Officium des Curator Aquarum

  • Sein fetter Zeigefinger tippte einige Male beiläufig an sein Kinn. Dann nickte der Senator langsam. "Gut. Dann veranlasse das so." Denn woher die Leute stammten, die am Ende die eigentliche Inspektion ausführten, sollte dem Curator egal sein. Seine Priorität war darauf gerichtet, dass das Officium der Aquarii Italiae so in den ganzen Vorgang einbezogen wurde, dass die Kosten sich am Ende zwischen beiden Institutionen teilen ließen. "Und vergiss nicht, mich in dieser Angelegenheit regelmäßig auf dem Laufenden zu halten. Insbesondere erwarte ich im Anschluss an die Inspektion natürlich einen Inspektionsbericht, am besten in schriftlicher Form. Und wenn du ihn gemeinsam mit deinem italischen Amtskollegen hier bei mir einreichst, damit ich eventuelle Fragen gleich an euch loswerden kann, umso besser.", erklärte der Curator Aquarum ferner und ließ eine kleine Pause, um diesen Punkt auch für sich selbst abzuhaken.


    Anschließend atmete er einmal hörbar durch. "Hmhm.", erinnerte er sich dann. "Aber du hattest noch eine weitere Sache auf dem Herzen, nicht wahr? Irgendeine rechtliche Frage?" Mit aufforderndem Blick sah der Senator seinen Gegenüber erwartungsvoll an.



  • So, einen schriftlichen Bericht. Plautus' Stimmungslage driftete in Säuerliche. Erst tappt man draußen in der Sommerhitze rum und wenn man dann in das hoffentlich kühle Officium zurückgekehrt ist, kann man sich mit den Tabulae herumschlagen. Zugegeben, amtsschimmelmäßig war das schon 'erforderlich'. Er hoffte nur, dass sein Bericht nicht bloß geschrieben, sondern auch gelesen wurde.


    "Sehr wohl, Curator, Du bekommst einen gehaltvollen Bericht." Natürlich nur, wenn man bei der Inspektion auf Berichtenswertes stoßen würde. "Und der Aquarius Italiae wird mitzeichnen."


    Ah, eine rechtliche Frage. Da schau, der alte Curator hatte tatsächlich nicht vergessen, dass bisher nur einer von zwei Punkten zur Sprache gekommen war.


    "Ja richtig, ich hatte mir überlegt, dass wir nicht bloß mit technischen Mitteln die Wasserversorgung von Roma sicherstellen müssen, sondern auch dafür zu sorgen haben, dass unser juristisches Werkzeug die nötige Schärfe besitzt."


    Plautus hatte an einem regnerischen Tag im Codex Iuridicialis geblättert und zunächst bemerkt, dass die dortigen Bestimmungen lächerlich lasch waren, zumindest, was seine Vorstellung von der Bedeutung der römischen Wasserversorgung anbetraf.


    "Wenn jemand die Wasserleitungen beschädigt oder das Wasser verschmutzt, dann haben wir arg bescheidene Mittel, um solche Eingriffe zu ahnden, Curator. Einzig der Artikel 85 des Codex Iuridicialis gibt hierzu eine eventuell brauchbare Handhabe. Die dort angedrohten Strafen sind allerdings so gut wie nicht abschreckend. So wird in Absatz 2 des genannten Artikels eine Höchststrafe von 2500 Sesterzen angedroht. Ein bißchen praktikabler ist da schon der Absatz 3, in dem es um den Schadensersatz geht, dessen Höhe dann allerdings vom Gericht festgesetzt wird. Ich fürchte, dass die Richter sich, mangels greifbarer Anhaltspunkte, eher an der Höhe der Reparaturkosten orientieren werden als an der eigentlichen Bedeutung, die die Sicherheit der Wasserversorgung für Roma hat."


    Plautus runzelte die Stirn. Ja, beim Hades, was war denn die 'eigentliche Bedeutung'? Ein ganz schwammiges Merkmal für einen Richter, der sich immer darum bemühen muss, auf dem Boden der Gerechtigkeit zu bleiben und der deshalb eher dazu tendiert, sich auf mildere Urteile zurückzuziehen.


    "Wenn die Altvorderen nicht auf die Idee gekommen wären, Wasser aus dem Umland für die Stadt Roma bereitzustellen, dann wäre Roma keinesfalls so groß geworden wie es jetzt ist. In jeder Hinsicht. Die Wasserversorgung von Roma ist somit eine nicht wegzudenkende Säule, auf der unser Staatswesen ruht. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass zur Abwehr von Eingriffen in die Wasserversorgung eine Geldstrafe von 2500 Sesterzen angemessen hoch ist. Dies vor dem Hintergrund, dass in einem alten, heute wohl längst vergessenen Gesetz Geldstrafen von 100.000 Sesterzen angedroht wurden."

  • Sein fetter Zeigefinger wanderte seine rechte Schläfe hinauf und kratzte ihn anschließend hinterm Ohr. Dabei horchte der Senator aufmerksam den Worten seines Untergebenen. "Hmhm.", nickte er am Ende der Ausführungen seines Gegenübers langsam und bedächtig. "Ich sehe, Sergius, du beschäftigst dich sehr eingehend mit deinem Amt und allem, was dazu gehört, um der Cura Aquarum zu bestmöglichen Diensten zu sein." Ein kaum sichtbares Lächeln umspielte bei diesem Lob des Curators dessen Lippen. "Jedoch möchte ich, dass du mir dazu zunächst noch einige Fragen beantwortest.", kündigte er anschließend an und lehnte sich mit seinem fülligen Oberkörper ein wenig zurück.


    Noch einmal ging er dabei seine Gedanken durch. Dann begann er: "Sag mir, Sergius, wie gut verdienst du hier mit deinen Diensten als mein Aquarius? Ich meine, wie gut relativ gesehen zur restlichen Bevölkerung Romas." Er ließ eine kleine Kunstpause. "Und anschließend sage mir, wie lange würdest du, hypothetisch gesprochen, brauchen, um anhand dieses Verdienstes eine Summe von 2500 Sesterzen aufzubringen?" Eine interessante Rechenaufgabe, befand der Senator - insbesondere, wenn man auch anfallende Steuern nicht unberücksichtigt ließ sowie davon ausging, dass man auch von irgendeinem Geldbetrag leben musste und nur schlecht das komplette Gehalt zur Strafbegleichung gespart werden könnte. "Und dies ist, wie du bereits richtig feststelltest, lediglich die eigentliche Geldstrafe. Da ist der Schadenersatz für den verursachten Schaden noch nicht berücksichtigt." Wieder ließ der Curator eine kleine Pause folgen.
    Dann kam er zum nächsten Punkt. "Anschließend möchte ich dich fragen, was genau das Gesetz über die Höhe des Schadensersatzes sagt." Wie verpackte er das am besten in einer Frage? "Legt ein im Allgemeinen als auf diesem Gebiet fachunkundig anzunehmendes Gericht wirklich fest, wie hoch der entstandene Schaden ist? Oder meinst du nicht auch, dass sich ein Gericht in einem solchen Fall vielmehr darauf beschränken wird, sich auf ein fachliches Gutachten der Cura Aquarum zu stützen und dieses... zu bestätigen?" Eindringlich sah er seinen Gegenüber an. "Genau dafür, Sergius, ist es auch so wichtig, dass du mir einen guten Bericht ablieferst." Stellte sich nämlich heraus, dass im aktuellen Fall der Aqua Appia ein Fremdverschulden vorlag, wäre ein Gutachten für einen möglichen Prozess bereits zur Hand.


    Wieder ließ der Senator ein kleines Päuschen folgen, wobei er seine rechte Hand vor sich auf dem Tisch ablegte. "Wie du außerdem bereits richtig sagst, handelt es sich um die Wasserleitungen Romas - und damit um das Eigentum unserer Res Publica.", betonte er und war sich sicher, dass sich gerade in solchen prestigeträchtigen Fällen mit großer Sicherheit namhafte Rechtskenner finden würden, welche die Sache der Res Publica auch gut vertraten. Da war es sicherlich auch nicht allzu weit hergeholt zu sagen: "Wer sich einer solchen Tat also vorsätzlich oder fahrlässig schuldig macht, der kann wohl recht sicher sein, dass er allzu schnell keinen Fuß mehr auf den Boden kriegt." So ließen sich in solchen Fällen bestimmt auch Dinge wie Amtsfähigkeit, Wählbarkeit und Stimmrecht für längere Zeit aberkennen. Und das war nur ein Beispiel dafür, wie nach Rechtsauffassung des Curator Aquarum mit den derzeitigen iuristischen Mitteln eine Straftat gegen den Staat - unabhängig von der Art der begangenen Tat - auch eindrucksvoll sanktioniert werden könnte.
    Die generelle Deckelung von Geldstrafen bei aktuell 5000 Sesterzen brachte der Senator indes nicht zur Sprache. Stattdessen erkundigte er sich letztlich: "Aber nach diesen Überlegungen, Sergius, sage mir, welche weiterführenden Gedanken hättest du ferner noch anzubieten?" Denn obgleich er der Meinung war, dass die derzeitigen Rechtsmittel bereits ausreichend genug waren, um von einer solchen Tat gegen die Res Publica abzuschrecken, wollte der Senator etwaige Vorschläge und Ideen seines Aquarius hier natürlich dennoch nicht abwürgen oder unterdrücken. Vielleicht gab es am Ende ja tatsächlich noch den einen oder anderen bedenkenswerten Punkt, dem man auch gesetzlich noch eine erhöhte Aufmerksamkeit schenken sollte. Da zeigte sich der Curator durchaus offen.



  • Etwas verstohlen kratzte sich Plautus hinter seinem linken Ohr. Worauf, bei Plutos Hintern, wollte der dicke Grüßefinger mit seinen Fragen eigentlich hinaus? Klar doch, der wollte nur die geltende Rechtslage verteidigen. Altbewährt, praktisch, gut. Warum sollten sich also verdiente Senatoren mit den Skrüpelchen eines kleinen Aquarius herumschlagen? Vor der Rechenaufgabe, wie lange er bräuchte, um 2500 Sesterzen zusammenzubringen, kapitulierte er aber erstmal und verlegte sich auf's Schätzen.


    "Mit meinem Gehalt würde es länger als ein Jahr* dauern. Ein Taglöhner würde das nie zusammenbringen und ein reicher Mann hingegen bezahlt das locker aus der hohlen Hand, Curator. Man muss dabei natürlich im Auge behalten, wie groß das Interesse dieser drei Männer an einer Manipulation an der Wasserleitung sein könnte. Und hier kann ich konstatieren, dass die Leichtigkeit einer Strafzahlung im umgekehrten Verhältnis zum Interesse an einer Manipulation steht."


    Plautus begutachtete seine Fingernägel. Aber die blieben stumm. "Der Taglöhner hat nämlich so gut wie kein Interesse, an der Leitung rumzumachen, weil er sich an jedem Laufbrunnen bedienen kann. Mehr braucht er nicht. Ähnliches gilt für Leute wie mich, obwohl bei mir zu berücksichtigen wäre, dass ich eine Brauerei besitze, die sich aus der Aqua Marcia bedient. Die Wasserkosten, die nur einen geringen Teil der Betriebsabgaben ausmachen, laufen sich in eineinviertel Jahren aber keinesfalls zu 2500 Sesterzen auf. Also kein Grund, zu Hammer und Meißel zu greifen, um die Leitung anzuzapfen, oder? Ganz anders sieht es jedoch bei dem reichen Mann aus. Wenn bei dem eine Wasserleitung über die Äcker seines Fundus führt, ist das ärgerlich, weil es beim Pflügen stört. Folglich schert sich dieser Mann nicht um Schutzstreifen, nicht zuletzt, weil er das als einen Eingriff in seine 'königliche' Entscheidungsfreiheit betrachtet. Und das Anzapfen einer Leitung für Bewässerungszwecke lohnt sich bei ihm wirklich allemal und auch so sehr, dass er das bißchen Geldstrafe lächelnd in den Betriebskosten verrechnet. In diesen Fällen wäre dann tatsächlich für höhere Geldstrafen zu plädieren, zumal das Anzapfen von Wasserleitungen, schaut man mal in die Akten, immer schon zu den beliebtesten Kavaliersdelikten reicher Leute gezählt hat."


    Jetzt zum Schadensersatz. Plautus blickte kurz zur Decke und kramte in seinem Hirn. "Ja, Du hast recht. Der 85, Absatz drei sagt nur, dass das Gericht die Höhe des Schadensersatzes lediglich bestätigt. Das setzt voraus, dass dem Gericht ein Fachgutachten vorliegt."


    Sanktionen? Plautus beugte sich vor und hob eine Hand, um seine Worte zu unterstreichen. "Freilich, die Wasserleitungen sind Eigentum der Res Publica. Dennoch habe ich leichte Zweifel, ob der Angeklagte dann wegen der verhängten Sanktionen wirklich keinen Fuß mehr auf den Boden bekommen wird. Denn sicherlich wird er ja einen Patron haben, der ihm dann irgendeine Hilfe angedeihen lässt, um ein bißchen an den Sanktionen rumzuschrauben. War schon immer so, mos maiorum."


    Mit einem Stirnrunzeln fuhr Plautus fort: "Eigentum der Res Publica? Hoppla, da wird es doch einige Schwierigkeiten geben, einen Richter zu finden. Wie löst man denn das Problem, das mit §11, Absatz 1 aufgeworfen wird? Kann der Staat als Betroffener in einem solchen Fall überhaupt einen Richter einsetzen? Fällt mir grade so ein, daran hatte ich noch gar nicht gedacht."


    Weiterführendes? Plautus machte ein überraschtes Gesicht. "Na gut, als ich dieses von Schimmel und Bücherwurmlarven zerfressene und in viele Bruchstücke zerfallene alte Gesetz gefunden habe, war mein erster Gedanke, dass man dieses Gesetz sofort wieder einführen müsste. Ich gebe zu, dass Deine Überlegungen mich trotz meiner Zweifel etwas ausgebremst haben. Ich konnte bisher auch nur die beiden ersten Artikel zusammenpfriemeln. Aber ich mach mal mit dem Ding weiter. Und zu dem, was wir eben besprochen haben, würde ich sagen, dass man im Fall der Wasserleitungen die Strafzumessung unter Würdigung der Vermögenslage des Täters vornehmen sollte. Knetemäßig, sozusagen."

    Sim-Off:

    (*SimOn-Zeit)

  • Sein fetter Zeigefinger malte unsichtbare Kreise auf die Tischplatte, während der Senator aufmerksam den Ausführungen seines Aquarius folgte. Dann und wann nickte er zustimmend. Ab und an wiegte er seinen Kopf. "Hmhm. Hmhm.", lautete am Ende dann seine erste Reaktion. Der Curator gönnte sich noch einen kurzen Moment, dann setzte er zu einer richtigen Antwort an. "Ich denke, die Frage des Schadensersatzes haben wir also geklärt. Du führst nun aus, dass die für den Täter zum Schadensersatz hinzukommende Strafzahlung zu gering sei.", fasste der Senator zusammen und nickte kurz. "Das mag nicht ganz unwahrscheinlich sein.", gab er daraufhin zu. "Aber ich möchte dich fragen, was glaubst du? Warum ist es gesetzlich festgelegt, dass zur Zeit alle verhängten Geldstrafen maximal 5.000 Sesterzen hoch sein dürfen?" Er ließ dem Sergius einen kleinen Moment, bevor er selbst zu einer Antwort ausholte:
    "Ich denke, es liegt auf der Hand, dass sich allein über eine Geldstrafe nicht alle Menschen von einer Tat abschrecken lassen. Setzen wir die Strafe bei 10.000 Sesterzen fest oder bei 50.000 Sesterzen, wird es dennoch stets reiche Leute geben, denen eine solche Strafe nicht wehtut.", führte der Senator trotz allem recht gelassen aus. "Unabhängig von der absoluten Höhe der Geldstrafe muss man sich also in diesem wie jenem Fall überlegen, wie man auch solche Personen von einer Tat abschreckt, die mit Leichtigkeit dazu in der Lage sind, sich alles zu leisten, was sie wollen. Und für genau solche Menschen bietet unser Gesetz die Möglichkeit, sie temporär oder dauerhaft von der Übernahme öffentlicher Ämter auszuschließen. Das trifft besonders die Equites - denn was ist ein Eques schon ohne ein Amt?" Aus Sicht des Senators war sojemand nicht mehr als ein etwas besserer einfacher Bürger. Denn ein Ritter hatte zwar ein paar Standesprivilegien, doch ohne ein Amt war er doch weitesgehend machtlos - ganz anders als der eigene Stand des Curators. "Einen Senator indes kann unser Gesetz aktuell zusätzlich bestrafen damit, dass er nicht nur kein öffentliches Amt mehr ausüben darf und sich auch nicht mehr wählen lassen darf. Ihm kann darüber hinaus auch das Stimmrecht entzogen werden.", erklärte der Senator anschließend und blickte dabei sorgenvoll drein. Denn mit diesen Sanktionen würde er sich auch als Senator wahrscheinlich ziemlich nackig fühlen.


    Noch einmal nickte der Curator Aquarum. "Ich denke, dass solche Aussichten wesentlich abschreckender auf die reichen und einflussreichen Einwohner unseres Reiches sind, als jede noch so hohe Geldstrafe es je sein könnte.", fasste er anschließend noch einmal zusammen, bevor er sich dem nächsten Punkte zuwandte. "Vom Anzapfen der Wasserleitungen und ähnlichen Kavaliersdelikten wird das natürlich trotzdem niemanden abschrecken." Denn einzelne Kavaliersdelikte konnten natürlich von einem Richter schwerlich nur derart hart sanktioniert werden. "Da helfen uns nur unsere regelmäßigen Kontrollen weiter.", was im Grund aber auch nicht allzu schlimm war. Denn so hatten sie wenigstens immer etwas zu tun und wurden gebraucht. Das wiederum verschaffte ihnen ihren jeweiligen Posten mit dem netten Amtseinkommen.
    Blieb die Sache mit dem Richter. Dazu musste der Senator erst einmal gehörig in seinem Gedächtnis kramen, wann ein Iudex von der Ausübung seines Richteramtes überhaupt ausgeschlossen war. "Worauf möchtest du mit der Nennung des §11 anspielen, Sergius?", musste er sich am Ende dennoch erkundigen. "Mit unserer Res Publica ist niemand verwandt oder verschwägert oder ehelich verbunden." Das waren die ersten Punkte, die dem Senator dazu einfielen. "Und selbst in dem Fall, dass jemand sämtliche Wasserleitungen sabotiert, um damit wirklich jeden Bewohner Roms mit dieser Straftat zu verletzen, selbst dann bleibt doch stets der Imperator Caesar Augustus als Ankläger und zugleich Verteidiger der Rechte unserer Res Publica.", stellte er dar, dass er auch dort eigentlich keine größeren Probleme sah.


    Schlussendlich dann kam der Senator auf die weiterführenden Gedanken seines Aquarius zu sprechen. Denn wie er erwartet hatte, war der Sergier nicht von ungefähr mit diesen rechtlichen Fragen hier erschienen. "Du hast in den Archiven ein altes Gesetz für diese Fälle entdeckt?", wurde der Curator sofort hellhörig und beugte seinen Oberkörper sogleich interessiert nach vorn. Sein Schreibtisch knarzte ein wenig unter dem massigen Gewicht. "Auf jeden Fall solltest du damit weitermachen, Sergius.", riet er seinem Gegenüber entschieden. "Es wäre nicht das erste Gesetz aus früherer Zeit, welches heute erneut Gültigkeit erlangt." Und spätestens damit würde sich der Sergier hier wohl auch ohne jeden Zweifel für höhere Aufgaben empfehlen. Entsprechend machte sich der Curator eine gedankliche Notiz, seinen sergischen Aquarius bei nächster Gelegenheit - vermutlich also, wenn ihm der Inspektionsbericht zur Aqua Appia vorgestellt wurde - einmal nach seinen Zukunftsplänen zu befragen.



  • "Ach was", mit leicht erstaunter Miene folgte Plautus den Worten des Curators, "das mit der Obergrenze bei 5000 Sesterzen wusste ich nicht. Auch die Sache mit dem Ausschluß aus öffentlichen Ämtern und der Aberkennung des Wahlrechts ist mir neu. Richtig, für einen normal tickenden Römer ist sowas schon ein harter Schlag und könnte Wirkung zeigen. Es gibt aber auch reiche Leute, denen das schlicht und einfach wurscht ist. Die haben mit Ämtern nichts am Hut und kommen dann bloß mit der mickrigen Geldstrafe davon. Zugegeben, solche Leute sind selten und ich kann nur hoffen, dass mir keiner von denen über den Weg läuft, solang ich Aquarius bin."
    Auf die Tatsache, dass es sich bei dem beliebten Kavaliersdelikt des Anzapfens von Wasserleitungen um blanken Diebstahl handelte, überging Plautus, weil ihn der nächste Punkt mehr interessierte.


    "Gucken wir uns mal den §11 an. Mir ist noch ein Fall aus Neapolis im Gedächtnis, wo man den Quaestor halbtot geschlagen hat, um an die Stadtkasse zu kommen. Die Duumvirn, obwohl sie selbst das Richteramt ausüben dürfen, mussten den Fall an die nächst höhere Instanz abgeben, weil sie von der Tat selbst betroffen waren. Befangenheit nicht ausgeschlossen, also. Wenn sich nun jemand an dem Eigentum der Res Publica vergreift, dann ist, zumindest hypothetisch, auch der Kaiser befangen, oder nicht? Ich weiß, von den Restriktionen des §11 ist der Kaiser ausgenommen, weshalb man ihn oder die von ihm eingesetzten Richter nicht wegen Befangenheit ablehnen kann. Aber lassen wir's. War nur so ein Gedanke."


    Ja, der Gedanke war sehr verlockend gewesen, aber Plautus hatte den §11,3 übersehen, womit sich die Chose in warme Luft auflöste. Dann war da noch die zerbröselte Lex Quinctia. Irgendwie hatte Plautus das Gefühl, dass er sich da auf eine Art Abenteuer eingelassen hatte. Dennoch hatte ihn der Curator ermuntert, weiter zu machen. "Tja, ich muss sicher noch viele Fetzchen zusammenkleben, bis ich den vollständigen Inhalt dieser Lex Quinctia de Aqaeductibus kenne. Mal ganz naseweis gesagt, glaube ich zwar schon, dass man mit der bestehenden Rechtslage, wie Du mir gerade erläutert hast, durchaus im Sinne dieses alten Gesetzes agieren kann. Vorausgesetzt man hat einen sehr ausgeschlafenen Ankläger (und einen unausgeschlafenen Verteidiger). Nichtsdestoweniger klebe ich mal weiter, aber jetzt ruft mich erst mal die Inspektion der Aqua Appia aus dem Haus."

  • Sein fetter Zeigefinger kam vorübergehend zum Stillstand, während der Curator den weiteren Ausführungen seines Aquarius folgte. Dabei schien der Sergier abermals Menschen zu sehen, die sich auch durch den Verlust von Amtsfähigkeit, Wählbarkeit und Stimmrecht nicht beeindruckt sähen. Der Senator überlegte ein wenig, bevor er zu dem Schluss kam, dass er keine Person kannte, die reich genug war, um locker 2500 Sesterzen Strafe zuzüglich einer Schadensersatzforderung zu begleichen und gleichzeitig weder auf ein eigenes Amt mit Amtsprivilegien und zusätzlichem Amtsprestige Wert legte, noch auf das eigene Stimmrecht, welches gerade im Senat doch einen der wesentlichen Unterschiede zwischen einem Senator und einem bloßen Beisitzer ausmachte. Doch vielleicht, wie der Sergius sagte, waren solchen Menschen auch einfach nur sehr wenige. Und noch eh er mehr dazu sagen konnte, schien sein Aquarius dieses Thema dann auch wieder abschließen zu wollen. "Hmhm.", kommentierte der Curator Aquarum diesen Punkt also nur noch und nickte.
    Anschließend ging es dann noch einmal um den Richterausschluss. Hier berichtete der Aquarius von eigenen Erfahrungen, die er wohl in Neapolis gesammelt hatte. Doch dass die beiden lokalen Duumvirn mit einem Imperator Caesar Augustus nur sehr bedingt vergleichbar waren, das sah der Sergier offensichtlich schon selbst ein. Er schloss auch dieses Thema nachfolgend ab, sodass der Senator nur wieder mit einem nickenden "Hmhm." die Ausführungen seines Aquarius kommentierte.


    Am Ende dann kam noch einmal die Archivarbeit des Sergiers zur Sprache. Dabei erklärte der Aquarius, dass er seine Arbeit dort weiter fortsetzen würde... im Anschluss an die Inspektion der Aqua Appia, welche natürlich aktuell eine etwas erhöhte Priorität hatte. "Hmhm. Hmhm.", konnte der Curator diesen Plänen seines Untergebenen einmal mehr nur noch zustimmen. "Dann wünsche ich dir viel Erfolg", sowohl bei der Inspektion als auch im Archiv, "und erwarte deinen Bericht." Mit einem zufriedenen Nicken entließ er den Sergier. Der Mann war definitiv einer der besten im aktuellen Stab des Curators!



  • Sein fetter Zeigefinder markierte eine Stelle in einem Brief, bevor der angesprochene Curator, er nannte sich Aulus Racilius Crassus, aufblickte. "Einen kleinen Moment, Sergius.", sprach er sodann mit befehlsgewohnter Stimme und senkte seinen Blick gleich wieder, um weiterzulesen. Kurz fragte er sich dabei, ob der eingetretene Aquarius überhaupt angeklopft und auf ein "Herein" gewartet hatte. Eh er sich versah jedoch, war der Moment verstrichen, in welchem er sich hätte darüber gegebenenfalls erregen können. So las er also lediglich seinen Brief zuende, bevor er wieder aufblickte und das Schriftstück beiseite legte. "Nun? Was führt dich zu mir, Aquarius?", eröffnete er anschließend ruhig das Gespräch.



  • Plautus holte eine Papyrusrolle hervor und legte sie auf den Tisch des Curators.


    "Zunächst zum Dienstlichen, Curator. Wir haben die Inspektion der Aqua Appia abgeschlossen. Wir, das bin ich und das ist der Aquarius Helvetius Varus der Administratio Italiae, der, wie Du empfohlen hast, an der Inspektion mitgearbeitet hat. Ich habe den Inspektionsbericht fertiggestellt und eine Abschrift an Helvetius Varus geschickt, damit er eventuelle Änderungen einfügen und mitzeichnen kann. Ich lege Dir jetzt die noch nicht mitgezeichnete Fassung, sozusagen als hausinterne Version vor, damit Du schon mal über die wesentlichen Sachverhalte informiert bist."



    RENUNTIATIO
    INSPECTIO AQUAE APPIAE


    Untersucht wurde die Strecke außerhalb der Stadtmauer, insgesamt 9 Meilen und 340 Passus vom Caput Aquae bis zur Porta Caelimontana. Die Leitung verläuft hier ausschließlich unterirdisch.


    Die Inspektion wurde durchgeführt vom Aquarius Romae, G. Sergius Plautus, zusammen mit dem Aquarius Italiae, T. Helvetius Varus.


    Die Strecke ist seit der letzten Reparatur unter Kaiser Augustus in Baulose von je einer Meile unterteilt, die wiederum in acht Abschnitte von einem Stadium (125 passus) aufgeteilt sind und mit den Buchstaben A bis H bezeichnet werden. Oberirdisch ist ein Schutzstreifen von 15 Fuß Breite ausgewiesen und mit Grenzsteinen vermarkt.


    Feststellungen:


    I.
    Kleinere Beeinträchtigungen (im Rahmen der regulären Wartung durch die Administratio Italiae zu beheben).


    CAPUT AQUAE:
    Im Absetzbecken der Brunnenstube hat sich 1/4 Fuß hoch Schlamm abgelagert, der entfernt werden muss.


    MEILE I, ABSCHN. F:
    Aus dem Dach der Schutzhütte über dem Kontrollschacht sind Ziegel entfernt worden, die ersetzt werden müssen. Es konnten keine Hinweise auf den oder die Täter gesichert werden. Die Hütte ist etwa 150 passus von der Stelle entfernt, an der die Leitung die Via Praenestina unterfährt.


    MEILE III, ABSCHN. G:
    Im Kanal liegen Steinbrocken, die sich aus der Decke des Tunnels gelöst haben. Der Abfluss ist kaum behindert. Das Gestein an dieser Stelle ist lockerer Tuff, sodass überlegt werden sollte, ob hier eine Untermauerung notwendig wird. Übergangsweise kann der Kanal mit Steinplatten oder Brettern abgedeckt werden.


    MEILE VIIII, ABSCHN. E:
    An der Stelle AD SPEM VETEREM, kurz bevor die Leitung die Substructio von Marcia, Tepula und Iulia und den Anio Vetus unterfährt.
    Der Tunnel knickt hier in westliche Richtung ab. An dem Knick haben sich dicke Kalksinterablagerungen gebildet, die zu einem Rückstau führen und entfernt werden müssen.


    II.
    Gravierende Schäden und Beeinträchtigungen.


    MEILE II, ABSCHN. A:
    Auf dem Anwesen FUNDUS TREBATIACUS wurden auf einer Strecke von 400 passus alle Grenzsteine entfernt. Der Schutzstreifen und der Eingang zum Kontrollschacht sind mit einem Badehaus überbaut worden. Der Besitzer, C. Alfenius Aviola, der das Anwesen erst kürzlich erworben hat, verwehrte uns den Zugang zum Gebäude, den wir uns dann mit der Hilfe des Beneficiarius von der nahegelegenen Station AD NONAM LAPIDEM verschafften. Im Inneren des Gebäudes stellten wir fest, dass die Abwässer des Badehauses in den Kontrollschacht abgeschlagen werden und dass die Grenzsteine des Schutzstreifens in den Mauern verbaut waren.
    Das Badehaus ist abzureißen, die Schutzhütte über dem Eingang zum Kontrollschacht ist wiederherzustellen, der Schutzstreifen ist neu zu vermessen und mit Steinen zu vermarken.


    MEILE VII, ABSCHN. E:
    Auf dem FUNDUS EGILIACUS, etwa 900 passus südlich der Via Praenestina wurde uns der Zutritt zum Anwesen zunächst vermittels freigelassener Stiere erschwert. Der Besitzer, P. Egilius Saxula, hatte die Grenzsteine entfernt, weil sie ihn beim Pflügen störten.
    Der Schutzstreifen ist neu zu vermessen und mit Steinen zu vermarken. Die Bewirtschaftung ist auf Weidenutzung umzustellen.


    G. Sergius Plautus


    G. Sergius Plautus



    T. Helvetius Varus.


    Bevor der dicke Zeigefinger sich des Berichts bemächtigen konnte, räusperte sich Plautus und fuhr fort: "Mein Patron, Praetor Annaeus Modestus hat mir geraten, bei ihm ein Tirocinium zu absolvieren. Wir haben uns darauf verständigt, dass ich ihm an meinen freien Tagen bei seiner Arbeit assistieren kann, damit meine Tätigkeit als Aquarius nicht beeinträchtigt wird. Das setzt aber voraus, dass Du damit einverstanden bist, Curator Racilius. Ich würde mich sehr freuen, wenn Du mir dazu die Erlaubnis geben könntest."

  • Sein fetter Zeigefinger griff bereits gierig nach dem auf den Tisch gelegten Bericht, als der Curator etwas überrascht in seiner Bewegung innehielt. "Cyprius.", wandte er sich nachfolgend kurz an einen nach seiner Heimatprovinz benannten Sklaven im Hintergrund. "Ich weiß, dass der Publicius sich heute morgen hat krank melden lassen. Sei so gut, und besorg mir bitte trotzdem einen städtischen Scriba." In der Urbs Aeterna lebten schließlich so viele Menschen und darunter auch so viele angestellter Schreiber, dass sich irgendeiner von denen in irgendeiner öffentlichen Schreiber- und Kopistenstube schon auftreiben lassen würde. Mit einem stummen Nicken verabschiedete sich der Angesprochene aus dem Zimmer, während der Senator seine Aufmerksamkeit wieder zurück auf seinen Aquarius lenkte. "Ich denke, das wird kein Problem, dass ich dir hier ein kleines Schriftstück für deinen Patron mitgebe.", kommentierte er sein eigenes Handeln sodann.


    Kurz biss er sich hernach nachdenklich auf die Unterlippe, bevor er entschied, dass er sich den vorgelegten Bericht nicht in Ruhe zu Gemüte führen könnte, solange die aus seiner Überraschung gewachsene Neugier nicht befriedigt wäre. "Ich hatte mir bereits am Ende unserer letzten Unterhaltung vorgenommen, dich bei nächster Gelegenheit einmal nach deinen Zukunftsplänen zu befragen, Sergius. Wo du dieses Thema also gerade selbst anschneidest und bevor ich mich dem Bericht hier zuwende, möchte ich dich also gerne fragen, wo du einmal hin möchtest in deinem Leben." Er ließ eine kurze Kunstpause, in welcher er sich mit Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand über das eigene Kinn strich. "Gehe ich recht in der Annahme, dass du, wenn du von einem Tirocinium Fori bei einem meiner Senatskollegen sprichst, nicht vorhast, einmal in den Ritterstand aufzusteigen?" In gespannter Erwartung auf eine Reaktion, die mehr als nur die gestellte Frage beantwortete, blickte der Curator seinen Aquarius interessiert an.



  • Er fragte nicht unbedingt direktemang, der Curator, stellte Plautus fest und zuckte etwas mit den Mundwinkeln, ohne gleich in ein Lächeln zu verfallen.


    "Merkwürdig, Du fragst erst, wo ich hin will in meinem Leben, um dann gleich hinterher zu fragen, ob Deine Annahme richtig sei, dass ich nicht in den Ritterstand aufgenommen werden will. Mag ja sein, dass man als Anwalt einen störrischen Gegner so krumm herum befragen würde. Aber die Chose ist einfacher. Nein, den Weg über den Ritterstand nehme ich nicht, Curator Racilius, obwohl ich anfänglich sehr nach der dort besseren knetemäßigen Ausstattung geschielt habe. Aber Annaeus hat mich dann in einem längeren Gespräch davon überzeugt, dass der Weg über den Cursus Honorum besser sei. Das heißt, eigentlich hat er mir in den schlimmsten Farben geschildert, welche Mühsale da auf mich warten. Da ist mehr Spannung drin. Ich habe mich dann für den Cursus Honorum entschieden."

  • Sein fetter Zeigefinger blieb reglos auf seiner Unterlippe ruhen, während der Curator spürte, dass seine Art des Fragens bei seinem Gegenüber nicht ganz so gut ankam. "Nun, versteh mich nicht falsch, Sergius. Weder sehe ich in dir einen Gegner, dem ich mich irgendwie in den Weg stellen will, noch möchte ich deine zusammen mit deinem Patron getroffene Entscheidung infrage stellen.", versuchte er zunächst in ruhiger Tonlage zu versichern. "Stattdessen sehe ich als Curator Aquarum dich als meinen Aquarius, als einen wirklich tüchtigen Mitarbeiter meines Officiums und als einen Kollegen." Der Senator räusperte sich kurz und deutete damit unterbewusst bereits an, dass die sich leicht unangenehm entwickelnde Situation im unmittelbar nächsten Augenblick vermutlich nicht viel angenehmer würde. "Genau deshalb möchte ich dir einfach nur eine kleine Geschichte, eine wahre Geschichte, erzählen, die dir meine leichte Überraschung hoffentlich ein wenig verständlicher macht - auch wenn ich dich hier bestimmt nicht mit irgendjemandem vergleichen möchte."


    Der Curator Aquarum machte eine kleine Kunstpause und holte einmal tief Luft, bevor er zu erzählen ansetzte. "Die Geschichte ist bereits einige Jahre alt und handelt vom bisher letzten Aquarius, der aus diesem Amt heraus den Einstieg in den Cursus Honorum versuchte." Deshalb auch wusste der Senator an dieser Stelle ein wenig darüber Bescheid. "Als der junge und ambitionierte Mann sich damals vor den Senat stellte, wusste der Curator Aquarum wahrlich nichts Schlechtes über die Arbeit des Aquarius zu berichten. Noch dazu hatte sich der Mann einen überaus einflussreichen Senator zum Patron gesucht - einen gar dreifachen Consular mit zahlreichen Klienten, der darüber hinaus auch noch der Bruder des damals herrschenden Augustus war."
    Der Senator baute eine kleine Kunstpause ein und holte mal wieder etwas Luft. "Dennoch, trotz all dieser Unterstützung in seinem Rücken, zeigte sich der Senat diesem Aquarius gegenüber skeptisch. Am Ende verlor der Mann die Wahlen." Zeitgleich fuhr der Curator Aquarum eines der besten Wahlergebnisse überhaupt ein und wurde Praetor. "Ich möchte dich also bei Iuppiter bestimmt nicht bremsen, zumal sich der damalige Aquarius am Ende in einer späteren Wahl doch noch mit einigem Kraftaufwand sein erstes Amt im Cursus Honorum erkämpfen konnte. Jedoch hat ihm die Frage nach der Finanzierung seines Lebensunterhalts ohne festes Gehalt als Aquarius", die Ämter des Cursus Honorum waren immerhin allesamt unbezahlte Ehrenämter, "erst einmal gehörig ein Bein gestellt. Und seither dann ist in all den Jahren bisher auch kein Aquarius mehr als Candidatus vor den Senat getreten.", schüttelte der Curator langsam seinen Kopf und glaubte zugleich fest daran, dass er bestimmt nicht der einzige wäre, dem diese Geschichte zu gegebenem Anlass mitunter einfallen würde. Genau deshalb erzählte er sie auch bereits jetzt, in dieser Situation, seinem Aquarius und ließ den Sergier nicht einfach ins offene Messer laufen.


    Wieder schob der Curator eine kleine Redepause ein, in der er sich das eine oder andere Durchatmen gönnte. "Ich hoffe, du verstehst deshalb meine Überraschung darüber, dass nach all den Jahren nun vielleicht doch noch einmal ein Aquarius diesen schwierigen und steinigen, aber ohne Zweifel auch lohnenswerten Weg einschlägt." Ein ernstes Lächeln umspielte die Lippen des Senators, während er hoffte, dass weder sein Aquarius noch dessen Patron es ihm übel nahmen, die erzählte Geschichte zum Besten gegeben zu haben.



  • Mit schnellen Schritte war Severus gemeinsam mit dem Sklaven über das quer über das Forum geeilt. Glücklicherweise war der Weg von der Basilica Iulia zur Praefectura Urbis nicht allzu weit und so stand er er nun recht schnell vor dem Officium, in dem der Curator wohl die Dienste eines Schreibers benötigte. Leise öffnete er die Tür, trat in den Raum hinein, schloss die Tür ebenso leise, wie er sie geöffnet hatte und stellte sich dann erstmal in eine Ecke des Raums hinter dem Curator der unschwer an an breiten Latus clavus auf seiner Kleidung zu erkennen war. Ein weiterer Mann saß zudem in dem Raum, mit dem sich der Curator wohl grade unterhielt. An dessen Kleidung waren keine Standesabzeichen zu sehen, weshalb Severus davon ausging, dass es sich um einen einfachen Beamten handeln musste. Zu all dem sagte Severus aber natürlich nichts, sondern wartete darauf, dass man ihm Anweisung gab, was nun zu tun war.

  • Abschreckendes hatte Plautus ja schon von dem Annaeer zur Genüge gehört. Und jetzt kam auch noch der dicke Fingercurator mit einer Geschichte an, wie sie sonst nur einem Versicherungsvertreter eingefallen wäre. Plautus schüttelte sich innerlich. Aber er musste sich eingestehen, dass es sich dummerweise um eine wahre Geschichte handelte.


    "Aquarii kommen und gehen, Curator Racilius. Und es freut mich, dass Du versucht hast, mich aufzuhalten, weil Du meine Tüchtigkeit anerkennst. Dafür danke ich Dir vielmals."


    Er blickte nach oben und hob die Schultern.


    "Mir ist sehr wohl bewusst, dass das Amt eines Aquarius als Sprungschanze in den Cursus Honorum verdammt niedrig ist und dass ich für die Frage, wie ich finanziell dann über die Runden komme, noch gar keine Antwort gefunden habe, um es mal milde auszudrücken. Aber wenn Dein gewesener Aquarius bei den Wahlen damals gescheitert ist, könnte das ja auch daran gelegen haben, dass er langweilige Reden gehalten hat."


    Immerhin war der Curator gegen Ende seiner Rede dann auch darauf gekommen, dass der Weg durch den Cursus Honorum, zwar steinig, dann doch aber lohnenswert zu sein schien. Das bestärkte Plautus und er fügte um einiges erleichtert hinzu:


    "Ich bin recht froh darüber, dass Dich meine Absichten lediglich überrascht haben und nicht auf harte Ablehnung gestoßen sind. Im Übrigen denke ich, den Sergiern wird es gut tun, wenn sich mal einer von ihnen auf den Weg in höhere Ämter macht."

  • Sein fetter Zeigefinger machte sich im Zusammenspiel mit seinem nicht minder großen Mittelfinger daran, den soeben eingetretenen Scriba ein Stück näher heranzubitten. Unterdessen dankte der Sergier dem Curator für den Versuch des Aufhaltens, der aus Sicht des Senators indes eher ein Versuch des Verstehens war. Denn die Frage, der sich der damalige Aquarius stellen musste, und die Frage, mit der sich auch der heutige Aquarius unter Umständen konfrontiert sehen könnte, lief ja genau in diese Richtung. Der Cursus Honorum bestand aus lauter unbezahlten Ehrenämtern. Wenn man sich deren Ausübung von Hause aus leisten konnte, weshalb dann ging man zunächst einer bezahlten Tätigkeit zum Beispiel als Aquarius nach? Und wenn man sich deren Ausübung von Hause aus nicht leisten konnte, was änderten dann ein paar Monate oder auch ein paar Jahre als Aquarius so grundlegend an dieser Situation? Diese Frage, davon war der Curator überzeugt, sollte den Sergier keineswegs von seinem offensichtlich fest eingeschlagenen Weg abbringen. Einzig eine überzeugende Antwort darauf sollte er sich wohl bis zu seiner ersten Rede vor dem Senat überlegen.


    Zu den langweiligen Reden und den Sergiern sagte der Senator unterdessen ebenfalls nichts weiter. Denn die gesamte Schnittmenge des Curators mit den Sergiern stand hier in diesem Raum gerade vor ihm, wie man betrefflich der Reden wohl jeden seiner Senatorenkollegen befragen könnte. Die wenigsten wahrscheinlich würden sich an irgendeinen spannenden Wortbeitrag des Raciliers erinnern. "Du bist Scriba?", versicherte er sich unterdessen also bei dem näher gebetenen Mann. "Ich brauche ein kleines Schriftstück für den Patron meines Aquarius hier." Kurz sah er zum Sergius zurück. "Anaeus Modestus war das, richtig?" Der Curator wartete eine Reaktion des Angesprochenen ab, bevor er fortfuhr. "Er soll wissen, dass es für mich selbstverständlich", betonte er, "gar kein Problem ist, wenn ihm sein Klient, der Aquarius Sergius", deutete er mit flacher Hand auf selbigen, "an dessen freien Tagen etwas unterstützt und zur Hand geht." Das war wohl im Wesentlichen der notwendige Inhalt. "Dazu lobst du am besten noch in einem Satz die vorbildliche Tüchtigkeit des Sergius und endest dann ganz unverbindlich, dass man sich sicherlich bei einer der nächsten Senatssitzungen sehen wird.", zuckte der Curator kurz mit den Schultern. "Hast du Fragen dazu? Ansonsten kannst du mit dem Schreiben beginnen, während ich mich diesem Bericht hier widme." Einen Moment lang sah er den Schreiber mit offenem Blick an und würde dessen etwaige Fragen beantworten.


    Hernach also las der Senator den vorgelegten Bericht des Aquarius und hatte anschließend selbstredend auch ein paar kleine Fragen dazu. "Verstehe ich das richtig, Sergius, dass wir alle im ersten Abschnit genannten Beeinträchtigungen auf die Administratio Italiae abwälzen können? Und damit im Zusammenhang stehend, hat der Aquarius... äh... der Aquarius Helvetius auch schon diesen Bericht zum unterzeichnen?", erkundigte er sich interessiert. Denn es hatte doch noch eine ganz andere Qualität, wenn auch ein Aquarius aus deren eigener Verwaltung bestätigte, dass die im ersten Teil genannten Punkte komplett in den - auch finanziellen - Zuständigkeitsbereich der Wasserverwaltung Italias fielen.
    Kurz holte er Luft, dann kam er bereits zum zweiten Punkt. "Bezüglich des Badehauses dieses Alfenius wüsste ich gerne noch deine persönliche Einschätzung. Macht es da Sinn, den anzuschreiben und aufzufordern binnen irgendeiner Frist sein Badehaus selbst abzureißen, bevor sich die Wasserverwaltungen um den Rest kümmern? Oder meinst du, dass der eh keinen Finger krümmen wird und wir auch sofort selbst anrücken können und ihm dann eben auch noch diesen Abriss in Rechnung stellen?", erkundigte sich der Curator Aquarum. Oder gäbe es gar einen Mittelweg, der die Vorteile beider Varianten vereinte?
    Einer kurzen Atempause folgte sodann auch der dritte Punkt. "Und dieser Egilius, waren bei dem unsere Grenzsteine noch irgendwo aufzufinden? Oder müssen wir da völlig neue anfertigen lassen? War rauszukriegen, was mit denen passiert ist?"



  • Plautus hatte durch das Fenster gelinst und zugesehen, wie auf einem der Dachfirste ein Tauber eine Taubenfrau anbaggerte und hätte gern mitgekriegt, ob der mit seinem Getrippel bei der Schönen landen konnte, als er mit einer Zwischenfrage des Curators unterbrochen wurde.


    "Ja richtig, Praetor Annaeus Modestus", sagte er und schaute wieder zu dem Balzplatz, aber die Vögelchen waren schon über alle Berge. Der Curator hatte sich inzwischen über den Inspektionsbericht hergemacht und war darüber gestolpert, dass der Aquarius Italiae noch nicht mitgezeichnet hatte.


    "Ach wo, was da im ersten Abschnitt steht, das brauchen wir gar nicht abzuwälzen, das sind die routinemäßigen Pflichten der Administratio Italiae. Die haben die Leitungen außerhalb der Stadt regelmäßig zu warten und dazu gehören auch kleinere Reparaturen. Dem Aquarius Helvetius habe ich den Bericht vor einigen Tagen zugeschickt, aber bisher ist nichts zurückgekommen, weshalb ich Dir meinen Entwurf vorgelegt habe."


    Dann kamen die dicken Hunde, nämlich die Fälle der großen Artisten Alfenius und Egilius.


    "Also ich würde doch empfehlen, den Herren Alfenius und Egilius erst mal zu schreiben, dass sie Alles fachgerecht wieder so herzurichten hätten wie sie es angetroffen haben, verbunden mit der unüberhörbaren Drohung, dass wir es anderenfalls sehr sorgfältig selber machen und ihnen in Rechnung stellen, inklusive eines gehörigen Bußgelds. Du weißt ja, quod non est in actis ... Was den Egilius angeht, so hat er noch ein winziges bißchen Glück, denn er hat die Steine einfach ins Gebüsch am Ackerrand geworfen. Und zwar alle. Hätte ich im Bericht erwähnen sollen, aber ich wollte es kurz machen."

  • Severus wartete, da das Gespräch offensichtlich noch andauerte und trat erst ein paar Schritte aus seinem Platz in der Ecke an den Curator heran, als dessen voluminösen Finger - der Curator war insgesamt sehr voluminös, irgendwie der Archetyp eines wohlgenährten Senators, der die Karriereleiter bereits so hoch gekletter war, dass er sich ein angenehmes und vor allem gesättigtes Leben leisten konnte - ihn näher zu sich her bat. Nickend beantwortete er dann die Frage, natürlich nicht ohne auch kurz seinen Namen fallen zu lassen, wer wusste schon, wofür das vielleicht gut sein konnte. Ja, Curator, Helvetius Severus aus der Schreibstube. Mit konzentriertem Gesicht nahm er dann die Anweisungen des Raciliers entgegen, machte sich am unteren Ende der Tabula Notizen über den gewünschten Inhalt. Da Severus aber nicht zum festen Stab des Curators gehörte, wusste er natürlich auch nicht um dessen Vorlieben oder Gewohnheiten bei der Aufsetzung von Schreiben, weshalb er sich dazu schnell erkundigte. Wünschst du spezielle Gruß- oder Abschiedsformeln, Curator? Natürlich würde er auch diese gleich noch einfügen. Den groben Inhalt konnte er ja bereits aufnehmen.


    Curator A. Racilius Crassus Praetori K. Annnaeo Modesto s. d.


    Mit diesem Schreiben teile ich selbstverständlich kein Problem damit habe, dass dir dein Klient, der Aquarius Sergius, außerhalb seiner Dienstzeit bei der Cura Aquarum, unterstützt und zur Hand geht.
    Zudem möchte ich betonen, dass sich dein Klient während seiner Arbeit in der Cura Aquarum mit vorbildlicher Tüchtigkeit ausgezeichnet hat.
    So verabschiede ich mich, bis wir uns vielleicht bei der nächsten Senatssitzung treffen.



    Schnell glich er seine Notizen mit dem Geschriebenen ab, strich den unteren Rand der Tabula wieder glatt und wartete dann, wie der Curator seine Frage zu Formeln und Floskeln beantworteten würde. Danach bekäme der Racilier dann die Tabula vorgelegt bekommen, um sie entweder abzuzeichnen und zu siegeln oder Ausbesserungswünsche abzugeben.

  • Sein fetter Zeigefinger kratzte seinen nicht weniger voluminösen Daumen der selben Hand, während der Curator Aquarum zunächst an den Scriba gewandt verneinte, "Nein, nichts Spezielles. So gut kenne ich den Annaeus letztlich auch nicht." Immerhin konnte ein Senator wohl auch kaum jeden einzelnen seiner Senatorenkollegen so persönlich kennen, dass ihm spontan zu jedem noch irgendein persönlicher Satz über die Frau, etwaige Kinder, irgendwelche Neffen oder sonstigen Verwandte in den Sinn käme. Die übliche Anrede sowie ein einfaches Vale zum Schluss genügtem dem Senator hier entsprechend vollkommen.


    Anschließend, während der Schreiber schrieb und nachdem der Curator gelesen hatte, beantwortete der Aquarius die ihm gestellten Fragen. "Sehr gut!", freute sich der Senator dabei zunächst, während sich sein rechter Mundwinkel leicht erhob und so ein zufriedenes Lächeln andeutete. "Dann hoffe ich, dass ich von dem Helvetius bald auch noch die Bestätigung bekomme und dann können sich die italischen Beamten um diese ganzen Kleinigkeiten kümmern." Er nickte einmal bekräftigend, bevor er sodann auf den Punkt den unerwähnten Verbleib der Grenzsteinen betreffend zu sprechen kam. "Das ist schon in Ordnung, Sergius.", winkte er in diesem Zusammenhang beruhgend ab, bevor er sogar lobend meinte, "Der Bericht, so wie er ist, ist gut."
    Damit letztlich blieb also nurmehr die Frage offen, wie der Curator in den beiden Fällen Alfenius und Egilius schlussendlich vorzugehen gedachte. Bevor er jedoch darauf zu sprechen kam, widmete er sich zunächst noch einmal dem Scriba und der Nachricht für den Senator Annaeus. "Hmhm, ja, schon nicht schlecht. Der erste Satz geht vielleicht noch etwas besser und die Verabschiedung kann mit einer Leerzeile vielleicht noch etwas mehr vom Rest getrennt werden.", zeigte sich der Curator nicht unzufrieden. Kurz überlegte er anschließend selbst nach einer alternativen Formulierung für den ersten Teil. "Mit diesem Schreiben teile ich dir mit, dass ich selbstverständlich kein Problem damit habe, dass dein Klient, mein Aquarius Sergius, dich außerhalb seiner Dienstzeit bei der Cura Aquarum unterstützt und dir zur Hand geht." War das gut? Ein wenig fragend blickte er den städtischen Schreiber an.


    Kurz darauf dann kam er zu dem Schluss, "Und wenn du mit dieser kleinen Nachricht soweit fertig bist, dann kannst du dich eigentlich auch gleich dem Sergius bei den beiden Briefen an die Herren Alfenius und Egilius etwas zur Hand gehen." Der Curator sah zu seinem Aquarius und versuchte zu erkennen, ob der die Hilfe überhaupt wollte oder doch lieber allein den Stilus schwang. "Die beiden Herren sollen unmissverständlich wissen, dass der Curator Aquarum über ihre Taten informiert ist und sie auffordert, alle verursachten Schäden und Beeinträchtigungen zu beheben - auf eigene Kosten. Setz ihnen eine machbare, aber keinesfalls zu großzügige Frist und kündige zu deren Ablauf bereits einen Kontrollbesuch meinerseits an." Ob sich der Curator letztlich wirklich persönlich involvieren würde, wusste er zwar noch nicht. Doch sein persönliches Erscheinen ankündigen konnte man ja dennoch... vorsorglich. "Ferner sollen die beiden wissen, dass wir darüber hinaus ermitteln werden, wie groß der bisher für Roma entstandene Schaden durch die von ihnen verursachten Beeinträchtigungen ist - und dass sie sich sich darauf einstellen können, dass da unabhängig von allem anderen wohl sicher nochmal etwas auf sie zukommen wird." Der Senator unterstrich seine Worte, indem er seine zur Faust geballte rechte Hand entschlossen in seine linke Handfläche schlug.


    Sim-Off:

    Ups.


    "Ach", hätte der Curator überdies beinahe vergessen, "und bei Gelegenheit würde ich dich dann auch gerne nochmal sprechen.", sprach er an den Helvetius gewandt. Den Namen des Schreibers hatte der Senator zwar zwischenzeitlich wieder vergessen, doch wie er die gute Arbeit seines Aquarius dessen Patron gegenüber nicht zu verheimlichen beabsichtigte und dem Sergius heute sogar noch einen für sein Empfinden nicht unwichtigen Rat für die Zukunft mit auf den Weg gegeben hatte, wollte er auch den spontanen Einsatz des Stadtschreibers noch einmal würdigen.



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