Tablinum | Nach langer Zeit erfolgt die Wiederkehr

  • von der porta kommend ...


    Er schien sich hier ja bestens auszukennen, wenngleich sie ihn hier noch nie gesehen hatte. Anscheinend musste es viele Jahre her sein, dass dieser Herr zum letzten Mal dieses Haus betreten hatte, dachte die Sklavin für sich, war sie doch nun selbst bereits seit mindestens vier Jahren im Besitz der Aurelier. Was mochte ihn wohl nach so langer Zeit hierher geführt haben? War es der Wunsch nach Ruhe und Heimkehr angesichts seines fortgeschrittenen Alters, das man ihm zweifellos ansah ohne ihn jedoch als Greis bezeichnen zu können.
    Noch immer staunend und ganz im Gedanken hätte die Sklavin fast seinen Befehl überhört, doch dann nickte sie eifrig und erwiderte schnell: "Ja Herr. Natürlich ...sofort! Wie du wünscht", ehe sie auch schon in Richtung Küche davon eilte um den gewünschten Wein und einige Speisen für ihn zu holen.


    ~~~ In der Zwischenzeit hatte sich die Ankunft des Aureliers auch bei den übrigen Hausinwohner herum gesprochen (zumindest bei all jenen, die zum Zeitpunkt in der villa weilten) ~~~


    Prisca ereilte die Nachricht im balneum, wo sie - ausgestreckt auf einer Liege - gerade die Massagekünste einer parthischen Sklavin genoss. Marcus Aurelius Crassus war hier?? Bei dem Namen musste Prisca erst einmal überlegen, woher sie ihn kannte und im Gedanken den Stammbaum durchgehen, ehe sie ungefähr wusste wer das war. Oder besser gesagt wusste sie nur, in welchem Verwandtschaftsverhältnis er zu ihr stand, denn begegnet war sie ihm bislang noch nie. Das muss ein Großonkel von mir sein. Ich hatte ja gar keine Ahnung, dass er überhaupt noch lebt! Was mag ihn wohl hierher führen? Waren die nächsten Gedanken, die Prisca sich stellte während sie sich eiligst von ihrer Sklavin in ihr Hausgewand helfen ließ. Nurnoch schnell die Haare gekämmt und zu einem Knoten zusammengesteckt! Denn viel Zeit blieb ihr nicht, außer, sie hätte den Besucher noch stundenlang warten lassen.


    Aber das wäre unhöflich und so gab sich Prisca letztendlich damit zufrieden, dass sie zwar in dieser Aufmachung nicht offiziellen Anlässen entsprechend gekleidet wäre, sie aber für den Empfang eines Familienmitgliedes im eigenen Haus allemal gut genug aussah. Außerdem trieb die Neugier sie ohne hin zu eiligen Schritten an, mit denen sie sich nun dem tablinum näherte.


    Doch anstatt mit wallenden Gewändern einfach in den Raum zu "stürmen", versteckte sich Prisca zunächst hinter einer Säule. Sie wollte den vermeintlichen Großonkel nämlich erst aus der Distanz ein wenig "mustern" und sich ein paar Worte der Begrüßung zurecht legen. Aber was tut er denn da? Verwundert beobachtete Prisca, wie er anscheinend gerade das Inventar begutachtete, was ihr wiederum die Gelegenheit gab sich unbemerkt von hinten an ihn heran zu schleichen …


    "Sei gegrüßt, Marcus Aurelius Craccus … und willkommen Daheim. Ich freue mich sehr deine Bekanntschaft zu machen. Hattest du eine angenehme Reise? Und haben sich die Sklaven schon um dein leibliches Wohl gekümmert?", begrüßte Prisca schließlich ihren Großonkel und sie versuchte dabei freundlich und vertraut zu klingen, als würden sie sich schon ewig kennen, doch tatsächlich sah sie den Mann heute zum ersten Mal in ihrem Leben.

  • Interessiert besah ich einige der kleinen Malereien an der Wand. Es schien mir die Handschrift des Meisters Fabullus zu sein, oder eines seiner Schüler. Ein schönes Farbspiel, die Ornamente in präziser Form gesetzt. Das war seine Meisterschaft, ja, ich war mir recht sicher, hier die Handschrift des Meisters zu sehen. Mein Vater traf ihn einst, als er für Nero vor 47 Jahren das goldene Haus ausmalte. Schwierig war er wohl, aber brillant. Und er trug nie eine Tunika beim Malen, sondern immer eine Toga.


    Ich schmunzelte und träumte vor mich hin, als mein Ohr von einem honigsüßen Klang umschmeichelt wurde. Zunächst war es ein Säuseln, wie der Frühlingswind, dann, gleich einer Sirene, vernahm ich etwas, das wie...

    Zitat

    dein leibliches Wohl gekümmert?"

    klang.


    Wie es um mein leiblichen Wohl stand? "Desolat obsolet" entfur es mir mit träumender Stimme, während ich noch immer ein kleines Detail des Ornamentes im Geiste nachmalte. Mein Wohlbefinden war eigentlich nicht anders zu beschreiben.


    Wie durch einen heiteren Nebel nahm ich kurz die anwesende Person war. Zart, sanft im Wesen, elegant. Ihr musste die Stimme gehört haben, die ich vernahm. Und ich versank wieder in heiteren Gedanken, voll der Freude, hier an diesem Platz zu stehen.
    "Ich danke Dir, Sklavin, stell' die Speisen einfach dort hin. Ich brauche Dich dann nicht mehr"


    Wenn schon die Sklaven solch eine Aura besaßen, wie würde dann erst meine Familie auf mich wirken? Ich zupfte mir gedankenverloren mein grobes Gewand zurecht, es war wahrlich nicht standesgemäß, doch das Einzige, was mir geblieben war, und voller Neugier wartete ich auf jemanden aus meiner Familie.

  • Wie gut, dass in dem Augenblick niemand sonst im tablinum weilte, der hätte sehen können wie Prisca für Sekunden der Mund offenstand. Sie war sprach- und fassungslos Das ...das ist doch die Höhe!!! Ihr Verwandter schien offenbar gedanklich derart vesunken zu sein, dass ihm offenbar völlig entging, wer ihn da gerade freundlich angesprochen hatte. Ich, eine Sklavin? Eine Sklavin würde es wohl kaum wagen, derartige Worte an eine Herrschaft zu richten, oder? Nun gut, sie hatte vergessen ihren Namen zu nennen, aber er hätte spätestens bei ihrem Anblick sehen müssen, dass da keine Sklavin stand, sondern er eine (ihrem Stande durchaus entsprechend gekleidete) Patrizierin vor sich hatte. Aber er hatte es ja nicht einmal für nötig befunden, sich zu ihr umzudrehen. Träumt er gerade? Das Wandgemälde scheint ihn ja sehr zu faszinieren ..., grübelte Prisca darüber nach, wie sie nun auf diese Unverschämtheit reagieren solle.


    Nachdem die erste Welle der Empörung innerlich abgeklungen war, wollte sie es dem Neuankömmling jedoch nachsehen. Man muss ihm letztendlich sein fortgeschrittenes Alter zu Gute halten, hatte Prisca schließlich sogar Verständnis für dessen temporäre geistige Absenz, denn absichtlich hatte er sie sicher nicht beleidigen oder gar provozieren wollen. Apropos provozieren. Einen kleinen Spass darf ich mir als Revanche sicher erlauben. Sogleich umspielte ein schelmisches Grinsen Prisca´s Lippen als ihren spontanen Gedanken in Worte fasste:


    "Mit Speis und Trank kann ich dir leider nicht dienen, Aurelius, aber eventuell mit etwas anderem? … Das Gemälde stammt übrigens von Meister Fabullus. Für den Fall, dass deine Augen von den Anstrengungen der Reise zu ermüdet sein sollten, um dies auf Anhieb zu erkennen., hakte Prisca mit süßlich provokanter Stimme nach. Gemächlich schritt sie auf ihren Verwandten zu, bis sie seitlich versetzt hinter ihm stand, um das Gemälde so besser in Augenschein zu nehmen.


    Zwischenzeitlich betrat jene Sklavin den Raum, die mit der Besorgung der Speisen und Getränke betraut worden war. Sie stellte das befüllte Tablett auf einem Tisch ab und blickte abwartend zu den beiden Herrschaften ...

  • Beim dopppelköpfigen Janus, welch üblen Streich spielen mir meine Augen hier? Wo eben noch nur ein anmutiges Geschöpf im Raume stand, da war nun eine Zweites mir erschienen? Direkt zum Greifen nah und wie der frühe Morgen schön. Ich kniff ein Auge zu, denn mit dem Zweiten seh ich besser. "Bei den Göttern!" Es war eine Mischung aus Irritation und fragender Ungläubigkeit. Ist das?... Ohne sie zu berühren fuhr ich mit der Hand über ihr Gesicht. Die hohe Stirn... das kleine energische Kinn... Diese Gesichtszüge waren mir vertraut. "Du bist eine Löwin der Aurelia." Ein leichtes Lächeln glitt über mein Gesicht, und mir wurde bewusst, welch kindischen Streich mir meine Phantasie spielte. Wie konnte ich in meiner grenzenlosen Gedankenlosigkeit annehmen, SOLCH Erscheinung könne eine Sklavin sein. Aurelius, Aurelius, Du machst mir Sorgen.
    Verzeih' mir, mein Kind, verzeih' mir. Hab' Nachsicht mit einem Mann in den besten Jahren, dessen Augen scharf wie die eines Adlers waren, als Du noch mit den kleinen gläsernen Kugeln spieltest. Ich war einst ein begnadeter Bogenschütze und holte so manche Palme mit nach Haus', heute würden alle in Deckung springen, wollte ich den Bogen zum Schuss spannen wollen." Mit einem vershmitzten Lächeln zwinkerte ich ihr zu, so als würden wir uns ein Leben lang schon kennen, dabei wusste ich noch nicht einmal hren Namen. Zumindest aber kannte sie sich in Fragen der Kunst aus, und das gefiel mir sehr, ich würde ihr irgendwann von meinem Vater und Fabullus erzählen.Verzeih' mir abermals, mein Kind. Ich scheine noch immer am Fieber zu leiden, und das spielt mir wohl so manchen Streich."


    Noch immer überlegte ich angestrengt, wer sie wohl sei, ihre Gesichtszüge waren mir irgendwie vertraut und doch war sie auch fremd. Erneut fuhr ich mit der Hand über ihr Gesicht. Kleine Ohren, und dann dieser schnippische Blick. In Gedanken ging ich meine Familie durch, streng Dich an, alter Mann, an wen nur erinnert sie Dich. Diese Augen, dieser Blick... "Severina!" entfuhr es mir, und regelrecht erleichtert sah ich sie an. Aurelia Severina, Du bist von der väterlichen Seite, Du hast die Augen der Severina."


    Erwartungsvollen Blickes breitete ich meine Arme aus.

  • Nun, da ihr Großonkel sich endlich dazu bemüßigt fühlte, sich zu ihr umzudrehen, konnte Prisca ihm in die Augen blicken. Sie war überrascht! Denn Crassus schien - entgegen seiner Aussage und ihrer Vermutung - noch ziemlich gut zu sehen. Zumindest auf dem einen Auge, mit dem er sie von oben bis unten musterte, wobei seine Blicke nicht wirklich unangenehm waren. Vielmehr musste Prisca zugeben, dass ihr Onkel für sein Alter noch recht passabel aus sah und sein Lächeln ließ ihn durchaus sympathisch wirken. Seine Worte taten schließlich ihr übriges um ihr Gemüt gänzlich zu besänftigen und letztendlich fühlte Prisca sich sogar sehr geschmeichelt, da er sie fast korrekt dort einzuordnen vermochte, wo sie im Familienstammbaum ihren Platz inne hatte.


    Lediglich die Erwähnung des Fiebers (an dem er anscheinend gelitten hatte) und sein etwas "angestaubte" Reisegewand ließen Prisca kurz zögern, sich in seine ausgebreiteten Arme zu "werfen". Andererseits wäre es unhöflich gewesen und bei seinem bittendem Blick konnte sie ihm diese Geste letztendlich nicht abschlagen.


    Also trat Prisca einen Schritt auf ihn zu, legte vertraut ihre Hände an seine Hüften und erlaubte ihm somit, sie in seine Arme zu schließen und zur Begrüßung zu drücken. Schon seltsam, dass er sie gar so herzlich hegte, hatten sie sich doch in diesem Leben noch nie gesehen.Oder doch? "Mir scheint du bist nach wie vor ein begnadeter Beobachter,Onkel Aurelius, wenn du erlaubst, dass ich dich so nenne? … Und ja, es stimmt, die Augen habe ich wohl von meiner Großmutter Severina geerbt. Zumindest hat Mutter das immer behauptet. Mein Name ist übrigens Prisca und ich bin die Tochter des Marius Aurelius Iustus und der Horatia Vespa", half Prisca ihm ein wenig und tat dabei ganz vertraut so, als hätte lediglich eine lange Zeit dazwischen gelegen, seitdem Crassus und sie einander ins Angesicht geblickt hatten. Ihn deshalb gleich Onkel zu nennen war vielleicht etwas übertrieben, doch irgendwie verspürte Prisca den Drang ihn so zu bezeichnen, nachdem er sie gar so vertraut in seine Arme genommen hatte. Wahrscheinlich hat er mich als Baby mal kurz auf dem Arm gehalten, als ich noch kein Jahr alt war. Anders kann ich es mir nicht vorstellen, dass er sich so benimmt. Und irgendwie war es ganz schön - nach so langer Zeit - endlich mal wieder von einem männlichen Familienmitglied so herzlich begrüßt zu werden.


    "Wollen wir uns setzen und eine Kleinidgkeit essen? Du hast bestimmt viel zu berichten, von deiner Reise. Oder möchtest du dich lieber zuerst frisch machen?", fragte Prisca noch nach und machte dabei eine einladende Geste von dem Speisetablett hinüber zu der Türe, durch die es weiter ins balneaum ginge.

  • "Prisca," murmelte ich. "Prisca." Die Tochter von Marius. Ich schmunzelte ein wenig, der alte Lockenkopf, ich erinnere mich gut an seine beiden Kinder. Vor allem Prisca brannte sich in meine Erinnerung ein.
    Während ich sie an mich drückte, es war wirklich schön, nach all der Zeit mal wieder Familienluft zu schnuppern, sagte ich: "Das letzte Mal, als ich Dich in den Armen hielt, da warst Du kaum geboren. Es war bei den Ludi Floralis, als Deine Mutter Dich mir in den Arm gab. Ha, kaum hielt ich dich, da fingst Du an zu schreien, und ich klopfte Dir auf den Rücken, weil Deine Mutter mich dazu anhielt. Leider kam dann mehr als nur ein Geräusch heraus, meine Toga war von oben bis unten ..." ich schmunzelte erneut. "In dem Augenblick hätte ich Dich, wie damals Kaiser Claudius Deine Namensverwandte, an den dritten Meilenstein der Via Ostiensis führen mögen." Ich bemerkte nebenbei, wie ich Prisca sanft auf den Rücken klopfte und unterließ es stante pede. "Seit dem wurde die Toga "die Saure" genannt, und ich trug sie nur zu besonderen Anlässen."


    Dankbar nahm ich die Einladung zum Essen an, denn bei genauer Betrachtung fühlte ich mich halb verhungert, praktisch obdachlos und verwahrlost. Letzteres wurde durch meine Reisebekleidung deutlichst unterstrichen.


    "Lass mich Dir von meiner Reise erzählen." Meine Nichte würde sicherlich darauf brennen, mehr zu erfahren, und ich wollte ihr gerne Bescheid tun, wobei ich natürlich aus Rücksicht auf die Familie nicht alles preisgeben würde an dieser Stelle. "Prisca, lange Jahre lebte ich fernab auf einer Insel der Balearides. Nahe der Stadt Ebesus liegt eine kleine Insel, Frumentaria genannt, "die Weizenreiche". Dort war ich weitesgehend zurückgezogen auf meinem Anwesen. Nur selten drangen Neuigkeiten bis zu mir vor. Und von so manchem Schrecken, die Familie betreffend, hörte ich erst Jahre später." Ich setzte mich und glitt gedankenverloren durch meinen stoppeligen Bart. Ja,ja, so war es in etwa. Es erschien mir besser, nicht zu sehr ins Detail zu gehen.


    "Dann, liebe Nichte, eines Tages, als der Flug des Adlers über mein Domizil führte, und er von Krähen verfolgt wurde, da spürte ich, ich müsse nach Rom. Der Löwe braucht mich! Ich brach alle Zelte ab, verkaufte mein Anwesen und mietete zwei Schiffe. Auf das Lastenschiff lud ich all mein Hab und Gut, das Andere, ein schneller Segler, fuhr mit mir vorran nach Misenum."
    Mit dem Arm vollführte ich eine Vorwärtsbewegung und stieß dabei einen Becher um.


    "Ähnlich stürmisch, mein Kind, ging es weiter. Ein stolzes Pferd nahm ich mir, mit glühenden Augen, oh, ja, es hätte der Aurelia Deandra gefallen ... Kennst Du sie noch? Sie war eine berühmte Züchterin in Mantua, sie war eine der ganz Großen unserer Gens ... Ich ritt ohne Unterlass, nur mit kleinem Gepäck am Sattel, doch seit ich in Misenum anlandete, da plagte mich das Fieber. Dennoch ritt ich auf dem feurigen Ross, bis es auf halber Strecke im steilen Gelände strauchelte und wir den Abhang herunterstürzten. Das arme Pferd verschwand, und mit ihm mein Gepäck."


    Ich musste seufzen und rieb mir den Ellenbogen. "Zum Glück hatte ich nur wenig Geld dabei, 100 Aurei mögen es gewesen sein, das ist nicht schlimm. Doch führte ich auch Geschenke mit für die Lieben, die ich zu treffen wünschte." Dabei schaute ich Prisca an und senkte beschämt mein Haupt zu Boden. "Ich hatte Ohrringe, sie stammten noch von meiner Mutter Mutter, mit goldenen Perlen versehen, so wie es heute keiner mehr zu fertigen versteht. Auch Ringe, die von ruhmreichen Vertretern der Aurelia getragen wurden, gingen verloren." Mit einer wegwischenden handbewegung schloss ich das ärgerliche Thema ab.


    "Ich lag am Fuße eines Abhanges, wo ich irgendwann gefunden wurde. Meine Kleidung war zerschlissen, und nachdem sie mich verbanden, gaben sie mir dieses Gewand." An dem groben Stoff zupfend, entlud sich eine kleine Staubwolke. "So zog ich dann weiter und stehe nun hier, mein Kind. Ich hoffe sehr, das Lastenschiff wird bald kommen, denn im Augenblick besitze ich nur das, was ich am Körper trage."


    Es war ein unerträgliches Gefühl für mich, mittellos und abgezehrt nach Rom zu kommen. ich fühlte mich wie dereinst Julius Caesar, der nach Africa griff und bei der Landung stolperte. "Teneo Te Africa". Ich hoffte sehr, mein weiterer Weg würde etwas besser verlaufen hier in Rom. Ich fühlte mich als Bittsteller, in Lumpen gepackt, nur meine Würde gab mir Halt. Doch so konnte ich ja nicht einmal den Palatin besteigen. Ärgerlich, höchst ärgerlich. Nimmer könnte ich vor den Kaiser so treten.


    "Doch erzähle nun mir, mein Kind, wie steht es um die Familie, wie geht es Dir? Hat die Zahl der Klienten sich erhöht? Sind wir beim Kaiser gut angesehen?" Begierig auf Antworten lächelte ich sie milde an.

  • Ihr Onkel schien sich - nach und nach - zu entsinnen wer sie war und am Ende entsann er sich fast schon zu sehr auf Details, wie Prisca fand, als er ihr schließlich (fortwährend den Rücken tätschelnd) davon vor schwärmte, wie sie ihm einmal seine beste Toga voll gespuckt hatte. Na so genau wollte ich das eigentlich gar nicht wissen, verzog Prisca leicht das Gesicht, welches sie tapfer all die Sekunden an seine staubigen Brust barg, in denen ihr Onkel sie gar herzlich herzte. Irgendwie genoss sie aber diese vertraute und herzliche Art, mit der er sie umfing und so ließ sie sich willig an seine (mit Verlaub) etwas streng riechende Kleidung pressen.


    "Naja, Onkel, hätte ich damals geahnt, wie sehr du an deiner Toga hängst, so hätte ich mich doch niemals über dich vomiert. Ich hoffe inständig, dass du mir diese Kalamität irgendwann einmal verzeihen wirst", versuchte Prisca den Fauxpas ihrer frühen Kindheit mit einem kleinen Scherz und mit großen treuherzigen Augen wieder gut zu machen, mit denen sie ihren Onkel gespielt reumütig an sah. Natürlich wusste sie genau, dass ihr Onkel ihr im Grunde nichts nach trug und es war eben einfach eine vertraute Art, um ihn ein wenig zu necken. Dazu waren Onkels (Prisca´s Überzeugung nach) schließlich da, dass man sie neckte und um den Finger wickelte, wann immer sich einem die Gelegenheit bot.


    Bei den folgenden Erzählungen seiner Reisen und Erlebnisse unterbrach Prisca ihren Onkel allerdings nicht, denn in der Tat vermochte er mit seinen Erzählungen sie regelrecht in den Bann zu ziehen. Und so blickte sie ihn nur (weiter) aus großen Augen an und atmete bedächtig ein. Unglaublich, …"Ein Omen hat dir den Weg nach Rom gedeutet?",sog Prisca hörbar die Luft ein, um sie sogleich wieder auszustoßen indem sie an mancher Stelle beifällig nickte, oder nur kurz anzumerken pflegte: "Deandra? Ja , ich erinnere mich noch gut an sie. Sie hatte mich damals in Germanien so herzlich empfangen und mich vieles gelehrt. Auch über die Pferdezucht. Ich werde sie wohl nie vergessen … " Ihr Name stand gleichbedeutend mit so vielen anderen Namen, von vertrauten Personen, an die sich Prisca gerne (aber auch mit Schmerz) zurück erinnerte. Du meine Güte. Die Zeit! Wo läuft nur die Zeit hin? All die bekannten Gesichter, meiner Freunde und meiner Verwandten. Sie alle sind schon so lange von uns gegangen.

    "Du hast wahrlich viel erlebt, Onkel! Und du hattest wirkliches Glück, dass du dir bei dem Sturz nichts gebrochen hast. Der Verlust deines Pferdes und der Geschenke ist im Vergleich dazu wahrlich verschmerzbar. … Es freut mich jedenfalls sehr, dass du letztendlich wohlbehalten den Weg hierher gefunden hast", unterstrich Prisca das Gesagte ihres Onkels mit einer vertrauten Geste, indem sie ihre rechte Hand auf die seine Rechte legte und diese sanft drückte. "Und nun gräme dich nicht weiter, sondern lass mich nur machen. Ich werde mich höchstpersönlich darum kümmern, dass du schnellstmöglich wieder in neue Gewänder gehüllt sein wirst, die deinem Stande gebühren. Ich kenne da einen hervorragenden Schneider. Seine Gewänder sind absolut der letzte Schrei in Rom. Du wirst sehen, Onkel, alle Frauen Rom´s werden sich nach dir umdrehen!", zwinkerte Prisca ihrem Onkel aufmunternd zu, denn sie war überzeugt, dass er einen stattlichen Mann würde abgeben - wäre er erstmal gebadet, enthaart, pedi-/manikürt, gekämmt, parfümiert und ordentlich her gerichtet. Und der Bart? Der Bart! Obwohl er ihm irgendwie steht, geht das doch eigentlich gar nicht. Hmmm..., war Prisca sich noch nicht ganz sicher, welche Empfehlung sie ihrem Onkel dahingehend geben sollte: " Ich denke zu allererst werden wir dich baden müssen und außerdem müssen sich die Sklaven zunächst einmal um deinen Bart, dein Haupthaar und deine Körperbehaarung kümmern, ehe wir dich schick einkleiden können",sprach (und versprach) Prisca aus ihren Überlegungen ganz frei heraus ihr Bestes zu tun, damit ihr Onkel bald schon in neuer Pracht würde erstrahlen können. Gleichzeitig sah sie ihn (im Gedanken) bereits unzählige Entwürfe anprobieren - in einem stunden- wenn nicht gar tagelangem Prozedere, um ihm schlussendlich ein Aussehen zu verpassen, dass jede römische Bürgerin sofort würde dahin schmelzen, wenn sie ihn zu Gesicht bekäme.


    Oh ja, das wird bestimmt lustig!, freute sich Prisca schon darauf, ihren Onkel mit ihren Vorschlägen und Entwürfen beratend zur Seite zu stehen. Doch zuvor galt es ihrem Verwandten nocht zu berichten, wie es der Familie ergangenen war und da gab es bei weitem nicht nur lustiges zu erzählen. Entsprechend ernst blickte Prisca ihren Onkel deshalb an und sie wusste ehrlich gesagt nicht, wo genau sie anfangen sollte zu berichten, kannte sie doch seinen Wissenstand gar nicht:


    "Nun - ganz ehrlich lieber Onkel - die Zahl der Klienten hatte zuletzt keine vorrangige Priorität mehr für uns, angesichts der schweren Schicksalsschläge die unsere Familie in den vergangenen Jahren hat hinnehmen müssen. Und damit meine ich nicht nur die familiären Todesfälle, die es zu beklagen galt", zählte Prisca der Reihe nach die Namen aller Verwandten und den ihres Ehemannes auf: " Insbesondere die Verwicklung in den Mordkomplott an Kaiser Valerianus - um dessen Tod sich so manche Gerüchte ranken - hat unserer gens arg zugesetzt. Ich denke mal, dass selbst dir auf deiner Insel nicht entgangen sein mag, wie der ehemalige praefects urbi, dieser machtsüchtige Vescularier , das gesamte Reich letztendlich in einen blutigen Bürgerkrieg getrieben hat, oder? … Und womöglich hast du auch mit bekommen, dass mittlerweile Kaiser Cornelius die Geschicke des Reiches lenkt und damit auch unsere Familie wieder zu neuen Ehren gelangt ist?!"


    Fragend blickte Prisca ihren Onkel an, während sie ihre (vom sprechen) trockene Kehle mit einem Schluck Wein benetzte ...

  • Die Nachricht über die Ankunft ihres Großonkels, welchen sie persönlich gar nicht kannte aber damals wohl in Briefkontakt mit ihrem Vater stand, bevor er starb. Mit dem Tod ihres Vaters erlosch folglich auch der Kontakt zu dem Verwandten, der nach vielen Jahren wieder nach Rom zurückgekehrt zu sein schien.
    Als eine der Sklavinnen des Hauses sie über die Ankunft ihres Großonkels informieren wollte, war sie gerade damit beschäftigt die neusten Kleider anzuprobieren, die sie einem Schneider in Auftrag gegeben hatte und wie zu erwarten - sie gefielen ihr überhaupt nicht. Abgesehen davon dass sich schon mehrere Dutzend Kleider in ihrer Garderobe befanden, sie teuren Schmuck besaß und sie ihren Wohlstand als für sich gerade angemessen empfand, nachdem der Bürgerkrieg den Aureliern schwer zu schaffen gemacht hatte, war sie immer noch genauso verwöhnt, oberflächlich und schwierig wie immer. Ihre Leibsklavin Mila half ihr natürlich beim Ankleiden, was nicht gerade eine leichte Aufgabe war, da Lentidia ständig überall ungeduldig herumzupfte und angetrieben von Unzufriedenheit nicht still halten konnte. Als die besagte Sklavin mit der Botschaft ihr Cubiculum betrat und gerade berichten wollte, war just in diesem Moment eine Naht gerissen, weil Lentidia mit ihrem Fuß auf dem Stoff stand und Mila gerade versucht hatte ihn zurecht zu ziehen. "Du dummes Ding!" begann sie ihre natürlich völlig übertriebene Hasstirade "Wie ungeschickt du doch bist! Du kannst froh sein, dass es mir sowieso nicht gefällt, sonst würde ich.." eigentlich wusste sie selber nicht was sie dann würde, denn ohne es zu wissen war es wirklich die Aufregung gar nicht wert. Mila zuckte schon zusammen, atmete kurz darauf aber erleichtert auf, ihre Sklaven-Kollegin hatte Lentidias Aufmerksamkeit vollkommen auf sich gezogen. "Domina.. verzeih mir die Störung, aber dein Großonk.." fing sie an, wurde aber direkt wieder von der Aurelia unterbrochen. "Nein.. nein, nein, nein! Ich möchte jetzt nicht gestört werden! Es interessiert mich nicht, verschwinde!" sie bekam also gar nicht mit, was die Sklavin ihr da mitteilen wollte, sie war wieder einmal zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Nachdem die Sklavin erschrocken das Cubiculum wieder verlassen hatte, wandte sich Lentidia ihrer Leibsklavin zu. "Du kannst dich glücklich schätzen, dass die Götter dich mit einer gewissen Schönheit gesegnet haben, denn so erfüllst du wenigstens den Zweck als Leibsklavin mein wunderschönes Antlitz nicht zu schmälern, wenn du schon so ungeschickt bist." entgegnete sie ihr von oben herab "Versteh mich nicht falsch, du weißt ja, dass ich nichts gegen hässliche Menschen habe, sie können ja nichts dafür, aber ich will sie einfach nicht in meiner Nähe wissen." fügte sie mehr rechtfertigend für sich als für Mila an. "Genug. Die Kleider sind alle grässlich. Ich werde ein bisschen spazieren gehen, sorge dafür, dass diese Lumpen wieder zurück an den Schneider gehen, ich werde mich woanders umsehen und meinen Freundinnen davon abraten seine Dienste in Anspruch zu nehmen." Also ließ sie ihre Leibsklavin zurück im Kleiderchaos und machte sich auf in Richtung Tablinium, welches an das Atrium angrenzte.


    Im Tablinium sah sie ihre Cousine Prisca, auf welche sie schon fast hysterisch zustürmte um ihr von ihrer Anprobe, die natürlich ganz wichtig war, zu berichten "Prisca! Meine Liebe.. kannst du dir vorstellen? In den Kleidern, die mir zugesandt wurden, würde noch nicht mal eine gewöhnliche Plebeija gut ausseh.. Oh!" unterbrach sie sich selbst. Ein älterer Mann saß gegenüber von ihrer Base, welchen sie noch gar nicht bemerkt hatte. Eigentlich wollte sie ihren Tonfall ins Süßliche ändern, immerhin wusste sie nicht wer das war. Es hätte ein Freund oder Klient von Lupus sein können auf einem aufstrebenden Karriereast mit Aussicht auf höheren Wohlstand. Doch als sie sich den alten Mann genauer anschaute entglitt ihr kurz das liebliche Lächeln und erstarrte eher in ein stirnrunzeliges Staunen. Der sah ja aus wie ein Bittsteller! "Nun.." fuhr sie etwas verlegen fort "Kennen wir uns?" fragte sie nun mehr aus Höflichkeit als aus Interesse.


    Sim-Off:

    Entschuldigt die längere Einleitung, ist mein Einstiegspost nach dem Exil :) Ich dachte ich klinke mich wie besprochen direkt mal ein!

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