explizite Tipps gibt, wie man eine Frau am besten rumkriegt). Und man kann genauso unterstellen, dass eine weinende Partnerin für den Durchschnittsmann von damals wohl ebenso wenig erbaulich war, wie heutzutage. Von daher sind das auf dem Gebiet wirklich nur Mutmaßungen.

  • Von dem Buch hatte ich auch schon gehört und es schon einmal kurz durchgeblättert und wollte es mir eventuell mal holen. Scheint wirklich lesenswert zu sein.


    Zitat

    Auch über den normalen Soldaten wurde geschrieben, dass es eben nicht so war wie in unserem IR, sondern der Soldat einfach die bessere Versorung in jeglicher Art annahm und sich lieber Töten ließ als auf dem heimischen Ackerboden nur spärliche Ernten einzufahren.


    Dazu muss man wohl noch ergänzen, dass zumindest viele Legionäre in ihren 20 Dienstjahren nie ein richtiges Schlachtfeld gesehen haben, sondern ihre Zeit mit dem Bau von Straßen und anderer Infrastruktur, dem Schutz gegen Räuber und Diebe und nicht zuletzt einer umfangreichen Selbstverwaltung verbracht haben. Im Zweifelsfall war das Leben als Legionär weitaus weniger spannend und abenteuerlich, als man sich das vorstellt, aber genau deshalb waren die Leute ja da - weil sie eben nicht drum zittern wollten, ob sie morgen noch leben, sondern weil sie 20 Jahre Sicherheit haben wollten. Bei den Hilfstruppen kam als Motivation noch dazu, dass man nach dem Dienst das römische Bürgerrecht bekam. Und das bedeutete eben auch nichts anderes als ein kleines bisschen mehr Sicherheit.

  • Lassen wir mal den Legionär für einen Augenblick beiseite. Wenn's um die Frage geht, wie Aulus Normalverbraucher gelebt hat, empfehle ich:


    Weeber, Karl Wilhelm (2000): Alltag im Alten Rom. - Düsseldorf: Patmos-Verlag, 447 Seiten.


    Lasst Euch nicht davon abschrecken, dass es ein dickes Buch ist. Es ist wie ein Lexikon gegliedert, man kann also nachschlagen. Die Lektüre ist unterhaltsam, aufschlussreich und gut recherchiert.


    Wer etwas mehr über die Rolle der Frauen und über das Familienleben wissen möchte, kann sich


    Ariès, Philippe u. Duby, Georges (1989): Geschichte des privaten Lebens - 1. Band: Vom Römischen Imperium zum Byzantinischen Reich. - (Hrsg.: Veyne, Paul), Frankfurt: S. Fischer Verlag, 619 Seiten


    zur Brust nehmen. Es ist immer gut, wenn einem das IR zum Lesen bringt.
    Pacatus.

  • Was wir hier im IR ausspielen hat natürlich herzlich wenig mit der reelen Situation damals zu tun. Auch wird das selten in den ganzen Dokumentationen die man so sehen kann wirklich aufgegriffen, wozu auch? Der gemeine Bürger soll denken die im alten Rom lebten alle verdammt angenehm, die Technologie war auf einem hohen Standard und die Armee die beste ihrer Zeit.


    Fakt aber ist dass es, mal von der Technik abgesehen, ganz anders zuging, das Leben war für den einfachen Bürger mehr oder minder die Hölle, das gilt insbesondere für das Leben in Rom. Ständig krachten Häuser ein, jeden Tag brannte es irgendwo, die Stadt selbst war höllisch laut, auch Nachts, nicht gerade sicher und der Geruch war sicher auch nicht ideal, trotz so etwas wie einer Kanalisation.


    Ein interessanter Fakt, Macer korrigier mich falls falsch, den ich mal irgendwo aufgeschnappt habe ist, dass die Legion theoretisch das Zehnfache an Soldaten hätte haben können, da soviele Männer dorthin wollten. Es war ja bekannt dass man dort gut unter war, die Arbeit nicht unbedingt als hart bezeichnet werden konnte und man sogar einen netten Ausstand erhielt, wenn man seine Dienstzeit überlebte. Karriere machen war übrigens nur selten drin, meistens kam der x. Sohn eines Patriziers und übernahm einen Posten, auch in der Antike war Vitamin B eben alles.


    Wo ich übrigens auf die ganzen Fernsehdokus eingehe...
    Wenn ihr mal wieder von dem Wunder hört dass Rom seine Grenzen mit nur 150.000 Soldaten verteidigt habt lacht mal laut. 150.000 Legionäre, dazu kommen aber noch einmal die gleiche Zahl an Auxilia. Immer noch verschwindent gering, aber damals hatten es nur wenige Völker gewagt eine Macht wie Rom zu attackieren, jeder wusste dass er im Kriegsfall kaum eine Chance haben würde. Die Grenze wurde nicht durch Soldaten gesichert, sondern durch die schiere Macht und den Ruf der römischen Armee.

  • Jetzt wird mir vieles klarer über viele Dinge die angesprochen wurden in verschiedenen Sendungen und Büchern. Ich dachte mir immer was soll das mit dem Getreide das der Imperator immer ausgeteilt hat. Ganz klar Afrika allein konnte die Leute gar nicht satt machen und Ägypten war Privateigentum des Kaisers damit konnte er die Bevölkerung wieder beruhigen bei Hungersnöten. Unglaublich und da wollen uns Leute weismachen wie toll das alte IR gewesen sein soll.


    Übrigens steht auch was über Koruption, Bestechung der römischen Beamten drinnen. Für den normalo Römer war es am besten sich möglichst von allem was mit Verwaltung und Bürokratie zu tun hatte fern zu halten. Gerade bei einem Prozess gegen einen finanziell besser ausgestatteten Gegner gab man schnell auf.


    Über die Soldaten steht auch drinnen das sie sich oft an der Bevölkerung vergriffen. Sei es durch Steuern, ober Naturalienraub. Auch gaben sich die Soldaten sehr arogant und überheblich im Verhalten zur Normalobevölkerung. So verbesserten sie ihr Einkommen zusätzlich. Selbst bei Beschwerden waren sie abgesichert und mussten höchstens dem Vorgesetzten was abgeben.

  • Na gut, Korruption ist heute auch nicht anders, das hat sich ja Jahrtausende bewährt :)
    Aber was im Fernsehen einem als Doku untergejubelt wird, das meiste davon kann man getrost wieder vergessen und in die Tonne kloppen, es gibt wenige gute Ausnahmen.


    Im Übrigen sollte mal erwähnt werden dass neben Ägypten eigentlich ganz Nordafrika und Arabien als eine Art Kornkammer diente, damals wuchs dort in großen Mengen Getreide, etwas dass man sich heute gar nicht vorstellen kann, denn die Wüste war noch nicht wirklich ausgebildet so dass alles sehr fruchtbar war, alleine deshalb hatte jeder Kaiser großes Interesse daran diese Regionen zu halten.

  • Mittlerweile habe ich eine ganze Reihe von Büchern in Gebrauch, ergänzt durch das Internet.


    Römer im Schatten der Geschichte finde ich sehr informativ. Archäologische Funde untermauern das ganze.


    "Ein Tag im alten Rom" lässt sich gut lesen, ob alles so fundiert ist, bin ich geteilter Meinung. Schön in Szene gesetzt; leichtere Literatur,


    " Gefährliches Pflaster " - Kriminalität im Römischen Reich - ist eigentlich das Begleitbuch zu einer Ausstellung , seeehr interessant für angehende Diebe, Mörder, Fälscher und und und, natürlich auch für den Normalbürger. Es wird auch auf die römische Rechtssprechung eingegangen mit Urteilen, Strafen usw.; (Bin noch nicht durch :D) aber Vorsicht! ist ein ordentlicher Wälzer


    die anderen Bücher die ich ständig oder hauptsächlich in Gebrauch habe drehen sich um die römische Armee, logisch gell ;)

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