Privataudienz für den Consular S. Purgitius Macer

  • Wie immer wartete der Iunier vor dem Officium Imperatoris, um die jeweiligen Gäste der auch heute stattfindenden Privataudienzen zu empfangen. Der erste Besucher, der heute auf seiner Liste stand, war der Consular und Kommandeur der Academia Militaris, Spurius Purgitius Macer. Während der Kaiser bereits in seinem Officium saß und sich vermutlich die Berichte der kaiserlichen Administratio durchlas, hielt Silanus nach dem Purgitier Ausschau, der jeden Moment um die Ecke kommen musste.

  • Da Macer zeitig am Palast erschienen war und nicht durch die Wache aufgehalten wurde, musste der Procurator wohl nicht lange warten. "Salve, Procurator", begrüßte Macer ihn und lächelte freundlich.

  • "Salve Consular! Bitte komm gleich weiter. Der Kaiser erwartet und bereits."


    Mit diesen freundlichen Worten und einer einladenden Geste in Richtung der Türen zum kaiserlichen Officium, nahm der Procurator den Gast in Empfang. Die davor platzierte Wache öffnete den beiden Männern die Türe und der Iunier marschierte vornweg hinein, wo er den Kaiser wie gewohnt hinter seinem Schreibtisch vorfand.


    "Augustus. Consular Prugitius Macer ist nun hier."


    Er machte den Weg frei, damit der Purgitier eintreten konnte.

  • Cornelius Palma blickte von seiner Lektüre auf, als sich die Türen öffneten und nahm die Anmeldung des Gastes entgegen.


    "Salve, Consular Purgitius. Es freut mich, dich kennenzulernen. Nimm Platz. Procurator, danke."


    Er gab dem Procurator ein Zeichen, dass er bei diesem Gespräch nicht dringend als Zuhörer gebraucht wurde. Dann wandte er sich gleich wieder an den Senator.


    "Senator, man sagte mir, du hättest gleich mehrere Anliegen. Beginnen wir mit jenem, dass die Academia Militaris betrifft?"

  • Silanus nickte und zog sich zurück, nicht jedoch ohne sich vorher mit einem kurzen Blick versichert zu haben, dass die Tabula mit den Kandidaten für das Amt des Curator rei publicae, welche er den Kaiser vor einigen Tagen versprochen hatte, auf dessen Schreibtisch lag. Er hatte heute Morgen einen Schreiber aufgetragen, die Liste gemeinsam mit anderen Unterlagen auf den Schreibtisch des Kaisers zu legen.



    Vorschlagsliste für die Nachbesetzung des
    Curator rei publicae:


    Nero Patulcius Platorinus (NSC)


    Cnaeus Lucceius Cinna (NSC)


    Spurius Purgitius Macer


    Faustus Papius Luscus (NSC)

  • Es war das erste Mal, dass Macer zu einer Privataudienz bei Cornelius Palma geladen war, und entsprechend respektvoll schritt er auf den Kaiser zu und erwiderte den Gruß. "Salve, Imperator", wählte er den tendenziell militärischen Gruß aus, und immerhin war er ja auch in seiner Rolle als Kommandeur der Academia Militaris hier.


    Nachdem er auf Einladung des Kaisers Platz genommen hatte, kam dieser dann auch genau auf dieses Thema zu sprechen, was Macer durchaus Recht war. "So ist es", bestätigte er. "Genaugenommen sind es zwei Aspekte", führte er dann aus. "Zum einen ist der Posten eines stellvertretenden Kommandeurs seit sehr langer Zeit schon unbesetzt und war dies auch schon unter deinen Vorgängern. Ich habe dies allerdings zuletzt auch nicht vorgebracht, da ich mich bereits seit geraumer Zeit mit dem Gedanken trage, dass die Institution der Academia Militaris nicht unbedingt die geeignetste Institution ist, um den Nachwuchs an guten Offizieren zu sichern. Die Tatsache, dass die Zahl an Studenten bereits seit einiger Zeit sehr gering ist, sollte dabei meine Erachtens auch nicht außer Acht gelassen werden", benannte er dann die beiden Punkte, die es zu besprechen gab, und wartete dann die Reaktion des Kaisers ab.

  • Da Cornelius Palma bisher nie tiefgreifend über die Academia Militaris nachgedacht hatte, hätten ihn wohl jede nicht triviale Aussage über sie überraschen können. Dass ausgerechnet der Kommandeur nun so offen ihren Nutzen in Frage stellte, fiel daher nicht sonderlich markant auf. Aber Fragen provozierte es trotzdem.


    "Eine überraschende Ansicht. Wie kommst du zu dieser Einschätzung? Welche Auswirkungen haben die rückläufigen Zahlen auf unsere Armee? Welche Auswirkungen sollte eine Änderung haben und wie könnte eine Änderung aussehen?"

  • Macer atmete tief durch, denn der Kaiser stellte mehrere Fragen, von denen jede eine umfangreiche Antwort verdiente. Rasch ordnete er seine Gedanken im Kopf, bevor er zu einer Antwort ansetzte. "Am einfachsten zu Beantworten sind wohl die Auswirkungen der aktuellen Studierendenzahlen auf unsere Armee", setzte er dann zu einer Antwort an. "Die sind nämlich gering. Es mag allgemein vielleicht einen Mangel an jungen Rittern geben, der sich allerdings in allen Bereichen bemerkbar macht und nicht speziell in einem Mangel an geschulten Jungoffizieren. Wennschon müssten wir annehmen, dass der Mangel an jungen Rittern zu der niedrigen Studierendenzahl beiträgt, aber diese hat dann keine weiteren zusätzlichen Konsequenzen", führte er zu diesem Punkt aus.


    "Und diese Beobachtung trägt dazu bei, dass ich die Academia insgesamt in Frage stelle", leitete er dann zum nächsten Punkt über. "Es besteht kein Zweifel daran, dass die Academia den einen oder anderen ungeeigneten jungen Mann vom Militärdienst abgehalten hat und es steht ebenfalls außer Zweifel, dass sie einiges nützliches Wissen schon vorab vermittelt, bevor die Männer erstmals zur Truppe stoßen - aber beides nicht in einem Maße, das die Aufrechterhaltung einer solchen Institution rechtfertigt und nicht auf anderem Wege zu erreichen wäre. Ein Gespräch mit einem erfahrenen Beamten am Kaiserhof, der selber Erfahrung als Offizier hat, oder eine obligatorische Empfehlung eines aktiven Offiziers sollte als Eignungskontrolle genauso gut ausreichen. Und für die Vermittlung von Wissen und ersten Erfahrungen gibt es auch genug ehemalige Offiziere und Kommandeure in Rom, die jungen Männer alles beibringen können, was man fernab der Truppe lernen kann. Zudem gibt es für einen jungen Mann ja noch die Möglichkeit, einen Verwandten oder Freund zu begleiten, wenn dieser ein Kommando inne hat und dort von ihm zu lernen. Wie ein Tirocinium Fori, nur eben im Lager statt auf dem Forum", beendete Macer seine Skizze einer möglichen Änderung mit einem Vergleich.

  • Die Ausführungen des Kommandeurs erschienen Cornelius Palma zwar nicht falsch, aber auch nicht vollends überzeugend. Grübelnd lehnte er sich zurück und dachte einen Moment über das Gesagte nach. Bisher hatte er die Academia Militaris nie infrage gestellt und von daher stellten sich für ihn doch Gegenfragen.


    "Und was ist mit den höheren Examina? Die richten sich doch auch jetzt schon auch an Männer, die bereits Erfahrung bei der Truppe haben und zurückkehren um weiteres zu lernen, bevor sie ein Kommando übernehmen. Werden dort nicht auch Erfahrungen vermittelt, die im Feld nur schwer zu gewinnen sind?"

  • "Auch das ist nur in sehr geringem Maße der Fall", stellte Macer fest. "Ein Thema des Examen Secundum ist zum Beispiel der Bau von Lagern. Ein sehr vielfältiges und facettenreiches Thema, über das die Männer vor Ort in einem Lager selbstverständlich aus der Anschauung des realen Objekts viel mehr lernen können, als in der Theorie in der Academia. Zumal sie bei der Truppe die Chance haben, Übungsmärsche zu begleiten und so auch die Entstehung eines Marschlagers zu erleben. Das kann die Academia Militaris einfach nicht leisten", gab Macer ein Beispiel, das ihm auch deshalb geeignet erschien, weil das Examen Secundum zum Lagerbau ein sehr häufiges Thema war, das bei den Studierenden seiner Meinung nach gut ankam, aber eben trotzdem nicht so viel Wissen vermittelte, wie Macer es für möglich hielt. "Auch das zum Examen Tertium gehörende Kolloquium, das häufig in Form eines taktischen Planspiels durchgeführt wird, bietet keinen nennenswerten Mehrwert gegenüber einem vergleichbaren Planspiel unter den Tribunen einer Legion oder der Teilnahme an einem realen Manöver. Und das Examen Quartum behandelt vornehmlich historische Themen, die für die Praxis im Feld nicht ernsthaft als relevant angesehen werden können. So gesehen vermittelt die Academia in diesem Fall tatsächlich Erfahrungen, die im Feld nicht zu gewinnen sind", vervollständigte er die Aufzählung im Bezug auf die weiteren Examina und schlug den Bogen zurück zur Frage des Kaisers. "Aber ich bezweifle, dass sie sich dadurch tatsächlich als verpflichtender Teil der militärischen Laufbahn qualifiziert", schloss er dann mit einer Bekräftigung seiner Ausgangsthese.

  • "Nun gut, historische Arbeiten helfen einem Offizier tatsächlich wenig, wenn er vor den Soldaten steht."


    Das Argument schien Cornelius Palma durchaus schlüssig. Trotzdem erschien ihm die Sache doch nach wie vor etwas zu einfach und offensichtlich, als dass nicht schon früher jemand auf die Idee einer Auflösung der Academia hätte kommen können.


    "Du gehst also davon aus, dass es völlig ausreichend wäre, wenn erfahrene Beamte am Kaiserhof über die Qualifikation entscheiden, während die faktische Ausbildung vor Ort bei der Truppe wiederum durch erfahrene Kommandeure erfolgt?"

  • "So ist es", bestätigte Macer, um der knappen Antwort dann noch eine ausführlichere mit weiteren Argumenten folgen zu lassen. "Derzeit ist es doch so, dass die Mitarbeiter der Academia und damit insbesondere ich in Personalunion zum einen Wissen vermittle und zum anderen über eine ausreichende Qualifikation entscheide. Gleichzeitig wird es kein umsichtiger Kommandeur versäumen, den ihm zugewiesenen jungen Offizieren weitere lehrreiche Lektionen zu geben. Nun schätze ich meine eigene Leistung an der Academia nicht als so markant ein, dass ich nicht ohne weiteres zahlreichen Kommandeuren zutrauen würde, Wissen in vergleichbarem Umfang wie derzeit an der Academia zu vermitteln. Und für die Feststellung der Eignung braucht es auch keine ganze Institution, sondern es reichen eben erfahrene Beamte am Kaiserhof, wie es bei anderen Ämtern ja ohnehin schon Usus ist", kleidete er dabei vor allem seine bisherigen Ausführungen in neue Worte. Natürlich war ihm bewusst, dass sein Vorschlag die Kommandeure mehr in die Pflicht nehmen würde, für die Schulung ihrer Offiziere zu sorgen, aber das sah er nicht als Hinderungsgrund und ließ es daher bewusst bei der Betrachtung aus.

  • Langsam begann Cornelius Palma, sich für die vorgeschlagenen Änderung zu erwärmen. Immerhin bedeutete sie nicht nur, dass man Geld für die Academia Militaris sparen konnte, sondern auch, dass der Kaiserhof noch mehr Einfluss auf die Ernennung von Offizieren erhielt und sogar partiell mitbestimmen konnte, wer bei welchem Kommandeur seine Lehren erhielt. Blieb nur die Frage, wie man die nötigen Experten am Kaiserhof unterbrachte.


    "Und du meinst, dass sich die von dir genannten erfahrenen Beamten am Kaiserhof irgendwie unterbringen lassen? Wenn sie selber ehemalige Offiziere sind, werden sie sich ja nicht so ohne Weiteres als untergeordnete Mitarbeiter des Procurators einstellen lassen."

  • Genaugenommen hätte Macer nun zugeben müssen, dass er sich über dieses Detail noch keine abschließenden Gedanken gemacht hatte. Aber das wäre seinem Anliegen kaum zuträglich gewesen, so dass er stattdessen einfach seine bisherigen Gedanken vortrug in der Hoffnung, dass sie dem Kaiser als Arbeitsgrundlage reichten. "Zunächst einmal ist ja der Posten des Procurator ab epistulis bereits einer, den man auch als Offizier bekleiden kann", begann er. "Ferner gehören ja ohnehin der Praefectus Urbi und der Praefectus Praetorio zu deinen engsten Beratern, die auch für die Beamten des Kaiserhofes einfach erreichbar sind und diese sind ebenfalls erfahrene Offiziere. Und nicht zuletzt wird sicher kaum ein in Rom befindlicher Mann mit entsprechender Erfahrung ablehnen, wenn er von dir zu einem Gespräch geladen wird, um seine Meinung über einige vielversprechende junge Männer loszuwerden oder Einsicht in entsprechende Berichte der Kommandeure zu nehmen", zählte er dann weiter auf und spekulierte dabei natürlich auch darauf, dass er selber zu eben jenen Männern gehören würde, die der Kaiser in solchen Fällen anhören würde.

  • "Nun gut, das sind tatsächliche einige Optionen, die umsetzbar klingen. Ich werde also über deine Anfrage nachdenken und mich gegebenenfalls beraten."


    Schließlich schaffte man eine Institution wie die Academia nicht ab, ohne zumindest eine Nacht darüber zu schlafen. Da wollte Cornelius Palma keine Ausnahme machen.


    "Gibt es sonst noch etwas, die Academia Militaris betreffend?"

  • Mehr hatte Macer für dieses erste Gespräch zu dem Thema auch nicht erwartet, so dass er angesichts der Ankündigung des Kaisers zufrieden nickte. Auf die anschließende Frage hin schüttelte er dagegen dann den Kopf. "Nein, ich habe keine weiteren Anliegen zur Academia Militaris."

  • Damit war dieser Punkt also erledigt und Cornelius Palma konnte zu einem weiteren Punkt kommen, den er gerne auf die Tagesordnung des Gesprächs setzen wollte.


    "Dann möchte ich nun über ein anderes Thema sprechen. Man hat mir hier eine Notiz auf meinen Schreibtisch gelegt."


    Schmunzelnd deutete er auf die Tabula, die sein Procurator dort platziert hatte.


    "Dort wird dein Name genannt, andere ebenfalls, und es geht um die Ernennung eines neuen Curator rei publicae. Hast du dich mit diesem Amt und seinen Aufgaben schon einmal näher befasst?"

  • Nachdem ihn der Procurator in Vorbereitung auf dieses Gespräch nach seinen eigenen Zukunftsplänen gefragt hatte, kam die Frage für Macer nicht völlig unvorbereitet. Dennoch erwischte der Kaiser ihn in gewisser Weise auf dem falschen Fuß, denn von allen Curatorenämtern war das des Curator Rei Publicae dasjenige, mit dem sich Macer bisher am wenigsten beschäftigt hatte.


    "Nicht näher, als es meine bisherigen Amtspflichten und Interessen an der allgemeinen Tagespolitik nötig machten", gab er daher auch offen zu. "Seine Aufgaben sind mir selbstverständlich bekannt und ich kann nicht bestreiten, dass mich das Amt reizen würde, da sowohl die Finanzaufsicht als auch die Rechtsaufsicht zweifellos attraktive Betätigungsfelder sind." Dass er als Consular in beiden Bereichen schon früher in seiner Laufbahn zu tun hatte, verstand sich dabei wohl von selbst und hob ihn womöglich nicht einmal von den anderen Kandidaten ab, so dass Macer es nicht extra betonte. Wenn sein Name als Kandidat genannt wurde, hatte man sich ziemlich sicher ohnehin schon von seiner grundsätzlichen Eignung überzeugt.

  • "Ich schließe aus der Antwort, dass es nicht dein eigenes Betreiben war, das dich auf die Liste der Kandidaten gesetzt hat? Wärst du denn bereit und in der Lage, dieses Amt anzutreten und auszufüllen?"


    Diese Rückfrage bot sich an und machte je nach Antwort jede weitere Diskussion überflüssig. Allerdings nahm Cornelius Palma nicht an, dass man ihm den Namen vorgelegt hatte, wenn der Consular nun ablehnen würde.

  • "In der Tat, ja", nickte Macer und beantwortete damit im Prinzip beide Fragen gleichzeitig. Trotzdem setzte er noch eine ausführlichere Antwort nach. "Procurator Iunius Silanus sprach mit mir über diesen Posten und die Initiative dazu ging nicht von mir aus. Und selbstverständlich bin ich bereit, dieses Amt anzunehmen, wenn du mich dazu berufen solltest. Abgesehen von der Academia Militaris habe ich keine weiteren Verpflichtungen, die mich an der Ausübung dieses Amtes hindern würden. Die zweifellos nötigen Reisen durch Italia schrecken mich auch nicht." Immerhin war er schon nach Germania gereist, um dort Statthalter zu sein und auch dort durch die Provinz gereist. Die Reisen in Italia waren zweifellos einfacher und noch dazu konnte er sie gelegentlich mit privaten Besuchen auf seinem Landgut bei Mediolanum verbinden.

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