Wie mit Palma vereinbart, hatte Livianus nach seinem Amtsantritt damit begonnen die nähere Vergangenheit und damit explizit die Herrschaftsspanne des Usurpators von einigen Schreibern und Rechtsgelehrten gründlich durchleuchten zu lassen. Da es aus seiner Sicht keinen Sinn machte lange auf einen Endbericht zu warten und diesen dann mühsam vor den Senat auszubreiten, hatte er sich dazu entschlossen lieber in einzelnen Etappen Ergebnisse zu veröffentlichen, die eine gezielte Diskussion erleichterten und ein produktives Vorankommen in den einzelnen Themenbereichen ermöglichten.
Heute konnte er das erste Thema zur Diskussion bringen und so eröffnete er die Sitzung des Senats mit folgender Einleitung.
"Ehrenwerte Senatoren,
ich darf euch berichten, dass in Abstimmung mit dem Princeps und der kaiserlichen Kanzlei die Zeitspanne der vescularischen Herrschaft einer umfassenden Aufarbeitung unterzogen wird. Dies beinhaltet auch die Überprüfung der Vorgänge im Senat, sowie eine nachträgliche Kontrolle der stattgefundenen Wahlen, der Ernennungen und Arbeit der Magistraten des Cursus Honorum und alle erlassene Gesetze dieser Periode. Sollte es von Seiten des Palastes oder meines Officiums zu Anfragen bei euch kommen, so bitte ich um eure Unterstützung in dieser Angelegenheit. Ich bin mir sicher es ist im Interesse aller, dass jegliches Vergehen und jedwede negative Einflussnahme des Usurpators aufgedeckt und nötigenfalls revidiert werden kann.
Ein Ergebnis, dass ich bereits vorab aus dieser Untersuchung erhalten habe betrifft die Magistraten des Cursus Honorum. Gemäß Codex Universalis § 47 ist jeder gewählte Magistrat verpflichtet, am Ende seiner Amtszeit einen Bericht über sein Wirken einzureichen. Dies passiert traditionsgemäß in den meisten Fällen öffentlich auf den Forum Romanum, wird aber auch in diesem Fall von einem Schreiber mitprotokoliert und in den Archiven des Senats abgelegt. Leider mussten meine Mitarbeiter feststellen, dass seit den Wahlen vom ANTE DIEM MAI DCCCLXI A.U.C. einige dieser Res gestae nicht stattgefunden oder in schriftlicher Form an den Senat übermittelt wurden. Dies betrifft…."
Livianus kramte eine Tabula hervor und verlas die darauf notierten Namen und Wahltermine.
[...]
Wahlen vom ANTE DIEM MAR DCCCLXII A.U.C.
Vigintivir Marcus Iulius Proximus
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Wahlen vom ANTE DIEM SEP DCCCLXI A.U.C.
Vigintivir Quintus Flavius Flaccus
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Wahlen vom ANTE DIEM MAI DCCCLXI A.U.C.
Aedilis Plebis Lucius Iulius Centho
Quaestor Principis Titus Duccius Vala
Vigintivir Aulus Tiberius Ahala Tiberianus
[...]
"Ebenso fehlt noch der Bericht unseres geschätzten Kollegen Duccius Vala über seine kürzlich beendete Amtszeit als Aedilis. Wobei ich mir sicher bin, dass er diese noch in Vorbereitung hat und wir in kürze damit rechnen können." Ein kurzer mahnender aber nicht unfreundlicher Seitenblick zu Vala folgte, der unterstrich, dass seine Worte lediglich als Erinnerung und nicht als Vorwurf dienen sollten.
Es hatte auch schon früher immer wieder Ausreißer gegeben, die auf diesen Bericht unbeabsichtigt, hin und wieder aber auch bewusst vergessen hatten. Natürlich konnte es auch gut möglich sein, dass diese von gesetzeswegen vorgeschriebene Tradition einfach nur in Vergessenheit geraten war, doch eine derartige Anhäufung solcher Vergehen genau mit Beginn einer so sensiblen Zeitspanne war doch Auffällig und Wert darauf aufmerksam zu machen.
"Da unser Gesetz lediglich vorschreibt das jeder Magistrat einen Bericht einzureichen hat, sich allerdings nicht mit der Frage beschäftigt was geschieht, wenn dies nicht passiert, möchte ich dem Senat die Entscheidung überlassen, ob wir die Berichte von den betroffenen Ex-Magistraten nachfordern wollen und wie wir in Zukunft damit umgehen."