der Villa Urbana des Marcus Helvetius Commodus

  • Die Plinia staunte. Auch wenn sie inzwischen nichts mehr verwunderte. Es war deutlich zu erkennen, dass der Helvetier Geschmack hatte, es sich leisten konnte und es auch verstand, sich schön einzurichten.
    Der Hortulanus hatte auch dieses grüne Refugium mit seinen Wasserspielen, den schattenspendenden Säulenhallen und dem passenden Figurenschmuck im Griff. Überall wurde die Natur zur Geltung gebracht.


    Chrysogona machte mit Commodus den Rundgang zu den Büsten und ließ sich die ein oder andere, die ihr nicht geläufig war, erklären. Danach nahmen sie Platz. Es war ein idealter Ort für eine gepflegte Mahlzeit.
    "Ich würde mich über eine kleine Stärkung und Erfrischung freuen, Commodus! Es ist herrlich hier! Was für ein Idyll! Vor allem hat man endlich mal das Gefühl alleine zu sein und nicht ständig beobachtet zu werden. Im Palast auf dem Palatin ist das ganz anders. Schöne Gärten gibt es selbstverständlich auch dort. Aber man ist eben nie alleine."

  • Chrysogona entschied sich dafür erst einen Rundgang zu machen. Commodus sagte zu jeder Büste ein paar Worte. Er hatte für jede einen längeren Grund warum sie in seinem Peristylium stand. Entweder weil er verehrte was die dargestellte Person selber getan hatte oder dafür für das sie stand.


    Antiochos III zum Beispiel für seine Leistung das zerfallende Seleukidenreich wieder zu stärken oder zu seiner größten Blüte zu führen.
    Archimedes für die Erkenntnisse die er gewonnen hatte und hinterlassen.


    Sie kamen nach dem ersten, "schnellen", Rundgang wieder bei der Sitzgruppe an. Natürlich hätte Commodus und sicherlich auch Chrysogona zu jeder Büste eine eigene Diskussion führen können.
    Doch sie waren nun wirklich lange genug unterwegs gewesen und setzten sich.


    "Sehr gerne Chrysogona!"
    Er rief kurz nach einer bereit stehenden Sklavin und die konnte sein Zeichen sehr schnell deuten. Anhand der Kürze der Zeit die diese brauchte bis zu mindestens schon mal Geschirr auf dem Tisch landete konnte man sich wohl denken das der Haushalt darauf vorbereitet war das der Hausherr gleich hier was Essen wollte.


    "Ja du hast Recht....vor allem die letzten beiden Orte, zusammen mit meinem privaten Räumen, lassen es mich hier in Roma aushalten. Ich meine du als jemand der auch von einer griechischen Insel stammt oder mindestens lange auf einer gelebt hast wird den Unterschied am besten verstehen können. Es liegen Welten dazwischen auf Paxos zwar ein kleiner Rex zu sein aber eben "alleine" oder hier in diesem Becken voller Haie einer der kleinsten zu sein.
    Das du im Palast ständig unter Beobachtung stehst verstehe ich...wobei ich anmerken möchte das zu mindestens zum Teil die Wachen die auch wegen deiner selbst im Auge behalten und nicht weil du dem Kaiser gefährlich nahe kommst."
    Ein bisschen holprig das Kompliment aber Commodus wollte auch nicht zu dick auftragen.



    "Welche Büste hat dir handwerklich am besten gefallen und welche der Personen wäre in deiner Anerkennung die Erste?"

  • Es fühlte sich gut an, in Commodus Gesellschaft zu speisen. Das schöne Ambiente tat sein übriges dazu.
    Der Helvetier übte sich in Komplimenten. Chrysogona lächelte geschmeichelt.
    Dann fragte er sie wessen Büste ihr handwerklich am besten gefallen habe und welche ihr der Person wegen am besten gefiel.
    Chrysogona ließ den Blick noch einmal zu den Büsten schweifen.
    "Nun handwerklich gefällt mir Perikles am besten. Es ist einfach ein klassisches, griechisches Kunstwerk und strahlt Würde und Stolz aus ohne überheblich zu wirken. Von der Person, respektive der Anerkennung her würde ich die Wissenschaftler voran stellen,wie du dir denken kannst. Zuallererst Euklid, aber auch Apollodor und Hermodorus von Salamis... alles Vorbilder für einen aufgeweckten Geist, der sich gerne der Frage widmet, was die Welt im Innersten zusammenhält. Wie ist es mit dir? Wer außer Vitruv steht deinem Herzen nahe?"

  • Sie bekamen die üblichen mediterranen Speisen serviert. Auch wenn Rom im Landesinneren lag und dazu recht weit von den griechischen Inseln entfernt. Commodus schien zu mindestens bei solchen Gelegenheiten die Küche beizubehalten die er auch auf Paxos gewohnt gewesen war. Das bedeutet sicherlich zwar einiges an Kosten aber die schienen es ihm wert zu sein.


    Serviert wurde dazu eigener Wein entweder aus den Albaner Bergen oder von Paxos je nachdem was Chrsogona wollte. Der aus den Albaner Bergen war sehr trockener Rotwein und eher herber Weißwein. Bei denen von Paxos war der Rotwein als auch der Weißwein eher fruchtig wobei der Rotwein dazu eine ordentliche Schwere hatte. Aber frisches Wasser zum beliebig verdünnen war natürlich auch da.



    "Wie du richtig vermutet hast ist Vitruv mein Favorit. Ansonsten verehre ich wie eben bereits gesagt alle Personen von denen ich mir habe Büsten anfertigen lassen.
    Einige wie Sulla dabei sehr zwiegespalten...hat er doch der Republik eine Zeitlang wieder Leben eingehaucht und besonders das er freiwillig seine Diktatur niedergelegt hat imponiert mir. Nur wenige können wahrscheinlich der Versuchung widerstehen. Aber seine Grausamkeit und den Terror mit denen er seine Ziele umgesetzt haben sind natürlich auch nicht wegzuargumentieren.
    Bei anderen finde ich es sehr spannend darüber nachzudenken was wäre wenn. Besonders denke ich da an Agrippa...ich würde gerne wissen wo das Reich heute stünde wenn er der Nachfolger geworden wäre und nicht frühzeitig gestorben wäre. Weißt du als gebildete Medica eigentlich woran und wie es sein kann das der eigentlich immer gesunde und vitale Agrippa Jahrzehnte vor dem eher körperlich schwächlichen und oft kranken Augustus sterben konnte?


    Meine größte Verehrung nach Vitruv genießt aber tatsächlich Perikles. Seine Bauten aber auch sein Wirken zum Ausbau der Attischen Demokratie...wie viele Menschen schaffen es schon ein eigenes Zeitalter zu prägen?"

  • Mit Commodus bei einem Glas Weißwein aus den Albander Bergen ließ es sich hervorragend philosophieren. Sie hörte seine Meinung zu Sulla und nickte verständig. Dann ging es um Agrippa und Augustus. Promt kam die Frage nach der angegriffenen Gesundheit des dienstältesten Kaisers und dem unerwarteten Tod Agrippas.
    "Nun, oft sind die kränkelnden und schwächlichen Menschen im Grunde gesünder als andere. Das klingt zwar komisch, aber ihre stänigen Wehwehchen sind meist gelinder Natur und nicht die Symptome einer schwerwiegenden Erkrankung. Hingegen sind die schnell tödlich endenden Krankheiten nicht selten ohne vorherige Warnsignale. Nicht immer deutet sich ein schwaches Herz an. Manchmal setzt es einfach plötzlich aus. Dazu kommt, dass du in Betracht ziehen musst, dass eine so ambitionierter Mann wie Agrippa auch Feinde hatte. Es könnte sein, dass er keines natürlichen Todes starb. Wenn du verstehst was ich meine?"


    Später kam der Hausherr noch auf Perikles zu sprechen. Chrysogona pflichtete ihm voll und ganz bei.
    "Oh ja, derjenige stirbt niemals, der in der Erinnerung der Menschen wach bleibt. Wer, wenn nicht Perikles hat es verdient und ich wette mit dir, dass es auch noch in, sagen wir zweitausend Jahren, so sein wird, dass man seiner gedenkt und ehrfurchtsvoll von seinem Wirken spricht. Ob uns das wohl vergönnt sein wird, Commodus? Wohl kaum!"


    Sie hob prostend den Becher. "Auf Mnemnosyne!"

  • Commodus prostete zurück
    "Auf das Gedächtnis !"


    und trank einen Schluck. Er hatte den Weißwein von Paxos gewählt und genehmigte sich danach noch ein Stück Brot mit Olivenpaste.


    "Auf Agrippa muss ich gleich noch einmal zurückkommen. Aber vorher liegt mir noch etwas zu dem anderen auf der Zunge.
    Nein ich bin mir bei mir sehr sehr sicher das es nicht so kommen wird wie es, genau wie du sagst, bei Perikles auch noch in tausenden Jahren der Fall sein wird. Es ist überhaupt ja nur sehr wenigen vergönnt solch ein prägendes Leben zu führen und ich habe meine Chance darauf sogar schon vertan. Wäre Varia erfolgreich gewesen und hätte Rom in ernste Bedrohung gebracht würde man meinen Namen wohl auch in zweitausend Jahren noch in einem Atemzug mit dem von Gnaeus Cornelius Lentulus Batiatus nennen.
    Bei dir als Medica des Kaiserhauses sehe ich dagegen immerhin noch die Möglichkeit. Vielleicht sorgt zum Beispiel deine Heilkunst dafür das TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS AUGUSTUS der am längsten regierende Kaiser Roms wird...wobei es wohl bei all deiner Kunst wohl wirklich ein Wunder wäre das es Wert wäre noch in 3000 Jahren besungen zu werden wenn du ihn noch 45 Jahre am Leben erhältst..."
    Commodus versuchte eine lockere Stimmung und ein Kompliment gemeinsam anzubringen.

  • Die Medica lachte schallend.
    "Ich werde mir Mühe geben den Kaiser zum Methusalem werden zu lassen, aber ich nehme an, dass die Zeit, die ich für die Gesundheit des Kaisers zuständig bin und sein werde, nicht ausreicht, um meinen Ruhm zu begründen. Vielleicht sollte ich ein Buch schreiben? So wie Hippokrates oder Celsus. Ja, das wäre was. Ich denke mal darüber nach."


    Sie nahm einen weiteren Schluck. Dann legte sie den Kopf schief.
    "Du könntest doch einen großen Palast bauen oder ein anderes aufsehenserregendes Gebäude. Ich habe mir sagen lassen, dass es neben dem Leuchtturm von Pharos und den Pyramiden noch einige berühmte und herausragende Bauwerke gibt. Oder du baust einen Tempel wie den Parthenon, das Artemision oder den Tempel des Zeus in Olympia! Wie wäre es wenn du einen Tempel für das neue Asklepiosheiligtum am Arno bauen würdest?"

  • Commodus Interesse war sofort geweckt.


    "Einen Tempel habe ich bisher noch nie bauen dürfen. Das wäre eine sehr reizvolle Aufgabe!"


    Nach der ersten Begeisterung kam dann aber die Vernunft zurück


    "Ich denke aber das es noch eine Weile dauern wird bevor man mir solche Aufgaben übergibt. Tatsächlich werde ich die nächste Zeit hauptsächlich damit beschäftigt sein die Via Appia zu sanieren. Dies im Rahmen meiner Anstellung als Architectus der Provinz Italia. Privat habe ich dazu ein weiteres Bauprojekt in der Planung, ich hoffe dieses ebenfalls dieses Jahr, ähnlich wie die Straße abzuschließen.
    Anschließend habe ich noch einen Auftrag von einem guten Bekannten in Aussicht. Wenn mir diese drei Projekte gut gelingen und ich deine Fürsprache dann noch genieße würde ich mich sehr gerne als Bauherr und Architectus für den Tempel am Arno bewerben...
    Ist da denn schon konkret was geplant und vor allem das Geld vorhanden? Du erwähntest ja das dem Tempel auf der Tiberinsel eigentlich schon dringend die Mittel fehlen?"

  • Die Medica hörte aufmerksam zu. Die Projekte von Commodus klangen interessant. Die Via Appia führte auch zu dem Asklepios-Heiligtum am Arno. Es war ganz in ihrem Interesse, dass die Straße intakt war.
    "Tatsächlich ist das Heiligtum noch nicht fertig. Bislang steht ein kleiner Schrein für den Heilgott und seine Tochter Hygieia, ein Schatzhaus, ein Haus für die Priester und ein Unterkunftshaus für die Gläubigen und die von Krankheit geplagten. Das Abaton muss noch gebaut werden. Dazu soll eine Thermenanlage errichtet werden. Es wird also eine Zeit dauern bis man über eine Erweiterung in Sachen Tempel nachdenken kann. Aber du kannst es dir ja schon mal vormerken."
    Sie lächelte ihn an. Die Konversation mit ihm machte Spaß. Er war ein interessanter Gesprächspartner.

  • Commodus speicherte die Informationen gleich ab und kurz hatte man das Gefühl er wollte sich glatt ein paar Notizen machen.


    Sie schenkte ihm ein tolles Lächeln und ihm wurde ganz warm während er es, hoffentlich nicht vollkommen dümmlich dreinschauend erwiederte. Bevor er gänzlich die Facon verlor versuchte er nochmal auf Agrippa zu kommen.


    "Ähm...was ich noch fragen wollte. Weißt du...also ist genau bekannt an was er dann tatsächlich gestorben ist? Ich meine soweit ich weiß wird das von Ärzten doch nach dem Tod öfter mal untersucht mit Leiböffnungen usw. Jedenfalls wenn die Angehörigen das wollen...naja und ich denke mir der Augustus wollte schon genau wissen ob es nun ein Unglück oder ein Attentat war."

  • Nun wollte Commodus etwas von Chrysogona wissen, das sie in arge Bedrängnis brachte. Sie hatte sich bis sie als Medica personalis des TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS nach Rom berufen wurde, nie besonders für die römische Politik interessiert. Wenn ihr Vater, der schließlich lange dem römsichen Kaiserhaus gedient hatte und die römische Politik wie seine Westentasche kannte mit seinen Kollegen und Freunden vom Museion diskutiert hatte, waren Chrysogonas Gedanken schnell abgeschwiffen. Sie hatte abgeschaltet. Erst jetzt, seit sie selbst im Dienste des Kaisers stand, befasste sie sich mit den verschiedenen poltischen Störmungen und Inrigen.
    Was seine Frage betraf, erwiderte sie bedauernd.
    "Ich kann dir nicht sagen, ob Agrippa seziert wurde. Eigentlich sind Sektionen nach wie vor verpönt. Man öffnet einen Körper nicht aus Neugierde. Die Götter haben die Haut geschlossen gelassen, wir sollten das nicht bewusst ändern. So finde ich. Ich finde es ist richtig, dass wir in den Körper hineinsehen, wenn Wunden eine Einsicht ermöglichen. Dann haben uns die Götter ganz offensichtlich die Möglichkeit zum Erkenntnisgewinn gegeben. Ich aber lehne es ab, einen Körper nur aus Neugierde zu öffnen. Das grenzt an Nekrophilie. Was werden die Lemures oder wie wir Griechen sie nennen, die Lamien, dazu sagen? Was wird die dunkle Hekate mit uns machen, wenn wir nach dem Tode Persephone in den Hades folgen? Wird die schwarze Torhüterin ihre Hunde auf diejenigen hetzten, die einen toten Körper nicht unversehrt lassen? Ich weiß es nicht und, um ehrlich zu sein, ich will es auch nicht herausfordern. Mein Respekt vor der Dunklen ist mehr als groß!"


    Wenn Commodus sensibel war, würde er die Angst vor der Unterweltsgöttin in Chrysogonas Augen lesen können und ihren Worten entnehmen können, dass eine Autopsie undenkbar für sie war.
    Nach einer Weile, in der die Griechin deutlich ihren eigenen Bildern nachhing, sah sie ihn wieder aus dunklen Augen an.
    "Wie siehst du das? Würdest du eine Sektion durchführen?"

  • Commodus war kurz enttäuscht.


    "Schade es hätte mich wirklich interessiert. Ich spekulierte sehr gerne im Geist wie sich das Reich entwickelt hätte wenn dieses oder jenes passiert oder nicht passiert wäre.
    Tiberius war alles andere als ein schlechter Nachfolger des großen Augustus und stand diesem kaum nach. Doch dessen Nachfolger besonders Caligula hatten doch stark nachgelassen.
    Wäre Agrippa sein Nachfolger geworden hätte dessen Sohn Gaius Caesar reifen können und sich nicht als junger, ungestümer Feldherr bei Artagira eine tödliche Verwundung zugezogen. Jedenfalls hatte Commodus von seinem Vater Berichte und Meinungen gehört das der Junge bei der Belagerung so gehandelt hatte. Die Vermutung war gewesen das er sich beweisen wollte vor seinem Adoptivvater."


    Naja wie auch immer er kam zurück ins hier und jetzt. Er ging nochmal Chrysogonas Antwort durch und bemerkte auch das sie sich vor Hekate fürchtete.


    "Auch wenn ich selbst nie Soldate war und auch nicht vorhabe dauerhaft einer zu werden bin ich doch unter und in ihrer Gesellschaft aufgewachsen. Dazu waren es Prätorianer die ja besonders nah an der Unterwelt sind wie man in den heutigen Tagen auch wieder merkt. Jedenfalls glaube ich das ich deshalb wenig über Konsequenzen aus dieser Richtung nachdenke. Darüber hinaus...",


    Commodus musste einen Moment nachdenken und trug dann vor



    "...Denn noch jetzt ist es so:
    Wenn einer der irdischen Menschen Gnade erfleht,
    im heiligen Opfer dem Brauche genügend,
    ruft er Hekate an.
    Und reichen Segen gewinnt er mühelos,
    wenn die Göttin sein Bitten gnädig erhört hat.
    Aus der Fülle der Macht gewährt sie Glück ihm und Wohlstand.
    Denn von allen Göttern,
    die Erde und Himmel entstammen,
    mögen sie noch so geehrt sein:
    Sie hält ihr Schicksal in Händen..."


    Ich bin bei Hesiod und sehe Hekate eher als eine den Menschen sehr hilfreiche Göttin. Sie schenkt den Hirten fruchtbare Herden, den Fischern volle Netze, den Jägern reiche Beute, den Athleten und Kriegern Erfolg und Glück im Kampf. Sie ist neben Zeus die einzige Gottheit, die den Menschen jeden Wunsch erfüllen oder verweigern kann. Doch genauso wie die Göttin den Segen geben kann, kann sie ihn wieder nehmen, wenn sie es für richtig empfindet. Außerdem bezeichnet Hesiod die Göttin Hekate als Pflegerin aller Geschöpfe."


    Commodus gab Chrysogona einen Moment damit sie seine Worte verarbeiten konnte.


    "Aber um noch auf deine Frage zurück zu kommen. Wenn die Umstände klar sind....bei einem Unfall, wenn man sie oder ihn ertrunken im Wasser findet, mit eingeschlagenem Schädel...ein sehr alter Mann morgens nicht mehr aufwacht...dann Nein.
    Wenn jemand der eigentlich jung und gesund war, bei dem kein Unfall oder eine durch eine Waffe verursachte tödliche Wunde zu finden ist...ja dann finde ich sollte man eine Sektion durchführen. Um die Möglichkeit zu haben zu erfahren ob es ein Verbrechen war oder um den Verlust für sich selber erklärbarer zu machen....ob eine Sektion das dann allerdings leisten kann weiß ich nicht. Bisher war ich noch nie in so einer Lage. Vor kurzem ist eine Verwandte und Vertraute von mir plötzlich und vollkommen unerwartet verstorben. Hätte ich Zugriff auf ihren Leichnam würde ich es durchführen lassen um zu erfahren was passiert ist. Denn diese Frage kann mir niemand beantworten!"

  • Chrysogona musste lächeln als Commodus aus dem Gedächtnis einen Hymnos an Hekate rezitierte.
    "Ja ich bin sicher, dass sie wie alle Gottheiten eine helle und eine dunkle Seite hat. Hekates Herkunft ist Kleinasien, dort war sie so etwas wie eine Universalgöttin, eine Große Göttin, eine Magna Mater. Erst ihre Integration in das griechische Pantheon hat ihr alleine die Wegkreuzungen, die Magie und die Unterwelt zugewiesen. Heute erinnern sich allerdings einige wieder ihrer Wurzeln. Es gibt eine Art von neuem Mysterienkult um sie, in dem sie erneut zur Magna Mater wird. Ich habe auf Kos einmal eine ihrer Priesterinnen behandelt. Es war interessant zu sehen, dass für sie Hekate weit mehr ist als eine Göttin der Zauberei, Magie und nächtlichen Rituale. Wir werden sehen wohin sich das noch entwickelt."


    Ihr Blick schweifte ein wenig in die Ferne. Kurz war sie mit den Gedanken ganz woanders. Dann kehrte sie in die Realität zurück.
    "Zu deiner anderen Frage. Ja, ich denke als Hinterbliebener möchte man immer wissen woran ein geliebter Mensch gestorben ist, zumal wenn es unklar ist. Das gibt uns aber noch lange nicht das Recht, einen intakten Körper zu öffnen und auszuweiden. Ich finde, man kann den Moiren ruhig zugestehen, dass sie wissen, wann sie den Lebensfaden abschneiden. Atropos, die Unabwendbare - hat das letzte Wort. Aber ich gebe zu, man würde schon gerne wissen, ob ein Gift zum Tode des geliebten Menschen geführt hat. Dafür gibt es manchmal aber andere Anzeichen wie verkrampfte Muskeln und Gelenke, Zittern, Speichelfluss, Erbrechen und Durchfälle geben im Vorfeld schon Hinweise. Selten fällt jemand einfach tot um", dozierte Chrysogona.

  • Commodus spürte wie sich in seinem inneren ein warmes Gefühl auszubreiten begann. Man konnte mit Chrysogona so unheimlich gut reden...auch wenn sie konträrer Ansicht waren, führte es nicht zu Unmut.
    Ein wirklich sehr gutes Gefühl und Commodus hoffte das es so bleiben und vielleicht sogar noch stärker werden würde.


    "Oh das ist sehr interessant. Von diesem neuen Kult habe ich noch absolut nichts gehört. Ich hoffe er wird nicht verfolgt? Er wird sicherlich nicht predigen das man die anderen Götter nicht mehr verehren sollte wie diese Christianer oder? Das wäre nämlich sehr wahrscheinlich sein Todesurteil. Weißt du mehr über diesen Kult?"


    Commodus gab Chrysogona die Zeit kurz abzutauchen. Er hatte die Frage auf den Lippen an wen oder was sie jetzt gerade gedacht hatte. Verkniff sie sich aber da er noch nicht sicher war ob sie schon so privat werden konnten.
    "Eine sehr interessante Frage....glaubst du das die Moiren jeden Tod genau voraussehen und den Faden entsprechend durchtrennen? Ich meine und glaube, gerade bei Morden oder Unfällen könnte es auch so sein das das durchtrennen des Fadens zu einem ganz anderen Zeitpunkt geplant war....Was natürlich gut sein kann das man das was ich meine als erfahrende Medica auch von Außen sehen kann...oder aber das es vielleicht gar nicht so zu erkennen ist und statt dessen vielleicht eher ein Prieser durch eine Vision erkennen kann das jemand oder etwas den Faden zu früh durchtrennt hat...was meinst du?"

  • Die Medica zuckte die Achseln.
    "Ich weiß nicht, ob dieser Kult verfolgt wird. Hier in Rom habe ich mich nicht darum gekümmert bisher. Du weißt ja, dass ich mich hier nur im Aesculapius-Kult engagiere. Mit den Christianern haben die Hekate-Anhänger wenig zu tun. Aber da sie mit Zauberei und Magie in Verbindung gebracht werden, sind sie eigentlich immer in Gefahr. So viel ich weiß steht auf Zauberei und Hexerei die Todesstrafe. Oder nicht?"


    Sie kam auf Commodus letzte Frage zurück, wie man den nahenden Tod erkennen könne. Besonders im Angesicht eines drohenden Gewaltverbrechens.
    "Ich denke, dass wenn dann nur ein Priester mit seherischen Fähigkeiten den Tod vorausahnen kann. Vielleicht ein geübter Traumdeuter. Unsere Priester im Abaton des Asklepieions konnten unglaubliche Dinge erkennen. Im Erkennen des bevorstehenden Todes sind sie hervorragend, da sterbenden der Aufenthalt im Tempelbezirk verboten war. Die Moiren aber können es ganz bestimmt selbst entscheiden, wann das Ende ist. Und wenn ein Gewaltverbrechen geschieht, dann können sie sicher das Messer oder Schwert ablenken, sollte es noch nicht an der Zeit sein, für denjenigen zu gehen oder den Dolch gegen eine Rippe prallen lassen. Ich glaube sie fällen auch in diesem Moment eine Entscheidung, denkst du das etwa nicht?"
    Chrysogona sah Commodus fragend an.

  • "Ja soweit ich weiß hat sich daran nichts geändert. Ich kenne aber auch mehr den alten Kult und Verehrungsform. Von diesem neuen Kult habe ich ja erst von dir erfahren."


    Er nahm sich anschließend einen Moment um auf ihre letzte Frage eine Antwort zu formulieren:
    "Das können sie selbstverständlich...und sie tun es gelegentlich sicher auch. In die eine oder andere Richtung. Immer wieder hört man ja von Menschen die Dinge überleben die eigentlich niemand überleben kann. Unverletzt aus einem zusammengestürzten Haus klettern. Oder anders rum Menschen die an den kleinsten Dingen sterben.
    Ich glaube allerdings das sie nicht bei wirklich allen Dingen dabei sind. Ich versuche mal an einem Beispiel klar zu machen wie ich das meine. Eltern sorgen und achten ja auf ihre Kinder. Sie beschützen und bewahren sie vor Gefahren. Bewegen diese sich in Bereichen wo ein...Fehltritt eine schwere Verletzung oder Tod bedeuten könnte lassen sie sie keinen Moment aus den Augen. Wenn die Kinder aber bei Tätigkeiten oder in Gegenden unterwegs sind die normalerweise vollkommen harmlos sind wird das im Auge behalten lückenhaft. Wenn da dann was passiert können sie vielleicht nicht mehr schnell genug eingreifen....
    Oder anderes Beispiel ein Händler der bei einer ersten Begegnung mit einem Barbarenstamm dessen Sprache er nicht spricht verhandelt wird beobachtet werden. Steht er auf dem Markt wo er immer steht und verkauft Eier schauen die Moiren sehr wahrscheinlich nicht hin. So kann es passieren das er aus der Verhandlung mit den Barbaren heile heraus kommt während er auf dem Markt für ein paar As von einem Räuber erstochen wird..."

  • Nun nickte die Medica.
    "Da hast du sicher recht, Commodus. Wie philosophisch wir geworden sind in unserem Gespräch. Interessant nicht wahr? Es würde mir eine große Freude machen, dich irgendwann mal in den Aesculapius-Tempel mitnehmen zu dürfen. Dann verstehst du mich vielleicht, wenn ich an das Wirken der Götter in der Medizin glaube."


    Sie hob ihr Glas erneut und prostete ihm zu. "Ich könnte mich an das Leben hier in deinem schönen Stadthaus gewöhnen. Es ist wie eine Oase in der Hektik des Molochs Rom."

  • Commodus erhob sein Glas ebenfalls und stieß mit an.
    "Nun ich würde mich freuen wenn du mir öfter hier Gesellschaft leisten würdest. Du bist jederzeit willkommen...mehr als das."


    Für einen kurzen Moment war Commodus verlegen und schien noch mehr auf den Lippen zu haben. Er sprach es aber nicht aus sondern ging statt dessen noch auf ihre Worte vor dem anstoßen ein.


    "Ich mache das sehr gerne...das philosophieren...entscheidend dabei ist immer der Gegenüber der dazu passen muss. Was es bei uns, so will ich sagen, tut!"



    "Auf den gemeinsamen Tempelbesuch freue ich mich jetzt schon."

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