Als wir mit dem Eselskarren die Tore von Portus passierten, war es schon spät. Der Myste Sperandus lenkte das Gefährt zielstrebig zu einem kleinen Wohnhaus, dort lebte eine Familie, die dem Isis-und-Serapis-Glauben anhing und uns freundlich aufnahm. Die Nacht würden wir dort unterkommen, um am nächsten Morgen dann ganz früh auf den Fischmarkt zu gehen, wenn die Fischer ihren ersten Fang feilboten, und für die Gemeinschaft des Serapeions eine Ladung zu erwerben. Da war der Fisch nämlich am frischesten und zugleich auch am günstigsten, hatte Anastasius gesagt (der ausser seiner begnadeten Erkenntnis auch einen ausgeprägten Sinn für das Geschäftliche aufwies), als er uns auf diese Mission sandte.
Ich kann nicht sagen, dass es mich auf Anhieb begeisterte, eine Tätigkeit zu vollführen, für die in meinem früheren Leben selbstverständlich die Sklavenschaft zuständig gewesen war. Andererseits fiel mir dort in der Tempelgemeinschaft bisweilen die Decke auf den Kopf – mittlerweile, wo es mir besser ging. Darum beschloß ich, die Fahrt nach Ostia als willkommene Abwechslung zu sehen. Sorge erkannt zu werden hatte ich kaum... ich war so lange schon von der Bildfläche verschwunden, und die schlichte Tracht veränderte mich, Haare und Bart waren anders als früher, dazu die Gesellschaft von Sperandus... und nicht zuletzt der Esel.... man mußte mich schon gut kennen und genau hinschauen, ansonsten war ich nur ein einfacher und bescheidener Jünger des Serapis, und das war gut so.
Nach dem Abendessen legte Sperandus sich gleich aufs Ohr, wir würden ja sehr früh raus müssen, am nächsten Morgen. Aber mir war nicht nach schlafen. Ich verließ das Haus und schlenderte durch die Strassen, hin zum Hafen... Es wurde langsam dämmrig. Die Masten zeichneten sich aufrecht wie Speere vor dem rosig-blau-dunklen Himmel ab, und spiegelten sich geschlängelt im trüben Hafenbecken. Der Geruch von Fisch lag schwer über dem Hafen, Brackwasser, Salz, Teer, Tang... Ein paar verspätete Möwen kreisten noch, Fischer entwirrten ihre Netze, und dann waren da natürlich all die Seeleute und Händler und Bettler und Schlepper und Lupae und die Kneipen, Verkaufsstände und Vergnügungsbuden... Selbst wenn mir der Sinn nach sowas gestanden hätte (tat er nicht) – ich hätte sowieso kein Geld gehabt. Das sah man mir auch an, und so spazierte ich fast unbehelligt dort entlang und betrachtete die Schiffe am Kai.
Durch die offene Tür einer Spelunke erblickte ich eine Tänzerin, die sich seltsam verrenkte, ich wich einer Gruppe von Seeleuten aus, die breitbeinig an mir vorbeischlurften, und dabei ein Lied sagen, in dem es darum ging, dass Matrosen aus Piräus, wenn sie tanzen gingen, alle Mädchen abschleppten. Ich schmunzelte (bittersüß), erreichte dann schließlich die Mole und kletterte auf die Steine. Von da konnte ich die Schiffe weiter draussen sehen, bewunderte vor allem eine stolze Trireme, die wie ein Schwan unter Enten dort auf Reede lag.