• Zitat

    Lucius Syagrius Nepos dixit:
    Nun ja, es mußte vielleicht untergehen, damit es neu erstehen konnte?


    naja gut, so gesehen...


    Zitat

    Man kann ja andererseits auch sagen, es sei nie untergegangen. (Byzanz). Dann ist die Frage, inweiweit Byzanz nach der Kirchenspaltung noch das Recht hatte, Nachfolger zu sein. Wenn das legitim war, dann bestand es wohl sogar bis 1917, nämlich wurde ja Moskau "Das Dritte Rom" genannt.


    naja, das mit der legitimation ist so eine sache...
    genannt, du hast es richtig gesagt, genannt wurde moskau als das dritte rom, meines wissens aber, hat es sich selber so genannt, wohl aus prestigegründen.


    Zitat

    Oswald Spengler...


    wenn ich zeit habe, schau ich mir das mal an, bin gespannt, auf welchen fakten er seine theorien stützt.

  • Spengler ist aber keineswegs unumstritten. Über seine Analogien haben sich viele schon lustig gemacht. Aber ich finde nicht, daß er so sehr Unrecht hat. Ich hab allerdings nur einen Teil des Biuches bisher gelesen.

  • Zitat

    Lucius Syagrius Nepos dixit:
    Auch die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches waren legitime Kaiser. Seit Konstantin wurde nämlich eine Staatskirche aufgebaut, eine offizielle. Man kann also davon ausgehen, daß der Papst im Jahre 800 nicht unrechterweise Karl gekrönt hat.


    Der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war legitim. Keine Frage. Nur war er kein römischer Kaiser, wie zum Beispiel Augustus oder Konstantin oder der letzte Kaiser von Byzanz.


    Betrachtet man die Position des Papstes bei der Kaiserkrönung von Karl dem Großen, sieht man, dass hier ein Novum geschaffen wurde, das es zuvor niemals gab. Die Art der Krönung, der Ablauf der Krönung, die Legitimation der Krönung, alles war Neuland, Neuland das sich zweifelsohne auf die Wurzeln des römischen Kaisertums berief, und aus der Perspektive der damaligen Gegenwart und der Nachwelt wohl auch Hoffnungen auf Anerkennung hatte machen können, doch zur römischen Zeit wäre Karl höchstens als Usurpator durchgegangen.


    Zumal, und das dürfen wir nicht vergessen, seine Krönung unter anderem damit schwammiger weise begründet wurde, dass der Thron in Byzanz verwaist sei, und dort kein Kaiser sitze. Ein Begründung, die so nicht ganz stimmte, denn Irene, die Kaiserin von Byzanz war an der Macht, wenn auch Frau. (Und die Gebiete in Italien standen ja bis zu diesem Zeitpunkt auch offiziell unter dem Schutz der byzantischen Kaiser, ehe sich der Bischof von Rom an Karl wandte und damit einen Positionswechsel bezog)


    Nur, wir wissen ja, was der Papst von Frauen hält, oder besser was jener Bischof zu Rom von Frauen hielt, ein Bischof, der längst nicht den Anspruch stellen konnte der Führer der Kirche zu sein - ein Anspruch der sich erst später durchsetzen konnte - wie wir heute denken, er war einer von vielen, nutze die Krönung Karls jedoch um sich selbst gewaltig zu profilieren.


    Um es auf den Punkt zu bringen: Eigentlich war es eine doppelte Usurpation: Karl wurde Kaiser und der Bischof zu Rom trat den Weg zur Alleinherrschaft an. Das nenne ich nicht Antritt des römischen Erbes, sondern Machtergreifung mit der Tünche römischen Erbes. Auch wenn die Zeitgenossen das vielleicht anders sahen und auch anders bewerteten.

  • Nun ja, das eine ist Staatsrecht, das andere ein religöser Ansatz. Ich selber habe mit letzterem so mein Problem, denn selbst wenn das Christentum im römischen Imperium Staatsreligion wurde, waren die römischen Kaiser ja immer noch staatsrechtlich gesehen römische Kaiser, die aus dieser Tradition heraus, mit den gängigen Ritualen ernannt wurde, also Ernennung durch einen Senat, oder Ausrufung durch die Truppen, in welcher antiken Form auch immer, mit oder ohne Salbung durch einen Patriarchen.


    Was der Papst macht, ist jedoch etwas vollkommen neues. Er wendet sich von der Bindung an einen bestehenden römischen Kaiser (Byzanz als Ostrom und Fortführung des Römischen Reiches) ab und ernennt aus seinen eigenen Gnaden (Wer ist der Papst im 9. Jahrhundert? Nur ein Bischof von vielen, denn der Absolutzheitsanspruch kommt erst später) einen neuen Kaiser, der zudem aus Franken kommt. Klar, wie er das legitimiert ist die eine Sache, doch ehrlicherweise muss man ja sagen, dass diese Aktion keine berechtigte Verbindung zum römischen Imperium mehr hat.


    Was folgt ist ein Nebeneinader von HRRDN und Ostrom, das HRRDN ist kein Nachfolger, sondern Konkurent, und als Ostrom 1453 untergeht bleibt es alleine übrig, dann jedoch faktisch schon ohne Italien, denn dort kriegt der Deutsche Kaiser zu der Zeit kaum noch einen Fuss auf den Boden. Die Franzosen und die Spanier beginnen bald mitzumischen. Es ist ja bezechnend, dass die Deutschen Kaiser selbst den Beriff des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen einführten: Dabei muss man jedoch beachten, dass der Begriff "Heilig" erst usus wurde im Zuge des Investiturstreites mit Rom, als jenes den König exkommunizierte und somit zu einem "Unheiligen" machte, der Begriff "Römisch" relativiert sich jedoch durch den Zusatz "Deutscher Nationen" mit welchem die deutschen Kaiser jegliche Ansprüche auf "ausserdeutsches" von vornherein aufgaben, allein schon aus dem Grund um sich die anderen europäischen Mächte vom Hals zu halten.


    Das HRRDN war schwach, innerlich zerrütet, die Könige und Kaiser hatten mehr mit ihren Herzögen und Fürsten zu kämpfen, als dass sie Zeit gehabt hätten sich aussenpolitisch zu engagieren. Die Italienzüge kamen bald ins Stocken, faktisch wurde das HRRDN eine Idee, welche nur noch zur Legitimierung der Herrschaft des Deutschen Kaisers über die deutschen Lande herhielt. Mit dem römischen Imperium hatte das ausser dem Namen und einer Erinnerung an früher nichts mehr zu tun.


    Sorry, aber ich kann beim besten Willen der Translatio-Theorie nur ein müdes Lächeln abgewinnen. Sie ist ja nur der Versuch etwas zu legitimieren, was vollkommen neu ist (sei es das Frankenreich, sei es das HRRDN, sei es das Zarenreich) und diese "Legitimation" braucht, um anfangs und auch später überleben zu können.

  • Zitat

    Maximus Decimus Meridius dixit:
    Sorry, aber ich kann beim besten Willen der Translatio-Theorie nur ein müdes Lächeln abgewinnen. Sie ist ja nur der Versuch etwas zu legitimieren, was vollkommen neu ist (sei es das Frankenreich, sei es das HRRDN, sei es das Zarenreich) und diese "Legitimation" braucht, um anfangs und auch später überleben zu können.


    Du nennst das Translatio-"Theorie"? Nun ja, vom heutigen Standpunkt ist diese geschichte natürlich etwas lächerliches, aber, entschuldigt, großes ABER: Ihr dürft nicht die Intention dahinter vergessen und zwar meine ich damit die 4-Welten-Geschichte der Bibel und die Translatio imperii war die Möglichkeit, wie auch gesagt eine lächerliche, dem "Weltuntergang" asuzuweichen. Natürlich ist das nur ein Faktum von vielen, Macht- und Prestigegründe haben sicherlich mehr Gewicht gehabt, aber ich würde das nicht ausklammern.

  • Also ich bin schon für die Translatio Imperii. Das wurde sicherlich auch mal mißbraucht, aber eigentlich bezeichnete der Begriff ja nur die Übernahme des Reiches durch die Franken und dann die deutschen Stämme, mit christlichem Vorzeichen.


    Ich wünsche mir, auch wenn es unrealistisch klingt, für die Zukunft ein Reich Europa, das ebenso regional und föderal aufgebaut ist wie das HRR, im Grunde auch wie das spätantike Imperium. Es soll sich dann auch klar auf die Geschichte beziehen. Die letzten 200 Jahre wird man dann irgendwann als unwürdiges Zwischenspiel abtun können.

  • Das HRR als Vorbild? Lieber nicht. Der Föderalismus des HRR war nichts anderes als ein ständiger Kampf zwischen Fürsten und der zentralen Gewalt des Königs.


    Ich würde eher die Struktur des römischen Imperiums bevorzugen. Die zentrale Gewalt sitzt an einem Punkt, die Provinzen werden jedoch jeweils für sich verwaltet.

  • Ich habe so meine Probleme mit dem Zentralismus. Den bekommen wir nämlich in dieser ach so wunderbaren EU immer mehr. Dieses Gebilde verdient es sowieso nicht, sich mit der Geschichte zu messen.


    Eine Hauptstadt als Sitz der Reichsregierung kann es ja geben. Aber föderal sollte es auf jeden Fall sein. Wie du sagtest, die Provinzen werden für sich verwaltet.

  • Nun ja, ein gewisser Zentralismus wie im Imperium Romanum wäre kein Fehler. Das würde bedeutet: Eine einheitliche Armee, eine einheitlich organisierte Polizei, eine einheitlich organisierte Justiz nach Gesetzen die überall die selben sind und eine einheitliche Aussenpolitik. Was dann in den jeweiligen Provinzen sonst noch passiert wäre das Problem der jeweiligen Provinz.

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