Cenatio Servorum: In diesem langgestreckten Saal, der an die Küche angrenzt, nehmen die Sklaven der Villa Flavia ihre Mahlzeiten ein. Er ist sowohl Gegenstück zum als auch Gegenteil des eleganten Tricliniums der Herrschaften. Hier dringt nur wenig Licht hinein, Kochdünste haben sich an den angeschmutzten Wänden festgesetzt, und in der Luft liegt stets der abgestandene Geruch von altem Essen. Klobige Holztische und Bänke bilden das Mobiliar, zerkratzt, teils schon ziemlich wackelig, und fügen sich somit perfekt in das schäbige Gesamtbild dieses Raumes. Nichtsdestotrotz ist dieser Speisesaal noch immer deutlich weniger trostlos als das Nachtlager der Sklaven - das alte, aus Zeiten des Flavius Felix - und so finden sich hier auch außerhalb der Essenszeiten gelegentlich die weniger privilegierten Bewohner der Villa ein, wenn sie, selten genug, etwas freie Zeit haben.
Die Herrschaften haben sich vor kurzem zu Tisch gelegt, um mit der cena die letzte Mahlzeit des Tages zu sich zu nehmen. Während Flavius Fusus in dieser Zeit von den bedienenden Sklaven mit versorgt wird, ist seiner Leibsklavin Vulpes die Gelegenheit gegeben, sich selbst ein wenig den Magen zu füllen. Zu diesem Zweck hat sie sich in die Sklavenunterkünfte begeben, um in der Cenatio Servorom eine Schüssel puls zu sich zu nehmen. Eine Standardportion hat sie sich bereits kurz zuvor in der angrenzenden Küche organisiert und schiebt sich mit selbiger beladen still und ruhig - wie man sie zumeist wahrnimmt - an einigen ihr entgegen kommenden Mitsklaven vorbei. Mehr als ein grüßendes Nicken oder einen knappen Gruß hat ihr bislang kaum jemand entlocken können. Eine gewisse Vorsicht und leichter Argwohn ist Vulpes' ständiger Begleiter im Kontakt mit ihr noch fremden Personen. Insbesondere hier, wo ihr die Zusammensetzung des Haushalts und die Gruppendynamik unter den Sklaven und Herrschaften noch unbekannt sind.
Sie identifiziert ganz am Rand mit etwas Abstand zu den anderen einen freien Platz auf einer der Bänke an den langen Tischen und ist ganz froh darum, sich nicht in die unmittelbare Gesellschaft der sich in kleinen Grüppchen unterhaltenden Schicksalsgenossen begeben zu müssen. Fast schüchtern wirkend setzt sie sich still dort hin, nickt den anderen lediglich kurz zu und ist konzentriert sich zunächst mit demonstrativer Entschlossenheit auf ihr Essen. Ein wenig wie ein Fremdkörper wirkt die rothaarige junge Frau, während sie ihr Mahl langsam und bedächtig ganz allein zu sich nimmt - einen Löffel nach dem anderen - und die meiste Zeit in ihre Schüssel hinein starrt. Allerdings schaut sie auch immer wieder für längere Zeit auf, um die anderen Sklaven zu mustern und zu beobachten - wie eine sehr vorsichtige, auf der Lauer liegende Füchsin.