Privataudienz für den Consul

  • Silanus begleitete seinen Patron persönlich zum Officium des Kaisers, damit es nach dem Fauxpas der Prätorianergarde beim Eintreffen des Consuls nicht erneut zu einer unnötigen Aufregung dieser Art kam. Vor dem Officium des Kaisers bat er den Decimer kurz zu warten, um ihm beim Kaiser anzumelden. Als sich Silanus versichert hatte, dass der Kaiser anwesend war und diesen über den eingetroffenen Gast informiert hatte, kam er wieder heraus und bat den Consul weiter.


    "Der Kaiser wird dich nun Empfangen Consul. Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag und gutes Gelingen bei der geplanten Opferfeier."


    Mit diesen Worten entließ er den Decimus in das Officium Imperatoris und schloss nach dessen eintreten hinter ihm die Türe. Danach machte er sich wieder auf in Richtung Administratio.

  • Er nickte seinem Klienten Silanus noch einmal freundlich zu und schritt weiter. Als Livianus eintrat saß Palma bereits hinter seinem Schreibtisch und erwartete den Consul. Hinter sich hörte der Decimer noch wie die Türe geschlossen wurde und dann waren die beiden derzeit wichtigsten Männer des Reiches wieder unter sich. Livianus ging die letzten noch verbleibenden Schritte auf den Schreibtisch Palmas zu.


    "Salve Cornelius. Ich danke dir, dass du dir erneut Zeit für mich genommen hast."

  • "Salve, Consul Decimus. Es ist zweifellos meine Pflicht, mir Zeit für die Consuln Roms zu nehmen. Ich nehme mir die Freiheit, diese Pflicht auch auf Dinge zu beziehen, die nicht mit ihrem Amt zu tun haben."


    Mit einer Geste deutete Cornelius Palma an, dass der Consul Platz nehmen dürfe. Sein Schreibtisch war nicht aufgeräumt, aber auch nicht mit Dingen überhäuft, sondern machte den Eindruck, dass Cornelius Palma hier tatsächlich regelmäßig arbeiten würde. Nun blickte er aber nicht auf seine Arbeit, sondern auf den Consul und wartete darauf, dass dieser das Anliegen des Gesprächs vorbrachte.

  • Livianus nickte dankend und nahm Platz, ehe er sein bereits bekanntes Anliegen vorbrachte.


    "Bei unserem letzten Gespräch habe kurz die Zukunftsaussichten meines Adoptivsohns Serapio angesprochen. Wie du mir versichert hast, siehst du in ihm weder einen Verbrecher, noch eine Person, der du mehr oder weniger Vertrauen entgegenbringen kannst, als jeden anderen Senator oder Eques, der nicht zu deinen Klienten oder Vertrauten zählt. Ich möchte daher konkret nach der Möglichkeit fragen, meinen Sohn wieder in die Dienste des Reiches aufzunehmen."


    Da ihm Palma bereits bei seinem letzten kurzen Gespräch zu diesem Thema die Richtung vorgegeben hatte, unterließ es der Decimer die offenen Posten anzusprechen, sondern schwenkte gleich auf die Qualifikationen seines Adoptivsohns über.


    "Er hat eine herausragende Karriere hinter sich und ist gerade was den Exercitus Romanus betrifft, einer der fähigsten Offiziere, die das Reich derzeit zur Verfügung hat. Gewiss hat er wie jeder seine Fehler und musste wie viele andere auch in den letzten Jahren Entscheidungen treffen, die nun im Nachhinein nicht unbedingt zu seinem Vorteil ausgelegt werden können. Doch aus meiner Sicht wäre es ebenso ein Fehler, sich die Führungsqualitäten und die Erfahrung Serapios nicht zu nutze zu machen."

  • Cornelius Palma konnte und wollte weder abstreiten, dass ihn das Thema nicht sonderlich begeisterte, noch dass Decimus Serapio ein erfahrener Offizier war. Aber so wie ersteres nicht dafür reichte, um das Gespräch einfach abzulehnen reichte letzteres nicht für ein schnelles Ende.


    "Welches Interesse hat er denn daran, diese Qualifikationen in meinem Dienst einzusetzen? Er hat mir im persönlichen Gespräch mehr als deutlich gemacht, dass er mir nicht vertraut, mir nicht traut und dass er kein Interesse daran hat, mich auf diesem Posten zu sehen, den ich derzeit bekleide. Wäre es in diesem Sinne nicht auch ein Fehler, einen Mann in den Dienst Roms zu berufen, der mir das Recht abspricht, für Rom zu sprechen?"

  • Livianus faltete nachdenklich seine Hände und legte sie auf seinen Schoß, ehe er dem Kaiser auf diese aus seiner Sicht durchaus berechtigte Frage antwortete.


    "Nun, ich denke wir beide wissen nur zu gut, dass es in dieser Frage nicht immer nur schwarz oder weiß gibt. Vor allem dann, wenn man an der Spitze steht. Ganz gleich ob als Legatus Legionis, als Consul oder als Princeps. Natürlich gibt es diejenigen, die sich ganz klar für oder gegen einen Aussprechen oder es durch ihre Taten zeigen. Bei diesen Männern weiß man schnell woran man ist. Aber dazwischen gibt es auch eine breite Palette derer, die wegen einer getroffenen Entscheidung, wegen einer - vielleicht sogar gerechtfertigten - Bestrafung, oder einfach nur wegen eines bestimmten Charakterzugs ihres Befehlshabers oder Anführers unzufrieden mit ihm sind. Das kann schnell wieder vergehen, aber auch über einen längeren Zeitraum anhalten. Dennoch dienen sie letztendlich alle für das Wohl und den Ruhm des römischen Reiches und das vereinigt uns letzten Endes alle wieder und lässt auch unsere Untergebenen bedingungslos ein gemeinsames Ziel verfolgen."


    Der hinter ihnen liegende Bürgerkrieg hatte dabei zusätzlich nicht unbedingt zu einer Verbesserung dieser durchaus menschlichen Beweggründe beigetragen. Livianus ging daher davon aus, dass Palma, der bereits sehr lange in den unterschiedlichsten Funktionen an der Spitze stand, so gut wie der er selbst wusste, dass er sich bei weitem nicht der hundert prozentigen Loyalität eines jeden unter ihm dienenden Soldaten, Magistraten oder Beamten sicher sein konnte.


    "Anführer wie auch Herrscher kommen und gehen im laufe der Zeit, doch das römische Reich hat bestand. Ich hege daher keinen Zweifel daran, dass Serpaio, so wie viele andere Männer auch, bedingungslos dem Wohle Roms und dem römischen Reich dienen wird. Und ist es nicht das, was letzten Endes zählt?"

  • Fast hätte Cornelius Palma ein breites Grinsen aufgesetzt, als er die letzten Sätze des Consuls hörte, aber der Ernst des Themas verbot es, irgendetwas ins Lächerliche zu ziehen.


    "Nun, nehme ich deine letzten Worte wörtlich, dann scheinst du schon für die Zeit nach meinem Ableben zu planen. Herrscher kommen und gehen und dein Sohn ist deutlich jünger als ich."


    Die Schlussfolgerung, dass er demnach auch nach dem Tod von Cornelius Palma noch die Gelegenheit hatte, Rom zu dienen, ersparte er sich un dem Consul aber trotzdem. Erstens hielt er weder den Consul noch Decimus Serapio für dumm und zweitens prohezeite man schließlich nur sehr ungerne seinen eigenen Tod.


    "Aber ich möchte konstruktiv sein. Dein Sohn ist ein erfahrener Offizier, er diente in verschiedenen Truppen, er bestand verschiedene Missionen und er hat Mut. Zweifellos Eigenschaften, auf die ein Mann in meiner Position nur schwer verzichten kann. Aber er war es, der die Tür geschlossen hat. Er war es, der das Gespräch mit mir verlassen hat und er war es, der mich mit Drohungen dazu bringen wollte, seinen Wünschen zu entsprechen. Sehen wir der Tatsache ins Auge: Er ist nicht, wie du so schön sagtest, unzufrieden mit seinem Befehlshaber. Er verachtet mich. Damit ist er vermutlich nicht der Einzige auf Roms Boden, aber keinem Einzigen von ihnen werde ich wissentlich bewaffnete Männer unterstellen."


    Eine Pause unterstrich die Deutlichkeit, mit der Cornelius Palma auf dieser Position beharrte. Erst dann sprach er weiter.


    "Doch ich bin auch dann deiner Meinung, wenn du sagst, dass so etwas schnell vergehen oder lange anhalten kann. Es sind die Worte deines Sohnes und nicht meine Worte, die Auskunft darüber geben werden, ob er mich noch immer verachtet."

  • "Ich kann deine Bedenken durchaus nachvollziehen..." räumte Livianus nachdenklich ein, der eigentlich nicht wirklich damit gerechnet hatte, für seinen Sohn wirklich ein großes Kommando herausschlagen zu können. Dennoch war es trotz aller Gräben für den Decimer nicht akzeptabel, dass der Kaiser eine Art Generalamnestie für alle ehemaligen Anhänger Salinators ausgesprochen hatte und sein Sohn der einzige sein sollte, für den eine solche nicht zählte. Ganz gleich wie seine Meinung über Palma war. Es gab vermutlich Tausender anderer, die ebenso dachten, nur eben keine Gelegenheit oder nicht den Mut hatten, ihren Unmut Luft zu machen. Er startete einen neuen Versuch.


    "Als Prafectus Praetorio stand Serapio nicht nur an der Spitze der Reichspräfekten sondern auch an der Spitze der römischen Gesellschaft. Wenn du ihm schon kein militärisches Kommando anvertraust, dann könntest du ihm zumindest eine Aufgabe anvertrauen, die seinem Status entspricht. Beispielsweise als Präfekt der Vigiles oder das Amt des Praefectus Annonae."


    Schon während er Palma erneut um einen Posten für seinen Sohn bat wurde dem Decimer klar, dass es wohl keinen Sinn hatte sich für Serapio stark zu machen und der Cornelier seine Meinung über ihn nicht mehr ändern würde. Auch eine Berufung auf all die großen und kleinen Taten, welche die Gens Decima im Laufe der letzten Jahrzehnte für das Imperium geleistet hatte, brachte wohl nicht viel.


    Livianus dachte stattdessen an das lange Gespräch mit seinem Sohn im Hortus der Casa Decima zurück und all die Dinge, die er dort erfahren hatte. Er hatte sich wirklich bemüht einsichtig, neutral und realistisch zu sein, doch Letzen Endes hatte Serapio Recht behalten. Es lag einfach nicht in der Natur des Decimers seine Hände in den Schoß zu legen und den furchtbaren Dingen ihren Lauf zu lassen, die ihren Anfang mit der Ermordung Valerianus genommen hatten. Ob es Palma sofort auffiel vermochte Livianus nicht zu sagen, da er sich Mühe gab seine stoische Mine beizubehalten, aber die Stimmung in seinem Inneren schwappte plötzlich in eine unvorhergesehene Richtung.


    "Ich muss einräumen, dass sich die Meinung meines Sohnes über dich wohl nicht wesentlich verändert hat. Die Gründe dafür sind dir wohl besser bekannt wie mir. Es ist mir auch nicht ganz klar wo die versuchte Ausgrenzung meines Sohnes enden wird. Bei ihm, bei seinen Klienten, seinen Freunden, seiner Familie? Ich bin sein Vater und amtierender Consul. Früher oder später ziehe ich es vielleicht in Erwägung ein Amt oder einen Posten anzustreben, die meinem Status als Consular gerecht wird. Eine Statthalterschaft oder ein großes Kommando. Wie wirst du dann reagieren? Wirst du dann auch mich brüskieren und mir ein Amt verwehren, weil du befürchtest ich könnte meine Macht und meinen Einfluss missbrauchen und mich gegen dich wenden? Auch ich habe Klienten und Freude. Sind diese ebenfalls von deinem Misstrauen betroffen?


    Sag mir Cornelius…. kannst du dir denn tatsächlich über jeden einzelnen in deinem Umfeld und in der Führungsebene des Reiches sicher sein, dass er nicht dieselben Gedanken über die Art und Weise deiner Machtergreifung hegt wie mein Sohn? Und wenn ja, kannst du dir wirklich sicher sein, dass es auch so bleibt?"

  • "Natürlich nicht!"


    Nun war Cornelius Palma kurz davor, spöttisch zu lächeln. Immerhin hatte er eben schon gesagt, dass es davon ausginge, dass es mehrere Leute gäbe, die ihn verabscheuten. Aber offenbar hatte der Consul das überhört, so wie er jetzt noch einmal nachfragte.


    "Ich wäre töricht anzunehmen, dass alle bedingungslos hinter mir stehen. Ebenso wäre es töricht, in jedem Offizier einen Verräter zu vermuten. Beides ist naiv und für Männer in meiner Position wohl mittelfristig tödlich. Im übrigen erwarte ich auch gar nicht, dass sich jeder mit meiner Position einverstanden erklärt und ich kann es mir auch gar nicht leisten, mir ständig Gedanken darüber zu machen. Also mache ich es dann, wenn es eine Entacheidung zu treffen gibt oder wenn es Anzeichen für eine Änderung gibt. Also, gibt es die bei deinem Sohn oder nicht?"

  • "Diese Frage kann ich dir nicht beantworten." gab Livianus offen und unumwunden zu, schließlich hatte er Serapio seit seinem Amtsantritt als Consul, als dieser im Groll die Casa Mercator verließ, nicht mehr gesehen. Seine Vermutung dazu hatte er bereits zuvor geäußert. Schließlich formulierte er noch einmal den eigentichen Kern dieses Gesprächs.


    "Es spielt für mich auch ehrlich gesagt keine besondere Rolle bei dieser Angelegenheit. Serapio ist ein Eques, der die höchste Stufe des ritterlichen Cursus Honorum erklommen hat, und nun auch Sohn eines Consulars. Ich erwarte von meinem Sohn nicht weniger, als dass er ein standesgemäßes Amts ausübt, das unserer Gens alle Ehre macht. Die Frage die also lediglich bleibt ist, ob du bereit bist ihm eine solche Aufgabe zu übertragen oder nicht."

  • Auf dem Gesicht von Cornelius Palma zeigte sich deutliches Erstaunen über die gleichgültige Art und Weise, mit der der Consul die problematische Geisteshaltung seines Sohnes überging. Immerhin glaubte Cornelius Palma zumindest deutlich gemacht zu haben, dass für ihn viel davon abhing.


    "Ich mag mich deiner Wortwahl anschließen, mit einer kleinen Abwandlung: Serapio ist ein Eques, der die höchste Stufe des ritterlichen Cursus Honorum erklommen hat, und nun auch Sohn eines Consulars. Ich erwarte von ihm nicht weniger, als dass er ein standesgemäßes Benehmen mir gegenüber an den Tag legt, das mir Grund für Vertrauen gibt. Die Frage die also lediglich bleibt ist, ob er bereit ist, eine solche Geisteshaltung einzunehmen oder nicht."

  • Da Palma von seiner Frage nicht abrückte, sondern sie in leicht abgeänderter Form nun zum wiederholten Male stellte, überlegte Livianus einen kurzen Moment und nickte dann bejahend.


    "Wenn es soweit ist, wird er wissen, wo sein Platz ist und was man von ihm erwartet. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass er dir ein gebührliches Benehmen entgegenbringt. Seit deiner Amtsübernahme ist einige Zeit vergangen. Zeit genug, um auch Serapios Gemüt abzukühlen.


    Damals sind bestimmt Worte gefallen, die er heute so nicht mehr Tätigen würde. Doch man sollte die Zusammenhänge dabei nicht außer Acht lassen. Seine Verbitterung direkt nach seiner Freilassung ist verständlich. Immerhin wurde er selbst von deinen Getreuen in seiner Gefangenschaft keineswegs standesgemäß behandelt. Eher wie ein Schwerverbrecher, denn wie der oberste Reichspräfekt des Imperium Romanum. Von dem was meiner Nichte, seiner Schwester, widerfahren ist und dass in unserem Haus Blut geflossen ist, gar nicht erst zu sprechen."


    Im letzten Satz konnte nun auch Livianus einen Hauch eigener Verbitterung nicht wirklich gut überspielen. Doch gleich danach sprach er ganz sachlich weiter.


    "Ich gebe dir am Fehlverhalten deiner Männer keinerlei Schuld Cornelius. Ich weiß selbst nur zu gut wie schwer es ist in Kriegszeiten die Kontrolle über seine eigenen Untergebenen zu bewahren. Als hätte man nicht schon genug mit dem Feind zu tun. Ich habe aber auch lange genug als Offizier und Kommandant im Exercitus gedient um zu wissen, dass man sich den Respekt und die Loyalität seiner Soldaten durchaus verdienen muss, wenn man sie bedingungslos hinter sich haben will. Ich kennen Serpaio gut genug um zu wissen, dass dieser Respekt und die soldatische Loyalität dir gegenüber ebenso rasch wachsen wird, wenn du ihm eine Chance einräumst und ihm erneut ein Kommando an der Spitze des Reichs anvertraust. Nach all dem was ihm und unserer Familie wiederfahren ist, würde es von Verständnis und wahrer Größe deinerseits zeugen und natürlich auch das bedauerliche Fehlverhalten deiner Getreuen vergessen machen.


    Serpaio ist durch und durch Offizier und wird alles tun, um dem Wohle Roms zu dienen. Er wird deine Herrschaft daher unterstützen. Immerhin hat sie uns den langersehnten Frieden gebracht, dass kann auch er mittlerweile nicht negieren und ich weiß, dass dies meinem Sohn wichtiger ist als alles andere, nach all dem Blutvergießen, dass Rom und er selbst in den Jahren zuvor miterleben mussten. Sollte Serapio erneut ein Kommando an der Spitze des Reiches erhalten, so kann ich dir versichern, dass er all seine Kräfte, seinen immer noch beachtlichen Einfluss und seine Erfahrung verantwortungsbewusst dafür einsetzen wird, die Stabilität deiner Herrschaft zu sichern, damit es letztendlich auch den Bürgern Roms wieder gutgeht, das Imperium erneut einig und stark in die Zukunft blicken kann, und eine solche Katastrophe wie der Bürgerkrieg sich niemals wiederholt."


    Es war nicht einfach in dieser Angelegenheit zu vermitteln. Die Einstellung zu diesem Thema war wohl auch bei Palma sehr verhärtet und wenn er diesen letzten Apell des Decimers ebenfalls nicht goutieren würde, so war Livianus wohl auch am Ende seines Lateins angekommen. Doch er vertraute darauf, dass Palma dieselbe Einsicht und das nötige Verständnis zeigte, wie er sie letztendlich auch von Serapio erwartete.

  • Noch einmal setzte der Consul zu einer längeren Rede an, womit Cornelius Palma nach der letzten eher knappen Äußerung nicht unbedingt gerechnet hatte. Aber es war ihm Recht, dass der Dialog in Rang blieb.


    "Sind dies deine Worte oder seine? Dein Einsatz für ihn ist enorm und ehrenwert und ich teile deine Aussicht, dass es eine bessere Zukunft geben kann. Doch es war auch deine Ansicht, dass sich die Meinung deines Sohnes wohl noch nicht weit genug geändert hat. So fällt es mir also schwer, darüber zu urteilen, welche Worte deine sind und welche seine. Was weiß er denn über unser heutiges Gespräch und was wirst du ihm berichten?"


    Eine Weile spielte Cornelius Palma mit dem Gedanken, den Decimer darum zu bitten, dass sein Sohn ihm einen Brief schreiben solle, in dem er seine Standpunkte eigenhändig darlegte. Aber erst einmal wartete er die Antwort ab, denn auch daraus ließe sich vielleicht erkennen, wie sehr der Consul hier für seinen Sohn sprach und wie sehr über ihn.

  • "Es sind zwar meine Worte, doch sie sind auch für meinen Sohn bindend. Ich werde ihn nach unserem Gespräch aufsuchen und ihn über dessen Ausgang und meine Erwartungen in Kenntnis setzen. Letzten Endes hast du ja dabei Nichts zu verlieren, er jedoch Alles – und das bereits zum zweiten Mal. Ich bin daher fest davon überzeugt, dass er recht schnell selbst erkennen wird, wenn er das nicht schon längst hat, dass es für ihn nur diesen einen Weg geben kann und er dabei von deinem Vertrauen und deiner Gnade abhängig ist. Vor allem, wenn du meinen Wunsch in Betracht ziehst und ihm erneut in den Rang eines Reichspräfekten erhebst."


    Das Livianus seinen Sohn dazu erst einmal finden musste, ließ er bewusst dabei aus. Stattdessen studierte er Palmas Gesichtszüge, die jedoch keine Rückschlüsse zuließen, ob der Decimer seinen Gesprächspartner überzeugen konnte oder nicht, Serapio wieder als Präfekt der Prätorianer oder auch der Vigilen einzusetzen. Er machte jedoch eher nicht den Eindruck. Eine Option hatte Livianus sich jedoch noch aufgehoben und vielleicht war jetzt der Zeitpunkt gekommen, sie in die Waagschale zu werfen.


    "Wie du weißt neigt sich mein Consulat langsam aber sicher seinem Ende zu. Es wäre eigentlich mein Wunsch gewesen, danach um die Übertragung einer Statthalterschaft anzusuchen. Unter diesen Umständen würde ich jedoch meine eigenen Wünsche zurückstecken, wenn mein Sohn dadurch die Möglichkeit erhält, sein Leben und seine Zukunft erneut in die eigenen Hände zu nehmen."


    Es war damit zu rechnen, dass Palma zum jetzigen Zeitpunkt ungern gleich zwei Decimer in wichtigen Ämtern sehen wollte. Wie hätte ein guter Vater also anders handeln können, als seinen Sohn in einer so entscheidenden Zukunftsfrage den Vortritt zu lassen. Serpaio war noch jung und hatte noch sein halbes Leben vor sich. Für Livianus hingegen würde sich schon irgendein Amt finden, dass vielleicht nicht ganz seinem neuen Rang als Consular entsprach, aber ihm zumindest eine Aufgabe übertrug.

  • "Ich würde es vorziehen, wenn wir beide Dinge soweit es geht getrennt betrachten und bewerten. Die Person deines Sohnes und dein Consulat haben nun wirklich nichts miteinander zu tun und wir haben auch schon so genug Verwicklungen, um nicht noch zusätzlich welche konstruieren zu müssen."


    Eine Politik der kleinen Schritte wäre Cornelius Palma ohnehin lieber als gleich den großen Wurf zu wagen, der alle Probleme auf einmal löste und alle Wünsche erfüllte. Ein kleiner Schritt hier, ein bisschen größeres Vertrauen dort, dann brauchte niemand einen riesen Sprung zu machen oder sich überfahren fühlen.


    Der Gedanke mit der Provinz brachte ihn dann aber dennoch auf eine andere Idee.


    "Vielleicht möchte ja auch dein Sohn eine Zeit lang in eine Provinz?"

  • Palma ging also nicht wie gehofft auf Livianus Vorschlag ein. Stattdessen brachte er seinerseits eine Idee aufs Tablet, die sich vermutlich aus den angesprochenen Wünschen des Decimers ableitete.


    "Hmm" brummte dieser nachdenklich. Eine durchaus überlegenswerte Idee, die Palma da anschnitt, allerdings bereitete dem Decimer die Vorstellung seinen Sohn aus seinen Einflussbereich zu verlieren etwas Unbehagen. Er konnte so weder lenkend eingreifen, noch konnte er seinen Sohn schützen, falls es zu einer erneuten wie auch immer gearteten Eskalation kommen sollte. Andererseits war er dann weit weg von Palma, was bestimmt zu einer grundsätzlichen Deeskalation beitragen würde. Doch war Livianus durchaus bereit dem Vorschlag des Corneliers weiter anzuhören.


    "Was schwebt dir vor?"

  • Die Idee war spontan genug gewesen, damit Cornelius Palma es nun keineswegs unangenehm war zuzugeben, dass er eben noch keine weitergehenden Vorstellungen über die Frage hinaus hatte.


    "Nichts konkretes. Es ist nur eine vage Idee, die mir gerade kam. Immerhin war er meines Wissens schon im Rahmen verschiedener Operationen im Osten unterwegs. Es hätte ja sein können, dass er es dir gleich tun will und eine Provinz auch einmal für einen längeren Zeitraum genauer erleben möchte. Aber auch das werden wir kaum entscheiden können, ohne zu wissen, was er darüber denkt."


    Wenn er sich hier schon erheblich viel Zeit nahm, um diesen speziellen Fall zu diskutieren, dann wollte er schließlich auch eine Lösung, die eine gewisse Tragfähigkeit hatte und keine, mit der er und Decimus Livianus einverstanden waren, die von Decimus Serapio aber dennoch nicht akzeptiert wurde.

  • Ohne Zweifel hatte Palma Recht. Serapios Meinung war in dieser Angelegenheit durchaus von Belang. Sein Sohn hatte im Laufe seiner langen Dienstzeit beim Exercitus genug Jahre in den Provinzen verbracht und bestimmt keine Lust darauf, nun wieder irgendwo hin an das andere Ende des Reiches entsandt zu werden. Dies war Livianus durchaus bewusst. Dennoch hätte er einem interessanten Vorschlag Palmas seine Aufmerksamkeit geschenkt. Immerhin war bisher im Laufe des Gespräches nichts Konkretes gefallen und der Decimer war gespannt, welche Art von Posten Palma nun für seinen Sohn ins Auge fassen wollte. Doch die Provinzen sollte man dabei wohl außen vor lassen.


    "Ich weiß wie mein Sohn darüber denkt und ich weiß auch, dass er nicht unbedingt begeistert darüber wäre, erneut in die Provinzen geschickt zu werden. Er hat schon genug Jahre in den Provinzen verbracht und war damals sehr froh, als er einen Posten in Rom bekommen hat. Vielleicht sollten wir diese Idee also wieder verwerfen und uns, um deine Zeit nicht über die Maßen zu beanspruchen, auf Posten in Italia fokussieren.


    Auf meinen Vorschlag, ihn wieder in den Rang eines Reichspräfekten zu erheben, bist du bisher nicht eingegangen. Ich schließe daraus, dass dies für dich nicht in Frage kommt?"

  • Cornelius Palma schüttelte den Kopf und atmete tief durch.


    "Das kommt nicht in Frage. Ich muss diesen Männern vertrauen können und eine Ernennung ist ein großer Vertrauensbeweis mit einer entsprechenden Signalwirkung nach außen und das Wort dieser Männer hat entsprechendes Gewicht. Es gibt nichts, was mir derzeit Vertrauen in deinen Sohn gibt und es gibt keinen Grund, warum ich seinen Worten in der Öffentlichkeit ein entsprechend großes Gewicht geben sollte."

  • Auch wenn es Livianus nicht wirklich gefiel was er da hörte, waren sie im Ausschlussverfahren nun bereits einen wesentlichen Schritt weiter gekommen. Die Aussage des Kaisers widersprach zwar seiner allgemein bekannten neutralen Einstellung und der in Aussicht gestellten Nachsicht gegenüber den ehemaligen Anhängern des Usurpators, aber anscheinend war Serpaio hierbei die Ausnahme der Ausnahmen. Die beiden Männer waren jetzt aber zumindest an einem Punkt angelangt, wo ein Drumherum reden nicht mehr nötig schien. Daher fragte der Decimer sehr direkt.


    "Also gut. Dann frage ich dich, auf welchem Posten du meinen Sohns eher sehen würdest."

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