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    Das Haus lag stumm und still. Alles schlief. Die Gänge und Räume, die ich leise durchquerte, waren leer und dunkel. Ich trug eine Öllampe in der einen Hand, und den Schlüssel zu Waffenkammer in der anderen.
    Es war ein schweres Schloss. Ich steckte den Schlüssel hinein. Drehte ihn. Die Türe schwang auf. Ich trat ein. Da ruhte es, das Arsenal von Wehr und Waffen unserer Gens. Generationen von Soldaten hatten große Taten mit diesem Zeug hier vollbracht. Da lagen kostbare Erbstücke herum, und dazwischen Beutegut.
    Langsam ging ich vorüber an den Gladii und Spathae in den Waffenständern. Pugiones und ein Caestus lagen in einer Kiste, Hastae und Iacula lehnten an der Wand. Daneben auch eine Menge hölzerner Übungswaffen. Gestapelte Scuta. Leere Harnische.
    In der Ecke ragte eine große dunkle Gestalt auf... das war meine zweitbeste Präfektenrüstung, diejenige die nicht verloren gegangen war, und die dort, komplett von den Ocreae bis zum rossgeschweiften Helm, ein Paludamentum um die Schultern, auf dem Rüstungsständer drapiert war. Ich ging rüber. Der geschwärzte Stahl verschluckte das Licht. Flüchtig strich ich über die Schmiedearbeit des Harnischs... dort bäumte sich schwungvoll der Hengst unseres Familienemblems auf. Die Pteryges am Subarmalium waren so schnittig wie man sich das nur wünschen konnte. Ich betrachtete distanziert die ganze Pracht, dann verzog ich schief den Mund und wandte mich ab.
    Den Schwertern zu.
    Ich war ja nicht ohne Grund hier. Aber es war nicht so einfach gewesen, einmal dem sorgenden Blick meiner Schwester zu entgehen. Ich stellte die Öllampe ab. Nahm die Klingen eine nach der anderen zur Hand. Gut geölt waren sie alle. Aber diese hier war mir nicht gut genug ausgewogen. Und diese hier... zu schwer. Ich ging die Gladii durch. Eigentlich fühlten sie sich alle in meinen mageren Händen zu schwer und schwerfällig an. Es ließ sich nicht leugnen, dass ich ein elendes Kerkerwrack war. Resigniert stieß ich die Luft aus. Lehnte mich an das Regal. Die Hände, mit dem letzten Gladius darin, sackten herab. Ich schloß die Augen.

  • An Schlaf war nicht zu denken. Eigentlich hätte ich längst auf dem Weg nach Misenum sein müssen. Eine Runde durch die casa. Flüchtige Gedanken, Grübeln über Geschehenes. Mit jedem Schritt, Erinnerungen. Das erste aufeinander treffen mit Faustus nach so langer Zeit, hatte mich geschockt. Sein Zustand war schlechter als erhofft. Weiter durch die Gänge vorbei an Kammern und Räumlichkeiten, die ich kaum kannte. Ein Licht? Was war dort gleich untergebracht? Ja das armamentarium. Wer hatte da zu tun, um diese Zeit? Ein Sklave mit Auftrag etwas zu holen oder abzulegen? Ich blieb in der Tür stehen. Eine hagere Gestalt lehnte am Regal, ein Gladius in der Hand. Meine Augen mussten sich erst an das trübe Licht gewöhnen. „Ein schlechter Zeitpunkt für Waffenübungen.“ Die deutlicher werdenden Gesichtszüge waren mir mehr als vertraut. „ Faustus?“ fragte ich in den Raum, obwohl ich wusste wer am Regal lehnte. Ein Schatten seiner selbst. Es war nicht zu leugnen. Seine Haltung , die eines gebrochenen Mannes. Faustus war nicht zu beneiden. Ich hätte in diesem, sein Schicksal entscheidenden Moment, bei ihm sein müssen, wenn ja wenn …. Die Götter hatten anders entschieden, hatten meine Schritte in eine andere Richtung gelenkt. Sie entsprachen meinem Wunsch dem Meer die Treue zu halten. Heute sah ich diesen Wunsch mit anderen Augen. Er nahm mir vieles, an dem mir mehr lag als das Rauschen der Wellen. Das Tosen der Brandung an der Steilküste, als würde Neptun mit seinem Gefolge jeden Augenblick dem Meer entsteigen. Der salzige Duft, das Spiel der Delphine, die die Schiffe auf ihren Fahrten begleiteten. Unweigerlich berührte ich die leere Stelle an meinem Finger. Der Ring unwiederbringlich verloren? Das war jetzt nicht von Belang. Ich ging auf ihn zu und wusste nicht was ich sagen sollte. Ob er mir jetzt mehr Beachtung schenkte. Sein Geist nicht in einer anderen Welt gefangen war? Es fröstelte mich. Ich fühlte mich, nur in meine Tunika gekleidet, bei der Menge der hier gelagerten Waffen, regelrecht nackt und er stand mit einem Gladius da.



    Sim-Off:

    Korrektur erledigt

  • Da war jemand. Ich zuckte zusammen, wandte gehetzt den Blick zum Eingang. Massa. Es war auch jetzt wieder so seltsam ihn zu sehen. Er kam auf mich zu. In der Vergangenheit hatte er mich niemals kalt gelassen. Da war romantische Freundschaft gewesen mit gewissen Vorzügen, Schwärmerei und Eifersucht und wahre Kameradschaft, und dann war ich ihm so unglaublich bitterböse gewesen als er mich fallen ließ... und fest davon überzeugt ich könne ihm auf keinen Fall jemals verzeihen... und jetzt stand er vor mir, und war doch, genau wie alles andere, auf der anderen Seite dieser Mauer aus dumpfer Taubheit, die mich umschloß.... und damit ganz weit weg.


    "Das hier," sagte ich, und leuchtete auf eine ziemlich mitgenommene Lorica segmentata, die sich unscheinbar unten ins Regal duckte, "das war die Rüstung, die ich als Soldat der Prima in Parthien getragen habe. Und... diese Hasta dort drüben habe ich dann später bei den Stadtkohorten geführt. Das hier war mein Cingulum militare. Das ist der Helm, den ich mir zugelegt habe, als ich Centurio wurde..." Mit der flachen Hand strich ich über den straffen roten Helmkamm... und ging wie ein Schlafwandler weiter zu den Monumenten meiner Tribunenzeit. Dem schicken Muskelpanzer aus Deiotariana-Jahren.... "Den kennst du ja." Zu einer mit Straussenfedern geschmückten Blemmyerlanze, die, neben einem hohen Zebrafell-Schild, eine Trophäe aus dem Zwölfmeilenland war. "Und das hier hätte ich ohne dich nicht überstanden." Weiter zu einem Gladius, das in seiner reich mit Skorpion-Motiven aus Goldblech beschlagenen Scheide an einem Nagel hing. "Das war mein Prunkschwert als Gardetribun..." Das könnte ich eigentlich nehmen. Ich legte das andere beiseite und nahm die Schönheit von der Wand. Lange war ich ihr nicht treu gewesen, aber ihre noch bessere Nachfolgerin lag ja nun auf dem Grunde des Flusses oder dem Grunde der duccischen Plündergut-Truhe. Das Gespenst in der Ecke, die schwarze Rüstung, die ich zuvor schon begutachtet hatte, streifte ich nur mit dem Lichtschein. "Naja."
    Ein, zwei Schritte machte ich, langsam auf Massa zu, suchte nach irgendetwas, um diese verfluchte, mich nur noch anödende Dumpfheit irgendwie zu durchdringen. Trotzdem tönte es in meinen Ohren wie eine kühle Floskel als ich zu ihm sagte: "Ich bin froh dass du es überlebt hast."

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    Klient - Decima Lucilla

  • Wie der Sohn dem Vater, der jüngere Bruder dem älteren, folgte ich Serapio weiter ins Armamentarium. Sein Weg vom Legionär, über die Cohorten zum Centurio. Ich war nur mit halber Sache dabei. Die Parallelen, Krieg, Aufstieg, zu meiner Laufbahn, ähnelten sich bis dahin frappierend. Bis zum Centurio und dann ändert sich alles. Wir gingen im Leben und in den Laufbahnen getrennte Wege. Es schmerzte ihn so vor mir zu sehen. Wie wünschte ich mir die Tage von Ägyptus zurück. Die Tage vor dem Aufeinandertreffen mit den friedlichen Nomaden. Besonders dieses Mädchen Neriman Seba hatte etwas ausgelöst, vom dem ich meinte immer verschont zu bleiben. Das es mich nie erreicht, allein durch die Nähe zu Faustus. "…Aquila…" kam es leise über meine Lippen. Wie hatte ich um ihn gekämpft, ihn gerettet und doch verloren. Die Zeit und die Ereignisse hatten uns verändert. Endgültig war das Band zerrissen als Faustus Ägyptus verließ und mir verwehrt wurde ihm zu folgen. Der Strudel kommender Ereignisse begann ihn als Gardetribun mit sich zu reißen und ich konnte ihn nicht beschützen. Ich fühlte mich schuldig nicht genug dafür getan zu haben in seine Nähe zu kommen. Ich hatte eigene Interessen verfolgt. Abgelenkt durch eine andere Liebe, die Liebe zum Meer und dieses Mädchen was mir immer noch im Geiste herumspukte. Ihr Amulett und die kleine Fortuna von Faustus trug ich immer noch. Die Lederbänder hatte ich erneuern müssen, fast durchgescheuert waren sie. Meine Hand ertastete beide Amulette unter der Tunika.
    Faustus entledigte sich des Gladius um gleich einen prunkvolleren von der Wand zu nehmen. Eine wundervoll verzierte Scheide. Ein einmaliges Stück. Kein Wunder, dass es hier seine Aufnahme gefunden hatte. Alles hier repräsentierte den Wertegang der Gens Decima. Ich hatte nichts dazu beigetragen. Was viel schlimmer war, durch mein eigennütziges Handel, wurde der Gens Schaden zugefügt. Vieles wäre anders gekommen, wäre ich bei Faustus gewesen. Davon war ich überzeugt. Faustus kam mir entgegen, das Prunkschwert in der Hand. Was wollte er damit? Allen Grund mich zu töten hatte er. Schließlich hatte ich ihn im Stich gelassen. „ Überlebt, ja. Um zu sehen wie du hier vor dich hin vegetierst. Es schmerzt mich dich so zu sehen.“ Flüsternd, wie zu mir selbst gesprochen brachte ich es auf den Punkt. „ Ich bin an all dem was passiert ist schuld.“ Jedes gefallene Sandkorn, jeder Wassertropfen der davon rann, sein Anblick eine Qual. Zu keiner Handlung fähig, sah ich ihn an. Sah ich das, was der Widerschein des schummrigen Lichtes zur Schau stellte.

  • "Du sollst mich nicht mehr so nennen."
    Sterne in der Wüstennacht, wie Juwelen auf blauem Samt, Heimlichkeit zwischen den Zelten, die rote Glut heruntergebrannter Lagerfeuer... und köstliche Leidenschaft, beflügelt von dem Wissen, dass schon bald wieder alles auf Messers Schneide stehen würde.... - ich erinnerte mich daran wie an... irgendeine Theateraufführung die ich mal gesehen hatte. Oder so ähnlich.
    Ich presste die Lippen zusammen, verwehrte mich gegen sein Mitleid. Das war ja noch schlimmer als bei Seiana. Sollte ich jetzt die anderen trösten, weil sie so traurig waren, weil es mir so schlecht ging?!
    "Ach Unsinn. Du überschätzt dich." widersprach ich ihm schroff, schüttelte wegwerfend den Kopf. "Schuld ist..... ist hier nur der Irrsinn, der die Parzen befallen hat, die wahnsinnige Raserei in der sie das Gewebe des Schicksals zu einem Fetzenhaufen widersinniger Wendungen zerrissen haben... - Weisst du... manchmal... manchmal da denke ich... die Götter, denen wir opfern und auf die wir meinen vertrauen zu können, sind nur Ausgeburten unserer beschränkten Phantasie... und was wirklich herrscht, in... in der Welt, in der Wirklichkeit... ist... - ich hatte da so einen scheußlichen Traum, weisst du... - was wirklich herrscht, ist ein monströses, blindes, idiotisches ... DING, um das so eine...dünne, monotone Musik ist, wie von Flöten... und das sich im Zentrum allen Seins auf ewig in einer Art... geistlosem chaotischen Tanz wiegt..."
    Ich schauderte, die Nackenhaare stellten sich mir auf. "Monoton... ja, wenn ich es jetzt bedenke, erinnerte es mich... in diesem Traum an den komischen Gesang der Nilfischer, als sie damals die Netze einholten..."
    Wieder schüttelte ich den Kopf, verzog das Gesicht, ich wußte so langsam nicht mehr wo die Grenze zwischen den Albträumen und dem Wachen verlief, oder ob es da überhaupt noch eine Grenze gab.


    "Schuld seid ihr natürlich, dass ihr Cornelius Invasion nicht aufgehalten habt. Aber...," ich lachte bitter auf, und wog das Schwert in der Hand "um das anzuprangern bin ich eindeutig die falsche Person. Wäre ich nicht so ein elender Feigling hätte ich schon längst ehrenwert mein Leben ausgehaucht."
    Ich streckte die Hand aus, und berührte sein Haar. Da war ja die Erinnerung daran, wie sehr ich es früher geliebt hatte, mit seinem Haar zu spielen, und mit den Fingern hindurchzufahren, es zu zerwühlen und mein Gesicht tief hinein zu graben, bis die Welt verschwand und es nur noch uns beide und unser wunderbares Spiel gab. Aber das war eben nur... Vergangenheit. Jetzt dagegen... strich ich ihm eben übers Haar, nichts weiter.
    "Schuld seid ihr allerdings, dass ihr euch ihm angeschlossen habt." urteilte ich schließlich. "Ihr wußtet doch bescheid, oder etwa nicht? Wie konntet ihr Rom so die Treue brechen? Ich meine, schämt ihr euch nicht? Schämst du dich nicht? Die Hand zu küssen, die die Ulpier ausgelöscht hat. Ich habe gehört, Octavius habe sogar öffentlich irgendeine Auszeichnung von ihm entgegengenommen. Ist das wahr?"

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    Klient - Decima Lucilla

  • Seine Worte, sie wurden nicht von einem klaren Verstand ersonnen und in die Welt entlassen. Er lebte nicht in der Wirklichkeit, nicht in diesem Moment. Dieser Krieg forderte mehr als die Schlacht in der Wüste. Ich beließ es bei seiner Feststellung. Machte es Sinn ihm zu widersprechen? Nicht in diesem Zustand. Er würde es nicht hören. Es beiseite wischen.
    Plötzlich wandelte sich seine Haltung. Sein Verstand schien klar. Die Schuldzuweisung konnte ich so nicht akzeptieren. „ Nicht aufgehalten? Wir haben gekämpft. Männer sind in den Tod gegangen. Viel zu viele gute Männer. Bei dem was dort vor sich ging. Wir hätten Palma aufgehalten und geschlagen. Wir waren Palma überlegen. Aber was dann passierte, ich versteh es bis heute nicht, dass uns die Götter so übel mitgespielt haben. Plötzlich standen 7000 Reiter in unserem Rücken. Die Truppen Palmas, als ob uns dreimal mehr Feinde gegenüber stünden. Die Pfeile meiner Bogenschützen, so gefährlich wie Strohhalme. Weiter kämpfen? Die Männer sinnlos in den Tod schicken? Es wäre dumm gewesen, Verantwortungslos.“ Seine Hand, seine Berührung, nichts, es regte sich nichts in mir. Ein kleiner Funke, kaum spürbar. Ein Hauch von Erinnerungen. Was hatte ich erwartet? Die gleiche Euphorie wie in Ägyptus? Die Zeit war wie der Wüstensand, der vom Wind vor sich her getrieben wird. Sie begrub alles unter sich. „ Ehrenwert in mitten einer Horde von skrupellosen, machthungrigen, alles zerfleischenden Harpyien. Ein Schaf unter Wölfen im Schafspelz. Wach auf Faustus!!“ mit jedem Wort lauter und lauter werdend, bis ich fast schrie. „ Meinst du man kann mit den Idealen der Vergangenheit heute noch etwas erreichen?! Dein Gewissen kannst du beruhigen, aber deine Familie damit beschützen? NEIN! Ihr zu Wohlstand und Einfluss verhelfen? NEIN!“ ich verlor nach und nach meine Beherrschung. „ Wir wussten nichts! Man hat uns im Unklaren gelassen und trotzdem haben wir alles versucht um Palma aufzuhalten.“ Ich versuchte meine Fassung wieder zu gewinnen. Es war nicht leicht. „ Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht. Das heißt nicht, dass man zum Schoßhund wird. Schämen? Ja, für das was ich stillschweigend hinnehme, um Rom die Treue zu halten.“ Die Auszeichnung des Octaviers ein erhabener Augenblick. Einen Mann zu sehen, dem man seine Aufgabe nahm. Ihm damit klar machte, dass er ein Faktor der Unsicherheit im Exercitus Romanus war. „Die Auszeichnung für den Octavier.“ ich lachte verächtlich auf.…..“ Sie war der Dolch im feinen Tuch, das Gift im Weinbecher. Man hat ihn mit Übergabe aus dem Exercitus Romanus entlassen.“ Alles das schien der Octavier im Voraus gewusst zu haben und ich stand hier. Mit neuer Order nach Alexandria.

  • "So etwas gibt es nicht" murmelte ich leise. Pfeile, die zu Strohhalmen wurden. Rebellen von herkulesgleicher Unbesiegbarkeit. Regen, der immer nur uns zielgenau den Weg wegschwemmte. Brave Bauersleute die plötzlich beschlossen ihr Leben für Cornelius Sache wegzuwerfen. Plötzliche geistige Umnachtung unserer Feldherren. Und ich fragte mich bis heute, welches Seeungeheuer eigentlich die gesamte Classis Ravennae verschluckt hatte. "So etwas kann es doch gar nicht geben. Aber... bei uns im Norden war es ebenso." Mein Kopf schmerzte. Es hämmerte in meinen Schläfen. Vorsicht Faustus. "Massa... das ist es doch was ich meine. Das... kann doch irgendwie alles nicht sein. Kann nicht real sein. Das ist nicht das Werk der Götter, nein... nein, irgendetwas... zernagt hier die Grundfesten unserer Realität....macht die Schicksalsweberinnen zu rasenden Zerstörerinnen... und unsere Welt zu einem Festbankett für die Keren..."
    Ein Zittern überlief mich, und meine Hand glitt von seinem Haar herab, und hielt sich an seiner Schulter fest. Ich senkte den Blick, und biss die Zähne zusammen bei Massas schonungsloser Erwiderung. Ich hatte nicht gewußt, dass er so dachte. Und es verdeutlichte mir blitzartig wie unendlich allein ich hier war.
    "Nein," flüsterte ich, "nur wie... -" Wach auf schrie er mich an. Ich zuckte zusammen und wich vor ihm zurück. Er war noch nicht fertig. Aber ich war fertig mit den Nerven und sank auf eine Holzkiste und vergrub das Gesicht in den Händen. Er stellte hier alles in Frage woran ich glaubte, und ich konnte nur noch denken: Was wenn er recht hatte?
    Schließlich war er still.
    "Ich will doch nur..." murmelte ich zwischen den Fingern hindurch, "leben wie... ein Mensch.. soweit das eben möglich ist... auch wenn ich umgeben bin von... wirklich vielen... Schweinen. Aber... aber für dich scheint Ehre und Treue ja sowas zu sein wie... eine bunte Tünche, mit der man sich einen hübschen Anstrich gibt, für Tage mit schönem Wetter, und wenn es dann hart auf hart kommt, dann blättert sie eben ab, die dünne Tünche. Du... du glaubst das doch nicht wirklich, Massa! Du redest dir doch nur schön, dass du jetzt Cornelius dienst. Dem Mann, der die Ulpier ausgelöscht hat, der den Kaiser, dem auch du einmal Treue geschworen hast, vergiften ließ. Nein. Rom wirklich die Treue zu halten, das würde jetzt bedeuten... dafür zu kämpfen dass die Wahrheit gehört wird und die Mörder zur Rechenschaft gezogen, und endlich wieder ein guter Kaiser den Thron besteigt... "
    Das waren große Worte, und sie klangen auch nicht wirklich überzeugt. Ich bekam ja nicht mal meine eigenen Lemuren in den Griff... - Dass Octavius abgesägt war, das hatte ich nicht gewußt, aber es war auch nicht sonderlich überraschend und es versöhnte mich keineswegs mit seinem Verrat. Ihm fehlte wohl die geschmeidige Wechselhalsigkeit, die sich nicht mit den, laut Massa, "Idealen der Vergangenheit" vertrug.
    Fröstelnd legte ich das Schwert auf meine Knie und schlang die Arme um mich. Ich starrte ins Leere. Mir war so verdammt kalt.
    "Massa, ich will so nicht leben. Kannst du..." fragte ich ihn zögernd, "vielleicht.....ich meine, kannst du mir..... ähm...... helfen?"

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  • Hatte Serapio wirklich das vor was ich dachte. Das konnte er nicht tun und ich half ihm nicht unter diesen Umständen. „ Du willst so nicht leben? Dann tu etwas dafür, dass es für dich lebenswerter wird. Sich jetzt mit meiner Hilfe davon zu machen…es ist nur eine Flucht vor dir selbst und kein ehrenhafter Tod.“ Ehrenhafter Tod, was war ein ehrenhafter Tod in einem Bürgerkrieg. Eine Farce war es zu glauben in einem Bürgerkrieg gab es den ehrenhaften Tod. Jeder kämpfte um seine Position egal was es kostete. Legionäre gingen für diese Egomanen, die nur an sich und ihre Macht dachten in den Tod. Letztendlich gewann der, der die meisten und einflussreichsten Männer Rom’s um sich scharen konnte. Das war geschehen und musste vorerst akzeptiert werden. „ Sich das Schwert zu dieser Stunde in die Brust zu jagen ist kein Dienst an Rom, es ist Feigheit. Du willst, dass wir für Rom kämpfen? Verwende deinen Verstand. Der müsste dir längst gesagt haben, dass es klüger ist abzuwarten. Anstatt darauf zu hören jagst du Idealen nach, die längst auf der Strecke geblieben sind. Eben durch solche Männer wie den Cornelier und einige andere.“ Ich lief wie eine eingesperrte Raubkatze vor ihm auf und ab. Die Zeit saß mir im Nacken und ich hoffte, dass er diese absurde Idee, einen ehrenhaften Tod mit dem Schwert zu finden, aufgab. „ Ja, ich habe den Knochen, den man mir zugeworfen hat angenommen. Etwas anderes blieb mir nicht übrig. Friss oder stirb. Nimm den Posten oder geh.“ Unvermittelt blieb ich vor ihm stehen. „ Man hat mich nach Alexandria, zur dortigen Classis versetzt. Komm mit nach Alexandria. Dort kannst du neu anfangen. Mein Schiff, die Aeternitas, liegt in Misenum und läuft in 4 Tagen aus. In Ostia liegt die Xenophon, ein Erbstück von meinem Onkel Verus. Wenn du jetzt nicht mit willst, überlege es dir in Ruhe. Die Xenophon wird im Frühjahr nach Alexandria in See stechen.“ Alexandria war weit von Rom entfernt, dort lief alles anders. Wen interessierte da, dass ein Sack Gerste in Rom umgefallen war. „ Lege das Schwert weg und komme endlich zu dir.“ Ich musste gehen. Es gab keinen Aufschub mehr, die Zeit drängte. Ich legte zum Abschied meine Hand auf seine Schulter und drückte sie. " Versprich mir, dass du es nicht tun wirst und denke über meinen Vorschlag nach."

  • Massa war zwar kein apfelessender Gaffer... - aber er war mindestens ebenso effektiv darin, einem den ehrenvollen Freitod zu vermiesen. So ein Abgang, das war ja kein Selbstzweck, nein, es war ein Zeichen, ein Fanal, das ultimative Aufbegehren gegen Diktatur und Tyrannei... und der Entschluß in einer wahnsinnig gewordenen Welt eher den Tod zu wählen als den unerträglichen Blödsinn der täglich auf einen einströmte weiter zu erdulden.
    Jedoch – was war ein solches, mit dem eigenen Leben erkauftes, hehres Zeichen, wenn die Leute es gar nicht kapierten?!
    Wenn sie einen so edlen Entschluß aus ihrer ungebildeten Frosch- oder bequemen Opportunisten-Perspektive als "Schwäche" oder gar "Feigheit" verkannten... wie ich es in der letzten Zeit immer wieder hatte hören müssen. Oh Zeiten oh Sitten... Was war nur aus der Wertschätzung der gutrömischen Mors voluntaria geworden? Ich hatte mich nie, wirklich niemals, für einen ausgemachten Traditionalisten gehalten... aber vielleicht hatte Massa ja recht, und ich war doch etwas altmodisch... jedenfalls schockierte es mich, dass diese urrömische Tugend anscheinend still und heimlich aus der Mode gekommen war! Wenn das Cato wüsste, und Scipio, Marcus Antonius, Scaurus, Cremutius, und der große Petronius und co... und natürlich auch, nicht zu vergessen, die arme Lucretia... sie würden sich allesamt in ihren Urnen umdrehen.
    "Ja, als Überläufer, der auf die Ehre spuckt, da bist du natürlich ganz besonders kompetent darin, zu beurteilen was ehrenvoll ist und was nicht." kommentierte ich sardonisch. "Sag es doch einfach gerade heraus: ich brauche dich und du lässt mich wieder einmal im Stich. -"


    Mit ihm nach Alexandria – ich verzog abfällig das Gesicht, ich brauchte weder sein Mitleid noch ein Almosen in Form einer Schiffspassage.
    "Vergiss es. Was soll ich da? In ein Fass ziehen? Oder bunte Tücher an die Touristen verkaufen oder was?" Ich war Soldat, nichts anderes, und ich war Eques, und damit völlig abhängig vom Kaiser, was bedeutete: ich war geliefert.
    Trotzdem hatte Massa mir die ganze Sache mit dem Freitod jetzt gründlich verdorben, und ich legte das Schwert - für den Moment – beiseite.
    "Ich verspreche nichts, ohne zu wissen ob ich es auf die Dauer auch halten kann." sagte ich düster. Ich brauchte diese Option. Auf keinen Fall würde ich mich nochmal einsperren lassen.


    Seine Hand drückte meine Schulter. Ich sah scheel darauf hinab. Das war also der Abschied. Warum musste mir ausgerechnet jetzt wieder das Bild vor Augen stehen, wie wir uns damals in Ägypten voneinander verabschiedet hatten, uns da im Innenhof meines Tribunenhauses so vertraut umarmt hatten.
    Nun dagegen war alles nur noch grau... ausgebleicht... taub. Das Bewusstsein dieses unendlichen Verlustes erstickte alles was da noch so an Wut herumgärte. Ich lehnte den Kopf zurück, gegen die Wand, und sah, auf der Kiste sitzend, von unten zu Massa hoch.
    "Schade." sagte ich leise. "Schade, dass... Das alles. Und schade ist es auch, dass es mit uns beiden nichts geworden ist. Ich war damals so unglaublich in dich verschossen. Naja. Ich fürchte, du bleibst... egal was du für einen Scheiß machst... trotzdem mein Held von Tasheribat. Mein Achilles. Immer." Ich legte meine Hand auf seine und drückte sie schwach, dann sank meine Hand wieder herab.
    "Also dann. Gute Reise. Pass auf dich auf."
    Mein Blick verschwamm. "Leb wohl."

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