Aufarbeitung der näheren Vergangenheit

  • Wie mit Palma vereinbart, hatte Livianus nach seinem Amtsantritt damit begonnen die nähere Vergangenheit und damit explizit die Herrschaftsspanne des Usurpators von einigen Schreibern und Rechtsgelehrten gründlich durchleuchten zu lassen. Da es aus seiner Sicht keinen Sinn machte lange auf einen Endbericht zu warten und diesen dann mühsam vor den Senat auszubreiten, hatte er sich dazu entschlossen lieber in einzelnen Etappen Ergebnisse zu veröffentlichen, die eine gezielte Diskussion erleichterten und ein produktives Vorankommen in den einzelnen Themenbereichen ermöglichten.


    Heute konnte er das erste Thema zur Diskussion bringen und so eröffnete er die Sitzung des Senats mit folgender Einleitung.


    "Ehrenwerte Senatoren,


    ich darf euch berichten, dass in Abstimmung mit dem Princeps und der kaiserlichen Kanzlei die Zeitspanne der vescularischen Herrschaft einer umfassenden Aufarbeitung unterzogen wird. Dies beinhaltet auch die Überprüfung der Vorgänge im Senat, sowie eine nachträgliche Kontrolle der stattgefundenen Wahlen, der Ernennungen und Arbeit der Magistraten des Cursus Honorum und alle erlassene Gesetze dieser Periode. Sollte es von Seiten des Palastes oder meines Officiums zu Anfragen bei euch kommen, so bitte ich um eure Unterstützung in dieser Angelegenheit. Ich bin mir sicher es ist im Interesse aller, dass jegliches Vergehen und jedwede negative Einflussnahme des Usurpators aufgedeckt und nötigenfalls revidiert werden kann.


    Ein Ergebnis, dass ich bereits vorab aus dieser Untersuchung erhalten habe betrifft die Magistraten des Cursus Honorum. Gemäß Codex Universalis § 47 ist jeder gewählte Magistrat verpflichtet, am Ende seiner Amtszeit einen Bericht über sein Wirken einzureichen. Dies passiert traditionsgemäß in den meisten Fällen öffentlich auf den Forum Romanum, wird aber auch in diesem Fall von einem Schreiber mitprotokoliert und in den Archiven des Senats abgelegt. Leider mussten meine Mitarbeiter feststellen, dass seit den Wahlen vom ANTE DIEM MAI DCCCLXI A.U.C. einige dieser Res gestae nicht stattgefunden oder in schriftlicher Form an den Senat übermittelt wurden. Dies betrifft…."


    Livianus kramte eine Tabula hervor und verlas die darauf notierten Namen und Wahltermine.



    [...]
    Wahlen vom ANTE DIEM MAR DCCCLXII A.U.C.
    Vigintivir Marcus Iulius Proximus
    [...]
    Wahlen vom ANTE DIEM SEP DCCCLXI A.U.C.
    Vigintivir Quintus Flavius Flaccus
    [...]
    Wahlen vom ANTE DIEM MAI DCCCLXI A.U.C.
    Aedilis Plebis Lucius Iulius Centho
    Quaestor Principis Titus Duccius Vala
    Vigintivir Aulus Tiberius Ahala Tiberianus
    [...]



    "Ebenso fehlt noch der Bericht unseres geschätzten Kollegen Duccius Vala über seine kürzlich beendete Amtszeit als Aedilis. Wobei ich mir sicher bin, dass er diese noch in Vorbereitung hat und wir in kürze damit rechnen können." Ein kurzer mahnender aber nicht unfreundlicher Seitenblick zu Vala folgte, der unterstrich, dass seine Worte lediglich als Erinnerung und nicht als Vorwurf dienen sollten.


    Es hatte auch schon früher immer wieder Ausreißer gegeben, die auf diesen Bericht unbeabsichtigt, hin und wieder aber auch bewusst vergessen hatten. Natürlich konnte es auch gut möglich sein, dass diese von gesetzeswegen vorgeschriebene Tradition einfach nur in Vergessenheit geraten war, doch eine derartige Anhäufung solcher Vergehen genau mit Beginn einer so sensiblen Zeitspanne war doch Auffällig und Wert darauf aufmerksam zu machen.


    "Da unser Gesetz lediglich vorschreibt das jeder Magistrat einen Bericht einzureichen hat, sich allerdings nicht mit der Frage beschäftigt was geschieht, wenn dies nicht passiert, möchte ich dem Senat die Entscheidung überlassen, ob wir die Berichte von den betroffenen Ex-Magistraten nachfordern wollen und wie wir in Zukunft damit umgehen."

  • Es war lange her seitdem Gracchus zuletzt die Hallen des Senates hatte betreten - seine letzte Sitzung war jene gewesen, in welcher Vescularius den Tod Valerianus' hatte verkündet -, und auch an diesem Tage war er nur der Pflicht gefolgt, nicht jedoch seinem eigenen Antrieb. Seine Sichtweise auf das Gremium an sich, auf die einzelnen Senatoren, wiewohl auf seine eigene Tauglichkeit und Berechtigung, ein Teil dessen zu sein, waren überaus ambivalent, doch hatte er seine Rückkehr in die Halle der Curia Iulia letztlich nicht viel länger hinauszögern können - nicht, nachdem bereits Cornelius Palma in seiner Position als Imperator Caesar Augustus ihm zu verstehen gegeben hatte, dass er eben dies erwartete. Nicht zu spät, doch gerade rechtzeitig vor Beginn der Sitzung hatte Gracchus mit den letzten eintreffenden Senatoren die Curia Iulia betreten, so dass er nicht etwa in Gefahr geriet, Gespräche jedweder Art führen zu müssen. Als nach der Eröffnung der Sitzung der kürzlich gewählte Consul Decimus sein Ansinnen präsentierte, bereute der Flavier seine Anwesenheit bereits wieder, schien es ihm doch als stießen die strigae ihre Klauen in seinen Leib, drehten und zerrten an seinen Organen - denn der Ankündigung umfassender Aufarbeitung der vescularischen Herrschaft haftete in seinen Ohren ein überaus bedrohlicher Beiklang an. Zumindest ein wenig relativierte die nachfolgende Aufzählung des anvisierten Inhaltes jedoch diese Beklemmung, umfassten die Pläne des Decimus doch augenscheinlich vorwiegend amtliche Vorgänge, wiewohl dies von Cornelius selbst war ratifiziert worden - welcher kaum wohl würde zulassen, dass jemand allzu detailliert die Ereignissen kurz vor Valerianus' Tod würde beleuchten. Einige Augenblicke zögerte Gracchus nachdem der Consul ein Ende hatte gefunden, doch da sonstig niemand das Wort wollte ergreifen, entschloss er sich schlussendlich zu einer Meldung.
    "Da die Berichtspfli'ht per Gesetz verfügt und damit gleichsam Teil der Magistratur ist, scheint bereits determiniert zu sein, dass diese ohne den Bericht auch nicht erfolgreich beendet werden kann. Da jedoch die Form dieses Berichtes - soweit ich mich ent..sinne - derzeit weder inhaltlich, noch in Hinblick auf die Art und Weise der Ausführung festgeschrieben ist, wird es schwer sein, dies rückwirkend von den dir genannten Männern einzufordern, Consul Decimus. Für künftige Magistrate indes würde es allfällig genügen, diesen Bericht vor einem staatlichen Gremium ein..zufordern, die res gestae vom Forum Romanum hinweg in die Curia Iulia zu verlegen, den Reden der Wahlkandidaten similär zu einem einheitlich vorgegebenen Termin - in Ausnahmen, bei Entsendung in eine Provinz etwa, auch nur in schriftli'her Form. Durch ein Versäumnis dieser Pflicht wäre letztlich die Magistratur nicht gesetzmäßig beendet, so dass damit auch nicht die Voraussetzung für ein höheres Amt wäre gegeben - deren Überprüfung wiederum Angelegenheit des dann amtierenden Consuls ist."
    Summa summarum würde dies nur eine geringfügige Änderung, respektive Erweiterung des § 47 bedingen.

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    IUS LIBERORUM

    PONTIFEX PRO MAGISTRO - COLLEGIUM PONTIFICUM

  • Mit zwanglosem Kleinsprech überbrückte Vala wie immer die Zeit bis zur Eröffnung der Senatssitzung, in welcher der decimische Consul die vielerwartete und vor allem mit einem großen Vorschuss an Skepsis versehene Aufarbeitung des vescularischen Regimes in Angriff nehmen wollte. Als das allgemeine Raunen der senatorischen Minigespräche ein Ende nahm und der besagte Konsul sich Gehör verschaffte, glaubte Vala sich noch darauf konzentrieren zu können wie der Decimus glaubte sich als neutraler Aufarbeiter der vescularischen Vergangenheit konzentrieren zu können. Als er jedoch mit der Frage der Berichte beginnen zu können, glaubte Vala zunehmend seinen Ohren nicht mehr trauen zu können.
    Als der Decimus sich dann auch noch mit einem tadelnden Blick an ihn persönlich wandte, schnappte Vala hörbar nach Luft ob der Frechheit, die sich der Decimus hier anmaßte. Stellte er ihn hier gerade als jemanden dar, der die Pflichten des Cursus Honorum verletzte? Und sich selbst als denjenigen, der diese zu wahren versuchte? Nachdem Vala während seines ausführlichen und von langer Hand vorbereiteten Wahlkampfs GENAU IN DIESER SACHE die Klinken namhafter Senatoren wie der Germanici und des aelischen Consulars, des Flavius Gracchus, des Purgitius Macer, nicht zuletzt die seines Patrons und einiger anderer geputzt, um eben genau das vorzubereiten was der Decimus hier gerade einforderte. Und das zu einer Zeit, in der der Decimus noch nicht einmal nach Rom zurückgekehrt war.
    Vala wollte sich nicht vorstellen, dass der Decimus ihm hier mit voller Absicht das Wasser abzugraben versuchte, allerdings hätte er selbst sicherlich davon gehört wenn der Consul derartiges groß angelegt neu einfordern würde... und andererseits waren Valas Projekte eben durch die groß angelegte Vorarbeit bekannt genug gewesen.
    Es lag also auf der Hand, dass der decimische Konsul davon gehört hatte und sich das Projekt jetzt zur eigenen politischen Profilierung zueigen machen wollte. Was nichts anderes als Affront und Schmeichelei zugleich war... einerseits sah der decimische Konsul sich selbst als potent genug, dass er einfach die Meriten nachrangiger Senatoren abstauben konnte, andererseits sah er Valas politischen Sachverstand als gut genug an, um sich bei diesem zu bedienen.
    Was es auch letztlich war es vollkommen egal, warum der Decimus sich jetzt hier seinem politischen Programm bediente: er tat es. Ob Absicht oder Gedankenlosigkeit, es sprach nicht für den Decimus.


    "Ich fühle mich geehrt, dass du, Konsul Decimus, das von mir seit einiger Zeit forcierte Projekt der Rechenschaftsberichte am Ende einer Magistratur im Cursus Honorum Senatorium aufgreifst... aber du und deine Mitarbeiter haben offensichtlich gewisse Aspekte übersehen, die ich offensichtlich nicht ausführlich genug dargelegt habe.", begann Vala nachdem er sich das Rederecht hatte geben lassen. Es verlangte ihm einiges an Selbstbeherrschung ab seine Tonlage nicht in die frostigen Regionen sinken zu lassen, in der er seine innere Stimmung seit der Erkenntnis des decimischen Affronts befand. Nichtsdestotrotz wollte er dem Decimus hier keinesfalls die Ernte der von ihm penibel vorbereiteten Saat überlassen. Das war SEIN Projekt, und das würde er niemandem sonst überlassen... vor allem niemandem, der nicht einmal den Anstand hatte die Quelle für das Unterfangen zu benennen.
    "Du glaubst, dass die auf der Rostra des Forum dargebotenen Res Gestae dem Gesetz Genüge tun und als formeller Abschluss einer Magistratur gelten. Dem muss ich in aller Entschiedenheit widersprechen, denn eine solche Rede kann im schlechtesten Falle nur ein paar Minuten in Anspruch nehmen und kaum Aufschluss über die tatsächlichen Tätigkeiten der Magistrate geben. Dass diese Res Gestae nichts anderes als bedeutungslose Augenwischerei waren hat konsequenterweise dazu geführt, dass sie letztlich komplett eingestellt wurden... und das schon vor der Zeit des Vescularius, und schon vor den Magistraten die du hier so wirksam anprangerst.", ging Vala also auf das Problem ein, das weit über die bloße Beibehaltung der Res Gestae und damit über den Willen des Consuls hinaushing, "Die eigentliche Frage ist nicht, ob die Vernachlässigung der Res Gestae ein Zeichen des Unrechtsregimes des Vescularius war, und ob die Magistraturen ohne diese Rede überhaupt wirkkräftig beendet wurden... die Frage ist, ob die Form der Res Gestae ein adäquater Abschluss einer Magistratur sind. Und alleine schon die marginale und ich sage es in aller Deutlichkeit: lächerlich geringe Form der Res Gestae VOR dem Einstellen dieser zeigt, dass sie dies nicht waren.


    Man sollte sich demnach nicht auf die Ahndung der vergangenen Nichteinhaltung einer marginalen Formalie ohne effektive Bedeutung, sondern auf das Finden einer neuen Effektive zum Abschluss einer Magistratur. Und wie ich zuvor schon mit vielen von euch werten Mitsenatoren besprochen habe, schlage die Einführung der Forderung nach einem detaillierten Rechenschaftsbericht nicht nur in Form einer Res Gestae, sondern auch in Form einer ausführlichen schriftlichen Dokumentation nach Art der Aedile vor." Letztlich ging diese Forderung natürlich über das Thema des Konsuls heraus, allerdings hatte dieser den Themenwechsel geradezu provoziert.

  • Ein wenig verwundert sah Livianus in die Richtung des Ducciers. Seine Projekt wurde aufgegriffen? Bisher hatte er weder etwas davon gehört, noch hatte sich der Duccier selbst ihm gegenüber in diese Richtung geäußert. Gelegenheiten hätte es gegeben. Doch Livianus ließ es auf sich beruhen und lauschte stattdessen aufmerksam den weiteren Ausführungen des Senators.


    Grundsätzlich war an dem was er hörte nichts zu bekritteln. Auch er selbst war schon in die Verlegenheit gekommen ein sehr kurzes Res Gestae zu halten. Was sollte man tun, wenn es keinerlei Nachfragen oder zumindest geheucheltes Interesse an dem Gesagten gab. Es brachte aus seiner Sicht auch nichts einen stundenlangen Vortrag zu halten, wenn es letztendlich nur zum Selbstzweck oder zur Absicherung diente und dennoch von niemanden bewertet wurde. Viel zu oft hatte er schon erlebt, dass man zum Selbstdarsteller degradiert wurde und mit seiner Arbeit oder seinen Themen auf zu wenig Interesse, geschweige denn Mitarbeit stieß, als das man daraus etwas machen konnte. Der Duccier war Fortunas Günstling, wenn er dies nicht schon selbst erlebt hatte.


    Froh darüber, dass der Senator schließlich seine Worte an die gesamte Senatorenschaft und nicht nur an den Consul richtete, ließ sich Livianus zurück in seinen Sessel sinken und wartete gespannt auf die Wortmeldungen der anderen Senatoren.

  • Die Richtung, aus der das Thema kam und die Richtung, in die es sich dann wendete, passte für Macer nur bedingt zusammen, weshalb er sich nach den ersten Redebeiträgen erst einmal zurückhielt. Erst später meldete er sich dann auch für einen Redebeitrag zu Wort, nachdem er seine Gedanken etwas sortiert hatte.


    "Senatoren, ich denke, wir sprechen hier über mindestens zwei verschiedene Dinge, wenn nicht sogar drei. Beginnen wir mit jenem, was Senator Duccius zuletzt ansprach, nämlich einer Dokumentation der Arbeit der Magistrate in der Art, wie es bei den Aedilen schon üblich ist. Ich unterstütze dieses Vorhaben, vor allem mit Blick auf jene Ämter, die mit rechtlichen Vorgängen befasst sind, seien es nun Prozesse, Hinrichtungen, Erbschaften oder dergleichen", begann er die Ausführung seiner Meinung und schaute in die Runde. "Es ist nicht nur im Interesse Roms ganz allgemein, sondern sicher auch ganz konkret im Interesse der jeweiligen übergeordneten Magistrate sowie der Nachfolger im Amte und nicht zuletzt auch im Interesse der jeweils betroffenen Bürger, wenn gut nachvollziehbar ist, welcher Magistrat in welcher Sache zu welchem Zeitpunkt welche Entscheidung getroffen, Handlung unternommen oder eben auch nichts getan hat. Da die meisten Magistrate ohnehin einen Schreiber oder mehrere beschäftigen, sollte es auch keine unzumutbare Mehrarbeit sein, eine derartige Dokumentation zu erstellen", schloss er diesen Teil seiner Ausführungen ab und machte eine kurze Pause.


    "Den Tatenbericht über die Amtszeit, der bisher üblicherweise in Form einer Rede auf dem Forum abgelegt wurde und den man sicher auch in schriftlicher Form darlegen kann, würde ich davon jedoch unabhängig betrachten. Eine Auflistung der erlassenen Edikte oder eine Buchhaltung über die Höhe der bearbeiteten Erbschaftsfälle ist zweifellos als Zusammenfassung einer Amtszeit ermüdend zu lesen und trotzdem nicht im mindesten aussagekräftig", fuhr er dann mit dem zweiten Thema fort, welches er im bisherigen Verlauf der Sitzung erkannt hatte. "Eine schriftliche Dokumentation kann meines Erachtens eine abschließende, zusammenfassende Rede ebensowenig ersetzen, wie eine Rede eine detaillierte Dokumentation ersetzen kann."


    Über die genauen Konsequenzen daraus und welche Paragraphen man gegebenfalls ändern oder ergänzen musste, schwieg er sich erst einmal aus. Stattdessen kam er zum dritten Punkt, den er erkannt hatte und der der ursprüngliche dieser Sitzung gewesen war. "Beides sind meines Erachtens aber nur Dinge, die wir jetzt beschließen und dann für die Zukunft einfordern können, aber die bei der Aufarbeitung der Vergangenheit, wie sie der Consul Decimus zu Beginn thematisierte, nicht helfen werden." Da der Consul dabei aber selber auch nur von Konsequenzen für die Zukunft gesprochen hatte und nichts davon, wie man die fehlenden Berichte nachfordern könnte, vertiefte Macer diesen Punkt nicht weiter.

  • "Das würde meinem Ansinnen entsprechen.", ging Vala auf die Ausführungen des Consulars ein und zeigte sich halbwegs zufrieden, auch wenn er noch herausstellen musste: "Allerdings lässt du, Purgitius, offen wozu die Res Gestae dann eigentlich noch gut sein sollten. In ihrer bisherigen Form sind sie nicht mehr als Augenwischerei und sie nur aus Gründen der Tradition beizubehalten... nun, meinetwegen."





    /edit wegen verschieben der SimOff-Diskussion

  • "Wir sollten nicht vergessen, dass die Res Gestae in Form der 'Res Gestae Divi Augusti' ein nicht gerade unbedeutendes Vorbild haben", antwortete Macer sofort auf die Erwiderung des Senators. "Auch wenn wir wohl annehmen können, dass die Res Gestae beispielsweise eines Vigintivirs weder in ihrem Umfang, noch in ihrer politischen Bedeutung und auch nicht in ihrer rhetorischen Qualität mit diesem berühmten Vorbild mithalten können, so sollten wir diesen wichtigen Baustein der politischen Karriere sicher nicht als nette, aber irrelevante Tradition abtun. So wie wir von jedem Kandidaten für ein Amt eine Rede erwarten, um uns ein Bild von seiner Qualifikation zu machen, ohne dabei eine detaillierte Auflistung seiner bisherigen Stationen mit Tag des jeweiligen Amtsantritts, der Amtsaufgabe, des Gehaltes oder sonstigen technischen Daten zu erwarten, so können wir meines Erachtens auch eine ebensolche Rede als Abschluss erwarten", führte er dann seine Gedanken aus und schaute wieder in die Runde und dann zu Duccius Vala.

  • "Hmhmhmhm.. nein, das überzeugt mich nicht.", gab Vala nach einem Moment des Überlegens zu verstehen, dass er der Sichtweise des Purgitius nicht folgen wollte, "Das was du beschreibst ist letztlich nicht mehr als eine Tradition, egal ob sie ihr Vorbild nun in den Principes hat oder nicht. Folgt man deiner Sichtweise sind die letzten Res Gestae die dem Senat vorgetragen wurden, wenig mehr als eine Unverschämtheit und eine degenerierte Beleidigung dieser Pflicht die mit dem von dir so angepriesenen Vorbild nichts mehr zu tun hat. Und mit den Eingangsreden zu vergleichen ist... nun, man schaue sich nur die letzten Reden an. Von der Verve der Überzeugungsversuche bei der Kandidatur ist nach der abgeleisteten Amtszeit selten mehr übriggeblieben als ein apologetisches Ableisten einer leidigen Pflicht die schon seit Jahrzehnten kaum jemand ernstzunehmen schien. Du willst diese Tradition, denn als nichts anderes kannst auch du sie nicht darstellen, wirklich beibehalten? Fein. An mir soll es nicht liegen, solange man es schafft dem Vorbild näher zu kommen als es die letzten paar peinlichen Kurzwaschgänge sind. Und natürlich vorausgesetzt es gibt parallel dazu eine verpflichtende vorhergehende Dokumentation."

  • Macer musste schmunzeln, denn er war sich sicher, den Senator mit den germanischen Wurzeln bei anderen Gelegenheiten schon sehr ehrfürchtig über römische Traditionen sprechen gehört zu haben, was ihm sicher nicht dabei geschadet hatte, eben als Mann mit germanischen Wurzeln auch als Senator im Herzen Roms akzeptiert zu werden. Hier schien er nun aber weniger begeistert von dieser Tradition zu sein, auch wenn Macer sich sogar weitgehend seiner Kritik an vergangenen Reden anschließen konnte. "Sehr wohl, Senator Duccius", gab Macer daher zur Antwort. "Es ist eine Tradition Roms, nicht mehr und nicht weniger. Und wer glaubt, den Senat bei dieser oder einer anderen Gelegenheit mit einfachen Worten abspeisen zu können oder hier überhaupt keine zusammenhängenden Sätze und Gedanken vorbringen zu müssen, der vergeht sich an dieser Tradition. Es muss ja nicht gleich jeder in die Fußstapfen der großen Rhetoren treten, die stundenlang und ohne Unterbrechung in diesen Hallen ihre Gedanken zu einem einzigen Thema mit vielschichtigen Argumenten darlegen konnten, aber ich halte es auch nicht für ratsam, gleich vor dem mangelnden Ehrgeiz Einzelner zu kapitulieren und auf das Einfordern einer Rede gleich gänzlich zu verzichten", übte er sich dann gleich selber wieder in der Darlegung seiner Argumente in Form mehrerer zusammenhängender Sätze. "Wer sich dadurch überfordert sieht, zu Beginn und zum Ende seiner Amtszeit zweimal vor dem Senat zu sprechen, der sollte sich ernsthaft Gedanken darüber machen, ob er den Cursus Honroum beschreiten sollte oder nicht vielleicht doch besser den Cursus Publicus wählen sollte, wo er schweigend von einer Pferdewechselstation zur nächsten reiten darf. So zumindest meine Meinung", schloß er seine Wortmeldung nun endgültig ab, nickte Duccius Vala noch einmal zu als Zeichen dessen, dass er seine Skepsis nicht übergehen wollte und nahm dann Platz, um anderen das Feld zu überlassen.

  • "Ich sehe, Consular Purgitius...", schloss Vala diesen Austausch von Gedanken ab, "...wir stehen auf zwei unterschiedlichen Standpunkten, sind aber durchaus einer Meinung. Unter der Prämisse, dass den Res Gestae durch mehr Inhalt und Qualität wieder zu Geltung verholfen werden soll, kann ich mich durchaus mit der Beibehaltung dieser zufrieden geben.", sprach's und wollte sich schon wieder setzen, als ihm dann doch noch etwas einfiel: "Aber, geschätzter Purgitius, wie willst du diese Rückbesinnung auf alte Qualitäten der Res Gestae erreichen? Man wird die Magistrate kaum per Gesetz dazu zwingen können mehr als fünf Minuten zu reden.. noch hat der Senat selbst den Willen gezeigt den Verfall der Res Gestae direkt rückzumelden."

  • "Dem Senat muss man seinen Willen wohl lassen", gab Macer im Sitzen zurück. "Aber jeder einzelne Senator kann sich ja überlegen, ob er seine Stimme einem Mann gibt, der kaum länger redet als das Verlesen seiner Kandidatur dauert." Man musste ja schließlich nicht alles gesetzlich regeln. Sonst brauchte man ja nicht einmal Wahlen mehr, wenn schon festgeschrieben war, wie man zu reden und auf eine Rede zu reagieren hatte.

  • "Gerade aus der neuen Vergangenheit kann ich nicht sagen, dass ich dahingehend viel Vertrauen in die Selbstheilungskräfte dieser erlauchten Institution habe.", gab Vala abschließend resignativ zurück und ließ sich schließlich auch nieder, weil das Thema dahingehend abgeschlossen war. Zu oft hatte der Senat erleben dürfen, dass Männer in Ämter gewählt worden waren die auf Sympathien hinter den Kulissen bauten und ansonsten auf rein garnichts.


    "Ich bitte die Konsuln hiermit...", sagte er noch abschließend, "...die Erörterung eines Standards für die von mir angedachten Rechenschaftsberichte für einen der kommenden Tage auf die Liste der Themen zu setzen."

  • Livianus nickte.


    "Wir werden es in den nächsten Tagen erneut auf die Tagesordnung setzen. Dann unterbrechen wir an dieser Stelle die Sitzung und nehmen uns nach der Pause dem nächsten Thema an."


    Nachdem der Consul sich erhoben hatte, drängten auch die meisten der Senatoren aus ihren Sitzreihen, um sich zu kleinen Gesprächsgruppen zusammenzufinden, kurz vor die Curia Iulia zu gehen, um frische Luft zu schnappen oder anderenorts menschlichen Bedürfnissen nachzugehen. Livianus hielt in diesem Menschengewirr Ausschau nach einer ganz bestimmten Person – Senator Aurelius Lupus. Als er ihn endlich erblickt hatte winkte der Consul ihm zu.


    "Senator Aurelius! Auf ein Wort bitte!"

  • Was war denn jetzt schon wieder kaputt? Sextus hatte sich aus der Debatte, die hier angestoßen worden war, herausgehalten und einfach nur gemütlich gelauscht, bis die Pause kam. Nicht, dass er keine Meinung gehabt hätte. Es war ihm nur gerade bei dieser Sache nicht wert, lange herumzudiskutieren, um eben seine Meinung durchzusetzen. Überhaupt verstand er nicht, was der Duccius, der sich andernorts traditioneller als Romulus selbst gab, hier nun zu meinen glaubte, die Res Gestae als unwichtig abzutun. Aber gut, es war das Thema nicht wert, deshalb zu streiten.


    In der also irgendwann einberufenen Pause von diesem trockenen Thema, als Sextus sich nun etwas lauter mit seinem Sitznachbarn unterhalten wollte, kam just der Consul auf die Idee, ihn hier in der Curia auf ein Wort zu bitten. Warum auch immer.
    Sextus entschuldigte sich also kurz bei seinem Gesprächspartner mit einem kleinen Scherz, der ein leichtes Lachen bei seinem Gegenüber zur Folge hatte, und begab sich also auf würdevollen Gesprächsabstand zu dem Consular. “Consul Decimus?“ fragte Sextus also ganz trocken und nicht unbedingt voll freudiger Erwartung, auf das implizierte 'Was gibt’s?' explizit verzichtend.

  • Offenbar hatte es dem Consul vollkommen die Sprache verschlagen. Sextus betrachtete noch einen Moment seine Fingernägel (und kam hierbei zu der Entscheidung, am Abend eine Sklavin mit der Maniküre zu beauftragen), um dem Consul vielleicht noch die Möglichkeit zu geben, seine Sprache wiederzufinden. Nur hier herumzustehen und zu warten war nun nicht unbedingt sein höchstes Tagesziel.

  • Unerwartet und fast schon väterlich wirkend, legte Livianus kurz seinen Arm um die Schultern des wesentlich jüngeren Senators, der tatsächlich vom Alter her sein Sohn sein konnte und der es offenbar eilig hatte. Er wandte sich gemeinsam mit dem Senator fast verschwörerisch wirkend von den restlichen Senatoren ab und nahm den Arm wieder von ihm, ehe er im Vergleich zum restlichen Senat leiser, aber doch für sein Gegenüber deutlich hörbar zu sprechen begann.


    "Senator Aurelius. Während der Recherchen meiner Schreiber über die vergangenen Jahre und den unterschiedlichsten Amtshandlungen und Vorgängen im Senat ist eine sehr unangenehme Sache zum Vorschein gekommen. Offensichtlich sind in den Kriegswirren einige Protokolle verloren gegangen. Unter anderem wohl auch jenes in dem verzeichnet ist, dass du deinen Treueeid als Senator abgeleistet hast.


    Ich persönlich bin von deiner Rechtschaffenheit überzeugt und kann das alles nur auf die unglücklichen Umstände des Bürgerkriegs zurückführen. Jedoch wäre es vielleicht besser diesen Eid noch einmal nachzuholen. Nicht das es bei zukünftigen Wahlen vielleicht noch thematisiert wird und man dir diesen unglücklichen Umstand zum Verhängnis macht."

  • Sextus sah den Consul nur mit sehr versteinerter Miene an. Und einem Blick, der allzu deutlich machte, dass er glaubte, sein Gegenüber hätte den Verstand verloren.
    “Berühre mich nie wieder, oder ich werde dafür sorgen, dass du es nie wieder kannst“ sagte er nur leise und entfernte sich von dem Consul, ohne ihn auch nur eines weiteren Wortes zu würdigen. Dessen Probleme wollte er haben! Fehlende Eidesunterlagen! Einen dermaßen grandiosen Unsinn hatte er noch nie gehört. Da musste der Consul wohl wirklich LANGE gesucht haben, um ihm auch nur irgendwie ans Bein pinkeln zu können...

  • Verstehen konnte Livianus die Reaktion des jungen Senators freilich nicht, doch nach allem was er in diesem Amtsjahr gesehen und erlebt hatte, überraschte sie ihn dann doch nicht sonderlich. So war sie eben, die neue Generation der Senatoren und Gestalter des Imperium Romanum. Schulterzuckend ging auch er seiner Wege.

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