Briefe, Rechnungswesen, Gutsverwaltung und anderer Papierkram

  • http://www.kulueke.net/pics/ir…a_arbeitszimmer_klein.pngAls Verantwortlicher für die Villa Rustica mit ihrem großflächigen Landgut, unzählige Betriebe der Familienmitglieder und der kaufmännischen Unternehmungen im Rahmen des Handelskonsortiums Freya Mercurioque innerhalb und außerhalb der Provincia Germania Superior hatte Witjon immer einen ganzen Berg Papierkram, der in seinem Arbeitszimmer auf ihn wartete.


    Aber nicht nur wirtschaftliche Angelegenheiten in Schriftform forderten seine Aufmerksamkeit, sondern auch familiäre Dinge. Da lag beispielsweise schon seit Ewigkeiten ein unbeantworteter Brief seines Vetters Alrik, der aus Rom gebracht worden war.


    "Ach, Alrik. Immer diese Schreiberei...", seufzte Witjon und nahm zum wiederholten Mal den Brief zur Hand, um nun endlich eine Antwort aufzusetzen. Es gab einiges zu erzählen, so viel stand fest. Neben der Fertigstellung der Villa Rustica erlebten die Betriebe der Sippe einen steten Aufschwung. Zudem musste Witjon Alrik darüber informieren, dass er Audaod tatsächlich nach Rom schicken würde. Und über Phelans Ankunft konnte er natürlich auch noch eine Notiz einfügen. Und Fragen. Fragen, fragen, fragen, was es Neues bei Hadamar gab, wie es zu dieser unglaublichen Heirat mit der Tiberia kam, wie es mit Alriks Karriere voranging, und und und. Witjon atmete tief ein, legte eine frische Wachstafel vor sich auf den Tisch und zückte einen Griffel. Dann begann er die üblichen Floskeln auf die Tafel zu bringen und kam langsam aber sich in Schreibfluss. Das Ergebnis war ein Brief, der nicht unbedingt kurz ausfiel.


    Senator
    Titus Duccius Vala
    Casa Accia | Collis Esquilinus | Roma



    Heilsa Alrik,


    danke für deinen ausführlichen Brief. Ich gebe zu, dass er mich stellenweise sehr überrascht hat.


    Aber der Reihe nach: Die niedergebrannte Casa Duccia habe ich durch eine Villa Rustica auf unseren Gütern etwas außerhalb des Municipiums ersetzen lassen. Die Villa spiegelt unsere Stellung in der Provinz nun wesentlich besser wider und würde auch einem heimkehrenden duccischen Senator in jeder Hinsicht gerecht. Dich erwartet hier demnach eine in allen Facetten angemesse und repräsentative Unterkunft, die die alte Casa Duccia als Heim unserer Sippe abgelöst hat.


    Unsere wirtschaftliche Lage hat sich infolge dieser Veränderung ebenfalls stark zum Positiven verändert. Nach kurzer Durststrecke blühen unsere Geschäfte auf und werfen mehr Gewinn ab. Zwar hat der Neubau der Villa Unsummen verschlungen, aber unsere Reserven konnten diese Ausgaben gut abfedern. Solltest du weiterhin finanzielle Unterstützung benötigen, lass es mich wissen. Das gilt übrigens auch für eine Wohnung in Rom. Wieso lebst du immer noch bei diesem Accius? Brauchst du als gewesener Praetor nicht einmal langsam eine eigene repräsentative Behausung?


    Damit komme ich auf deine Laufbahn zu sprechen. Ich hoffe du hast die Querelen gut bewältigen können und strebst selbstbewusst die nächste Stufe des Cursus Honorum an. Zu dieser Gelegenheit schicke ich dir meinen Sohn, wie von dir vorgeschlagen. Er wird dir bei der Ausarbeitung einer Lex Provincialis helfen und sein Tirocinium Fori bei einem Senator deiner Empfehlung ableisten.
    Darüber hinaus wird er auch langfristig in Rom bleiben, denn er wird von dem Wunsch getrieben es seinem Vetter gleich zu tun: Audaod will Senator werden. Ich bitte dich darum, ihm so weit es dir möglich ist unter die Arme zu greifen und ihm einen guten Einstieg in das politische Rom zu ermöglichen. Führe ihn in die Gesellschaft deiner Kreise ein und vielleicht schwebt dir ja schon ein Senator vor, der ihm ein guter Patron wäre?
    Ich vertraue auf deine Umsicht und erwarte, dass du deine schützende Hand über meinen Sohn hälst.


    Wo wir gerade von Familie sprechen: Meine Frau hat eine gesunde Tochter zur Welt gebracht! Dieses wunderbare Ereignis hat uns alle sehr mit Freude erfüllt und ist ein gutes Zeichen dafür, dass die kommenden Zeiten für unsere Sippe Gutes verheißen. In diesem Sinne gratuliere ich dir sehr herzlich zu deiner mittlerweile vermutlich vollzogenen Vermählung mit Tiberia und wünsche euch Gesundheit, Kinderreichtum und alles Glück Midgards!
    Wie du diesen Coup vollbracht hast, musst du mir dennoch erklären. Sei mit Worten nicht so sparsam.


    Die neu erbaute Villa Duccia hat übrigens den netten Effekt, dass mein Vetter Phelan die Gelegenheit zu einem Besuch genutzt hat. Ihn begleitete seine Tochter Runa, ein hübsches blondes Ding. Vermutlich bleiben sie eine gewisse Zeit in Mogontiacum, mal sehen was auf ihrer Agenda steht.


    Wie geht es im Übrigen dem Centurio der Urbaner Hadamar? Er lässt nicht viel von sich hören, ich hoffe es geht ihm gut?


    Hast du außerdem zufällig von größeren Umstrukturierungen der Cohortes Urbanae gehört? Ich versuche immer noch in Erfahrung zu bringen, wo mein Bruder Arbjon im Bürgerkrieg gelandet ist. Die Akten führen ihn als Quintus Duccius Eburnus, zuletzt war er Optio bei den Cohortes Praetoriae. Lass mich wissen, wenn du etwas über seinen Verbleib herausfindest.


    Dich grüßt die ganze Sippe sehr herzlich!


    Til ars ok frisar,



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    Villa Duccia| Mogontiacum | Germania Sup.


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  • Flammen knisterten geräuschvoll im Kohlebecken. Draußen bedeckte knöchelhoher Schnee die Felder, Weiden und Gebäude der Villa Rustica. Witjon saß in einen dicken wollenen Mantel gehüllt in seinem Arbeitszimmer, den Rücken dem Kohlebecken zugewandt und ging Post durch.
    "Wer ist eigentlich diese Phryne?", fragte er sich einmal mehr halblaut, wie er es häufig tat, wenn er allein im Arbeitszimmer saß und Korrespondenz behandelte. Manchmal kam er sich dabei ein bisschen schräg vor, aber welcher Duccius war schon normal?


    An die hochverehrte Familia der Duccii, Salvete!


    Eure schöne Stadt Mogontiacum hat eine neue Mitbewohnerin. Vor Kurzem erst erbte und bezog ich, Phryne, die Casa Acilia. Ich stamme aus dem sonnigen Salona, habe aber die vergangenen 10 Jahre im Haus des Sextus Acilius Priscus in Rom verbracht. Aus Liebe und Dankbarkeit vermachte er mir sein Haus in Eurer schönen Stadt. Gerne würde ich mich nun allen vorstellen, die diese Stadt zu eben jenem lebenswerten Fleckchen Erde machen. Es würde mich sehr freuen, wenn sich alle Familienmitglieder der Duccii, seien sie männlich oder weiblich, am kommenden Venustag zur 1.Abendstunde in der Casa Acilia zum geselligen Convivium einfänden. Für Speis und Trank sowie musikalische Untermalung wird gesorgt sein.


    Valete bene, Phryne



    Witjon las den Brief der neu zugezogenen Frau erneut und erinnerte sich dann. Sein Klient Petronius Marcellus hatte bereits einmal von Phryne erzählt. Witjon war irritiert. Wenn es stimmte, dass diese Frau eine Freigelassene war, die zu plötzlichem Reichtum gekommen war und nun in einer völlig fremden Stadt lebte... wieso bei Donar lud sie dann die Duccii ein, statt einfach selbst bei ihnen vorstellig zu werden?
    "Hmm...", brummte Witjon unschlüssig und überlegte eine Weile, während er aus dem Fenster sah und die weiße Landschaft betrachtete. Vielleicht sollte er einfach Phelan hinschicken, zusammen mit Runa. Und Naha, denn die beteiligte sich immer noch viel zu selten am gesellschaftlichen Leben von Mogontiacum. Selbst wollte er der Einladung nicht folgen. Witjon hatte genug damit zu tun Freude an seiner Tochter und seiner Frau zu haben. Außerdem, wieso sollte er sich zu einer wildfremden Frau bequemen, die er noch nicht einmal persönlich kennen gelernt hatte? Nein, es war wohl wirklich das beste, wenn er einfach seinen Vetter und die Mädchen vorschickte, dachte Witjon ganz uneigennützig. Schmunzelnd legte er den Brief zur Seite und nahm den nächsten zur Hand.

  • Vor dem Fenster bewarfen sich die Kinder der Knechte mit Schneebällen. Sie hatten dort regelrecht kleine Festungen errichtet, mit Wällen und Gräben und Palisaden aus Stöcken und Ästen. Witjon betrachtete das Spiel eine Weile, während er einen Brief von Iullus Helvetius Curio in Händen hielt. Der Aedituus bat um einen Termin anlässlich eines von ihm geplanten Hausbaus. Auf Witjons Grund und Boden im Vicus Apollinensis. Witjon runzelte die Stirn und las das Schreiben erneut. Nun, es konnte wohl nicht schaden, sich das Anliegen des jungen Mannes einmal anzuhören. Gemächlich trottete er zum Schreibtisch, griff zu Feder und Tintenfass und begann eine Antwort zu notieren.

  • Zwei Kaiserwechsel waren ins Land gegangen und Witjon hatte sich daran erinnert, dass er seinem Klienten Titus Petronius Marcellus einst zugesagt hatte, sich postalisch für dessen Erhebung in den Ritterstand einzusetzen. Jetzt war es langsam an der Zeit dafür, wenn er nicht als pflichtvergessen dastehen wollte. Deswegen nahm er an einem Nachmittag nach der Arbeit sein Schreibzeug zur Hand und verfasste einen Brief an die kaiserliche Kanzlei.


    Consular
    Titus Duccius Vala
    Casa Accia Ducciaque
    Collis Esquilinus | Roma



    Heilsa Alrik,


    sommerliche Grüße aus dem sonnigen Mogontiacum! Der Sippe geht es prächtig. Runa ist nach erfolgreichem Abschluss ihrer Ausbildung nun Aeditua des Iuppiter, was wir natürlich groß gefeiert haben. Meine Tochter wächst prächtig und ist bereits so reizend wie ihre Mutter. Du wirst sie lieben, solltest du sie zukünftig einmal kennen lernen, was ich schwer hoffe. Phelan hat einen helvetischen Klienten gewonnen, der sich in der städtischen Ämterlaufbahn sehr gut macht. Einer meiner eigenen Klienten, Titus Petronius Marcellus, ist mittlerweile bereit für die Erhebung in den Ritterstand. Ich habe dir ein Schreiben für den Procurator a libellis beigelegt mit der Bitte, dich in der Kanzlei für seine Erhebung einzusetzen.


    Wie geht es dir und deiner Frau? Wie geht es meinem Sohn? Habe noch nicht allzu viel seit seiner Ankunft von ihm gehört. Hoffe er macht sich gut als dein Tiro. Habt ihr den Kaiserwechsel gut überstanden? Dein Consulat muss bedeutend anstrengender sein als das jedes anderen Senators. Lass mich wissen, wann die Zeit gekommen ist für deine Rückkehr.


    Achja, deinem Patron Vinicius geht es nicht sonderlich gut. Er hat sich aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen. Die Provinz wird momentan vom Legatus Iuridicus und mir geleitet. Möglicherweise steht mittelfristig wieder ein Wechsel an der Provinzspitze ins Haus...



    Til ars ok frisar,



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    Villa Duccia| Mogontiacum | Germania Sup.


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    Procurator a libellis
    Lucius Iunius Silanus
    Kaiserliche Kanzlei
    Mons Palatinus | Roma


    N. Duccius Marsus Proc. L. Iunio Silano s. d.


    Procurator Iunius, ich möchte dir meinen Klienten, Titus Petronius Marcellus, zwecks einer Erhebung in den Ritterstand anempfehlen.


    Titus Petronius Marcellus ist ein fleißiger, pflicht- und traditionsbewusster römischer Bürger, der eine angemessene Ausbildung genossen hat. Er leistet seit einigen Jahren gute Dienste in den Ämtern der Verwaltung des Municipium Mogontiacum, wo er als Magister Vici und als Aedil tätig war. Vor diesem Hintergrund wurde er auch zum Decurio Mogontiaci ernannt.


    Als Sohn des Soldaten Tiberius Sulpicius Torquatus wuchs er nach dessen Tod im Dienst des Exercitus unter den Fittichen seines Onkels, dem ehemaligen Primus Pilus Legionis Secundae Germanicae Marcus Petronius Crispus, auf. Er erwarb militärisches Wissen und entwickelte eine Leidenschaft für das Soldatentum.
    Deshalb eignet er sich besonders für einen Posten des Cursus Honorum Equestris Militum.


    Die nötigen Standesvoraussetzungen bringt Titus Petronius Marcellus bereits mit. Anbei findest du noch eine Abschrift seines Werdegangs.



    Vale bene


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    Villa Duccia| Mogontiacum | Germania Sup.


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    Procurator ab epistulis
    Potitus Maenius Firminus
    Kaiserliche Kanzlei
    Mons Palatinus | Roma


    N. Duccius Marsus Proc. P. Maenio Firmino s. d.


    Ich schreibe dir im Namen des Legatus Augusti Pro Praetore der Provinz Germania Superior Marcus Vinicius Hungaricus. Der Statthalter befindet sich derzeit in einem Gesundheitszustand, der ihm die Führung der Provinzverwaltung unmöglich macht. Der Legatus Iuridicus, Senator Kaeso Veturius Gratus, der Princeps Praetorii Volusus Palfurius Bolanus und ich führen die Amtsgeschäfte vorübergehend an seiner Stelle. Sollte sich der Zustand des Statthalters mittelfristig nicht zum besseren wenden, bitten wir um Benennung eines Nachfolgers. Ich werde in Kürze erneut Bericht erstatten.


    Ein Bericht über die Lage der Provinz liegt diesem Schreiben bei.



    Vale bene


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    Procurator Rationis Privatae
    Regia L.A.p.P.| Mogontiacum | Germania Sup.


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  • Nachdem er kürzlich erst Post zum Vorteil seines Klienten vorbereitet hatte, war Witjon an einem anderen Tag damit beschäftigt, sich für seine Sippe einzusetzen. Phelan musste endlich Ritter werden. Deshalb schwang Witjon wieder einmal das Schreibgerät und verfasste ein paar Zeilen an seinen einflussreichen Verwandten in Rom.


    Consular
    Titus Duccius Vala
    Casa Accia Ducciaque
    Collis Esquilinus | Roma



    Heilsa Alrik,


    ich schreibe dir erneut in kurzem Abstand, weil ich noch eine drängende Bitte an dich habe. Unser gemeinsamer Vetter Phelan, Decimus Duccius Verus, ist wie du weißt seit einiger Zeit wieder nach Mogontiacum zurückgekehrt und hier sowohl im Cultus Deorum als Pontifex als auch im Ordo Decurionum aktiv. Es wird Zeit, dass er ebenfalls endlich den Ordo Equester verliehen bekommt. Er wäre zudem ein geeigneter Kandidat zur Besetzung des Posten des Flamen Divi Augusti. Sei so gut und mache dich für ihn in der Kanzlei stark. Folgende Argumente kannst du dabei zu seinen Gunsten vorbringen.



      [*]Es ist wichtig, den interreligiösen und somit auch interkturellen Austausch in der Provinz zu fördern im Hinblick auf den Zusammenhalt in einer der wichtigsten Grenzprovinzen und ihrer Kräftigung und Stärkung.
      [*]Der amtierende Flamen (Sulpicius Segimundus) ist stockkonservativ und daher ungeeignet zur Bewältigung dieser Aufgabe. Außerdem ist er nicht mehr der Jüngste und sollte 'aus gesundheitlichen Gründen' abgelöst werden.
      [*]Wer würde sich besser eignen als ein duccischer Pontifex (zudem noch mit germanischen Wurzeln), der stets bestrebt ist diesen Austausch zu fördern und in der Ausbildung der neuen Aeditui zu verankern. Er ist Pontifex in der Provinzhauptstadt, welche sich als fortschrittliches Vorbild in der Sache des interreligiösen und interkturellen Austauschs ausgezeichnet hat.
      [*]Schließlich hat Phelan langjährige Erfahrung im Alltagsgeschäft des Cultus Deorum und wäre damit ein bestens geeigneter Kandidat zur Kontrolle des öffentlichen Kults Germania Superiors.


    Ich bin mir sicher, dass dies genügend Gründe sind, mit denen du die Kanzleibeamten für Phelan einnehmen kannst. Anbei findest du noch eine Abschrift seines Werdegangs.



    Til ars ok frisar,



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    Villa Duccia| Mogontiacum | Germania Sup.


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  • Eines weiteren Nachmittags schrieb Witjon einige Zeilen nieder, die den Fortschritt seines Klienten fördern sollten.


    Titus Petronius Marcellus


    Mein lieber Klient,


    um deine Erhebung in den Ritterstand zu ermöglichen, übertrage ich dir hiermit Land im Umfang von einem heredium. Lass dieses Grundstück gut verwalten und ziehe Nutzen daraus. Solltest du einstmals nicht mehr in der Lage sein, dieses Land zu bestellen, so verpflichte ich dich hiermit es mir rückzuübereignen.


    Vale bene,
    dein Patron



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    Villa Duccia| Mogontiacum | Germania Sup.


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  • Der Quaestor Mogontiaci hatte geantwortet. Witjons Angebot war angenommen worden. Er war nun stolzer Eigentümer eines Farbmischers. Zum Glück nicht lange, denn was sollte er mit dem Laden? Er würde Albin den Betrieb übertragen, was auf eine Vergrößerung des schon bestehenden Geschäfts mit Farbe hinauslief. Aber zuvor musste er dafür sorgen, dass das Municipium den vereinbarten Kaufpreis erhielt. Also wies er einige seiner Leute an, das Geld zu überbringen. Es dauerte einige Zeit, bis seine Getreuen zurückkehrten, aber sie brachten sogleich die restlichen Waren mit. Witjon war zufrieden. Er ließ daraufhin nach Albin schicken.

  • Albin eilte sich nicht, als Witjon nach ihm schickte. Seine alten Knochen schmerzten, denn es hatte die vergangenen zwei Tage fortwährend geregnet und die Feuchtigkeit tat dem alten Mann nicht gut. Da half nur eins: Mit dem Rücken an den Kamin gelehnt bessere Tage abwarten. Die Unterbrechung seiner Ruhezeit nahm Albin daher grummelig aber schicksalsergeben auf.


    "Herr Witjon?", machte Albin sich bemerkbar, als er das Arbeitszimmer des Hausherrn betreten hatte. Er schloss die Tür hinter sich und blieb vor dem Schreibtisch stehen.

  • "Albin, mein Guter", grüßte Witjon seinen Verwalter. "Setz dich." Er wies auf einen Stuhl und kam dann gleich zur Sache. "Ich habe ein bisschen für dich eingekauft", verkündete er daraufhin und überreichte Albin die Übertragungsurkunde. "Damit vergrößern wir deinen Farbmischerbetrieb. Zwei Sklaven und einige Rohstoffe habe ich direkt dazu bekommen. Ich hab schon angewiesen, dass die Waren in die entsprechenden Lager überführt werden."

  • Na danke, noch mehr Arbeit. Albin runzelte die Stirn, sagte jedoch: "Wie du wünschst, Herr Witjon." Der alte Mann war ja doch froh, dass der Hausherr die meisten Geschäfte selbst in die Hand nahm, obwohl ja eigentlich er, Albin, der Hausverwalter war. Donar sei Dank war die Freya Mercurioque mittlerweile dermaßen groß geworden, dass jeder Socius schon seine eigenen Unterverwalter hatte, die teilweise die Geschäfte als Pächter oder Aufseher führten. So sparte man sich meist die Zeit, ständig selbst nach dem Rechten sehen zu müssen.


    So auch Albin, der allein aufgrund seines Alters nicht ständig die Villa verlassen und jene Betriebe, die außerhalb des Landguts lagen, beaufsichtigen konnte. "Ist sonst noch 'was?", fragte er nun, nachdem er einen desinteressierten Blick auf die Urkunde geworfen hatte.

  • "Nein, das war's für's Erste", winkte Witjon ab und entließ Albin damit aus dem Gespräch, das für ihn offensichtlich nur mehr lästige Arbeit bedeutete. Der alte Hausverwalter drehte sich schnurstracks um und zockelte dann hinaus auf den Flur, um weiter seinem Tagewerk nachzugehen. Witjon derweil wandte sich schmunzelnd seinen Wachstafeln zu, um den Holzbedarf seiner Schmiedestätten für die nächsten Monate zu berechnen...

  • Das Handelskonsortium Freya Mercurioque ruhte auch im Winter nicht. Es musste auch bei Stillstand auf den Straßen gearbeitet werden, um mit sorgfältiger Planung die Versorgung der Betriebe mit Rohstoffen für die kommenden Monate sicherzustellen. Witjon hatte längst einen seiner Klienten als Sekretär für diese Zwecke eingestellt, wuchs ihm doch andernfalls die Arbeit gnadenlos über den Kopf. So traf er sich mit dem jungen Marcus Caesius Tucca an zwei Tagen in der Woche, um die wichtigsten Angelegenheiten der FMQ zu besprechen. So kam es, dass auch am heutigen Tage Anweisungen zur Verschriftlichung an den Sciba Consortii ergingen:


    "Fertige eine Urkunde zur Übertragung unseres Jägerbetriebs von meinem Sohn an meinen Vetter Verus. Der Gute soll den Betrieb endlich zurück erhalten."
    "Sehr wohl, Duccius."
    "Weiterhin soll Valentina von meinem Sohn den Schusterladen erhalten. Fertige auch hierzu eine Urkunde aus."
    "Hmhm."
    "Gut, gut. Und nachdem das erledigt ist...", dachte Witjon laut, "...wäre ja zu überlegen, welche Geschäfte Audaod, also Callistus, zukünftig stattdessen führen könnte."
    "Nun, wir haben momentan häufiger Mangel an ausreichend Wachs und Wein."
    Witjon sah Caesius überrascht an. "Ist das so? Na, dann werde ich einmal mit ihm korrespondieren. Vielleicht sollte mein Sohn sich mal nach einem trefflichen Weingut umsehen. In Italia soll es ja so einige davon geben. Und seinen Imker weise an, mehr Bienenvölker zu ziehen. Das Problem sollte wohl mit der Zeit erledigt sein."
    Der Klient nickte und machte sich fleißig Notizen. Jetzt galt es nur noch, mal wieder einen Brief nach Rom zu schreiben. Das war längst überfällig und wenn nun die Alpenpässe wieder gangbar wurden, hoffte Witjon ohnehin auf Nachricht seines schreibfaulen Sohnes.

  • Einmal mehr besprach Witjon sich mit seinem Klienten Marcus Caesius Tucca, der als sein Sekretär für Angelegenheiten des Handelskonsortiums fungierte. Es hatte in den letzten Monaten einige herbe Rückschläge gegeben, die nunmehr Konsequenzen nach sich zogen. Da war die Schiffsladung mit Steinblöcken, die im Rhein versunken war. Oder der Rückzug von Duccia Valentina aus den Geschäften im Zuge ihres Wegzugs aus Mogontiacum. Und nun das.


    "Der Imker konnte es mir auch nicht genau erklären", sagte Tucca schulterzuckend. "Scheinbar sind beinahe alle Bienenvölker an einer Krankheit krepiert. Dahingerafft über den Winter. Es wird ewig dauern, wieder eine rentable Anzahl Völker heranzuziehen."


    "Also nun auch noch der Imker", seufzte Witjon. Grimmig sah er seinen Sekretär an und befahl: "Notiere: Imkerbetrieb einstellen. Und den Steinbruch verkaufen wir. Der ist einfach schon zu lange nicht mehr wirklich rentabel."
    Kurz hielt er inne, dachte nach. Tucca sah ihn erwartungsvoll an. Grübelnd kratzte Witjon sich am Kinn, bevor er schließlich fortfuhr: "Wenn wir schon dabei sind: Dagmar, also Venusia, möchte sich aus ihren Geschäften zurückziehen. Sie scheint kein Interesse mehr an wirtschaftlicher Verantwortung zu haben." Das passt zu ihren anderen Bestrebungen, sich gänzlich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen, dachte Witjon mit Bedauern. "Wir werden also ihre Betriebe auf die anderen Konsortiumsmitglieder verteilen. Dafür werden einige Umschichtungen nötig sein. Und Schließungen. Hmm. Also, wir machen es folgendermaßen..."
    Und Witjon erklärte es seinem Sekretär. Tucca verzog verdrießlich den Mund. Da kam einige Arbeit auf ihn zu. Allein die vielen Ab- und Ummeldungen beim Aedil würden ihn viel Zeit kosten. Aber dafür wurde er ja bezahlt. Witjon derweil sah in den Veränderungen eine Chance, das Handelskonsortium Freya Mercurioque zu verschlanken und zurück zu einem rentablen Kerngeschäft zu führen. Etwas Veränderung konnte beizeiten bekanntlich keinem Handelshaus schaden.

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