Oh ja, sie würde sich diesmal fügen. Diesmal würde kein rettendes Unwetter über sie hereinbrechen, welches sie für die nächsten zwei drei Jahre von der Bildfläche davon spülen würde. Sie wusste ja, dass dieser Tag zwangsläufig kommen musste. Nun, so schien es, war bereits die Morgendämmerung angebrochen. Aber musste es ausgerechnet Tiberius Lepidus sein?! Ja, ganz offensichtlich, denn ihr Vater wollte es so! Und vielleicht wenn sie es diesmal schaffte, auf diese Weise seine Gunst zu erringen, dann sollte es eben so sein.
Domitilla, die sich bereits vollkommen mit ihrer Opferrolle abgefunden hatte, rechnete nun nicht mehr damit dass sich ihr Cousin (und noch weniger ihr Neffe) weiterhin gegen diese Verbindung und somit auch gegen den Willen des Flavius Aetius stellen würde. Umso verblüffter war sie, als eben ihr Cousin auf sehr eindrucksvolle Weise, einem Plädoyer gleich, sich vehement gegen diese Verbindung aussprach. Dabei präsentierte er einige beachtliche Gründe, die schlichtweg eine solche Verbindung ausschlossen. Zum Beispiel die erwähnte Eheschließung von Lepidus' Schwester mit diesem Barbaren Duccius Vala. Alleine beim Gedanken, zukünftig, mit einem germanischen Homo Novus aus den dunklen Urwäldern Gemaniens verkehren zu müssen, drehte ihr den Magen um. Schließlich hatte Domitilla die Abneigung gegen alles Gemanische bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Umso erschütternder wirkte nun ihr Ausdruck. Und als sei dies nicht bereits ausreichend, sprach Gracchus im gleichen Atemzug eine schwerwiegende Drohung aus, die Domitilla bis ins Mark erschütterte: Die Aufkündigung des Verwandtschaftsverhältnisses!
Als der erste Schreck verflogen und die Schnappatmung vorüber war, wurde ihr endlich bewusst, dass sie im Grunde doch überglücklich sein konnte. Denn sie hatte erreicht, was sie wollte. Zweifelsohne hatte sie diese Hochzeit endgültig von der Backe. Mit einem so starken Verbündeten an ihrer Seite konnte sie sich durchaus gegen die Wünsche ihres Vaters auflehnen. Also fort mit ihrem schändlichen Opferdasein, fort mit dieser maledeiten Hochzeit! Sie war endlich wieder frei!
„Nun, unter diesen Umständen werde ich mich natürlich von den Wünschen meines Vaters distanzieren. Ein Germane als zukünftiger Schwager ist nicht akzeptabel!“ Dabei warf sie ihrem Neffen, der sie beinahe in eine solch abscheuliche Verlegenheit gebracht hätte, einen verächtlichen Blick zu. Innerlich jedoch jauchzte sie.