Weitere Gespräche I: Gaius Octavius Victor

  • Rasch wurde das Arbeitszimmer des Kaisers, von einem der flinken Notarii, noch durchgefegt, der Weinschrank aufgefüllt und der Schreibtisch mit dem entsprechenden Dossier für den nächsten Termin versehen. Damit es dem Kaiser auch bei diesem Gespräch an nichts mangeln sollte und er alle Informationen über den Gast griffbereit hatte, wenn er sie bräuchte.
    Und dann war der Notarius auch schon wieder verschwunden, ehe der Kaiser das Officium wieder betreten hatte.

  • Nachdem er die Wache passiert und die Gänge des Palastes durchschritten hatte, befand sich Victor nun vor dem Eingang zum Officium des Kaisers Palma. Einmal noch tief durchgeatmet, den Sitz der Toga kontrolliert und dann klopfte der Octavier auch schon an die Tür zum Arbeitszimmer.

  • Da sich Wachen und Kanzleibeamten gleichermaßen um die Tür zum kaiserlichen Arbeitszimmer kümmerten, dauerte es nur wenige Augenblicke, bis der Senator empfangen und hineingeführt wurde. Am Schreibtisch wartete tatsächlich auch schon Cornelius Palma, der den Raum wohl durch eine andere Tür betreten hatte.


    "Salve, Senator Octavius. Nimm Platz. Du kannst dir denken, dass deine Anfrage bezüglich deiner weiteren Zukunft der Anlass für meinen Wunsch nach einem persönlichen Gespräch ist. Deine Stellung und vor allem deine bisherigen Ämter ließen es mir ratsam erscheinen, mich persönlich mit deinem Fall zu befassen."


    Er beließ es erst einmal bei dieser Einleitung in der Erwartung, dass der Senator darauf etwas erwidern wollte, bevor das Gespräch dann zum Kern der Sache kommen sollte.

  • Nur kurze Zeit nachdem seine Fingerknöchel die Tür zum Officium des Imperators berührt hatten, durfte er auch schon eintreten. Das war er dann also, der neue erste Mann im Staate. War ja für Victor in der Tat das erste Mal, dass er so nah vor Palma stand. Nun, aber wie es schien sollte er nicht das ganze Gespräch über vor ihm stehen, sondern er durfte sogar Platz nehmen. Zuvor jedoch grüßte der Octavier erstmal den neuen Princeps und hob einen Arm. "Salve, Augustuts!" Soweit Victor zurückdenken konnte, hatte er den jeweiligen Imperator immer als 'mein Kaiser' bezeichnet. Aus, zumindest für den Octavier, nahe liegenden Gründen wäre das bei Palma leicht lächerlich gewesen, da der ganz offensichtlich nicht der Kaiser war, den Victor im Purpurmantel hatte sehen wollen. Trotzdem klangen seine Worte angemessen ehrerbietig gegenüber dem Princeps, denn nur weil einem Tatsachen nicht gefielen, brachte es ja nichts vor ihnen die Augen zu verschließen und sie einfach zu ignorieren.


    "In der Tat habe ich gehofft, dass mein Schreiben der Grund für die Gewährung dieser Audienz war. Wie ich darin schon erwähnte, tendiert die Autorität des Curator rei publicae der Provinz Italia gegen nicht vorhanden, solange du nicht geruhst einen Kandidaten deiner Wahl zu benennen oder mich in diesem Amt zu bestätigen." Ob es wohl angebracht gewesen wäre, darauf hinzuweisen, dass Victor natürlich letzteres vorziehen würde? Nunja, Offensichtliches musste man wohl nicht betonen. Und lebendig aus den letzten Nachwirkungen des Bürgerkrieges hervorzukommen war ja auch schon was. "Es ist ja allgemein bekannt, dass ich im zurückliegenden Brüderkonflikt nicht auf der deinen Seite stand, aber... nunja. Der Vescularier," Victor hoffte gerade an dieser Stelle, dass er keine Damnatio Memoriae verpasst hatte. "bei all seinen sonstigen Verfehlungen war er ein verlässlicher Patron und so war es meine Pflicht bis zum Ende ein loyaler Klient zu sein." Bis zum Ende, also bis zu seinem Tod, aber nicht unbedingt bis IN den Tod.


    Einen kurzen Augenblick lang räusperte sich Victor, dann machte er erstmal Schluss mit der Rechtfertigungsarie. Auch wenn er fand, dass das mal gesagt werden musste. Schließlich wusste er nicht, was der Duccius Vala von ihren Unterredungen gemeldet und in welchem Licht er den Octavier dargestellt hatte. "Sei aber versichert, dass ich Rom und dir als seinem rechtmäßigen Kaiser in der Zukunft" Loyal? Das war etwas zu viel des Guten. Untertänigst? Definitiv zu viel des Guten! Wenn es denn sein muss? Ah, vielleicht etwas zu wenig. "dienstbereit zur Verfügung stehe. Du hast ja selbst meine bisherigen Ämter erwähnt und weißt darum also, dass ich mich nie persönlich" über ein vernünftiges und vertuschbares Maß hinaus. "bereichert oder die damit verliehene Macht für private Zwecke missbraucht habe." Schön, ob Palma das wirklich gewusst hatte, war sich Victor nicht sicher. Jetzt jeden falls sollte er es wissen... oder zumindest glauben. "Ich sah es von meiner Zeit als Rekrut bei der I. Legion an immer als meine Pflicht Rom zu dienen. Wenn du beschließt, dass ich diese Pflicht auch weiterhin erfüllen kann, würde mich das über die Maßen freuen, Augustus." Möglichst natürlich in seinem bisherigen Amt als Curator rei publicae! Das allerdings betonte Victor an dieser Stelle nicht mehr gesondert, sondern schwieg jetzt und wartete die Reaktion des Imperators auf seinen Redeschwall ab.


    Sim-Off:

    Bin jetzt mal gleich zum Kern der Sache vorgestoßen, aber die kommende Woche bin ich vermutlich nicht da und wollte die Sache trotzdem mal ein bisschen vorantreiben ;)

  • Die Antwort fiel länger und ausführlicher aus, als Cornelius Palma dies erwartet hatte, aber er hatte auch nichts dagegen, ungefragt einen solchen Einblick in die Gedankenwelt des Curators zu erhalten. Manche der Aussagen erschienen ihm zwar etwas schwach und floskelhaft, aber da konnte er ja jetzt in alle Ruhe nachfragen, nachdem ihm der Curator so viele Anknüpfungspunkte geliefert hatte.


    "Deine Rechtfertigung klingt recht fragwürdig, findest du nicht. Einerseits versicherst du mir, dass du stets in der Pflicht Roms standest und dich nicht persönlich begünstigen wolltest, andererseits versuchst du die Verfehlungen des Vescularius Salinator damit zu relativieren, dass er dir ein verlässlicher Patron war, was nun zweifellos eher zu deinem Vorteil als zum Vorteil Roms gewesen ist. Ich denke, an deinen Qualitäten in der Verwaltung besteht ausweislich deiner bekleideten Ämter kein Zweifel, aber bezüglich deines Selbstverständnisses hast du mich noch nicht überzeugt, dass du den Posten an der Spitze der Italischen Verwaltung tatsächlich zum Wohle Roms weiterführen magst."


    Fragend blickte Cornelius Palma den Senator an, wie er diesen Widerspruch auflösen wollte, um weiter Werbung in eigener Sache zu machen.

  • Da bohrte der Cornelier aber kräftig nach bei Victors wohl auch leicht ungeschickt gewählten Worten. Aber was sollte der Octavier dann jetzt antworten? Ein bisschen war er es ja schon leid, dass er ständig nach Euphemismen suchen und seine Sätze so konstruieren musste, um wenigstens verbal seine Zugehörigkeit zu Salinator zu beschönigen. Das konnte einem irgendwann auf die Nerven gehen und letztere waren gerade beinahe dabei mit dem Senator durchzugehen. Nicht so sehr wegen der Reaktion von Palma hier sondern mehr wegen der Gesamtsituation.


    "Nun, sicher kann ich dir schwerlich widersprechen, wenn du sagst, dass das Patronat des Vesculariers zu meinem Vorteil war. Aber wenn du im gleichen Atemzug sagst, dass an meinen Qualitäten in der Verwaltung kein Zweifel besteht, waren meine Vorteile auch für Rom gut. Vielleicht nicht im Nachhinein betrachtet und sicherlich nicht aus deiner Sicht. Aber: Der Vescularier war mein Patron und er war der Kaiser in Rom und du... nicht. Ich war keiner deiner Anhänger und wenn du das willst, kannst du jede meiner Handlungen als gegen dich gerichtet werten. Aus meiner Sicht jedoch habe ich immer Rom und seinem Wohl gedient: Gegen dich und die deinen, die das Reich in Aufruhr gebracht haben."


    Nunja, ob es strategisch klug war, den Imperator als Aufrührer zu bezeichnen? Wahrscheinlich nicht, aber wie sonst sollte Victor klarmachen, dass es für ihn wirklich Sinn gemacht hatte, auf Seiten des Salinator zu stehen, weil dies für ihn auch die Seite Roms gewesen war.


    "Die... Götter waren offensichtlich jedoch der Meinung, dass du Rom führen solltest und nicht der Vescularier. Ich habe dem falschen Mann gedient und damit habe ich geirrt. Jedoch, ich bin nur ein Mensch und irren ist menschlich. Hier und jetzt kann ich dir nur geloben dir zu Diensten zu stehen, wie ich dem Vescularier zu Diensten stand. Ob und wie du dieses Angebot annimmst liegt natürlich in der Hand, Augustus."

  • Was Cornelius Palma als Antwort erhielt, konnte ihn nicht gerade begeistern und er gab sich auch keine Mühe, dies in seinem Gesichtsausdruck zu verbergen.


    "Nun, wenn ich offen sein darf, hört sich das mehr als opportunistisch an, was du mir da erzählst. Ich würde die Götter an deiner Stelle nicht so leichtfertig als lapidare Erklärung für die Änderung deiner Einstellung als Reaktion auf die Änderung der Verhältnisse in Rom heranziehen. Nimmt man Loyalität ernst, wechselt man seinen Dienstherrn kaum so rasch wie seine Untertunika. Von daher spricht dein Angebot, mir zu dienen wie du dem Vescularier gedient hast, nicht unbedingt für dich. Ich brauche überzeugte Amtsträger und keine, die das Amt ausfüllen, weil es beqeum ist."


    Dummerweise hatte Cornelius Palma nicht unbedingt an allen Stellen die passende Auswahl, wenn es darum ging, Ämter zu besetzen. Also musste er zuweilen das kleinere Übel wählen, was auch hier der Fall war.


    "Ich kann dich daher nicht auf deinem derzeitigen Posten belassen. Andererseits sprach ich vorhin nicht umsonst von deinen Qualitäten in der Verwaltung. Ich habe zum Beispiel noch den Posten des Curator Viarum zu besetzen, den du ja schon einmal bekleidet hast. Dort könntest du dich in meinem Dienst bewähren."


    Vor allem würde das Cornelius Palma die Chance geben, etwas länger nach passenden Amtsträgern zu suchen und den Posten dann später neu zu besetzen.

  • 'Im Allgemeinen nimmt auch seine Loyalität ernst und lässt nicht einfach seinen Dienstherrn (und Kaiser!) ermorden, weil man dessen Stellvertreter nicht mag.' Das hätte Victor gerne dem Cornelier vor sich ins blasierte Gesicht geschleudert und danach eine geballte Faust in eben jenem versenkt. Da das aber wohl kaum seiner eigenen Gesundheit zuträglich sein würde, blieb dem Octavier erstmal nichts anderes übrig, als bei der Beleidigung als Opportunist durch Palma rot anzulaufen und kräftig mit den Zähnen zu knirschen.


    "Mein Dienstherr ist tot und seine Sache ist mit ihm gestorben. Soweit ich weiß, gibt es auch keine Nachgekommen, die meine Loyalität hätten erben können. Von daher kann ich deinen Vorwurf nicht ganz nachvollziehen."
    Mit anderen Worten, Victor hielt die Worte des Augustus für völligen Schwachsinn. Aber mit so was hatte er wohl rechnen müssen. Wäre nur für alle wesentlich einfacher und zeitsparender gewesen, wenn Palma einfach eine Nachricht geschickt hätte, dass er Victor nicht vertraute.


    Umso seltsamer mutete es jetzt aber an, dass der Cornelier ihm einen Satz später einen anderen, wenn auch weniger prestigeträchtigen Posten anbot. Was sollte das denn jetzt?


    "Entschuldigung, aber ist das jetzt ein Test? Wenn ich jetzt zu deinem Angebot ja sage, bin ich dann nicht erst wirklich ein Opportunist?"

  • Es war Cornelius Palma anzusehen, dass ihm sein Gegenüber nicht gerade sympathisch war und ihn seine Antworten auch nicht erfreuten, er dieses Gespräch aber andererseits sinnvoll zu Ende bringen musste. Er blickte kurz an Octavius Victor vorbei, bevor er wieder antwortete.


    "Ein Test? Ja, vielleicht. Aber nicht einer deiner Einstellung, sondern einer deiner Qualitäten. Du hast dieses Amt schon einmal bekleidet und ich kann derzeit sehr gut Männer gebrauchen, die sich auf ihren neuen Posten nicht erst lange einarbeiten müssen. Aber du kannst auch ablehnen, wenn du dies für angemessener hältst."

  • Diese Sache musste sich Victor gut überlegen. Sehr gut. Und auch sehr lange. Äußerst lange. Eigentlich jedoch war die Entscheidung gar keine solche. Im Grunde hatte er ja nur zwei Möglichkeiten: Zu Hause über den Cornelier (und den Vescularier) fluchen und über sein Schicksal nachgrübeln... oder das gleiche in irgendeinem Officium tun. Dann allerdings wenigstens in Amt und (mehr oder eher weniger großen) Würden.


    "Da ich dich offensichtlich nicht davon überzeugen kann, dass ich nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe... halte ich es trotzdem für besser Rom in einer weniger als optimalen Position zu dienen, anstatt Rom gar nicht zu dienen. Ich nehme dein Angebot also an und diene dem Reich und dir als Curator viarum."


    Und wenn es soweit ist, sorge ich dafür, dass du den 'Opportunisten' quer in den Hals gerammt bekommst. Selbst wenn Victor bei diesen Gedanken ein Blitzen in den Augen gehabt hätte, wäre es auf Grund eines wie demütig geneigten Hauptes seitens des Octaviers für Palma nicht zu sehen gewesen.

  • Cornelius Palma hatte sich in der doch sehr langen Gedankenpause schon etwas Sorge gemacht, dass sein gegenüber gedanklich sehr weit weg unterwegs war, aber dann kam er doch mit einer knappen und vor allem konkreten Antwort zurück. Ein ganz klein wenig erleichterte Entspannung war Cornelius Palma anzusehen, denn immerhin war damit dieses Gespräch wohl zu einem angenehmen Ende gekommen.


    "Sehr schön. Ich werde die Ernennung ausfertigen und verkünden lassen. Du bekommst etwas Übergangszeit, um die Geschäfte deines bisherigen Amtes abzuschließen und dein neues Amt zu übernehmen."

  • "Augustus."


    Bei den Worten des Corneliers neigte Victor noch einmal leicht den Kopf. Das schien jetzt auch so etwas wie ein Schlusswort gewesen zu sein.


    "Kann ich sonst noch etwas tun? Sonst würde ich mich gleich an die Vorbereitung des Amtswechsels begeben."

  • Das Gespräch war lang gewesen und mehr als dieses Thema war auch nicht vorgesehen gewesen, so dass Cornelius Palma den Kopf schüttelte.


    "Nein, weitere Anliegen gibt es nicht. Viel Erfolg bei der Durchführung des Amtswechsels. Vale."


    Damit erhob er sich, um zu den abschließenden Worten auch noch ein sichtbares Zeichen des Gesprächsendes zu geben.

  • Nachdem sich jetzt auch der Cornelier erhioben und verabschiedet hatte, quetschte auch Victor ein "Vale, Augustus!" hervor und machte sich dann auf den Raum und den Palast zu verlassen. Irgendwie hatte er zudem das dringende Bedürfnis auf etwas einzuschlagen, aber der Octavier nahm sich vor, damit nicht schon hier sondern erst in der heimischen Casa anzufangen. Nichtsdestotrotz knirschte Victor recht kräftig auf dem Weg nach draußen mit den Zähnen.

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