Drah di' net um - der Aedil der geht um

  • Wollte man tatsächlich die Aufgaben eines Aedils auflisten, so würde man einiges zu tun haben.. und umso mehr, wollte man sie ausführen. Dementsprechend vielbeschäftigt war der nunmehr ernannte Aedil Plebis, Titus Duccius Vala, der nur einen Bruchteil der Tageszeit in der kleinen Halle verbrachte, in welcher der Aedil seinen Geschäften nachging und sich die Wünsche, Anforderungen und Bestrebungen der geschäftstüchtigen Römer anhörte. Die restliche Zeit, meißt bis in den späten Abend hinein, trieb er sich auf den verschiedenen Märkten der Stadt herum, inspizierte Waren und Maße, die Straßen der Stadt (vor allem an den Toren wo die größten Engpässe zu erwarten waren), prüfte die tausend Garküchen auf Brandsicherheit, die Brunnen auf Flusszuverlässigkeit und die Tempel... und natürlich die Bordelle.
    Und natürlich das Getreide... auf keinen Fall zu vergessen, immerhin war der alte Praefectus Annonae eingeknastet und noch kein neuer ernannt, weshalb der eigentlich ritterliche Kompetenzbereich nun an den Neusenator gegangen war. Vorerst.


    Am heutigen Tage hatte Vala sich die Garküchen der Stadt vorgenommen, und schleifte eine Traube von Schreibern (u.a. Sirius und seinen Tiro) mitsamt seinen Leibwächtern hinter sich her um den Menschen auf den Zahn zu fühlen die einerseits das Volk mit warmer Speise versorgten, andererseits die Stadt immer wieder an den Rand einer kollektiven Brandkatastrophe brachten. Dass man von Spontanität kaum sprechen konnte, wenn man als Senator und Magistrat Roms eine derartige Menschentraube hinter sich herzog, musste er sich damit zufrieden geben, den Garköchen so wenig Zeit wie möglich zur Vertuschung ihrer Mängel zu lassen. Wie zum Beispiel der alten Centu Cifreidshickn, die als erste am heutigen Tage in den Genuss einer Stippvisite Valas kam.


    "Salvete...", grüßte Vala unbekümmert in die Runde als sie die kleine Taberna im Erdgeschoss einer Insula erreichten, "...ich bin Titus Duccius Vala, Aedilis Plebis der Urbs, und ich würde gerne die Brandsicherheit dieser Taberna prüfen..."
    "HÄH?", nölte die alte Frau, die Vala verständnislos anblickte, "EIN HALBES HUHN FÜR VIER SESTERZEN! EIN GANZES FÜR SIEBEN!"
    "Ich will kein Huhn, ich will die Herde prüfen!", entgegnete Vala verdutzt.
    "ICH HAB KEINE GANZE HERDE! ES SIND SCHON VIELE HEUTE RAUS... ICH HAB NOCH SIEBEN STÜCK, DAS MACHT DANN FUFFZIG SESTERZEN!", rief die Alte, die Vala zahnlos anlächelte, da sie das Geschäft des Tages witterte.
    "ICH WILL KEINE HÜHNER! ICH WILL DIE FEUERSTELLE PRÜFEN! WEGEN DER SICHERHEIT!", brüllte Vala, nachdem ihm Sirius sehr unauffällig gedeutet hatte, dass die Alte wohl nicht gut hörte.
    "DU MUSST MICH DOCH NICHT SO ANSCHREIEN! DAS VERBITTE ICH MIR! WER BIST DU ÜBERHAUPT?", krakelte die Alte unbeirrt.
    "TITUS DUCCIUS VALA, AEDILIS PLEBIS DER STADT! ICH PRÜFE DIE BRANDSICHERHEIT!", rief Vala in das Ohr der Alten, die ihn nicht einmal eine Sekunde wutentbrannt anstarrte und ihm dann unvermittelt eine Backpfeife gab: "WENN DU DAS NOCHMAL MACHST, HOL ICH MEINEN SOHN! ALSO... WILLST DU JETZT EIN HALBES ODER EIN GANZES?"
    "Oh mann... das wird ein Tag.", ächzte Vala sich die Backe reibend.
    "Ich find ihn schon jetzt großartig..." , flötete Sirius mit einem seligen Grinsen im Gesicht.

  • Es war wieder einer dieser Tage, einer dieser Tage an denen absolut nichts geschah, nicht am Palast, nicht in der Castra, und schon gar nicht irgendwo in der Stadt. Was blieb den Prätorianern also anderes übrig als ein wenig durch die Stadt zu schlendern, die ein oder andere Informationen aufzuschnappen, und sich natürlich an den Garküchen die Bäuche vollzustopfen. Es war ja nicht so als ob sie jetzt dringend irgendwen aus dem Verkehr ziehen mussten, sicher, die Carcer leerten sich, und die Hornhaut auf den Händen der "peinlichen Befrager" bildete sich langsam zurück, aber bisher hatten sie weder einen vernünftigen Stab, noch wussten sie, ob es überhaupt irgendeine Art des Widerstandes gegen Palma gab, abgesehen davon dass dieser sich bei den Prätorianern noch nicht hatte blicken lassen, aber ein Imperator hatte sicher auch andere Aufgaben als Höflichkeitsbesuche..


    Der Iunier marschierte also mit einer kleinen Abordnung über den Markt, und kam dabei nicht umher dass doch etwas amüsante Gespräch zwischen dem Aedil und der alten vom Hühnchenstand mitzuhören.
    Er orderte seine Männer, welche natürlich bei solchen, eher passiven Aufgaben nicht im feinsten schwarzen Prätorianerzwirn aufliefen zum halten, und lehnte sich grinsend an eine Säule neben den Stand..
    "Ein ganzes wollte er glaube ich.", spottete Seneca, nicht unbedingt zum Unmut seiner Männer, bevor er sich an den Senator wandte, "Sei gegrüßt Senator, es freut mich den neuen Aedil so eifrig zu sehen.", und tatsächlich, er hätte seine Stimme ungern weggeworfen, auch wenn er noch immer eine geteilte Meinung über Duccius Vala als Person hatte, so schien er seine Aufgabe wenigstens ernst zu nehmen..

  • "Ich bin der Aedil Roms...", echauffierte Vala sich, als er sich durch eine Einflüsterung von hinten in Erinnerung rufen ließ wen die alte Frau hier gerade eigentlich geschlagen hatte, "..und weder dein Sohn noch deine Ohren werden mich davon abhalten, deine Küche zu inspizieren. Also.. lass mich durch."
    "NATÜRLICH SIND MEINE HÄHNCHEN GUT DURCH!", rief die Alte erbost und funkelte Vala mit zusammengekniffenen Augen an, bis dieser schließlich die Geduld verlor und die Sache von seinen drei keltischen Leibwächtern regeln ließ: "Macht mir da mal Platz, Jungs..."

    http://www.kulueke.net/pics/ir…pezielle/valahelfer08.png "Jawoll, Chef." , erklang es von einem der drei Kelten (deren Namen sich selbst Vala nicht genau eingeprägt hatte, wuselten die doch sowieso immer im Verband herum seit er sie in Aegyptus in seine Dienste übernommen hatte) und die drei Männer packten die alte Frau, die quiekte wie eine Furie und mit ihrem Stock um sich schlug, und stellten sie einfach auf der Straße ab, während Vala sich in die kleine Taberna begab und dieselbe inspizierte. Auszusetzen hatte er nichts, offensichtlich gab man hier Acht auf den Brandschutz, wohl allerdings nicht die Frau selbst sondern der angedrohte Sohn, und so beließ Vala es nach der Prüfung nur bei einem beifälligen Nicken und brummte vor sich hin: "Alles in Ordnung, stellt sie wieder zurück."
    "Alles klar, wird gemacht, Boss." , rief einer der dreien, woraufhin einer der obligatorischen Streitereien anfing: "Pack du sie an den Beinen an, Meall."
    "Nee, mach das doch selbst, du Torfkopf, mir hätte sie gerade beinahe die Kronjuwelen geprellt."
    "Ganz sicher nicht, mir hätte sie beinahe die Augen ausgekratzt."
    "Ich mach das auch nicht, die Frau hat zwar keine Zähne, dafür sabbert sie dich aber zu Tode!"
    "LOS JETZT!", befahl Vala sich die Schläfen reibend, "Warum nur bin ich ständig von Idioten umgeben?!"
    "Wie der Herr, so das Gescherr..." , zitierte Vala eine der nordischen Spruchweisheiten die sein Herr sonst selbst zum Besten gab, und duckte sich gleichdrauf weg um einen gewissen Sicherheitsabstand einzunehmen, und wurde sich gleich der Gelegenheit gewahr, die Aufmerksamkeit seines Herrn abzulenken: "Der Herr da hat dich gerade übrigens angesprochen."
    "Du elende... wer?", wandte Vala sich um und erblickte den Mann, der ihn offensichtlich erwartungsvoll anblickte. Dummerweise nur hatte er nicht im geringsten mitbekommen, was der Typ gerade gesagt hatte, weshalb er sich in Floskeln flüchtete: "Salve! Ja, eh... ein anstrengender Tag, aber so ist es nunmal.. Rom will gedient sein, he he."

  • Der Mann hatte interessante Methoden, um es mal so zu nennen, eine alte Dame an den Armen und Beinen packen und sie einfach auf die Straße zerren, eine Methode, die Seneca nicht einmal als Prätorianer angewendet hatte, zumindest nicht bei Frauen, und nicht in diesem Alter, aber gut, es schien ja zu funktionieren und der Frau geschah ja auch nichts..


    Dass der Duccius nicht mitbekam was Seneca gesagt hatte, ärgerte ihn ein wenig, er war Centurio und gab klare Befehle, da hasste er es sich zu wiederzuholen. Aber er war ja in zivil, und sprach mit einem Senator, welchen man allerdings in dieser Situation nur schwerlich mit dem Respekt betrachten konnte welchen er eigentlich verdient hatte, also riss er sich dennoch zusammen und versuchte das Gespräch noch irgendwie zu retten, "Ist der Laden hier in passablem Zustand? Meine Männer und ich essen ganz gerne mal hier, ich hoffe doch, du hast hier nichts gefunden?", abgesehen von den Ratten und dem anderen Viehzeugs welches sich in dieser Stadt leider nicht vermeiden ließ..


    Er trat einen Schritt näher an den Senator heran, "Wenn du erlaubst mich dir vorzustellen, mein Name ist Centurio Aulus Iunius Seneca...", er schaute sich kurz um, immerhin waren sie ja immernoch mehr oder minder inkognito, auch wenn sich einige Leute wohl ihren Teil denken konnten, "Cohortes Praetoriae. Es ist mir eine Freude Senator Duccius, und deine Männer würden sich auch gut in unseren Reihen machen.", scherzte der Iunier beim Anblick der "Komikertruppe".

  • "So passabel, dass es mich schon fast ein wenig ärgert hier keinen Makel gefunden zu haben... du kannst dir hier also ohne Gedanken den Bauch vollschlagen.", flaxte Vala mit schiefem Grinsen und deutete einem seiner Schreiber sich eben dies für eben jene Taberna zu merken. Als der Mann sich dann als Centurio der Prätorianer vorstellte musterte Vala ihn noch einmal genauer... und das ziemlich direkt ohne es großartig zu verhehlen. Dass der Mann militärische Erfahrung hatte, hatte sein Körperbau bereits verraten, andererseits gab es in Rom genug andere mehr und öfter minder lautere Möglichkeiten seine Körperkraft gewinnbringend einzusetzen. Der hier hatte sich also offensichtlich der Res Publica verschrieben.
    "Dann sei mir gegrüßt, Centurio Iunius.", sprach Vala ohne die geringste Verwandtschaft mit einer gewissen Iunia zu unterstellen, immerhin gab es mehr Familiae der Iunii als nur die eine. Was die Prätorianer anging, hatte Vala eine recht unmissverständliche Haltung: die haben ihren Job gemacht und danach genug Grips gezeigt die Seiten zu wechseln. Was sie allerdings in seinen Augen, die ohnehin nix für irgendwelche Ideale und Ruhmvolligkeiten übrig hatten, zu einer schnurznormalen Einheit machten.. allerdings wusste er nur allzu genau, dass viele das anders sahen, die Prätorianer selbst allen voran. Weshalb er mit der Selbstverständlichkeit des Berufspolitikers aus ganzem Herzen Anerkennung heuchelte: "Die Ehre liegt ganz auf meiner Seite, die Diener Roms im Stahl auch abseits des Schlachtfelds zu treffen. Ihr habt uns bei Vicetia unser Leben ziemlich schwer gemacht, Männer. Wenn ihr diese drei da...", er deutete auf die drei Kelten die sich murmelnd hinter Vala immernoch stritten, "..dabei gehabt hättet, sähe die Sache allerdings anders aus. So sehr sie für mein Wohl sorgen, gefährden sie es auch..."

  • "Das werde ich tun, ehrlich gesagt kann nicht vieles schlimmer sein als das Zeug was die Milites im Feldlager gekocht haben.", scherzte Seneca und spielte kurz mit dem Gedanken sich jetzt wirklich was bei der Alten zu kaufen, aber anderseits, es war nicht seine Zeit, und achja, sie hatten ja noch was zutun an diesem Tag..
    Die Schmeicheleien die der Duccius den Prätorianern stießen natürlich auf weit offene Ohren, auch wenn die Männer der Garde desöfteren mit solchem Lob bedacht wurden, Duccius Vala war ein ehemaliger Feind, und er hatte die Prätorianer im Felde besiegt, da half auch keine Schönrederei..
    "Deine Worte ehren uns Aedil.", sagte Seneca mit einem leichten Grinsen, und das Grinsen wurde aufgrund seines Scherzes noch etwas breiter, bevor es sich wieder verzog, denn Seneca hatte eigentlich nicht nur aus reiner Lust zum Plaudern das Gespräch gesucht, "Aedil, es würde mich freuen wenn wir uns mal an einer anderen Stelle näher unterhalten könnten..", Seneca rückte etwas näher an den Duccius heran, "Wie du ja weißt sind die Karten nach den Ereignissen neu gemischt.", sprach er leise, "Und wir Iunier sitzen momentan, sagen wir, etwas zwischen den Stühlen.", weder hatten die Iunier sonderlich viel mit den "Rebellen" zutun, noch waren sie eng mit Salinator verflochten, "Vielleicht hast du ja Interesse an einem Klienten, oder an einer anderen Art des Bündnisses Duccius."

  • "Das haben wir gehört!", empörte sich einer der Kelten auf die öffentliche Bekanntgabe ihrer Gemeingefährlichkeit, und ein weiter schob mit schnodderndem Tonfall nach: "Das Verhältnis ist immernoch mindestens 1 zu 4."
    Vala selbst ging garnicht mehr auf die Proteste seiner Leibwächter ein, da er gerade ziemlich direkt überfahren wurde. Aus vollem Anlauf, ungebremst... von einem Prätorianer. Dass der Mann nach dem Austausch weniger Floskeln sofort und unvermittelt eine mögliche Patronage ins Spiel brachte war für Vala ja in keinster Weise vorherzusehen, wie denn auch? Vor einigen und nicht allzu vielen Monaten standen sie noch bei Vicetia auf der jeweils anderen Seite der Schlacht, die Prätorianer waren nach ihrer Niederlage in Scharen übergelaufen.. und jetzt wollte sich einer ihrer Offiziere bei Vala als Klient anbieten? Irgendwie eine abstrakte Vorstellung, vor allem da der Mann Centurio war und somit quasi am Ende der Fahnenstange der Laufbahn der gewöhnlichen Soldaten. Was sollte Vala also für den Mann tun können? Reichlich wenig, außer ihn aus der Schussbahn zu halten... und wieder die Bekanntgabe: die Iunii (welche auch immer das jetzt waren) standen zwischen den Stühlen und brauchten Protektion. Das hatte er doch schon einmal gehört? Achja... in seiner Sammlung der schutzsuchenden Sippen waren ja schon die Decimi und Aelii, langsam aber sicher wurde es voll in seinem Katalog.
    "Auch wenn dein Ansinnen mich zutiefst ehrt, Centurio, hast du natürlich vollkommen recht, dass man dies nicht auf offener Straße besprechen sollte. Ich würde dich daher..", sprach Vala so höflich wie unverbindlich und ließ sich von Sirius einen offenen Termin einflüstern, "Dem morgen folgenden Tage zur Hora Prima Vigilia in das Heim einladen, in welchem ich zur Zeit residiere. Es ist die Casa Accia auf dem Esquilin.. allerdings habe ich keinen Zweifel, dass ihr Prätorianer das nicht ohnehin schon wusstet.", beendete er die Einladung mit einem schmunzelnden Augenzwinkern.

  • Hatte Vala sich vor Antritt seines Amtes noch eingebildet, es würde alles in geregelten Bahnen verlaufen und er würde sich an einem Tag die Garküchen vornehmen und am anderen halt die Verkehrssicherheit, schalt ihn die Realität schon bald darauf einen Narren und belehrte ihn eines viel besseren: ein römischer Magistrat machte alles auf einmal. Und sowieso: er würde als Aedil eine Stadt wie Rom nicht halb so effektiv kontrollieren können, könnte er dabei nicht auf die tatkräftige Unterstützung der Bevölkerung zählen. En detail: Denunziatoren mauserten sich bald zu Valas besten Freunden, denn sie zeigten ihm wo etwas im argen lag... so zumindest die Theorie. In der Praxis wurde er natürlich oft genug auf Dinge aufmerksam gemacht, die offensichtlich nach Diskreditierung der Konkurrenz stanken, dass selbst einem Taubstummen auffallen musste was im Busch war.. allerdings hatte er der ganzen Sache ein Ende gesetzt, indem er den Spieß genau umdrehte: wurde eine Taberna, eine Garküche oder ein Händler denunziert weil er angeblich schlechte Ware zu falschen Preisen oder in falschen Maßen anbot und stellte sich bei der spontanen Überprüfung durch Valas Helfershelfer die Denunzierung als falsch heraus, tauchte Vala wenig später selbst bei dem denunzierten Händler auf und pries in aller Öffentlichkeit seine Waren und sein Geschäft als den römischen Gesetzen mehr als nur genügend und fair. Das sprach sich rum, und die falschen Denunziationen nahmen schlagartig ab, wenn sie auch nicht zur Gänze verschwanden.


    Zu den weiteren Aufgaben eines Aedils, die Vala so wahrnehmen musste, gehörte auch die Aufsicht über den reibungslosen Verkehr in die Stadt und aus ihr hinaus. Dabei stellte sich schnell heraus, dass es an den Toren selbst wenig zu tun gab, da man dort dermaßen auf dem Präsentierteller stand, dass weder Wachen noch Reisende es sich leisten konnten unangenehm aufzufallen. Was allerdings für die größten Probleme sorgte waren fahrende Händler und andere Gewerbetreibende, die jede sich bietende Chance wahrnahmen ihre Ware schon auf den Verkehrsstraßen anzubieten und dabei ständig für Staus sorgten. Aber nicht nur das fahrende Händlervolk war eine Belastung für den innerstädtischen Verkehr, auch die Bauwut seiner Bewohner belastete die Straßen Roms. Am heutigen Tage zum Beispiel durfte Vala sich um einen Holzverschlag auf einer Nebenstraße der Via Tusculana kümmern, der die Straße um ein Viertel verschmälerte. Schon am gestrigen Tage waren seine Helfershelfer hier gewesen und hatten den wilden Bau bemängelt, doch der Inhaber hatte sich standhaft geweigert das Teil abzureißen, in welchem eine neu hinzugezogene Familie ein winziges Zimmer bewohnte sowie ein Schuster tagein tagaus auf's Leder einschlug.
    "Mir ist vollkommen egal, was diese Hütte für dein Geschäft bedeutet, Mann...", wimmelte Vala den wütenden Schuster mit einer genervten Handbewegung ab, um sich wieder dem Inhaber der Insula dahinter zuzuwenden, "...und die Straße ist sicherlich nicht kaum von diesem Ding behelligt. Es verschmälert sie um ein ganzes Stück!"
    "Das wurde aber mit dem vorigen Aedil so ausgemacht! Ich habe eine Sondergebühr bezahlt!", empörte sich der dicke Inhaber, der mit einem von Schweiß und anderen Flüssigkeiten unleserlichen Wisch vor Valas Nase rumfuchtelte, "Vierhundert Sesterzen habe ich dafür bezahlt!"
    "Den Gesetzen ist es ebenso egal, dass du einem Betrüger auf den Leim gegangen bist, Patroculus..", frotzelte Vala und zeigte sich gänzlich unbeirrt, "Das Ding kommt weg. Und du kannst dich glücklisch schätzen, wenn ich das Ding nicht selbst abreißen, dich das bezahlen lasse und das Holz konfisziere!"
    "Betrüger?", empörte sich der dicke Mann und fuchtelte noch wilder mit dem Wisch vor Valas Nase herum, "Der Mann war gewählter Magistrat Roms! Hier! Das Siegel des Aedils, ganz klar zu sehen! Das Ding DARF hier stehen!"
    "Darf es nicht, und das ist mein letztes Wort! Wenn sich mein Vorgänger nicht an die Gesetze gehalten hat, ist es dafür umso mehr die meine Aufgabe es zu tun.", konterte Vala und fixierte den Mann ein letztes Mal mit seinem Blick: "Es ist deine Entscheidung... entweder lässt du das Ding abreißen, oder ich tue es."
    "Das ist... das ist...", schnaufte der Mann, gab aber schließlich klein bei, "Ich tue es."
    "Sehr schön.", lobte Vala den Mann und wandte sich um: "Ich schicke in zwei Tagen jemanden vorbei, der kontrolliert ob du dich auch daran hälst. Wenn dem nicht so ist, wird es teuer für dich..."
    "Sehr wohl, Aedilis Duccius.", fletschte der Mann seine Zähne und trat nach einem Hund.

  • Mist. Mistmistmist. Er war zu spät, viel zu spät, so sehr zu spät, dass der Duccius sich schon auf den Weg gemacht hatte, angefangen mit seinem Tagesgeschäft. Aquila hatte sich von den Scribae im Saal der Aedile nur eine Liste geben lassen können mit dem, was sein Senator heute so vorhatte... und hetzte jetzt durch die Straßen auf der Suche nach ihm, so schnell ihm das möglich war mit der Toga praetexta. So ein verdammter Scheißdreck! Er hätte gestern Abend nicht feiern gehen sollen... schon gar nicht ausgerechnet in die Taverna, in der eine Prügelei losbrach. Und er hätte sich erst recht mitten hinein stürzen dürfen... Na immerhin erreichte das Laufen einen Zweck: es kühlte seine linke Gesichtshälfte, das Veilchen, das sich um sein Auge herum gebildet hatte, die aufgeplatzte Lippe, die zwar nicht mehr geschwollen war, um die herum sich aber auch ein kleiner, aber feiner Bluterguss gebildet hatte... Aquila schlitterte mehr um die nächste Ecke, die ihn auf die Via Tusculana führte, als dass er sie aufrecht lief, rutschte zur Seite weg und konnte sich gerade noch so wieder fangen, sonst hätte er sich zu allem Überfluss vermutlich noch die Hände, Knie oder sonst was aufgeschürft, ganz zu schweigen davon dass er sich die Kleidung schmutzig gemacht hätte. Trotzdem hielt er jetzt erst mal inne, atmete durch und versuchte die Toga wieder zu ordnen, die zwar nicht schmutzig geworden war, aber natürlich etwas... durcheinander, und starrte auf die Liste. Wenn er sich die ersten Termine ansah und in seinem Kopf danach kramte, worum es da ging... wenn er das übliche Tempo des Duccius noch dazu nahm... er hatte ihn schon an zwei vorigen Stellen verpasst, und er hoffte bei allen Göttern, dass er ihn diesmal erwischte. Weiter ging es, etwas langsamer diesmal, und er beschloss, dass alle guten Dinge drei waren. Wenn er ihn diesmal nicht traf, würde er zurück gehen zum Sprechsaal und sich da irgendwas zu tun suchen – irgendwas war schließlich immer –, und auf den Duccius warten. Und gerade als er diesen Beschluss gefasst hatte, bog er um eine weitere Ecke in eine Nebenstraße ein und konnte den Senator tatsächlich sehen, bei der Holzhütte, die schon vor ein paar Tagen hätte verschwunden sein sollen. Und wusste plötzlich nicht, ob er dankbar dafür sein sollte oder nicht. Er lief locker die letzten paar Schritte, bekam noch das Ende des Wortwechsels mit und machte dann einen Satz zur Seite, als der Kerl nach einem Hund trat. „Salve, Senator... entschuldige die Verspätung.“ Aquila machte sich keine Hoffnung darauf, dass er sich einfach ohne aufzufallen unter die Begleitung des Duccius hätte mischen können, also machte er lieber gleich auf sich aufmerksam.

  • "Was steht als nächstes auf dem Plan?", fragte Vala als sie sich sicherheitshalber von Patroculus und seiner illegalen Hütte auf der Straße entfernten und in Richtung der Via Tusculana bewegten.
    "Auf der Via Tusculania kommt es immer wieder zu Engpässen, die wohl durch Garküchen entstehen welche sich in Tornähe aufhalten um den eintreffenden Reisenden die erste Mahlzeit zu verkaufen." , dozierte Sirius und wies in die Richtung der Straße, woraufhin Vala sich just in diese Richtung in Bewegung setzen wollte, als der Decimus sie erreichte, "Gut, dann machen wir uns auf... oh, Decimus, schön, dass du dich auch noch zu uns gesellst...", zeigte Vala sich unbekümmert und nur mit einem leichten Hauch von Sarkasmus, da es zur Zeit wichtigeres gab als einen verschlafenen Tiro zusammenzustauchen, und so wollte der Senator sich gerade abwenden um sich wieder der Arbeit zuzuwenden, als ihm dann einfiel, dass irgendwas an seinem Tiro anders war als normalerweise. So wandte er sich dem jungen Decimus wieder zu, betrachtete ihn eine ganze Weile und rieb sich nachdenklich das bartbewucherte Kinn, bevor er mit dem Zeigefinger auf seinen Tiro deutete: "Irgendwas ist anders an dir, Junge... aber sag es nicht... ich komm gleich drauf... hmhmhmhmhmmmmhhh.... warst du beim Friseur?"

  • "Nein, ich möchte diesen Teppich nicht kaufen!", wimmelte Vala einen fahrenden Händler auf irgendeiner Straße in irgendeinem Stadtteil von Rom ab und ließ ihn durch einen seiner drei Kelten zur Seite schieben, während er sich durch die Menschenmasse weiter vorarbeitete... mit großer Lustlosigkeit im Blick, denn heute stand das wohl unschönste Kapitel seines Aedilats auf dem Plan: die Reinigung der Straßen.
    Natürlich musste er sich als hoher Staatsbeamter nicht selbst die Finger schmutzig machen, dafür gab es haufenweise Sklaven die diese niedrige Arbeit der Res Publica verrichteten. Eigentlich hätte er nicht einmal herkommen müssen, denn für die Überwachung der Ausführung der Straßenreinigung waren die Quatroviri in urbe purgandis zuständig. Eigentlich hatte er nur die Überwacher zu überwachen... aber so pflichtversessen wie Vala nunmal war (was vor allem daran lag, dass er einen guten Eindruck machen MUSSTE um als Homo Novus die Praetur zu schaffen) gab er sich das eine oder andere Mal selbst die Klinke in die Hand und nahm nicht nur Beschwerden über den Zustand einiger Straßenabschnitte oder Abwasserkanäle entgegen.
    Einer dieser Beschwerden ging er folglich selbst nach, und als sie sich dem Zielort der Beschwerde näherte wünschte Vala sich sogleich es nicht getan zu haben: es stank bestialisch, und das war für eine riesige Kloake wie Rom sie war schon eine enorme Leistung.
    "Was.. genau war jetzt noch einmal das Problem?", hakte Vala nach, dem schon jetzt der Gestank an seiner Entscheidung zweifeln ließ.
    "Eine verstopfte Kloake, Aedilis.", soufflierte einer seiner Schreiber und deutete in den Durchgang zum offenen Atrium einer Insula, "Die Bewohner der Insula Viginta berichteten, der Fleischer im Erdgeschoss würde die Knochen und harten Teile seiner Tiere nicht wie gefordert mit dem Karren entsorgen, sondern das Geld sparen und den Abfall in die Kloake werfen... die nun dadurch versperrt sei. Der Gestank greift wohl jeden Tag stärker um sich."
    "Wieso sollte jemand etwas von Schweinen wegwerfen?", zog Vala kritisch eine Augenbraue hoch, der selbst mehr Hunger erlebt hatte als ihm lieb war und es nicht nur von daher gewohnt war, dass von einem erlegten Tier auch restlos alles verspeist wurde. Der Scriba antwortete nur mit Schweigen, offenbar ging es der vormals hungernden Stadt doch besser als erwartet.. wären da nicht immernoch die Lieferprobleme aus Aegyptus.
    Sie gingen schließlich an der Insula vorbei und erreichten bald einen der vielen Eingänge zu den Abwassersystemen der ewigen Stadt, und als die Tür aufgestoßen wurde schlug ihnen ein Gestank entgegen der Vala die Galle in den Hals trieb und ihn würgen ließ.
    "Bei den Göttern, die Römer scheissen wahrlich keine Rosen.", fluchte der Aedil, der sich einen Zipfel seiner Toga vor Mund und Nase hielt und im Schein der mitgebrachten Fackel die Treppe hinunterstarrte. Sollte er da wirklich hinuntergehen? Nur um zu sehen, ob die Kloake von Schweineresten verstopft war? Andererseits, wenn er jetzt einen Rückzieher machte, würde ihm das wieder ein Hanswurst vorwerfen... und er konnte sich keine vorwurfsvollen Hanswürste leisten. Also machte er seine Arbeit, und trat im Schein der Fackel einen Schritt nach dem anderen herunter... der Gestank brannte schon fast in den Augen, das Atmen wurde schwer. Irgendwie wurde ihm schwindelig.. wie würde das wohl klingen? Erster Senator Germanias in Kloake verreckt.
    Aber Fortuna war ihm hold, und sie fanden die Stelle recht schnell an der sich ein undefinierbarer Klumpen gebildet hatte, der den Fluss der Absonderungen in der Kloake verstopfte. Vala blickte ihn einen Moment lang an, entschied sich einige der weilichen Bröckel als Schweineknochen zu identifizieren und sich wieder von dannen zu machen. "Meine Fresse..", fluchte er wieder oben an der 'frischen' Luft angelangt, "Noch nie hat diese Stadt besser gerochen als jetzt. Das da unten geht definitiv auf's Konto des Fleischers, lasst das wegmachen und ihn dafür bezahlen... ich werd ihm eine Buße auflegen, die sich gewaschen hat. Apropos Waschen..."

  • Immerhin: die Verspätung schien kein Problem zu sein. Aquila hatte es geschafft, bisher immer pünktlich zu sein, und was er von manchen seiner Lehrer kannte, hatte ihn definitiv irgendeine Reaktion erwarten lassen. Dass keine kam, überraschte ihn positiv – und auch auf sein Äußeres ging der Duccius nicht ein. Aquila wollte sich schon einfach zu den anderen gesellen und wie üblich mitlaufen, als der Senator sich doch noch mal ihm zuwandte. Mit einer reichlich gewagten These, und das in einer Art, von der Aquila nicht wirklich sagen konnte ob der Kerl jetzt einen Witz machte oder das ernst meinte. „Eh. Ja, klar“, machte er halb verwirrt, halb ironisch, und fuhr sich mit einer Hand durch die kurzen Haare. „Der hat sich dann auch gleich um alles gekümmert, der Friseur...“ Mit einer Faust anstatt eines Messers. Vielleicht war ja sogar tatsächlich einer unter den Prügelnden gewesen gestern Abend? Konnte man ja nie wissen. Jetzt hätte er sogar fast gegrinst, wenn er nicht durch das Sprechen schon wüsste, dass selbst leichte Bewegungen der Lippen einfach weh taten, und einem großen Teil auch irgendwie auch nicht ganz so sehr nach Grinsen war, mit dem dumpfen Pochen in seinem Schädel. Jedenfalls: die einzigen, die Aquila wirklich hatte erkennen können, waren die Soldaten gewesen. Und auch die irgendwann nicht mehr.

  • "Scheint ein Schnäppchen gewesen zu sein, dieser Schnitt..." , kommentierte Sirius das Aussehen des jungen Decimus mit soviel Herablassung in Blick und Stimme, dass selbst Caligula persönlich vor Neid verblasst wäre. Dessen Herr ließ das ganze allerdings recht kalt, er betrachtete seinen Tiro weiterhin mit einer Neugier die kaum auf Entrüstung täuschen ließ, nein, viel eher umspielte ein leises Lächeln Valas Lippen als er schließlich die schlichte Frage stellte: "Hast du gewonnen?"
    "Dominus, ich glaube nicht, dass dies die richtige..." , protestierte Sirius ob der laxen Art seines Herrn, wurde aber durch eine scharfe Handbewegung im Wort unterbrochen.

  • Aquila hätte ja mit viel gerechnet... aber nicht mit dieser Frage. Sirius' Reaktion beispielsweise überraschte ihn überhaupt nicht. Obwohl er den Duccius aber mittlerweile auch ganz gut kannte, hätte er trotzdem nicht gedacht, dass der das so locker nehmen würde. Aquila grinste ein wenig schief zurück. „Wie man's nimmt. Die offizielle Antwort lautet: natürlich. Ich hab sie alle fertig gemacht.“ Aquilas Grinsen wurde etwas schiefer... und breiter. „Die ehrliche Antwort wär: ich weiß noch nicht mal, auf welcher Seite ich überhaupt war... aber ich hab ganz gut ausgeteilt.“ Und eingesteckt, wie man ihm ja ansehen konnte.

  • "Natürlich lautet sie so...", gab Vala mit einem matten Lächeln zu verstehen, und fügte bierernst hinzu: "Die offizielle Antwort wird auch lauten, dass du dies in vollem Eifer für deinen Aedil getan hast... eh... Sirius, wie hieß noch einmal der Ledergerber, der sich gestern so unglaublich quer gestellt hat?"
    "Larconius, Dominus?" , gab Sirius die nötige Information preis ohne darauf zu verzichten die Idee, die er hier roch deutlich zu missbilligen.
    "Gut... also, du wurdest im Eifer der Diskussion von einem der Helfershelfer des Larconius angegriffen.. soweit verstanden?", blickte der Aedil seinen Tiro fragend an und machte dabei ebenso klar, dass er eine anderslautende Frage überhaupt nicht in Betracht zog. Wäre ja auch gelacht, wenn sein Tiro sich das bei einer profanen Kneipenschlägerei zugezogen hätte und nicht im pflichteifrigen Dienst an der Res Publica.

  • Hm. Aus der Reaktion, die dann kam, wurde Aquila nicht wirklich schlau. Vorhin hatte sein Senator noch neugierig und offen gewirkt mit seinem Lächeln, jetzt war es eher... schwer zu sagen. Irgendwie anders. Die Ergänzung der offiziellen Antwort war dann gleichermaßen ernüchternd wie erfreulich. Ernüchternd, weil Aquila zuerst ein bisschen den Eindruck gehabt hatte, der Duccius sei... naja, halt irgendwie positiv gestimmt, in jedem Fall so, dass er nachvollziehen konnte, dass man eben einfach mal in Kneipenprügelei geriet und da dann auch nicht einfach kneifen konnte – er war zwar alt, aber vielleicht doch nicht sooo alt, dass ihm das schon völlig fremd war. Erfreulich, weil die Ergänzung, oder besser: die Ausrede echt gut war. Und ihm selbst wäre das gar nicht eingefallen. „Helfershelfer von Larconius, dem Ledergerber, hat mich angegriffen. Verstanden“, nickte er und ignorierte dabei Sirius' missbilligenden Blick, obwohl er dem am liebsten eine rüde Geste gezeigt hätte. Stattdessen grinste er nur wieder. „Und ich hab ihn platt gemacht. Während du Larconius pla, eh, die Leviten gelesen und ihn auf den rechten Weg gebracht hast.“

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