Die Zukunftspläne des Vetters

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…a_arbeitszimmer_klein.pngWitjon saß an einem nieseligen Nachmittag im Arbeitszimmer und betrachtete einige Schriftstücke. Eine Öllampe erhellte den Raum in der Düsternis des verregneten Tages. Gelegentlich kratzte ein Federkiel über Papyrus oder ein Griffel über die weiche Oberfläche einer Wachstafel. Nach einiger Zeit brannten Witjons Augen von der Anstrengung des Lesens bei den Lichtverhältnissen. Seufzend lehnte er sich in seinem Scherenstuhl zurück und rieb mit den Handrücken über seine Augenlider.


    Als er nach mehrmaligem Reiben einsah, dass es nicht besser wurde, goss er sich aus einer beistehenden Karaffe etwas Dünnerbier ein und streckte sich. Witjon trank einen Schluck und erhob sich, um sich die Füße zu vertreten. Am Fenster kam er zum stehen, wo er zwischen den Säulen den Porticus hindurch auf das umliegende Gut blickte. Viel sah er bei dem nieseligen Mistwetter nicht, aber es entspannte die Augen. Seine Gedanken wichen von den Zahlen der duccischen Betriebe in dieser kleinen Pause schnell ab und drehten sich bald um seine süße kleine Tochter und seine göttergleiche Ehefrau.

  • Würde diese Szene in einem Film spielen, in dem die Kamera in diesem Moment von draußen durch das Fenster schräg auf Witjon gerichtet gewesen wäre, hätte man nach einem Türschließ-Geräusch sehen können, wie sich ihm sein Vetter langsamen Schrittes näherte, ohne ihn dabei zu erstrecken, und ebenfalls aus dem Fenster schauend neben ihm mit verschränkten Armen hinter dem Rücken stehen blieb. "Das Wetter in Clarenna ist um diese Jahreszeit auch nicht viel besser, wenn dich das tröstet." begann er das Gespräch. "Du siehst müde aus." fügte er hinzu, ohne seinen Vetter angesehen zu haben, da er es rein an seiner Ausstrahlung merken konnte. "Dass du das alles ohne die Hilfe der anderen schaffst. Loki.." kurz pausierte er für einen andächtigen Moment "hat das zwar auch geschafft. Aber er konnte sich immer auf unsere helfenden Hände verlassen." dann wartete er einen Moment "Greifen dir Audaod und Rodrik unter die Arme?" fragte er dann.

  • Witjon warf nur einen kurzen Seitenblick über die Schulter um sogleich zu erkennen, wer da eingetreten war. Er schmunzelte über die tröstenden Worte seines Vetters bezüglich des Wetters. "Ach", machte er nur schulterzuckend, als Phelan eine Bemerkung über seine äußere Erscheinung abgab. "Wat mut, dat mut", engegnete er flapsig und wandte sich vom Fenster ab, um seinen Vetter mit einem schiefen Lächeln zu bedenken. "Rodrik und Audaod tragen ihren Teil zum Handelskonsortium bei. Unser Umsatz wächst stetig und ich kann die Hilfe wahrlich brauchen. Aber alle anderen Sippenangelegenheiten sind meine Sache. Damit werde ich schon fertig." Witjon ging nun zurück zum Schreibtisch und ließ sich wieder auf seinem Stuhl nieder. "Auch'n Schluck Bier für dich?", bot er an, während er gleichzeitig auf einen Stuhl zeigte und Phelan damit aufforderte sich zu ihm zu setzen.

  • Es beruhigte Phelan etwas, dass Audaod und Rodrik seinem Vetter mit der Freya Mercurioque halfen, hatte er doch durchaus ein schlechtes Gewissen, ihn damals mit der Arbeit allein gelassen zu haben, wo Audaod z.B. noch nicht einmal alt genug war, um seinem Vater zu helfen. Das der Umsatz stetig stieg, glaubte er Witjon gern, denn allein mit den bloßen Händen hätte dieses Anwesen sicher nicht aus dem Boden gezogen werden können. Runa würde es hier an nichts fehlen - nicht das er sich ohne das Wissen um die Umsätze der Familienbetriebe sorgen gemacht hatte, aber dies untermauerte die Sicherheit doch schließlich noch weiter.
    In aller Ruhe nahm er Platz und entgegnete auf das Angebot "Wie könnte ich da nein sagen. Es war höchste Zeit wieder herzukommen." denn auf dem Landgut kam er nur äußert selten in den Genuss von Bier, aber das war natürlich nicht der wichtigste Grund für seine Rückkehr - auch wenn es trotzdem wichtig blieb :P.


    "Nun.." fing er das Gespräch an "wie steht es um Alrik und Hadamar im Süden? Ich will alles wissen." und damit meinte er wirklich alles. Was waren ihre Pläne - natürlich waren Alriks Pläne deutlich interessanter, nicht weil Hadamar für ihn uninteressant war, ganz im Gegenteil, aber als Soldat war das Leben halt nicht allzu spannend, vor allem wenn man in Italia stationiert war. Alrik hatte es zum Senator geschafft und Phelan war erpicht darauf zu erfahren, was seine nächsten Pläne waren, würde er vielleicht bald nach Germania zurück kommen?

  • Witjon füllte seinem Vetter schmunzelnd einen Becher mit Bier und reichte ihm das erfrischende Blonde. Sie prosteten einander zu und tranken einen guten Schluck, bevor Witjon seine Gedanken sammelte, um einen kurzen Abriss über die Verwandtschaft in Italia zu geben:


    "Alrik geht es verdammt gut, wie ich höre. Er hat eine Tiberia geheiratet, kannst du dir das vorstellen? Verrückt. Alrik scheint als Senator mittlerweile einen ziemlich guten Stand in Rom zu haben, wenn er solche Dinger drehen kann. Unser guter wirtschaftlicher Stand hier in Germania Superior erleichtert sein Weiterkommen natürlich erheblich, so viel darf ich dazu noch anmerken."


    Ein schmales Grinsen auf den Lippen trank Witjon noch einen Schluck, bevor er auf Hadamar zu sprechen kam:


    "Unser jüngerer Vetter wurde damals nach Einnahme Roms von der Legio Secunda zu den Cohortes Urbanae versetzt. Er ist da jetzt Centurio und scheint viel um die Ohren zu haben, denn viel lese ich von ihm nicht. Was andererseits auch daran liegt, dass er immer noch eine fürchterliche Schreibe hat."


    Achselzuckend ging Witjon daraufhin zu Phelan über:


    "Und wie steht es bei dir? Wie geht es deiner Frau? Wie läuft der Hof? Und wie lange hast du eigentlich vor zu bleiben und mein Bier zu saufen, he he?"

  • Dankend nahm er den Becher entgegen, prostete ebenso und trank einen großen Schluck, sodass der Becher fast schon wieder leer war. Verdammte Axt.. was hatte er dieses Gesöff vermisst.
    Gespannt lauschte er den Worten seines Vetters über die Verwandten.
    "Eine Tiberia sagst du?" fragte er verwundert. "Ich erinnere mich gut an die Tiberier.. besonders an Manius Tiberius Durus, einer der Pontifices in Rom, welche er während meiner Ausbildung kennen gelernt habe. Eine reiche, erfolgreiche und .. eigentlich wollte er ehrbar sagen. Allerdings dachte er an die damaligen Ereignisse.. hatte Durus nicht etwas mit dem Tod des Kaisers zu tun gehabt? "Ich nehme an, dass sich die Gens Tiberia in Rom wieder gefangen hat?" Witjon wusste schon, was er meinte. "Aber sowie ich Alrik einschätze, weiß er genau was er tut." schob er nach, was eigentlich schon eine Antwort der vorherigen Frage implizierte. "Ich hätte niemals gedacht, dass es einer aus unseren Reihen zum Senator bringen würde, unglaublich. Die Götter meinen es gut mit den Wolfrikskyn." daraufhin prostete er seinem Vetter erneut zu "Auf Alrik, auf uns." sprach er schon mit ein wenig Stolz und Zufriedenheit.
    Bezüglich Witjons Anmerkung über Hadamars Schreibe- und Lesefähigkeiten lachte er kurz, aber in keinem falle abschätzig gemeint "Nun.. die Hauptsache ist doch, dass er seinen Männern befehligen und sein Schwert führen kann. Ich denke bei den Cohortes Urbanae stationiert zu sein ist wesentlich spannender als hier bei der Secunda. Allerdings finde ich es schade schon zwei von den unseren in Rom zu wissen, auch wenn es ihnen gut geht." auch wenn er jetzt wieder zusammen mit seiner Tochter nach Mogontiacum zurückgekehrt war, waren es noch lange nicht so viele Duccii in der Villa wie früher in der Casa zu Lokis Zeiten gelebt haben.


    Über die Bemerkung seines Vetters konnte er nur müde schmunzeln, nicht weil er es ihm übel nahm, sondern weil ihn das sehr beschäftigte, weswegen er ihn auch aufgesucht hatte.


    "Weißt du.." fing er an. "Der Hof läuft gut. Das Obst under der Wein, welches beziehungsweise welchen wir anbauen, ist in Clarenna sehr beliebt und erfreut sich an größerer Nachfrage. Allerdings kann man das nicht mit dem Ertrag der Freya vergleichen. Ich muss auch gestehen, dass ich mich nicht so sehr um die Wirtschaft des Hofes schere.. mein Vilicus regelt für mich das Wesentliche und ich glaube, er ist ganz froh darüber, dass ich mich nicht einmische." pointierte er zuerst die Situation des Landguts.
    "Was meine Frau angeht.. abgesehen von der üblichen Unzufriedenheit gegenüber mir und meiner Pläne, geht es ihr gut. Sie macht ihr Ding, ich mache mein Ding. Es gefiel ihr gar nicht, dass ich Runa mit hierher genommen habe. Sie plant für sie etwas anderes, was aber nicht in meinem Interesse liegt." leitete er langsam das ein, worüber er mit Witjon sprechen wollte. "Witjon." er setzte sich auf und rutschte etwas auf dem Stuhl nach vorn "Mich hält nichts mehr auf dem Hof.. weder der Hof, noch meine Frau." stellte er zunächst heraus. "Ich beabsichtige wieder in Mogontiacum sesshaft zu werden." führte er dann fort. "Mein Leben auf dem Gut erfüllt mich in keinster Weise. Die Verbindung mit Fusa bin ich nur für die Familie eingegangen und ja, sie bot mir eine Auszeit, aber diese muss jetzt enden. Ich will mich wieder in den Dienst des Collegium Pontificium Mogontiacums stellen und am Ordo aktiv teilhaben." Er trank einen Schluck. "Meine Tochter ist mein Leben, wo sie ist, will auch ich sein und sie ist jetzt hier, da wo sie hingehört, wo wir hingehören.. in den Schoß der Familie. Verstehst du das?" fragte er seinen Vetter zunächst, um ihn auch zu Wort kommen zu lassen. Sicherlich musste er diesen Überfall auch erstmal verdauen. Welche Pläne er für Runa beabsichtigte, wollte er erst gleich ansprechen.

  • "Eine Tiberia", bekräftigte Witjon schmunzelnd Phelans Nachfrage. Dann lauschte er erstmal den Erinnerungen seines Vetters an alte Tage. "Da musst du Alrik fragen", sagte er im Folgenden achselzuckend und gab damit zu, dass er keine Ahnung vom tatsächlichen Einfluss der Tiberier hatte. Dass die Götter es gut mit ihnen meinten, davon war Witjon nicht völlig überzeugt. Deshalb prostete er seinem Vetter zwar zu, merkte aber mit unentschlossenem Kopf-hin-und-her-wiegen: "Naja. Sagen wir mal momentan geht es uns ziemlich gut. Haben ja einigen Mist hinter uns." Er warf Phelan einen Blick zu, der deutlich machte: 'Du weißt genau, was ich meine'. Witjon ließ es aber bei dieser klaren Anspielung bewenden und ging lieber auf Hadamar ein: "Irgendwann wird auch Hadamars Weg ihn wieder nach Mogontiacum führen, da bin ich sicher. Und Alrik, nun, vielleicht wird er ja irgendwann einmal Legatus Augusti Pro Praetore unserer schönen Provinz?" Bei der Vorstellung stellte sich in Witjons Gesicht ein breites Grinsen ein.


    Dann jedoch erzählte Phelan von seinem Hof, von seinen Geschäften, von seiner Familie, ... und von seiner Frau. Stirnrunzelnd verfolgte Witjon den Bericht seines Vetters, der zwar auch vage auf seine Zukunftspläne einging. In Witjons Gedanken jedoch brannte sich erstmal ein: Achtung, da gibt es Knies in der Sippe. Und Ärger in der Familie war immer Grund, die inneren Alarmglocken zu läuten.
    "Ähm, erlaube mir die Frage, aber... du sagst deine Tochter ist dein Leben. Und ich verstehe, dass du lieber hier in Mogontiacum bist und hier wieder sesshaft werden möchtest. Aber was ist denn mit deiner Frau? Also...ich meine, ihr müsst euch nicht unendliche Liebe schwören und so weiter, aber..." Witjon verzog den Mund, zögernd. Wie konnte er eine unangenehme Frage am besten vorbringen, ohne Phelan anzugreifen? Gar nicht. Also direkt fragen: "...also ich sag es mal so: Du hast erst eine Tochter. Willst du nicht dafür sorgen, dass du noch einen Sohn, einen Stammhalter bekommst?" Dass er damit implizierte, dass Phelan gefälligst den Kontakt zu seiner Frau nicht gänzlich abbrechen und sich mit ihr zusammenraufen sollte, war hoffentlich nicht schwer zu erraten.

  • "Falls Alrik irgendwann Legatus Augusti Pro Praetore unserer Provinz werden sollte, dann wäre das von unbeschreiblichem Wert für unsere Sippe. Stell dir vor, welchen Einfluss er dann hat." Auch für Audaod und alle weiteren Nachkommen wäre das vermutlich kein schlechter Zug. Einen Senator, der auch noch LAPP ist, in der Familie zu haben kann einem in seiner Karriere durchaus den ein oder anderen Vorteil verschaffen.


    Bzgl. seiner Pläne schien Witjon eher weniger aufgeschlossen, eher schaute schon fast skeptisch. "Nun.." fing er an ".. deine Bedenken sind durchaus berechtigt. Allerdings.." irgendwie fiel es ihm nicht allzu schwer das jetzt so sagen, da er seine Frau nun wirklich nicht liebte. Bei einer Frau, die man liebte, wäre das natürlich völlig anders.. ".. es hat bis jetzt nicht mehr.. wie soll ich sagen. Es hat einfach nicht mehr funktioniert. Nur die Götter wissen warum.." vielleicht sollte dies ein Zeichen sein. Vielleicht hatten die Götter keinen Stammhalter für Phelan mit dieser Frau als Mutter vorgesehen, vielleicht war es aber auch einfach nur Pech, vielleicht versuchten sie es einfach zu wenig (in letzter Zeit war dies tatsächlich sehr selten geworden). "Mein Entschluss steht dennoch fest. Ich werde hauptsächlich in Mogontiacum bleiben und vertrau mir, das ist ganz in Fusas Sinne." Phelan war noch lange nicht zu alt für einen Stammhalter und er konnte sich vorstellen, dass sich die Verbindung irgendwann auflösen könnte.
    "Ich werde gleich morgen Petronius Crispus aufsuchen und ihn bitten mir in der nächsten Sitzung des Ordos eine Möglichkeit zu geben, erneut für das Amt des Pontifex des Cultus dieser Stadt zu kandidieren. Ebenso halte ich es für sinnvoll prallel um meine Wiederaufnahme in die Reihen der Decuriones zu bitten. Ich bin zwar offiziell nie ausgeschieden, da ich die Gebühren weiter bezahlt habe, allerdings halte ich sowohl aus Gründen der Gepflogenheiten als auch der Reputation für meine Pflicht, darum in einer Rede zu bitten. Was meinst du dazu?" Witjon hatte Mogontiacum nie verlassen und gehörte immer noch zur Stadtverwaltung und ebenso dem Ordo an, er wusste auch wie es um diesen bestellt war. Zudem hatte er weit aus mehr politische Erfahrung als Phelan, weswegen er sich seinen Rat unbedingt vorher einholen wollte.

  • "Wir werden sehen", meinte Witjon leichthin. Falls Alrik Statthalter werden würde, wäre das tatsächlich ein gigantischer Schub für ihre Sippe. Aber für Witjons Geschmack war in diesem Gedanken noch zu viel Konjuntiv enthalten.


    Dass Phelan daraufhin in Sachen Fortpflanzung etwas in Bedrängnis geriet, hatte Witjon sich schon so ausgemalt. Was das Sippenoberhaupt da von seinem Vetter zu hören bekam, übertraf jedoch seine Erwartungen. "Es hat nicht mehr funktioniert?", rutschte es Witjon in einem Moment der Verblüffung heraus, ohne dass er es verhindern konnte. Hatte Phelan es einfach nicht mehr gewollt? Oder nicht mehr gekonnt?! Eigentlich wollte Witjon gar nicht wissen, warum Fusa nicht wieder schwanger geworden war. Aber um des Wohls der Familie Willen musste er der Sache - wenn auch nicht zwingend jetzt sofort - weiter auf den Grund gehen, um sie letztlich aus der Welt zu schaffen. Er war sich jedenfalls ziemlich schnell sicher, dass nicht nur die Götter wussten, warum Phelan bisher lediglich eine Tochter mit seinem Eheweib gezeugt hatte.


    "Ähm", machte Witjon schließlich konsterniert, als Phelan kurzerhand vom Familiären sich entfernte und der Politik zuwandte. Witjon rieb sich kurz die Schläfen, ordnete seine Gedanken und nickte anschließend. "Keine Einwände. Melde dich bei Marcus für die nächste Sitzung an und dann steigst du ganz schnell wieder ins religiöse und politische Tagesgeschäft ein." Und weil er nicht gleich wieder das Thema auf Phelans Frau lenken wollte, denn das behagte ihm offenbar so gar nicht, fragte Witjon: "Wie lange willst du denn eigentlich hier bleiben? Lange, das habe ich auch schon verstanden, aber...vier, fünf, gar zehn Jahre? Oder wie meinst du das?"

  • "Gut." entgegnete er seinem Vetter mit einem Nicken, "Ich werde sogleich morgen Petronius aufsuchen und mit ihm über mein Anliegen sprechen." fasste er zusammen. Etwas verwundert war er über die Tatsache, dass sein Vetter den Praenomen des Petroniers benutzte. Während seiner langen Abwesenheit schien Witjon, natürlich auch durch seine Verbindung mit Octavena, mit Crispus eine gute Bekannschaft, wenn nicht sogar Freundschaft geschlossen zu haben. Eine schöne Entwicklung, wie er fand, erinnerte er sich doch an die Zeiten im Ordo Decurionum, wo die Petronier die Opposition der Duccier um sich gescharrt hatten.


    "Ich würde lügen, wenn ich mir nicht genauere Gedanken darüber gemacht hätte." gab er zunächst auf Witjons nächste Frage hin preis. "Ich beabsichtige dauerhaft in Mogontiacum zu bleiben und nur noch alle drei oder vier Monate für jeweils eine Woche auf das Landgut zurückzukehren, um nach dem Rechten zu sehen. Daher auch mein Wunsch wieder in den Dienst des Cultus der Stadt sowie des Ordo Decurionums zu treten." diese Antwort mochte Witjon bestimmt Freude aber so wie es aussah auch Unbehagen bereiten. Letzteres in Hinblick auf die Nachkommenschaft. "Meine Frau streubt sich zur Zeit noch wehement dagegen das Landgut zu verlassen. Das wird aber die Zeit zeigen." fügte er Sicherheits halber an, wobei er sich eigentlich nicht vor Witjon rechtfertigen musste, seine Entscheidung stand fest.


    "Ich habe aber eine Bitte an dich." fuhr er fort. "Runa weiß nichts davon. Sie geht davon aus, dass ich nach ein paar Monaten wieder die Stadt verlassen werde, ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich es sie wissen lasse." erklärte er. "Ich will, dass sie sich in den Dienst der Götter stellt, also dem Cultus Deorum als Aeditua beitritt, bevor für sie ein passender Mann gefunden wird." bzgl. letzterem musste er sich auch eigentlich keine Sorgen machen. Die duccischen Frauen zu verheiraten, wenn es denn mal nachkommenschaftlich welche gab, war noch nie besonders leicht gewesen oder überhaupt vorkommen. Doch aufgrund des stetig wachsenden Einflusses und Reichtums der Familie, könnte sich das vielleicht auch bald ändern. "Ich werde sie natürlich nicht selbst ausbilden, aber dafür sorgen, dass sie einen guten Ausbilder bekommt. Für meine Abwesenheit möchte ich, dass du ein Auge darauf wirst, damit sie auch wirklich eine Aeditua wird." dann sah er seinen Vetter fragend an. "Kann ich auf dich zählen?" Damit machte er ihm auch gleichzeitig unmissverständlich klar, dass er seine Tochter nicht ohne seinen Willen und überhaupt in nächster Zeit verheiraten könnte.

  • Phelan würde also den Pontifex und Duumvir aufsuchen und dafür sorgen, dass er in seine alten Ämter und Würden zurückkehrte. Witjon machte einen Haken hinter diese Sache, nickte anerkennend und wandte sich in Gedanken dann endgültig Phelans Familienproblemen zu. Und was er da so hörte, stimmte ihn vorerst zwar einerseits glücklich, da ein lange ferngebliebener geliebter Vetter seinen Lebensmittelpunkt zurück nach Mogontiacum verlagern wollte. Andererseits war er besorgt über die Art wie Phelan von seiner Frau sprach. Als hätte er sie schon abgeschrieben. Und das konnte Witjon nicht so stehen lassen. Jedenfalls nicht mittelfristig. Er würde Phelan später nochmal darauf ansprechen müssen.


    Während sein Vetter nun von seinen Absichten sprach, hörte Witjon geduldig hier und dort nickend zu und sagte weiterhin erstmal nichts. Erst als Phelan seine Bitte an ihn aussprach, öffnete Witjon wieder den Mund. "Du kannst auf mich zählen", versicherte er Phelan lächelnd. "Ich werde Runa voll unterstützen, wenn sie dir im Cultus Deorum nachfolgt. Das ist eine würdige Aufgabe in unserer Stadt. Da ist es mir eine Freude, selbst auf Runas Ausbildung aufzupassen."

  • "Ich danke dir, ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann." entgegnete er seinem Vetter, der für ihn fast schon wie sein eigener Bruder geworden war, mit einem Lächeln. Er kannte ihn deswegen aber auch mittlerweile so gut, dass er genau wusste, wie sehr es ihm auf der Zunge brannte, Phelan weiter nach seiner Ehesituation auszuquetschen. Er war Sippenoberhaupt, auch wenn die beiden gleich alt waren hatte Witjon mehr oder weniger das sagen bzw. war er noch mehr verantwortlich für die Familie, als irgendein anderer unter diesem Dach. Da dem Pontifex dieses Thema eher zuwider war, auch wenn er wusste, dass es in diesem Gespräch unumgänglich sein würde, versuchte er zunächst auf etwas anderes zu lenken. "Und.." leider fiel ihm absolut nichts ein! Sie hatten schon über die wichtigsten Sachen geredet. ".. sonst.. so?" Fehlschlag.

  • "Nicht der Rede wert", beendete Witjon das Thema Cultus Deorum mit einem bescheidenen Lächeln. Für ihn war es selbstverständlich, dass er seinem Vetter in solchen familiären Angelegenheiten, die gleichzeitig auch beruflicher Art waren, den Rücken freihielt.


    Und sonst so? Auf diese leere Frage hin musste Witjon schief grinsen. Er lehnte sich bequem zurück, trank noch einen Schluck Bier und zuckte dann mit den Schultern. "Sonst geht's gut, würde ich mal sagen. Ich glaube, nachdem wir nun diese schmucke Villa bezogen haben, wird es mit unserer Sippe wieder gut bergauf gehen." Etwas unschlüssig sah er seinen Vetter an, überdachte daraufhin seine Worte und relativierte sie schließlich: "Naja, jedenfalls geht es uns besser als ohne Dach über dem Kopf. Und so vorteilhaft momentan unsere wirtschaftliche und politische Lage ist, so schnell kann uns auch wieder ein Unglück zustoßen. Deshalb übe ich mich seit Jahren lieber in Zurückhaltung und Bescheidenheit, als große Töne zu spucken und dann dumm aus der Wäsche zu gucken."

  • "Es schmerzt mich immernoch, dass ich euch aus der Ferne dabei nicht wirklich unterstützen konnte. Ich hoffe, du nimmst mir das nicht übel und siehst es mir nach." bekundigte er sich schlecht und schuldig fühlend. "Aber mir liegt sehr viel daran, das jetzt wieder gut zu machen." fügte er entschuldigend an.
    "Bescheidenheit war immer schon unsere Stärke, auch wenn es nicht immer leicht ist bescheiden auszusehen, wenn unsere wirtschaftliche und politische Macht allmählich aber stetig zunimmt." erklärte er und trank einen Schluck. Noch im Trinken gab er einen Laut von sich, der bekundete, dass ihm gerade noch etwas eingefallen war, was er seinen Vetter fragen wollte. "Sag, wie kommt es eigentlich, dass uns die Petronier und allen voran Crispus so zu getan sind? Ein Sinneswandel oder hast du sie geschmiert?" bei letzterem musste er herzhaft lachen. Die Mittel dazu hätten sie, aber jemanden zu schmieren, war absolut gar nicht im Sinne ihrer Werte, was im Gegensatz bei den römischen Politikern mehr oder minder Usus und ihr tägliches Geschäft war.

  • "Geschenkt", wischte Witjon Phelans Entschuldigung beiseite. "Du hattest andere Pflichten."


    Über die Frage seines Vetters nach den Petroniern musste Witjon unwillkürlich schmunzeln. "Ach, ich weiß auch nicht mehr so genau. Mit der Zeit, in der ich als einziger Duccius im Ordo Decurionum mein Unwesen trieb, glätteten sich die Wogen, die damals zu Landos Zeiten aufgeworfen worden waren." Die gute alte Zeit... "Naja und dann ist da ja noch Octavena. Eigentlich wollte Crispus sie Faustus Domitius Massula - er möge in Frieden ruhen - zum Weib geben, aber der lehnte ab. Wieso weiß ich bis heute nicht. Daraufhin trat der alte Petronius an mich heran. Das Ergebnis kennst du ja." Er grinste jetzt. Das war wirklich ein verdammt guter Deal gewesen. Witjon hatte eine wunderschöne Frau im Tausch für eine politische Allianz bekommen.

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