• Erwartungsvoll blickte der alte Petronier zu dem Tiberier hinüber. Hatte er etwas falsches gesagt? War er vielleicht unter der Würde des Quattuorvir mit jemandem zu sprechen, der das Amt nicht einmal ordentlich einordnen konnte und würde gleich wegschwimmen?

  • "Wir sind an sich relativ unabhängig von den Aedilen", gab der Tiberier erklärend an, der sich natürlich immer freute, wenn man sich für das interessierte, was er so tat. Schließlich musste es ja wichtig sein, wenn er selbst es tat. "Die Aufsicht über die Sauberkeit gehört ihnen, aber die Quattuorviri sind im Laufe der Zeit zu einer so selbstverständlichen Instanz geworden, dass es kaum noch Rücksprache mit den Aedilen bedarf. Sie wissen, dass wir uns um die Straßen kümmern und wir haben maximal Kontakt, wenn etwas wirklich gänzlich schief gehen sollte oder es irgendwelche Besonderheiten zu klären gibt." Da musste der Tiberier natürlich auch im Gegenzug Interesse heucheln: "Du sagtest, ihr würdet versuchen wollen, Mogontiacum zum Municipium erheben zu lassen. Wie stehen denn die Chancen und woran könnte es scheitern?"

  • Das hatte Crispus wohl falsch verstanden - wahrscheinlich hatten sich die Strukturen von Befehl und Gehorsam zu sehr in seine Wahrnehmung eingegraben. Allerdings wechselte der Tiberier sowieso das Thema und kam lieber auf den Grund ihrer Anwesenheit zu sprechen.


    "Naja, die Chancen scheinen nicht so schlecht zu stehen - wir wohnen bei Duccius Vala, der aus unserer Gegend stammt. Naja, aber ich bin mir nicht so ganz sicher - immerhin wird's wohl einen Grund geben, warum die Provinzhauptstadt von Germania Superior nach hundert Jahren immer noch kein richtiges Stadtrecht hat."


    Er machte eine wegwerfende Handbewegung.


    "Aber ehrlichgesagt kenne ich mich in der Reichspolitik auch nicht so richtig aus. Wir haben jedenfalls sicherheitshalber eine Stange Geld in Geschenke für den Kaiser investiert - das wird hoffentlich reichen, ihn dazu zu bewegen, uns weiterzuhelfen. Kostet ihn ja eigentlich nix, soweit ich weiß."

  • "Vielleicht hat sich einfach noch nie jemand so richtig dafür eingesetzt", kommentierte der Tiberier den ersten Teil der Ausführung. "Aber inzwischen scheint es ja eine gewisse Lobby dafür zu geben. Ich bin sicher der Kaiser wird diesem Anliegen nachkommen, wobei ich nicht unbedingt glaube, dass ihm mit Geschenken unbedingt beizukommen ist. Aus meiner ersten Begegnung mit ihm, nahm ich eher den Eindruck mit, dass er sehr bescheiden und pragmatisch ist. Ihm liegt glaube ich nicht so viel an materiellen Dingen, wie dies vielleicht bei einem gewissen Usurpator der Fall war, der sich hier in Rom bekanntermaßen vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls Kaiser schimpfte." Natürlich wollte der Tiberier die Hoffnungen des Petroniers nicht gleich zerstören, weshalb er noch relativierend anfügte: "Trotzdem glaube ich, dass er eure Mühe zu schätzen wissen wird."

  • Das konnte Crispus sich nicht recht vorstellen - Augusta Raurica war eine römische Kolonie, Arae Flaviae ein Municipium, Colonia Agrippinensis war Colonia und so weiter und so fort. Wahrscheinlich hatte eher der Statthalter seine Kontrolle nicht aufgeben wollen - aber naja, sie würden es letztlich schon herausfinden...


    "Das denke ich auch. Soweit ich weiß, sind seine Legionen und Amtsträger nämlich noch nicht so bescheiden, also wird er das Gold gut gebrauchen können, das wir hierher geschafft haben."


    erklärte er dann. Dabei dachte er sich, dass die Kategorien "Bescheidenheit" und "Pragmatismus" hier in Rom und aus dem Mund eines Patriziers wohl sowieso etwas anderes bedeuteten als das, was er darunter verstand. Außer seinem Ex-Patron kannte er jedenfalls keinen bescheidenen Senator... und Palma war ja immerhin Statthalter in Asia gewesen, wo man sich angeblich gegen unverschämten Reichtum gar nicht wehren konnte!


    "Begegnest du ihm oft?"


    fragte der Alte dann weiter.

  • "Nun, ich gehe auch nicht davon aus, dass er die 'Geschenke' ablehnen wird. Ob diese nun aber den gewünschten Effekt hat, mag eine andere Frage sein", gab der Tiberier noch zu bedenken. Richtig lustig wird es doch erst, wenn man sich trotz aller Bescheidenheit einfach alles nimmt, wobei das ein überaus interessantes Paradoxon ist, dem er aber auch nicht unbedingt weiter nachgehen wollte. "Nein, nicht sehr oft", beantwortete er stattdessen die Frage. "Ich bin ihm bisher einmal begegnet, als mich mein Patron Aurelius Lupus ihm vorgestellt hat. Der Aurelier ist im Übrigen ein Klient des Kaisers. Ich bin damit sozusagen Kaiserklient-Klient", gab er nicht ohne schlechten Humor von sich.

  • Zwar verstand der alte Petronier nicht so recht, was Lepidus ihm damit sagen wollte, aber er musste ja auch nicht unbedingt antworten - es gab ja auch schon ein anderes Thema, das sie weiterbereden konnten:


    "Ja, das hatte ich schon gehört..."


    konnte er immerhin sagen - er wusste zwar nicht mehr genau, wer ihm das erzählt hatte, aber das war ja im Grunde auch nicht so wichtig. Viel wichtiger war es, mehr über den Aurelier zu erfahren:


    "Und er unterstützt dich wohl ziemlich, wenn er dich mit auf so eine Audienz nimmt, oder? Oder sind Leute von deinem Stand öfter auch allein beim Kaiser?"


    Diese Frage ließ zwar erkennen, dass Crispus nicht sehr viel Ahnung davon hatte, wie es am Kaiserhof zuging, aber woher sollte er es auch wissen? Und irgendwie musste er ja erfahren, was für ein Patron dieser Lupus war...

  • "Ohja, und es war nicht das einzige Mal, dass er mich so tatkräftig unterstützt hat. Ich bin wahrlich noch nicht sehr lange sein Klient - vielleicht ein gutes Jahr, wenn ich mich recht entsinne und er hat mir schon sehr viel ermöglichst. Sei es der Ordo Senatorius, die Unterstützung bei der letzten Wahl oder auch die Audienz beim Kaiser." Da konnte der Tiberier natürlich recht ins Schwärmen kommen, auch wenn ein gewisser anonymer Autor der Acta diese Wahl für nicht sehr günstig gehalten hatte. Naja, dass sein Patron rein von der Persönlichkeit her auch ein echtes Ekel sein konnte, vermied er ebenso zu sagen. Damit wurde sicherlich nicht jeder fertig. Lepidus selbst konnte sich aber kaum beklagen. Immerhin etwas warnend fügte er im lockeren Tratsch noch etwas an, um seinen Patron nicht wie die Lichtgestalt wirken zu lassen. Der Tiberier wusste genau, dass man mit dem Aurelier auch sehr unglücklich werden konnte: "Nur über religiöse Angelegenheiten solltest du besser niemals mit dem Aurelier streiten, wenn du ihm begegnest. Er ist ein recht stolzer Haruspex und duldet wahrlich keine anderen Meinungen." Da war dem Tiberier sein Anmaßung den Auguren etwas Gutes abzugewinnen noch in guter Erinnerung. "Selbst Leute wie ich gehen beim Kaiser leider nicht problemlos ein und aus" Eigentlich schade. Verdient hätten sie es doch allemal! "Nein, zum Kaiser gelangte ich wahrlich nur durch meine Beziehungen. Ich werde wohl politisch noch um einiges aufsteigen müssen oder das Glück haben vielleicht eines Tages selbst Kaiserklient zu werden, bevor ich bevorzugt einen Termin erhalten würde" Und bis dahin war es sicher noch lange hin.

  • Wieder kam der alte Petronier nicht umhin, anerkennend zu nicken - es klang tatsächlich danach, als wäre dieser Aurelius Lupus ein geeigneter Patron... zumindest für einen ambitionierten Politiker. Stellte sich die Frage, ob dasselbe für eine Familie aus der fernsten Provinz galt...


    "das sind ja ehrgeizige Pläne..."


    kommentierte Crispus schließlich und biss sich gleich auf die Zunge - die Tiberier waren ja nicht irgendein Geschlecht, wahrscheinlich wäre jeder andere Plan ein Rückschritt!

  • "Man kann leider nicht ambitioniert genug sein, wenn man aus einer so erfolgreichen Familie stammt... Ja, es ist schon fast eine Last, aber ich vermag mit ihr umzugehen." Armer Lepidus! Es war schon nicht einfach ein wohlhabender Patrizier zu sein. "Aber ich vermute, der Ehrgeiz ist auch dir nicht fremd. Ein Mann, der sich heute Primipilaris nennen darf und nun Teil einer Delegation ist, die beim Kaiser vorsprechen wird, strebt offenbar gern nach Höherem. Ganz zu schweigen von deinem Sohn, dessen Anliegen in den Ritterstand aufzusteigen wohl nicht weniger ambitioniert ist." Natürlich war sich Lepidus im Klaren, dass all dies wohl kaum an seine eigenen Vorstellungen heranreichen konnte, aber in diesem musste man doch anerkennen, dass nun einmal nicht jeder Ritter, Primus Pilus oder Decurio wurde.


    Lepidus ließ sich derweil noch einen der letzte heißen Aufgüsse machen. "Bleibt ihr noch lange hier? Ich kann selbst nicht verhelen, dass ich bald wieder meiner Arbeit nachgehen muss. Das Leben eines IIIIvir lässt mir wahrlich nicht mehr die Erholungszeiten, die ich für gewöhnlich gern in Anspruch nehmen würde. Ein Jammer, sag ich dir."

  • Nach der zehnten Bahn spürte der junge Petronier, wie seine Muskeln ermüdeten. Die ewige Zeit auf Booten, Flößen und Schiffen, aber auch das Herumsitzen auf Maultieren hatte ihn nicht gerade trainierter werden lassen. Also kehrte er zu seinem Vater zurück, der offensichtlich einen jüngeren Mann zum Plaudern gefunden hatte. Aus etwas Entfernung musterte er den Typen - ein untrainierter, schmaler Kerl, wohl ein bisschen älter als er selbst. Im nackten Zustand konnte man natürlich nicht sagen, ob er arm oder reich war, aber aus dem gepflegten Körper schloss Lucius, dass es sich wohl eher nicht um einen Bauarbeiter handelte.


    Schließlich kam er näher und lehnte sich neben seinem Vater an den Beckenrand.
    "Salve."
    grüßte er mechanisch und blickte geradeaus auf das Becken, wo andere noch schwammen.

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    Klient - Herius Claudius Menecrates

    DECURIO - MOGONTIACUM

    MUNICEPS - MOGONTIACUM

  • Die Last des Erfolges konnte Crispus sich ganz gut vorstellen - er selbst hatte ja auch höchste Ansprüche an seinen Jungen, und wenn der es vergeigen würde, gab es einen Satz heiße Ohren! Und er wusste natürlich auch, wie anstrengend und steinig der Weg nach oben war - aber wenn er es schaffte, dann würde sein Sohn es sicherlich ebenfalls hinkriegen.


    Und als hätte er aufs Stichwort gewartet, tauchte Lucius in diesem Moment auch schon auf - zum Glück, denn der Tiberier wollte scheinbar schon wieder gehen. Kein Wunder, bei dem Job...


    "Bevor du gehst, möchte ich dir noch meinen Sohn vorstellen!"


    Er drehte sich zu Lucius, legte seinen Arm um dessen Schulter und schob ihn nach vorn, sodass Lepidus ihm in das triefende Gesicht sehen konnte.


    "Das ist Lucius... Petronius Crispus, der hoffentlich baldige Eques, von dem ich sprach."

  • "Freut mich deine Bekanntschaft zu machen. Mein Name ist Lucius Tiberius Lepidus", letzteres fügte er noch an, weil dies der ältere Petronier bei seiner Vorstellung wohl vergessen hatte. "Du scheinst ja ein paar ordentliche Bahnen geschwommen zu sein", schlussfolgerte der Tiberier einfach mal anhand der Zeit, die der Sohn während des gesamten Gesprächs über weg war. "Ein fitter Körper fördert einen fitten Geist und ich bin mir sicher, dass dir Ausdauer und Kraft bei den Aufgaben, die dich womöglich noch als Eques erwarten von großem nutzen sein werden." Der Tiberier selbst war natürlich nicht gerade durchtrainiert, weshalb das Lob wohl etwas widersprüchlich wirkte. Aber in Anbetracht dessen, dass er wohl ohnehin nur sein Leben lang an irgendwelchen Schreibtischen herumsitzen würde, sah er da auch keine wirkliche Notwendigkeit. Ganz anders vielleicht bei einem Eques, der irgendwann womöglich noch einmal zum Militär ging. Soweit der netten Worte. "Leider bin ich schon fast wieder auf dem Sprung nach draußen. Aber ich würde mich natürlich freuen, wenn sich unser aller Wege bei Gelegenheit irgendwann mal wieder kreuzen würden."

  • Tiberius Lepidus - Lucius musste sofort an Tiberius Vitamalacus denken, von dem sein Vater tausende Male erzählt hatte (immerhin kannten die beiden sich ja vom Militär und das Militär war wohl das mit Abstand häufigste Gesprächsthema des Alten). Und auch wenn dieser Lepidus nicht unbedingt aussah, als würde er in diese Truppe passen, wirkte er sympathisch, wie er den Trainingsstand des junge Petroniers lobte und so selbstverständlich davon ausging, dass er es zum Ritter bringen würde.
    "Danke."
    sagte er deshalb höflich - es kam ja selten genug vor, dass ihm jemand schmeichelte. Den Rest des Gespräches überließ er dann wieder dem Alten - der würde sowieso nicht wollen, dass sein Sprössling anfing draufloszuplappern. Am Ende sagte er ja immer irgendetwas Falsches...

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