Idun blickte immer noch in das Feuer, als sie ihren Becher der mit Met und Saft der Kirsche gefüllt war an die Lippen hob. Ein blutroter Tropfen war es, der von ihrer Lippe abperlte und eine roten Fleck auf ihrem wollenen Kleid hinterließ. Gedankenverloren betrachtete sie diesen Fleck. Sie war mit sich und ihren Gedanken beschäftigt. Irgendwann sah sie Verus an und formulierte sie ihre Gedanken. „Du willst das ich gehe und du willst das ich bleibe? Du weißt was sie mit einer wie mir machen. Du weißt was eure Gesetze verlangen. Ich weiß es und du weißt es auch. Ich bin oft genug jenseits des Limes gewesen immer der Gefahr ausgesetzt, dass man entdeckt was ich bin.“ Sie trank erneut einen Schluck, auch Verus bot sie einen Becher an. Wieder betrachtete sie den roten Flecken auf ihrem Kleid. „Wohin soll ich fliehen? Du weißt was eures Gesetze eure Tradition verlangt. Wo wäre ich denn sicher? Hier nicht und dort nicht. Vielleicht habe ich mein Schicksal erfüllt als ich dein Leben rettete.“ Idun sah auf ihre Pupillen waren deutlich geweitete ihre Augen wirkten nun fast schwarz. „Was ist wenn meine Eltern mit ihrer Fluch etwas ausgelöst habe, was so nie geplant war? Vielleicht war es mein Schicksal aus römische Sklavin geboren zu werden und auch als solche zu sterben.“
Natürlich wusste Idun nur zu gut, was Römer mit Entlaufenen taten. Man brannte ihnen ein „F“ auf die Stirn F für fugitivus auf die Stirn. Die Körper wurden mit der Geisel geschlagen und man schlug sie ans Kreuz wo sie oft tagelang auf den erlösenden Tod warteten. Sie sah nur allzudeutlich das Bild ihrer gegeißelten, ans Kreuz geschlagenen Eltern vor sich.
„Was meinst du was deine Legionen mit einer Germanin machen, die sie in den Wälder aufgreifen und wenn sie entdecken, dass sie eigentlich eine römische Sklavin ist?“ Idun konnte und wollte sich das nicht einmal vorstellen. Aber Verus, der ja in der Legion dient würde sicherlich wissen, was seine Männer mit einer solchen Frau anstellen würden.
„Diese Stunden hier werden enden. Für jeden von uns auf seine Weise. Wir haben alle ein Schicksal zu erfüllen. Lass uns auf unser Schicksal trinken. Ja?!“ Sie hob ihren Becher und prostete ihm mit einem leichten Lächeln auf den Lippen zu.
Germania Libera
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Warum musste ihm alles genommen werden, was er liebte? Warum war das Leben für ihn so schwer, obwohl es ihm eigentlich leicht fallen sollte? Er hatte Verstand und Herz, dennoch misslang ihm vieles, weil ihm das Schicksal schlicht die falschen Spielsteine geschenkt hatte. Ihm fehlte es an Mut, nicht an Tapferkeit. Er war nicht mutig genug, sein Leben zu gestalten, sondern trieb achtlos durch die Zeit und so nahm ihm die Zeit sein erwünschtes Glück. Niemand konnte ihm genau erklären, warum ihm stets alles genommen wurde, was er liebte. Bis Idun kam. Idun machte diese Welt durchschaubarer, nicht durch große Worte, sondern durch Handlung. Sie handelte mitfühlend, aus einer Lebensliebe heraus, die Verus selbst nicht kannte und niemals gekannt hatte. Er konnte seine Vergangenheit nicht mehr ändern, wollte es aber und so wiederholte er stets die selben Fehler. In seiner Seele brannte ein gleiches Feuer, wie vor seinen Augen, denn endlich hatte er den Mut gefunden, etwas anders zu machen. Nichts blieb für die Ewigkeit, nicht einmal dieses Gefühl aber in ihr fand er einen Hauch Ewigkeit. Idun drohte ihm erneut entrissen zu werden. Ja, er wusste, was seine Kameraden mit ihr machen würden; was geschehen würde, sobald sie wieder aufgegriffen wurde. Seine Augen sprachen ohne Worte die entsprechende Antwort. Es tat ihm furchtbar leid, dass Idun leidlich durch ein Schicksal trieb, was sie zwar akzeptierte aber ihm selbst schrecklich unfair erschien. Verus wollte, dass sie bei ihm blieb. Wirklich bei ihm blieb und er diesen Mut, den er durch sie gefunden hatte, niemals verlieren würde. Sie hatte ihn gerettet und er wollte sie einfach gehen lassen? Was war das für eine Dankbarkeit? Er konnte sie retten, alles möglich machen, denn er war ein Tiberius und römischer Centurio. Wenn er sie retten wollen würde, könnte er es tun und doch war diese verdammte römische Ehre, diese verdammte Gesetzestreue, die Verus nicht brechen konnte. Wieder brannte die Frage: Warum? Warum musste ihm wieder alles entrissen werden, was er schätzte? Verus überlegte, so dass Idun ihre Sätze beendete und mit einem Becher Met prostete. Auch Verus hatte sich einen der Becher genommen, der ihm von ihr angeboten war. "Ich möchte nicht das diese Stunden hier enden," stellte Verus mutig in den Wald und blickte Idun mit ernstem Blick an. Nichts war ihm bisher so gewiss gewesen, dass er Idun mehr brauchte als er bisher geglaubt hatte. "Es soll nicht so enden. Nicht so," sagte er danach etwas leiser und blickte sie treusorgend an. Die Härte verschwand. Doch der Mut blieb. "Ich kann dich retten aber es ist nicht das, was ich dir antun möchte," begann er zu erklären, was ihm für eine Lösung für dieses Dilemma in den Sinn gekommen war. "Du kannst fliehen, immer weiter fliehen und ich werde dich nicht aufhalten, da du mir etwas bedeutest," sprach er mühsam, während er näher an sie heranrückte. Er wollte ihre Nähe, denn er fühlte sich allein, trotz der bedingten Nähe. Zudem wollte er klarstellen, dass ihm wirklich etwas an dieser Person lag. Ja, Idun war für eine Person, kein Objekt, sondern eine fremde aber berauschende Macht, die ihm Hoffnung auf ein neues Leben gab. In gewisserweise hatte sie ihm bereits ein neues Leben geschenkt. Der alte Verus war im Dorf gefallen, dort mit seiner Ehre verreckt und nun war ein mitfühlender und lebenssuchender Mann erwachsen aus der Leiche einer alten Idee. Dennoch musste er bald zurückkehren, denn Rom würde kommen. Und er als Römer konnte dem Ruf seiner Heimat nicht entgehen. Nicht mehr. "Oder ich fordere dich als Sklavin ein, wenn sie kommen. Ich behaupte, dass du längst mir gehörtest und du mit mir auf diese Mission gekommen bist, weil du die hiesige Sprache sprichst. Sie werden mein Wort nicht anzweifeln, denn ich bin ein ehrbarer Römer, Sohn der Tiberii und Centurio unter dem Aquila," setzte er fort und suchte ihr Angesicht. Warum tat er dies? Er unterwarf sich der Willkür seines eigenen Herzens, opferte seine römische Ehre, für das Wohl einer entflohenen Sklavin. Er wollte es. Verus wollte wirklich Idun retten. "Du hast mich gerettet und ich möchte dir helfen." Der Tiberius saß nun direkt neben ihr, dennoch mit einem gewissen Höflichkeitsabstand von einer Handlänge, damit sie sich nicht unnötig bedrängt fühlte. Verus wollte nur etwas klarstellen, dass es ihm ernst mit ihr war. Er sprach die Wahrheit und gab ihr offene Handlungsmöglichkeiten. Doch die Entscheidung überließ er ihr. Denn es lag nicht an ihm ihre Entscheidung zu treffen, auch wenn er sich jenes wünschte, um Idun nicht zu verlieren und sie am Ende am Kreuz wieder zu finden. Der Becher in seiner Hand wog schwer und noch immer hatte er ihn nicht erhoben: "Worauf trinken wir nun? Auf unser Schicksal oder unser getrenntes Schicksal?" Verus legte den Kopf dezent zur Seite, hob den Becher nun ebenso an, um den Prost mit einer Entscheidung zu verbinden.
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Idun blickte auf und Verus an. Man konnte keinerlei Reaktion auf seine Worte bei ihr erkennen. Doch in ihrem Inneren tobte ein Kampf. Sie war hin und hergerissen. Natürlich wusste sie wohl, dass der Römer, der hier vor ihr saß, sie wohl nie wie eine Sklavin behandeln würde. Und doch wäre sie eine. Nach dem römischen Recht, nach eben jenem Recht was er als absolut bezeichnet, als das einzig Wahre. Aber wollte sie wirklich ihre Freiheit aufgeben? Wollte sie wirklich in den Zustand der absoluten Rechtlosigkeit zurück?
Statt ihm auf seine Vorschläge zu antworten, war es diesmal Idun, die ausweichend antwortete.
„Kennst du eigentlich unsere Tugenden nach denen wir leben? Mut. In einer Umwelt, die vom Menschen ein höchstes Maß an Selbstbehauptung einfordert, ist Mut sicherlich eine herausragende Tugend. Aus mutigen Taten folgt Ruhm. Im Ruhm lebt der Mensch weiter. Deshalb ist es nötig, nach Ruhm zu streben.
Wahrhaftigkeit. Man kann in allen anderen Bereichen versagen, aber man muss zu anderen und vor allem sich selbst gegenüber wahrhaft bleiben.
Ehre ist ein weiteres Standbein der unserer Sitte.
Die Konsequenz aus Ehre und Wahrhaftigkeit ist praktisch die Treue. Sich selbst sollte man treu sein, der Sippe, den Freunden, den Göttern.
Disziplin ist runisch mit der Tiwaz-Rune verknüpft, die für Selbstbeherrschung und gerechten Kampf steht.
Fleiß, denn wem aufgrund des Klimas seiner Heimat die Trauben nicht von alleine in den Mund fallen, der muß sich entsprechend anstrengen
In unseren rauen Landen ist die Gastfreundschaft ein Pfeiler des Lebens. Der Reisende wird aufgenommen und bewirtet.
Selbständigkeit. Die Sippe als Ganzes lebt von den einzelnen Taten ihrer Mitglieder. Man muß also jede Tat vor sich und der Sippe verantworten können.
Beharrlichkeit, denn ohne Fleiß keinen Preis.“
Während sie sprach, hatte sie sich von Verus abgewandt und wieder ins Feuer geblickt. Auch wenn sie nicht wirklich seine Frage beantwortete lag dennoch in ihren Worten wohl viel Erklärung. Auch eine Erklärung, warum wohl die Männer des Dorfes so reagierten und nicht anders. Warum sie sich nicht römischem Recht beugen wollten.
Schließlich sagte sie. „Ich würde nicht wollen, dass du für mich lügst. Einige deiner Männer konnte fliehen und sie wissen, dass ich nicht bei euch war, dass ich nicht zu dir gehöre.“
Sie hob erneut ihren Becher. „Lass uns einfach auf diese wundervolle Nacht trinken. Darauf, dass es möglich ist, dass wir miteinander umgehen, so als wären wir gleich. Morgen früh wirst du meine Antwort haben.“
Ja sie lies es offen, ob sie am nächsten Morgen noch hier sein würde. Sie saßen noch einen Weile da und unterhielten sich über Belanglosigkeiten. Sie klammerten alles andere einfach aus und genossen den die gemeinsame Zeit.
Später brachte Idun ihn in die Hütte.-----
Tau bedeckte den Wald. Die aufgehende Sonne mit all ihren rötlichen Farben spiegelte sich in den kleinen Wassertropfen. Das aufgeregte Singen der erwachten Vögle hallten im Wald wieder. Langsam erwachte die Natur zu Leben. In der Hütte war es ruhig. Zu ruhig. Was den Römer wohl zum erwachen brachte und er wohl erkennen musste, das Idun weg war. „IDUN!“ hallte der verzweifelte Ruf durch die Hütte, kroch zur Öffnung der Fenster heraus, hallte durch den Wald und kehrt ungehört zu ihm zurück.
Stille umfing die Hütte und damit jeden der sich in ihr befand.Nach einer Ewigkeit - zumindest muss es dem Mann im Raum wohl so vorgekommen, öffnet sich die Tür und die Germanin trat ein.
Sie sah ihn lange an, bevor sie auf Verus zuging und sich zu ihm setzte. Sie sah ihm tief in die Augen, dann formulierte sie ihre Gedanken, die sie sich in der vergangenen Nacht gemacht hatte. „Ich bin es leid davonzulaufen. Mein ganzen Leben war immer eine Flucht. Dies soll enden hier und heute.“ Sie nahm seine Hand. „Wahrhaftigkeit Verus. Ich will nicht dass du für mich die deinen belügst. Sage ihnen die Wahrheit und lass das Schicksal entschieden. Sollte es so sein, dass es entscheidet, dass ich deine Sklavin werde, dann bin ich bereit dieses Schicksal anzunehmen. Du kannst dann von mir Treue erwarten, bedingungslose Treue für immer.“ Immer noch sah sie ihn an. „Sollte jedoch entschieden werden, dass ich wie meine Eltern ende, so wirst du nicht eingreifen. Ich begrüße den Tod nicht mit offenen Armen, jedoch bin ich auch bereit in diesen zu gehen, wenn es das Schicksal so will.“ Ja sie war tatsächlich bereit alles aufzugeben ob es nun das Ende oder der Anfang eines anderen Lebens war. Dies würde sich wohl in den nächsten Tagen dann zeigen. -
Sie erklärte es. Doch Verus verstand nur die Stille zwischen ihren Worten. Es waren viele Worte, doch die Stille, die Leere zwischen den Tönen sprach ihre Wahrheit. Ihr Sein lag in den Zwischentönen der Musik ihrer Worte. Schließlich sprach sie etwas an, was er beantworten musste. Etwas, was ihm auf dem Herzen brannte: "Ich werde dich beschützen." Ob dies auch Lügen beinhaltete? Sicherlich, ja. Er hatte gelernt, eine Maske zu tragen und falsche Schlösser zu errichten, um sich dahinter zu verstecken. Seine Lügen konnte den Anschein von Wahrheit entfalten. Doch ihr Wunsch, dass er nicht für sie lügen würde, brach diese Macht seiner Worte. "Ja," antwortete er knapp, da sie ihm jedwede falsche Macht verdrehter Worte genommen hatte. Er konnte sich nicht mehr flüchten oder hinter etwas verstecken. Idun wurde mehr als Illusion und Traum, sondern wurde Wahrhaftigkeit. In ihren Augen trieb eine fremde Macht, die er nicht kannte und auch nicht erfassen wollte. Auch wenn es nur ein altes Lied von Mitgefühl und Hingabe war, selbst nur Traum, war dieser Traum mit Macht versehen, als die knechtenden Ideen seiner römischen Väter und Mütter. Es war genau das, was ihn glauben ließ, am Leben zu sein. Die Bilder, die in ihrer Stille lagen, waren ehrlich und unverstellt. Idun war mehr Leben als jedwede Idee von Macht und Gier. Nein, sie löste nicht seine Probleme, doch löste die Ketten seines Herzens. Er verlor die Vorherbestimmung seines Seines an Idun und sie gab ihm keine neuen Ideen, sondern schlichte Wahrhaftigkeit. Beide waren nur Menschen. Er wollte sie erneut umarmen, an sich drücken, damit sie seine Fürsorge spüren konnte und doch hielt ihn etwas zurück. "Auf diese Nacht," erhob er den Becher und blickte dann ebenso ins Feuer. Die Antwort würde morgen folgen. Doch jetzt dachte Verus bereits ausschließlich an diese Antwort, auch wenn er nicht mehr fragen konnte. Etwas hielt ihn zurück, erneut zu fragen. Diese Antwort war ihm alles wert. Eine Welt hing davon ab, was sie antworten würde. Sein Herz verlangte es. Es dürfte nicht sein, dass ihr etwas widerfuhr, was er hätte verhindern können. Idun war so wertvoll für ihn, dass der Begriff Wert nicht ausreichend war. Sie war kein Besitz, kein Eigentum, sondern eine lebendige Freiheit, die mit ihm träumte. Beide waren sie Träumer in einer Welt der harten Realität. Beide liebten sie Geschichten, erzählten sich von diesen Träumen und sprachen frei über diese Welt. Es war diese Freiheit, die Verus glauben ließ. Es war diese Träumerei, die für ihn niemals enden sollte. Doch tat sie es, als sie ihn in die Hütte zurückbrachte.
Die Nacht war für Verus schlaflos. Seine Gedanken waren immer wieder um Idun gewandert, die unweit von ihm genächtigt hatte. Es war diese Frau, die ihn schlaflos machte. Nicht mehr nur der schwindende Schmerz seiner Wunde, so vergänglich schien Schmerz im Angesicht dieses lebendigen Mitgefühls dieser Germanin. Ja, er würde sich etwas einfallen lassen müssen. Schließlich überkam den geschwächten Römer etwas wie Entspannung, denn die Müdigkeit ließ seine Augen kurz im Dämmer zu fallen. Als er wieder erwachte, war sie verschwunden. Traurige Rufe in Wehklage nannten ihren Namen. War sie wirklich gegangen? Geflüchtet? Sein Herz fürchtete und sein Verstand folgte, so dass sein Blick panisch umher suchte. Wo war sie? Verus musste es wissen, denn alles hing davon ab, wie er damit umgehen konnte. Idun! Ein Gedanke, ein Name, presste sich gegen seinen Geist. Immer wieder, wie ein brennendes Eisen verzog er sein Gesicht in tiefer Furcht diese Wahrhaftigkeit verloren zu haben. An diesem fernen Ort, wo alles vergänglich war, und noch dazu fremd, war sie der letzte Halt in seinem Leben. Sie war mehr als das, was er gewinnen konnte durch Tapferkeit. Sie war ein Wunder und nun fehlte ihm dieses Wunder, wie womöglich eingefordert. Er hatte gehofft, dass sie sich retten würde aber der Verlust war schmerzlich und brannte durch seine Seele, wie heißer Stahl. Der Schnitt der Waffe des Germanen war nicht so grausam gewesen, wie diese falsche Gewissheit gerade. Tränen sammelten sich, während er einerseits erleichtert und andererseits schwer geschlagen von diesem Gedanken, seinen Kopf umher wandte. Immerhin war sie in Sicherheit und er musste ihr die Grausamkeit der Sklaverei nicht erneut antun. Nicht ihr. Nicht seiner Idun. Doch schließlich erschien sie wieder in der Hütte, bemerkte, dass er wach war und trat zu ihm. Verus atmete in vielen wechselnden Emotionen aus und ein. "Du...," wollte er sagen aber sie sprach bereits. Sie war hier. Für ihn. Erneut machte sie ihm ein Geschenk, welches er durchlitt und so voller Herzensdank kaum verstehen konnte. Warum tat sie es? Idun erklärte es, aber die Erklärung schmerzte, denn sie offenbarte nicht nur, dass sie nicht mehr fliehen wollte, sonder auch, dass sie bereit war zu sterben oder durch ihn erneut versklavt zu werden. "Ich werde dafür sorgen, dass dir nichts passiert," meinte er aber blickte dann in ihre Augen und fand ihre feste Überzeugung, die er nicht brechen konnte, sofern er es tun wollte. Sie war frei; freier als er es je war und nun wählte sie faktisch ein Leben an seiner Seite. Denn Verus war sich sicher, dass er den Anspruch an ihr durchsetzen konnte, sofern er auf seinen Namen und seine Stellung bauen konnte. Er würde das Problem lösen. "Ich werde nicht lügen und das Schicksal gewähren lassen," antwortete er schließlich mit ernster Stimme und festem Blick in ihren wunderschönen Augen. "Aber ich werde dem Schicksal gerne nachhelfen," sagte er noch und schmunzelte liebevoll. Nein, er würde sie nicht einfach so aufgeben und in Gefahr bringen. Solange er noch genug Geist und Kraft hatte, würde er für sie schützend sprechen und seine Hand erheben. Wie sie treu war, würde auch er treu sein. Es war dieser ungesprochene Vertrag zwischen zwei Träumenden, der ab jetzt Gültigkeit besaß. Für die Ewigkeit. Fest schloss sich seine Hand um die ihre und beide verweilten so einen Moment. Ihre Hand fühlte sich warm und vertrauensvoll an. Eine Berührung, die mehr als nur eine Geste war.
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Sie betrachtet die beiden Hände die ineinander lagen die sich gegenseitig Halt gaben. Ja zwei Träumer in einer Welt, die eigentlich keinen Platz für Träumer hatten. Und dennoch hatte das Schicksal oder eine göttliche Fügung es ermöglicht das sie sich fanden. Ein Römer und eine Germanin. Ihre Herkunft könnte kaum unterschiedlicher sein und dennoch hatten sie so viel gemeinsam.
Sie nickte nur stumm, als er versprach sie zu beschützen. Sie wussten wohl beide, dass er dies nur mit viel Glück konnte. Er unterlag Zwängen, Hierarchien. Wenn sein Vorgesetzter sich gegen seinen Wunsch stellen würde, könnte er nichts für sie tun.
Er versprach ihr nicht zu lügen und sie nickte dankbar.
Iduns Augen waren so klar wie eine dunkle wolkenlose Nacht, es lag jedoch ein Schimmer in ihnen, der sich mit Worten kaum beschreiben lässt. Es war etwas mystisches. Und dieser Blick lag nun auf dem Römer, und bohrte sich tief in seine Augen und sah tief in ihn, in seine Seele sein Herz.
Leise war ihr Stimme, als sie die folgenden Worte aussprach, Worte, die wohl kaum ein Herr von seinen Sklaven je zu hören bekommen würde. „Ich vertraue dir.“ Nur diese drei Worte waren es die sie sprach und dennoch lag wohl so viel mehr in ihnen. Ja sie legte ihr Leben in seine Hände, in die Hände eines Römers, in die Hände von Rom. Jenes Rom vor dem sie immer geflüchtet war. Jenes Rom das ihre Heimat immerfort bedrohte, jenes Rom, dass Menschen wie sie zu Dingen degradierte. Und dennoch vertraute sie ihm aus tiefsten Herzen, aus tiefster Seele. Ihre Worte waren so klar wie das Wasser eines Bergsees. In ihren Augen konnte man die Wahrheit ihrer Worte erkennen.
Ja er würde heute und wohl auch in Zukunft immer sehen können, wenn sie die Wahrheit sprach. Idun konnte und wollte sich nicht verstellen. Wahrhaftigkeit lag ihr im Blut und floss durch jede Faser ihres Körpers. Ein Fluch und ein Segen gleichermaßen.
Natürlich hieß das nicht das Idun für jeden ein offenes Buch war, aber wen sie nah genug an sich heranließ, der würde es erkennen wenn sie nicht die Wahrheit sprach.Der Moment verstrich und die Germanin richtet sich etwas auf. Sie war eine Träumerin, aber auf der anderen Seite eine rational denkende Frau. „Du wirst Argumente brauchen. Eine ungebildete Germanin ist nichts wert.“ Ja sie wusste durchaus wovon sie sprach. Zumeist landete solche Germanen in den Steinbrüchen oder bei der Feldarbeit. Warum sollte ein Römer also wohl eine solche Sklavin haben wollen. Dies würde wohl auch kein Vorgesetzter verstehen. Er würde sich lächerlich machen und man würde es wohl mit einer Gefühlsduselei abtun.
„Ich kann Latein nicht nur sprechen sondern auch schreiben. Genau so beherrsche ich die Runenschrift. Das ich mich auf die Heilkunst verstehe, hast du ja am eigenen Leib erfahren. Und ich wurde in den ersten Jahren meines Lebens zu einer Haussklavin ausgebildet. Ich kenne also die Gepflogenheiten eines römischen Haushaltes und kann mit einiger Übung auch wieder römische Gerichte zubereiten.“ Sie musste wohl nicht viel mehr erklären, dass zu einer „Ausbildung“ zur Haussklavin auch gehört, dass sie die Gäste des Hausen unterhalten konnte, sei es mit Gesprächen, Gesang oder Tanz würde er sicher wissen. „Außerdem versteh ich mich auf die Jagd. Ich versorge mich ja hier selbst, wie du gemerkt hast.“ Idun spulte die Worte monoton herunter, sie wusste um den Wert eines Sklaven um so mehr er konnte um so höher war auch sein „Marktwert“. Sie atmete tief durch, denn es gab immer noch etwas, was den Wert steigern konnte. „Außerdem...“ Sie stockte kurz. „...lag ich noch nie bei einem Mann.“ Ja sie hatte oft genug mitbekommen, dass diese Tatsache auf den Sklavenmärkten den Wert einer Sklavin deutlich steigerte. Warum hatte sie nie wirklich verstanden. Aber mit diesem Eingeständnis würde er wohl nun auch wissen, dass sie nie verheirate war, was ja in ihrem Alter, immerhin war sie schon über 20 Sommer alt ungewöhnlich war. Es würde wohl Fragen aufwerfen. Doch Idun versuchte diese wohl aufkommende Frage mit einer Frage ihrerseits zu überspielen. „Was musst du sonst noch wissen?“ -
Sie vertraute ihm. Ihre Worte trafen sein Herz, wie ein Pfeil aus naher Distanz. Es war ein glücklicher Schmerz, dass ihm jemand vertraute. Ihm, dem Römer, der selbst in Rom gescheitert war. Ihm, dem Mann, der mehr fürchtete als lebte. Verus fand in ihrer Nähe Sehnsucht und Zuversicht. Ihre Augen, so schön und okkult, wollten mehr von ihm, sprachen für sich und sangen ihre eigene Wahrheit in diesen Moment. Diese Wahrheit wollte nicht brechen, keine Kette sein, wollte mehr sein als nur bloßes Existieren. Sie musste mehr sein als die kalte Funktionalität des römischen Staates. Aulus Tiberius Verus fand sich haltlos in ihren Händen wieder, die sich gegenseitig Halt gaben. Ihre Hände, so warm und so nah, geschunden durch ein hartes Leben, waren dennoch zart und sanft. Sie waren die Zuflucht an diesem Ort, der Verus immer noch fremd war. Nein, dieser Mann wollte das Vertrauen dieser Frau nicht missbrauchen. Calena hatte ihn einst verstoßen, ihn fort geschickt, um Soldat zu werden, damit er diesem kruden Ideal von Ehre folgte aber Ehre brauchte Verus nicht zum Überleben, sondern Mitgefühl und Liebe. Es war Hoffnung, die fehlte und nun lebte diese Hoffnung direkt in ihren Händen; sie gab ihm dieses Gefühl, welches seine Lebensgeister erneut weckte. Die anerzogene Ratio wich der Emotion, ihr diesen gemeinsamen Traum von Leben zu schenken. Es war nun ihr gemeinsamer Traum, der sich durch Berührung und Nähe verband. Verus träumte zusammen mit Idun. Sein Herz schlug alt und ruhig, trotz der fast geschwundenen Jugend. Der Kampf hätte Verus beinahe gebrochen, vernichtet, was von einem Leben übrig war und doch hatte Idun mit wenigen Worten auch diesen Fluch gebrochen. Verus lebte durch ihre Heilkunst, die weit mehr als bloßes Verbinden von Wunden war. Ihre Heilkunst heilte auch sein Herz, wie auch er hoffte, dass er ihr Herz heilte. Sie suchte Vertrauen, einen echten Ort der Wahrheit, nicht nur einen Fluchtpunkt. Verus wollte ihr Heimat sein. Eine echte Zuflucht für eine Ewigkeit. Ihre Flucht, ihr Leben, waren ihr Makel gewesen, den sie mit Würde trug aber dennoch fehlte ihr etwas, was Verus ihr nun geben konnte, ohne es selbst zu wissen. Sie vertraute ihm. Verus lächelte strahlend, weltfremd und entrückt von dem Gewicht, welches auf seinen Schultern lastete. Verus glaubte an dieses Vertrauen, welches natürlich war. Zwischen Verus und Idun war dieses Band, diese Macht, die niemand beschreiben konnte aber sie war dort. Alles, was Weltlichkeit war, wurde hinweg gewaschen, durch die einzige Träne, die Verus nicht aus Trauer, sondern aus Dank vergoss. Diese Träne fiel streichelnd über seine Wange und dann auf Iduns Unterarm, wo sie sich verfing.
Wieder half sie ihm. Wieder griff sie ein und nutzte großen Verstand, um Verus Argumente zu geben, die er gebrauchen konnte. Aufmerksam hörte der Tiberius zu, denn diese Worte würden Idun retten können, wenn er sie nur richtig verstand und später anwenden würde. Er musste die Legion überzeugen, dass Idun in seinen Besitz gehen sollte. Es war wichtig, um sie zu retten. Nein, es dürfte keine Schwäche geben und kein Versagen. Alle Kraft lag in seinem Angesicht, die er ihr und sich geben konnte. Bei jedem Argument nickte er verstehend. Er wollte ihr signalisieren, dass er wirklich verstand. Verus spürte, dass ihr die letzte Aussage unangenehm war. Sie war jungfrau. Wunderte es Verus? Nein, nicht wirklich. Sie war ihr ganzes Leben geflohen, verfolgt und hatte hier am Ende einsam gelebt. Sie war in seinen Augen etwas Heiliges, etwas, was nicht durch derartige Berührungen der Begierde belustigt wurde. Ihre natürliche Weisheit überschattete diesen Fakt, der in der normalen Welt von Bedeutung war aber nicht für Verus. Er würde nicht nachbohren, nicht nachfragen, was es damit auf sich hatte. "Kannst du Rechnen?" - war also die Frage, die er anbot, um ihr die Peinlichkeit einer Erläuterung zu ersparen.
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Idun sah ihn dankbar an, dankbar, dass er nicht nachfragte, nicht hinterfragte. Aber was hätte sie ihm auch schon sagen können. Das eine mitunter verklärte Vorstellung umging? Das viele annahmen unter den Germanen würden Ehe aus Liebe geschlossen. Ehe war hier wie wohl in allen Teilen der Welt ein Pakt, ein Pakt um Macht zu sichern und auszubauen. Und sie hatte nun mal nichts zu bieten außer sich selbst. Um seiner selbst willen wurde niemand geheiratet. Sie hatte keine starke Sippe mit der man einen Pakt wollte. Sie war allein – irgendwie war sie das schon immer gewesen.
Zeigten ihr die Götter gerade einen Ausweg aus der Einsamkeit, als der Stille die sie bisher immer umgeben hatte? Sie wusste es nicht, aber sie war gewillt es herauszufinden.
Seine Frage brach die Stille, die für einen Moment entstanden war. „Ja ich kann rechnen.“ Sagte sie.
Sie erhob sich, ohne jedoch dabei seine Hand loszulassen. Ihre freie Hand folgte der Spur welche die Träne auf seinem Gesicht hinterlassen hatte. Sie beugte sich vor und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Danke.“ flüsterte sie. „So viele hörten meine Worte, mit denen ich sie hätte lehren können. Hätten meine Arme ergreifen können, auf dass ich sie vielleicht erreiche. Doch meine Worte fielen wie leise Regentropfen und hallten ungehört wider alles was blieb war Stille. Danke, dass du die Stille brichst.“
Noch einen Augenblick hielt sie seinen Hand und genoss diesen Moment.
Dann jedoch trennte sie sich von ihm und ging in die Ecke der Hütte zum Vorschein kam seine Rüstung und sein Schwert. Alles geputzt und auf Hochglanz gebracht. Nur sie Spuren des Kampfes, die sich in das Metall gefressen haben waren noch zu sehen. „Sie werden bald kommen. Du solltest das hier anlegen.“
Sie legte die Rüstung vorsichtig neben ihm auf dem Lager ab, strich darüber und seufzte leise. Dann sah sie Verus fragen an. „Welches Teil zuerst?“ Natürlich würde sie ihm beim anlegen helfen. -
Ja, er konnte glauben, dass er mit ihr eine andere Welt erschaffen konnte; ihr und sich eine neue Welt erschaffen. Mit ihr war jede Vision eine Möglichkeit. Die Schatten der Vergangenheit, konnten mit einem Handstreich verwandelt werden. Verus konnte mit ihr sein eigenes Schlechtes vergessen machen. Manchmal rechtfertigte er seine Worte und Gedanken aber Idun verlangte keine Rechtfertigung, keine Absolution, denn ihre Anwesendheit machte die Welt kleiner und damit auch den Zwang zur Erlösung. Der Moment mit ihr war Elyisum und zugleich Epiphanie. Verus wollte ihr sagen, dass er keine Fragen mehr an sie hatte aber das stimmte nicht. Ihr gehauchter Kuss war bereits Antwort auf die vielen ungestellten Fragen. Die Hand auf seiner Wange war Trost. Ein Trost, der ihn erlöste. Von den Fragen. Verus fand in dieser Berührung einen neuen Wunsch. Einen wahren Wunsch. Dieser Wunsch konnte nicht beschrieben werden aber gefühlt. Verus war hier mit ihr. Das war alles, was in dieser Berührung zählte und der gehauchte Kuss war der Odem des Lebens, welches ihm fast genommen war. Sie brauchte sich nicht zu bedanken. Denn Dank war ungenügend für diese neue Welt, die für beide entstand. Nur für beide hoben sich die Götter aus den Himmeln, stürzten herab, um zu sehen, was hier geschah. Nur für sie knisterte das Feuer und brannte lodernd hell, um das Licht schützend um sie zu hüllen. Eine ungesungene Melodie, die lautstark und lautlos gleichsam verband. Götter waren machtlos im Angesicht dieser neuen Macht. Doch dabei war diese Macht gewaltlos, ohne Eifer und Gier, sondern allein für sich. Es war dieses Vertrauen, welches nicht erzwungen oder genannt werden konnte, sondern schlicht entstand aus dem Mitgefühl einer Seele, welche getrennt war. Idun und Verus wurden durch eine Würde verbunden, die alles ungeschehen machte; nur für diesen Moment. Sie war nicht mehr nur Idun, eine Seherin, und Verus, nicht mehr nur römischer Offizier, sondern sie waren beide eine neue Macht. Ungetrennt, ungebrochen und verbunden durch die eine Seele, die durch Schicksal getrennt war. Hier lag keine Rache am Schicksal, keine Lust, sondern ein natürliches Wiederfinden des Verlorenen. Sie waren hier. Beide waren hier. Das war die Epiphanie des Momentes, der bald vergehen würde. Zeit floss gnadenlos davon, riss alles mit sich und am Ende eines Lebens würden diese getrennte Seele gemeinsam gehen. Leben war eine Fraktur, ein zerschmetterter Traum von Ewigkeit, der immer wieder endete, und die Herzen mit Pein prüfte. Doch Idun und Verus waren sich selbst ein Zeichen der Macht geworden. Keine politische Macht, keine Götter, waren hier für sie, sondern sie waren für sich da. Neidisch würden die anderen Mächte sein, neidvoll mussten sie huldigen, was hier die Grenzen sprengte. Idun machte ihr Leben unvergessen, wie auch Verus sein Leben brennen ließ. Beide brannten, nicht in Lust, aber in Hingabe. Es brauchte keine Worte, keine Gesten, sondern nur diese Berührung und den flüchtigen Kuss, da die Würde alles hinweg schlug, was Lüge war. Ihre Augen sprachen mit dem Licht des Feuers, welches schützend brannte; während seine Augen mit Hingabe fielen. "Zwischen uns ist keine Stille, zwischen uns ist Leben," sprach Verus auf ihren Satz und führte sie näher an sich heran, schloss beide Arme fest um sie. "Wir sind hier," sagte er in Überzeugung, dass die Götter es hören sollten. All das Leben war eine Lüge, eine schlichte Abfolge von Ereignissen aber dieses Ereignis war zu wertvoll, um es den Göttern zu überlassen oder der Zeit. Es würde vergehen, doch nicht ohne seinen Widerstand. Nein, er verfluchte nicht die Welt, nicht die Götter aber würde kämpfen, seine Idun nicht mehr zu verlieren. Schließlich trennte sie sich von ihm, um die Rüstung und sein Schwert zu holen. Verus, der um seine Fassung und erneute Vernunft rang, musste schwer atmen. Er suchte nach Luft, um Idun nicht all sein Leben zu vergeben. Doch seine Augen folgten ihr, in fester Absicht ihre Augen zu finden, um diese mit der Macht zwischen beiden zu verbinden. "Du hast sie ja poliert," merkte der Römer an und nickte dankbar. Idun war wirklich etwas Besonderes. "Ja," antwortete er und deutete auf die Untertunika aus Wolle. "Die Wolltunika wird über meiner normalen Tunika getragen," erklärte er und deutete auf seine rote Soldatentunika. Die Wolltunika war ebenfalls leicht rot gefärbt und war mehrfach umschlagen genäht, um Stöße und Hiebe abzufangen, die das schwere Kettenhemd trafen.
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Verloren im Augenblick verschmolzen ihrer beiden Welten zu einer, etwas neues entstand. Ob es die Zeit überdauern. Im römischen Reich, der Gesetze und Bürokratie bestehen konnte war in diesem Augenblick unwichtig. Es entstand und es bahnte sich seinen Weg in genau diesem Augenblick. Doch Zeit ist ein unbesiegbarer unerbittlicher Gegner und so wurde kaum wahrnehmbar aus den beiden eben noch gleichen Menschen der Herr und die Sklavin. Auch wenn es Beide wohl nicht wahrnehmen wollen oder konnten.
Nach und nach half Idun ihm beim Anlegen der Rüstung und mit jedem weiteren Teil den sie ihm anlegte wurde er wieder zum Centurio Aulus Tiberius Verus.
Noch am Anfang hatte Idun auf seine Bemerkung, dass sie seine Rüstung poliert hatte, hin einer ihrer äußerst seltenen Scherze gemacht. Indem sie ihn mit einem verschmitzten Grinsen gefragt hatte. „Nun als deine Sklavin ist das doch meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass du vernünftig durch die Gegen läufst.“
Doch um so mehr sie ihm anlegte und sorgfältig die Schnallen und Riemen der wertvollen Rüstung befestigt um so ruhige rund in sich gekehrter wurde sie.
Nun da sie ihm auch noch die Beinschienen, die sie natürlich, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, repariert hatte, angelegt hatte, war er wieder ganz und gar der römische Centurio.
Die ganze Zeit hatte sie vor oder neben ihm auf den Kienen gesessen, nun erhob sie sich, fast schon schwerfällig, als ob die ganze Welt, ähnlich wie beim griechischen Titan Atlas, auf ihren Schultern lasten würde.
Sie reichte ihm seinen doch sehr in Mitleidenschaft gezogenen Helm, sauber zwar, aber mit Beulen und Dellen versehen. Auch wenn er wohl nicht mehr zu gebrauchen war.
Kein Wort hatte sie bei der ganzen Prozedur gesprochen und nun sagte sie nur eine Wort, während sie ihm ihre helfende Hand reichte, damit er aufstehen konnte. „Centurio.“ -
Der flappsige Scherz, bevor sie ihm half, seine Rüstung anzulegen, traf ihn in vielerlei Hinsicht. Denn Verus wollte sie nicht als gelebte Sklavin unter seiner Herrschaft wissen und mochte es auch nicht, das sie damit cogitierte aber gleichsam verstand er den Scherz und den Witz darin, so dass er vergessen lächelte, um ihr nicht das Gefühl einer seltsamen Leere zu geben. Unbewusst war dieses Lächeln voll überragender Hingabe und Zuwendung an Idun, wenn nicht sogar mit ein wenig Träumerei. Schließlich begann sie ihm in die Rüstungsteile zu helfen, was einige Zeit in Anspruch nahm. Insbesondere die jeweiligen Stahlschienen, die Arme und Beine panzerten, waren recht aufwendig anzubringen, da sie mehrere Lederriemen benötigten. Die lorica hamata, jenes doppelt bearbeitete Kettenhemd mit verstärkten Schultern, war recht leicht anzulegen, da es Verus schlicht über sein Haupt ziehen musste und seine Arme durch die Armöffnungen zu bewegen hatte. Es war bereits leicht beschädigt und eine Schulterverstärkung hing leblos herab, da die Ringe an einigen Stellen durch einen Hieb gebrochen waren. Die reparierten Beinschienen fielen Verus insbesondere auf, so dass er sofort mit einem Satz reagierte: "Danke, dass du sie repariert hast. Zumindest soweit, dass sie nicht hin und her rutschen." Der wieder entstehende Centurio schmunzelte, bewegte seine Füße um zu prüfen, ob sie wirklich nicht rutschten. Als sie sich von den Knien erhob, fast aus einer unterwürfigen Geste vor Verus, schien sie sich schwerfällig zu bewegen. Verus streckte seine Hand dankend aus, um ihr Halt anzubieten und streifte dabei ihren Unterarm. Doch bevor er etwas sagen konnte, reichte sie ihm bereits seinen zerbeulten und unbrauchbaren Helm. "Den Helm kann man nur noch einschmelzen," merkte er an und nickte erleichtert ab. Es war doch ein Kraftakt gewesen. Ihm fehlten noch gesundheitliche Kräfte, um dieses Gewicht wirklich zu verarbeiten und einstecken zu können. Schließlich war es Idun, die ihm eine helfende Hand reichte, so dass Verus das Zeichen verstand, den Helm zur Seite auf das Lager legte, um mit ihrer Hilfe aufzustehen. Murrend, brummend und nach Luft suchend, stand Verus unter ihrer Führung auf, bis er endlich wieder alleinigen Stand gefunden hatte. Das cingulum militare und der breite Waffenrock aus Lederstreifen bebte nach, gab im Zusammenspiel mit Metall und Leder Töne von sich, die einem rauschenden Klirren nicht unähnlich waren aber laut und betäubend war es nicht. Nur durchbrach es die Stille der Prozedur des Anlegens und des Aufstehens. Idun sagte dann nur ein Wort und benannte ihn mit seinem Rang und somit auch seiner alter Person. Er war römischer Offizier. Ein Centurio, der Roms Macht symbolisierte und die Militärgewalt dieses Imperiums. Verus fühlte sich unwohl in dieser Aufmachung, dieser Uniform des Reiches, welchem er lange gedient hatte und das für ihn immer noch etwas Bedeutung besaß. Er war Römer und konnte dies auch nicht leugnen. Sein Blick fiel über seine eigene Brust hinab, auf die Rüstungsteile und schließlich legte er die Hand an den Knauf seines Schwertes, welches wieder befestigt war. Das herunter gerissene Schulterstück des Kettenpanzers konnte mit einer Handbewegung seiner anderen Hand wieder notdürfitig eingehängt werden aber würde sicherlich nicht sehr lange halten. "Danke," sagte er traurig, denn nun trennte ihn diese Rüstung wieder von seinem Herzen. Er wollte Idun nahe sein, nicht durch Metall oder dessen Symbol von Macht von ihr getrennt sein. Der junge Mann fühlte diese unsichtbare Trennung, die Rom war und Idun stand verlassen vor ihm. Nein, so sollte es nicht sein. Mutig streckte er seine Hand aus, um ihre Schulter zu berühren. "Danke," wiederholte er mit einem aufgehenden Blick in ihre Augen.
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Idun stand vor ihm. Die Rüstung war wie eine Wand, die zwischen ihnen aufgebaut worden war. Sie sah zu ihm auf. Ihren Augen blickten ihn mit einer tiefen Traurigkeit an. Die gemeinsamen Stunden hier würden hier enden. Kurz schlug sie die Lieder nieder und verharrte einen Moment so, bevor sie wieder aufsah. Ihr Blick hatte sich um Nuancen verändert in ihm lag Entschlossenheit und Hoffnung. Die Germanin war entschlossen, dass sie das was sie beide hier gefunden hatte nicht durch so eine Belanglosigkeit wie diese Rüstung zerstörten zu lassen.
Sie machte einen Schritt auf Verus zu und überbrückte damit die Kluft die gerade zwischen ihnen entstanden war. Das erst Mal seit er hier war, war es Idun, die seine Nähe suchte. Die Germanin lehnte sich an seine Brust, in seinen Arm.
Fast schon widerwillig löste sie sich von ihm und nahm seinen Hand um ihn vor die Hütte zu führen.
Das Pferd mit welchem sie ihn hergebracht hatte stand schon bereit und wartete.
Sie wand sich zu ihm um. In ihrer Stimme war leise, fast wie ein Wispern. „Es ist Zeit.“ Natürlich half sie ihm beim Aufsteigen. Sie selbst nahm die Zügel und führte das Pferd und seinen Reiter durch den dichten Wald in Richtung des Weges, auf welchem wohl bald die Legionen auftauchen würden.
Noch war alles ruhig und friedlich, doch wie lange würde das noch so sein? -
Hier war sie wieder. Diese Angst, dass nichts genug sein würde. In seinen Augen schwand die Melodie des Lebens nie ganz, doch verschmälerte sich zu einer einfachen Tonfolge. Es war Idun, die ihn fürchten ließ. Nicht, dass sie ihn verriet, sondern vielmehr, dass sie ihm genommen wurde. Wie gerne würde er ihr nun sagen, dass er die Welt verändern konnte. Wie gerne wollte er rufen, dass er andere Welt für sie machen konnte. Doch konnte er es nicht. Er konnte nur kämpfen. Vorallem gegen sich selbst. Nichts machte sein eigenes Schlechtes ungeschehen und doch war hier dieses Gefühl. Ein Gefühl, so simpel und doch so stark. Sie lehnte sich gegen seine Brust. Sein Herz schlug heftig in ihrer Nähe. Hier war er wieder, jener Mensch. In seinen Knochen war Würde, die niemals gebrochen werden konnte. Es war ihre Würde. Beide lebten; ja, waren ihr eigene Welt, gegen alle Widerstände der Götter und Mächte. Ja, er konnte sich und ihr eine neue Welt machen, wenn sie ihn ließ. Idun musste es zulassen. Es lag nicht in seiner Macht, sondern in ihrer Macht, ihm eine Vision zu geben. Keine Vision gegen Rom, sondern eine Vision für die Zukunft der Republik. Geheime Kräfte testeten seinen Willen, der wieder ungebrochen werden sollte. Das kalte Gift der Hoffnung, welche verloren werden konnte, brodelte in seine Augen, die allein Idun galten. Seine Augen sangen für sie im Spiel der zwei Tränen, als sie ihn an seiner Hand hinaus führte. Als sie die Berührung gebrochen hatte, wurde es wieder kalt. Diese furchtbare Kälte, die aus der Angst gespeist wurde, Idun verlieren zu können. Nein, allein der Gedanke kostete Kraft, die Verus kaum noch besaß. Eine Kette, geschmiedet aus Mitgefühl, verband beide Wesen in diesem Schritt hinaus. In Betrachtung schienen diesen beiden Körper ungetrennt, verbunden durch eine einfache Handgeste; jenes Halten zweier Greiforgane, die Grenzen niederrissen und alle Zweifler an so einem Wunder mit Kraft unterwarfen. Idun und Verus machten ihr Schlechtestes ungeschehen, ohne es jemals gewünscht zu haben, sondern diese Brücke zweier Welten erschuf etwas Gutes, etwas Strahlendes, was selbst die Götter lachen ließ. Eine einfältige Seele, getrennt auf zwei Geister, wollte wieder mit der Macht des Schicksals ringen. Es war ein Kampf, den sie nur verlieren konnten, doch ohne Entscheidung, sondern durch Hingabe zueinander, fanden sie sich darin wieder. Es war dieses liebevolle Verlangen, diese Sehnsucht nach Nähe, nicht körperlich, keine Wollust, sondern schlicht diese Gewissheit, dass ein Leben allein und ohne einander einsam sein würde. Einsamkeit war der Preis ihres Zusammentreffens, der gefordert wurde, sobald diese Berührung für immer gebrochen wurde. Die Melodie spielte still auf.
"Lass es mich tun," stammelte er Worte zusammen und wollte sich Mut zusprechen, dass Pferd alleine aufzusatteln, als sie sich zu ihm wandte. Ihre Schönheit bedurfte keiner Beschreibung, anders als eine Römerin war eine solche Beschreibung für sie unpassend und sogar unweigerlich lächerlich. Schönheit lag nicht in Aufmachung, in Darstellung oder Geschmeide, sondern in den Augen, die eine Seele spiegelten. Idun spiegelte auf Verus, wie Verus auf sie spiegelte. Es war diese Schönheit, die mehr Traum als Wirklichkeit war aber dennoch mit aller Tatendrang zwischen beiden tanzte. Dachte er an Calena? Ja, Verus erinnerte sich an ihren Verrat, als sie ihn verstoßen hatte, nur damit er Soldat wurde. Doch Idun verstieß ihn nicht, war hier, wollte für ihn sogar mehr sein als nur ein Gefolge. Sie opferte ihre Freiheit, nur um ihm zu helfen. Es war dieser Akt des Selbstopfers, der sie größer machte als jedes Amt, jede Staatsgewalt oder auch seine Calena. Nicht, dass er seine Calena verraten konnte oder wollte aber eine Macht trieb ihn in Iduns Arme. Es war diese Verbindung, die nun Gewicht hatte und somit auch seine eigene Gravitation. Sie beide waren zu Sternen geworden, die ineinander fielen, um im letzten Akt heller zu strahlen, als alle anderen Sterne im Universum. "Ja," wisperte Verus zu Idun zurück, während sich seine Augen schlossen und die Tränen über die Lider vertrieben. Verus stieg auf das Pferd, keuchte dabei und versuchte den Schmerz nicht zu zeigen, da sie ihm half und er ihr vergewissern wollte, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte. Doch er wusste, dass sie sich beide gleichermaßen Sorgen machten. Schließlich brachen sie auf, da sie die Zügel hielt und nun bestimmte, welchem Weg Verus folgen sollte. Der Tiberius konnte nur beobachten von seiner erhöhten Position und ließ seinen Blick schweifen, nachdem der Schmerz seiner Wunde etwas abgeklungen war und er seine Augen nicht mehr zusammen kneifen musste.
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Der dunkel dichte Wald, der hinbrausende Waldstrom welcher sich nur noch durch sein Rauschen bemerkbar machte wurde durch einen schief einfallenden Lichtstrahl durchbrochen. Fast schon mutete die Szene an wie aus einer anderen Welt und dennoch drückte sie die Gefühle aus, die gerade in der jungen Germanin vorgingen.
Ja in gewissen Weise war sie wohl freier als es der Römer, welcher nun neben ihr ritt, es je war. Sie unterwarf sich keinen Zwängen, unterwarf sich nicht ihrem Schicksal. Sie nahm es an, sie wählte es aus freien Stücken.
Ob sie nun als seinen Sklavin leben oder ihr Leben in den nächsten Tagen beenden würde lag im Nebel der Zeit verborgen. Und dennoch hadert Idun nicht. Nein sie ging aufrecht und fast schon stolz mit jeden weitren Schritt – sicher einen Fuß vor den anderen setzend, die Vergangenheit hintersich lassend – darauf zu.
Es gab nunmal keinen Plan im Leben, dem man folgen konnte. Es gab Wünsche, Sehnsüchte und Hoffnungen, aber einen Plan? Nein den gab es nicht. Auch wenn man einen für sich selbst hatte, so war es doch meist das Leben oder das Schicksal selbst, dass diesen über den Haufen warf. Man konnte nun mit der Ungerechtgkeit des Schicksals hadern und man konnte es annehmen.
Sie hielt ihren Stab der aus einem kräftigen Ast einer Eiche gefertigt und mit Runen verziert war, fest in der rechten Hand um Halt in einer Welt zufinden, in der es eigentlich keinen Halt mehr gab.
Der Lichstrahl, der in den dichten Wald einfällt, er ist wie ein Lächeln in der Dunkelheit. Er spendet ihr Wärme und zeigt ihr den Weg.
Immer wieder fiel ihr Blick auf Verus, der sich trotz seiner Schmerzen aufrecht auf dem Pferd hielt. Natürlich wusste sie, dass auch er sich seine Gedanken machte. Dies konnte sie ihm nicht abnehmen. Das einzige was sie konnte war hier bei ihm zu sein und ihm damit zu zeigen, was auch kommt ich bin an deiner Seite. So wie sie es ihm vor ein paar Stunden versprochen hatte. Treue!
Ja in gewisser Weise war Idun verliebt. Doch war dies keine Liebe, die auf körperlicher Anziehung basierte. Nein es war das Wesen des Römer. Das Wesen, sein Herz und seine Seele – eine Seele die älter war als der Mann selbst – die tief in ihrem Inneren etwas berührte. Es so berührten, dass es ihr egal war ob sie nun lebte oder starb. Das sie bereit war ihre Freiheit aufzugeben um an seiner Seite zu sein. Ja Freiheit, eines der höhsten Güter die ein Mensch besitzen konnte, aber was war Freiheit wert, wenn sie einsam war, wenn man drohte sich in der Einsamkeit zu verlieren.
Wieder sah sie zu ihm auf ihre dunklen Augen funkelten wie die Nacht. Ihre Schwarzen Haare, die sie wie alle unverheirateten Frauen ihre Volkes offen trug, wurden von einer leichtenWinbö erfasst und wogen wie kleine Wellen auf den Meer im Takt des Windes. Auf ihren Lippen lag ein Lächeln. Das erste Mal in ihrem Leben fühlte sie sich wirklich zu jemanden gehörend. Nicht in einer Rolle, nicht in dem was man von ihr erwartete sondern sie fühlte sich frei, so frei wie noch nie.
Für einen Moment hielt sie an und stoppte damit auch das Pferd. Eins wollte und musste sie noch tun. Die Zügel des Pferdes loslassand, sank sie auf die Knie. Die Augen geschlossend haltend, die Hände auf die Erde ihrer Ahnen gelegt saugte sie eben jene Kraft dieser Erde in sich auf. Sie wusste, es würde kein Zurück geben, sie wusste sie würde das Land ihrer Ahnen nie wieder betreten. Sie nahm Abschied für immer. Kein Laut kam über ihre Lippen. Es war ein stiller Abschied, der keiner Worte bedurfte. Die Germanin verharrte in diesem Moment, nah alles in sich auf. In ihrem Geiste zog ihr bisheriges Leben an ihr vorbei. Es war das sanfte Streicheln des Windes, der über ihre Wange striff, der sie aus ihren Gedanken riss.
Mit Augen, die nun wie Edelsteine funkelten und pures Leben ausstrahlten erhob sie sich, sah zu dem Tiberius auf. “Wir sind gleich da.” Sie deutete mit dem Stab, der als Verlängerung ihres Armes diente in Richtung des breiten Waldweges, der nun durch den langsam lichter werdenden Wald zu erkennen war. Die Sonnen konnte sich nun auch an viel mehr Stellen durch das dichte Blätterdach des Walden kämpfen. Der sandige Weg reflektierte die Strahlen der Sonnen und leutete hell in dem den dunklen Wald. “Dort ist unser Ziel.” -
Drei Tage waren nun schon ins Land gegangen. Wulfgar's Augen blickten müde in die Runde. Um ihn herum war eine hitzige Disskussion entbrannt.
Dies ging nun schon seit dem Angriff so und dennoch hatte sich das Oberhaupt der Sippe durchgesetzt und alle Toten wie Krieger bestatten lassen. Ja sie hatten auch den Römer diese Ehre erwiesen. Sie hatten sich nicht an ihren Ausrüstung bereichtert. Südlich des Dorfen fand man nun etliche frische Grabhügel. Römer und Germanen Seite an Seite bestattet. Im Lebn getrennt, doch der Tod hatte sie nun vereint.Wulfar war am Morgen von dem thing der Stämme zurückgekehrt. Seine letze Hoffung dort Hilfe zu erhalten war zerschlagen worden. Sie hatten ein Urteil gefällt. Ein für Wulfgar und seine Sippe vernichtendes Urteil.
Nun da er es hier in dieser Runde bekannt gegeben hatte, stütze er sein ihm scheinbar zu schwerr werdendes Haupt auf den seine Hand.
“Wir sollten kämpfen egal was sie sagen!”
“Genau Wulfgar, las suns kämpfen, wir stehen zu dir. Wenn die anderen so feige sind, dann kämpfen wir auch allein.”
“Meint ihr nicht das es besser ist sich zu ergeben?”
“Nein. Ich sterbe lieber mit der Waffe in der Hand.”
“Ja aber dann sterben auch deine Frau und deine Kinder!”
“Und? Dann sterben sie eben. Immer noch besser als versklavt zu werden.”
“Aber sie würden leben!”
“Ja aber wie?”
“Und? Was ist besser? Das deine Sippe ausgelöscht wird, dass du der letze in deiner Reihe bist?”
Hin und her flogen die Worte. Die jungen wilden wollten sich nicht ergeben, nicht den Römern und nicht den alten Sitten. Wütendt zogen also gut zwei handvoll Jungspunde von Dannen.
Wulfgar fehlte die Kraft sie aufzuhalten. Irgendwan hob er den Kopf. “Ich halte keinen von euch auf. Wer gehen will kann gehen. Wer bleiben will wählt den Tod.”
Alle die nun noch hier waren, waren sich einig. “Wir haben dir die Treue geschworen. Du entscheidest. Was du entscheidest wird getan.”
Man bereitet sich also vor. Jeder hier konnte die in der Luft liegende Spannung spüren. Es war keine Frage ob die Römer kommen würden. Es war schlicht nur die Frage des wann. Dieses Zeit des Wartens zerrte an den Nerven jedes Einzelnen.
Die Frauen waren bemüht den Alltag aufrecht zu halten. Sie gingen ihrer täglichen Arbeit nach. Auch und vor allem darum, weil sie nicht darüber nachdeknen wollen, was passieren würde.
Ja die Spannung war zu spüren. Es war gerade so, als ob ein schweres Unwetter in der Luft lag, man wusste es kommt, man wusste eben nur nicht wann. -
Vorsichtig waren sie unterwegs die Reiter der Ala II, denn alleine würden sie wohl auch als Trophäe in der Hütte irgendeines Barbaren enden. Einige von ihnen waren ja selbst im freien Germanien geboren worden und sie haben viel verrücktes Zeug gesehen und wollten selbst nicht als Rarität enden.
Durch die Männer im Praesidio wussten sie, dass das Dorf der Aggressoren irgendwo im Gebiet vor ihnen liegen musste doch war die Aussage "Ein halber Tagesmarsch entfernt" doch recht grob, sodass ein wenig Aufklärung mehr als nötig war.
Die Gäule hatten es nicht immer einfach im nassfeuchten Unterholz welches als einzigen Vorteil eine gedämpfte Geräuschkulisse vorzuweisen hatte, schließlich knackt und knarzte es nicht ganz so laut im nassen wie im trockenen Wald, wobei die Reiter wenn sie nicht aufpassten noch immer recht gut hörbar waren.
Nach einer ganzen Weile, längst hatten sich die einzelnen Grüppchen aus den Augen verloren und waren in alle Winde rund um das Gebiet verstreut, bemerkte eine Zweiergruppe immer mehr Anzeichen von menschlicher Anwesenheit, verlassene Feuerstellen, Abfall, Tierfallen, das Dorf konnte nicht mehr allzu weit sein.
Die Equites entschlossen sich dazu ihre Pferde kurzerhand im Wald zu lassen und die letzte Strecke mit ihren eigenen Füßen zu erkunden. Das hatte natürlich den Vorteil, dass sie wesentlich unauffälliger vorankommen würden, andererseits war ihre Rückzugsoption kein glamouröses wegreiten, mit dem Wind im Gesicht und dem Gegner im Rücken welcher immer kleiner wurde sondern viel mehr ein verzweifeltes die Beine in die Hand nehmen und verzweifelt um das eigene Leben rennen.Nach einem kurzen Fußmarsch, die Männer waren schon besorgt dass man ihre Pferde noch hören konnte, entdeckten sie eine Hütte im Wald, welche sie nun eine ganze Weile beobachteten um zu erkennen ob diese bewohnt war oder nicht...
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Sie nahm Abschied. Verus beobachtete seine Idun bei der gnadenvollen Geste gegenüber ihrer Heimat. Er war aufgeschreckt, als sie für ihn plötzlich das Pferd stoppte und ihn aus seinen Gedanken riss. Ihre Geste war eine stille Vergebung, eine leises Dahinscheiden von Erinnerung und ein Abschluss für ihre einsame Erfahrung in diesem Wald, der so viel Lebenskraft hatte, das Verus, eigentlich der Natur entwachsen, seine Kraft spüren konnte. Das Rauschen des Windes, das leise Geräusch von Tieren, welche in Entfernung durch den Wald gingen und selbst die Vögel, welche mit ihren Tönen das Astwerk bevölkerten und schwiegen sobald sich Idun und Verus näherten. Verus hatte einen solchen Wald nicht gekannt, nicht so, denn im römischen Teil der Wald wurde alles einer Ordnung unterworfen und jeder Wald nahezu gefällt und gerodet, um mit dessen Holz Gewinn zu erzielen oder auch um Schiff zu bauen. "Wir alle müssen vergeben. Irgendwann müssen wir uns selbst vergeben," meinte der Römer murmelnd. Er wollte es kommentieren, bewerten und auch einordnen, was er dort sah. Doch es entzog sich seine Wahrnehmung, was sie fühlte. Gerne würde er wissen, was sie fühlte und wie es sich anfühlte, den Wald mit ihren Händen zu berühren. Nein, Verus hatte keinerlei solche Verbindung zur Natur und beneidete seine Idun darum. Das Pferd blieb ruhig stehen, bewegte sich und verweilte in allem Friedem in seiner Position. Es flüchtete nicht, machte keine Anstalten durchzugehen oder einen neuen Kurs einzuschlagen. Ihre Geste ließ Verus mit traurigen Augen zurück. Was tat er ihr an? Nein, sie sollte nicht seine Sklavin sein. Auch nicht im Status aber die Welt verlangte es, wenn sie leben sollte. Doch wie konnte Verus eine Welt ertragen, die so grausam war? Er hatte als Römer gelernt, hart zu sein. Er hatte gelernt, die Welt sich Untertan zu machen aber zerbrach schließlich an einer Frau, die sein Herz mit Mitgefühl berührte. Ein Mitgefühl, was er niemals gekannt hatte. Nicht einmal von Calena. Sein Herz lebte, pulsierte und wollte Idun alles geben, was er an Leben besaß, um diese Einsamkeit ungeschehen zu machen, die sie ihr Leben erdulden musste. Er kannte dieses Gefühl. Dieses schreckliche Gefühl, niemals willkommen zu sein, niemals ein echtes Zuhause zu haben und stets getrieben von einer Hoffnung zu sein, dass es besser sein könnte. Ein Leben für sich allein war kalt, oft durchdrungen von tristen Gedanken und einer Sehnsucht nach Erlösung von diesem Gefühl. Verus hatte diese Erlösung stets in Idealen gesucht. Sein weiches Herz, versteckt im Körper eines Soldaten, eines römischen Offiziers, der so viel Blut gesehen hatte, dass selbst seine gestählten Muskeln zitterten und zebrachen, wenn er an den Kampf dachte. Das Zittern zog sich über seine Waden, über die Wunde hinauf, wie ein kalter Schauer. Idun war seine Erlösung, mit der er schlicht Seite an Seite liegen wollte, um dieses Gefühl von Einsamkeit ungeschehen zu machen, welches er auch sich selbst angetan hatte. Der Krampf ließ seinen Körper müde werden, den er mit reiner Willenskraft auf dem Sattel hielt und die wachsende Taubheit umfing seinen Oberkörper. Es war dieser Schmerz und der Schmerz darüber, dass er tatsächlich hier als Person enden konnte, ohne Idun wirklich zu sagen, was er über sie dachte. Idun sah zu ihm auf und ihre Edelsteinaugen funkelten mit jenem Gefühl, was er suchte. Mit jener Sicherheit, der er vertrauen musste. Verus atmete schwer ein und aus, während er fest in ihre Augen blickte, um seinen Willen daran festzuhalten. Sie gab ihm noch Halt, gegen den Krampf und den Schmerz. Das Fieber kehrte zurück. Schweiß perlte sich an seiner Stirn und die Lippen waren trocken. Seine Idun deutete mit ihrem Stab in eine Richtung. Verus wollte mit seinem Blick folgen, scheiterte aber, da bereits seine Wahrnehmung verschwamm und das taube Gefühl alles einnahm. Tatsächlich leuchtete der Weg hell, auf den sie gedeutet hatte und für Verus erschien er einem Wunder gleich, da für ihn ein helles Leuchten ein Elysium symbolisierte. Er war mit ihr hier und das war derzeit alles, was zählte. Entkräftet rutschte er zur Seite, fiel vom Pferd auf den Boden, bevor sie reagieren konnte und lag regungslos auf dem Waldboden. Seine Augenlider zitterten, wollten sich schließen und der Blick war gierig zum Himmel gerichtet. Sein verletztes Bein zuckte und auch seine Hände krampften, während sein Herzschlag pumpte und er nach Luft rang. Der Schweiß nahm zu und das Salzige überdeckte den Gesang seiner Augen.
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Eben noch war ihr Blick auf den vor ihnen liegend Weg gerichtet, als das dumpfe Geräusch des neben ihr auf der Erde aufschlagenden Körpers sie herumfahren ließ. „Verus!“ rief sie erschreckt auf. Sofort kniete neben ihm und rüttelte ihn an seinen Schultern. „Verus. Nein nicht jetzt. Deine Zeit ist noch nicht gekommen... noch nicht.“ ihre Stimme wurde mit jedem Wort leiser. Tränen rannen ihr über die Wangen. Nein er durfte nicht sterben. Sie verfluchte sich selbst. Sie waren zu früh aufgebrochen. Sie hätte doch erkennen müssen, dass er noch nicht so weit war. „Verus...“
Das Heulen eines Wolfes klang durch den Wald. Kurz schaute Idun auf, doch konnte sie Fenrir nirgends entdecken. Wieder beugte sie sich über ihren Römer, tupfte ihm vorsichtig den Schweiß von der Stirn. „Verus....“ kaum wahrnehmbar flüsterte sie mit tränen erstickter Stimme seinen Namen. -
Die Aufklärer waren mittlerweile diversen Spuren gefolgt. Frisch waren sie, und ohne Zweifel hatten diese Spuren eine Wichtigkeit für ihre Sache weshalb die Männer der Ala hastig und dennoch leise durch den Wald eilten um die Pferde noch einzuholen.
Etwas weiter die Straße hinunter sahen sie dann zwei Personen samt Untersatz welche langsam den Weg entlangritten, wobei man das nicht wirklich reiten nennen konnte. Eine Frau und ein Mann, die Frau war abgestiegen und kniete sich zu Boden, es wirkte wie ein schräges Ritual. Der Mann, offensichtlich Römer, wirkte apathisch und benommen, so als ob man ihn gefügig gemacht hatte und ihn auf ein Menschenopfer vorbereiten würde. Marbod, einer der Equites, kannte diese Erzählungen noch aus seiner Kindheit und was sollte es bitte sonst sein?Plötzlich, die Männer hatten sich gerade eine kleine Senke am Waldrand hochgerobbt, fiel der Mann vom Pferd und begann wild zu zittern, es musste einfach irgendeine dunkle barbarische Magie am Werk sein. Die Frau beugte sich über ihn und sprach einige Verse welche aus der Distanz nicht zu verstehen waren weshalb Marbod näher an die beiden heranrobben wollte. Sein Kamerad, Rufus, hielt ihn jedoch zurück "Was treibst du da? Aufklären und berichten, nichts weiter." flüsterte er mit großen Augen während er ihn am Kragen gepackt hatte.
"Sie ist ne Hexe, sie ist offensichtlich ne Hexe! Wir sollten sie gleich hier und jetzt aufknüpfen und dem Burschen da helfen!" entgegnete Marbod mit ebenso großen Augen und versuchte sich loszureißen,
"Wenn sie ne Hexe ist, wie willst du das anstellen du Idiot?" fragte Rufus berechtigterweise, "Naja ich... Ich... zieh mein Spatha und stech sie ab. Wieso? Was muss man tun um Hexen zu töten?" fragte Marbod ebenso berechtigt während der Blick immer wieder zu den beiden wanderte...
"Keine Ahnung, deswegen sag ich ja, dass wir zurück sollen!" argumentiere Rufus und deutete grob in die Richtung in der sie die Pferde gelassen hatten.
"Bis wir zurück sind baumelt der Kerl doch schon an den Gürtel von zwanzig Germanen! Ich werde jetzt dahingehen und..." in diesem Moment wollte Marbod sich eigentlich erheben und auf die beiden zustürmen doch dazu kam es nicht, denn beim Versuch aufzustehen verhedderte er sich im Geäst und rutschte unter großem Geraschel aus nur um wieder genau neben Rufus zu landen...
"Scheiße, scheiße, scheiße, glaubst du sie hat uns gehört?" flüsterte Marbod, "Falls nicht ist sie nicht nur stumm sondern auch taub. Halt den Kopf unten du Dummkopf." -
Was war das für ein Geräusch? Idun sah auf und ihr Blick folgte den Geräusch.
„Wer ist da?“ ihre Augen fuhren über die Umgebung. Sie konnte nichts erkennen, auch nicht in der Richtung aus welcher dieses Geräusch kam. Nichts. Sie griff an des Römes rechte Seite und zog seinen Dolch heraus. Nun richtete sie sich zu voller Größe – ok bei knapp einmeterfünfundsechszig konnte man nicht von Größe reden – auf. Sie hielt den Dolch vor sich, bereit jeden der ihrem Römer etwas antun wollte zu töten. „Kommt heraus und zeigt euch.“Sim-Off: germanisch
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Licinus hasste den Wald. Auf der anderen Seite war es schon schlimm, aber seit sie den Limes hinter sich gelassen hatten, schienen ihm die Bäume noch größer, die Blätter noch dunkler und das Unterholz noch undurchdringlicher. Kurz alles noch unheimlicher. Nicht nur der Blick wurde den Soldaten der zweiten Legion versperrt, auch die Geräusche schienen gedämpft und zumal durch unheimliche Laute untermalt. Das Knacken und Rascheln, die Tierrufe, mit denen man in jedem Wald rechnen musste, machten die Soldaten und auch die Offiziere nervös -- sie kannten sie nicht -- auch wenn letztere sich zusammenrissen und allen Anschein gaben, dass dies hier nicht anders war, als ein Übungsmarsch den rhenus von Mogontiacum nach Bingium und zurück.
Was Licinus aber in der Tat stärker belastete war die Tatsache, dass ihre Führer zwar die grobe Richtung kannten, in denen das Dorf liegen musste, aber auch nicht so genau zu wissen schienen, welchem Weg -- wenn man das so nennen wollte -- sie nun zu folgen hatten.
Licinus ließ seinen Blick über die Soldaten schweifen. Untypisch ruhig waren die seit sie heute morgen das praesidio verlassen hatten und nach dem kurzen Sicht-Streifen, den die Römer hinter den Grenzbefestigungen baunmfrei hielten. Der Präfekt find den unglücklichen Blick eines der centurionen auf, dann blickte er zum wiederholten Mal in Richtung der Sonne, um die Zeit abzuschätzen. Dann ließ er sich etwas zurückfallen und inspizierte die marschierenden Soldaten. Kurze Blickwechsel mit den übrigen centurionen, dann kehrte er zum restlichen Stab und dem Adler zurück.
"Einer deiner Jungs gekommen," fragte er Seneca und hoffte, dass einer der Reiter inzwischen eine Meldung abgesetzt hatte.
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