In den Albaner Bergen – Ausritt im Nebel

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    Wir waren durch einen Hain knorriger Ölbäume geritten, deren Blätter silbrig schimmerten, und durch einen Buchenwald, in dem das Laub lautstark um die Hufe unserer Pferde geraschelt hatte, wir hatten einen Hügelrücken erklommen, von dem wir den Lacus Albanus wie ein verschattetes Auge in seinem Krater zu uns hinaufspähen gesehen hatten, wir waren über eine Hochweide getrabt, wo die Ziegen das karge Gras rupften, und aus einem Ebereschenbusch, in dem rot die Beeren leuchteten, hatten wir einen riesigen Schwarm von Staren aufgescheucht, die sich mit lautem Rauschen in die Luft geschwungen hatten, so jäh, dass meine gute Quarta mir beinahe durchgegangen wäre.
    Als wir aufgebrochen waren, von Seianas Gut, da war der Himmel noch klar und weit gewesen. Nun trieben ausgefranste graue Wolken über die Gipfel der Berge und Nebel stieg aus den Tälern zu uns auf, legte sich weich über das vergilbte Gras, hing wie feine Spinnweben zwischen den Bäumen, dämpfte jeden Laut, das Klappern der Hufe und unsere Stimmen, und legte sich als feiner klammer Film auf mein Gesicht....


    Alles mögliche hatte ich meiner Schwester unterwegs erzählt und ihr ebenso aufmerksam gelauscht, denn seitdem sie sich aufs Land zurückgezogen hatte hatten wir uns nicht mehr von Angesicht zu Angesicht getroffen. Es war kostbar, dass wir uns endlich einmal wieder ungestört austauschen konnten, und ich war ungeheuer glücklich darüber, dass meine großzügige große Schwester mir nichts nachtrug.
    Von meinem Leben im Tempel hatte ich erzählt, und davon wie das Leben von ausserhalb des Tempels mich dann eben doch immer wieder eingeholt hatte, von meiner "Mission" in Ostia bei der ich Massa begegnet war, von Manius' Erscheinen im Tempel und dem geheimen Treffen, das er arrangiert hatte, von meiner lyrischen Rache an Dives und dem unglaublichen Verdacht dass der Serapistempelbau in Ostia etwas mit mir zu tun haben könnte, davon wie ich meinem verräterischen Ex-Kameraden Licinus "ordentlich eins auf die Nase gegeben hatte", und auch, dass ich "jemand besonderen kennengelernt hatte...", und von der seltsamen Angelegenheit mit dem ermordeten Syrer... und davon, dass Livianus höchstpersönlich zu mir in den Tempel gekommen war (und wie froh ich darüber war!), und zuletzt erzählte ich ihr noch, dass sie mich rausgeworfen hatten.


    "...Also... rausgeworfen ist vielleicht etwas hart ausgedrückt. Jedenfalls haben sie es vermieden, das Wort zu benutzen. Sie haben es mir 'nahegelegt, es noch einmal zu überdenken, ob ich bereit bin, langfristig mein Leben in der Kultgemeinschaft zu verbringen...'. Naja." Ich zuckte die Schultern. "Ich kann's schon verstehen, nach dem ganzen Trubel den ich da rein gebracht habe. Und ich bin's nicht. Nicht bereit dazu. Sie haben mir sehr viel Gutes getan, und ich bin ihnen rasend dankbar, diese Zeit hat mir sehr viel Gutes getan, und ich werde den Gott immer ehren, aber ich gehöre eben nicht hinter Tempelmauern."
    Meine Talente lagen doch eher ausserhalb. Und meine Wünsche auch. Impulsiv strich ich meiner Apfelschimmelstute über das seidige grauweiß schattierte Winterfell, klopfte ihr den Hals. "Wie ich allein schon Tertia und Quarta vermisst habe!! Ganz zu schweigen von der Familie. - Die erste Initiation kann ich aber trotzdem erhalten. Auch ohne dass ich der Welt abschwören müsste, das geht auch so. Und dann... werde ich sehen."
    Was die Zukunft bringen würde lag in einem Nebel, noch undurchdringlicher als der, der uns hier umgab.
    "Hm... Und du? Willst du hier bleiben, mit Silana? Sie ist so großartig, du kannst so unglaublich stolz auf sie sein!"
    Natürlich war ich von meiner kleinen Nichte vollkommen hingerissen, und schwor, dass sie das schönste, aufgeweckteste und verständigste Kind war welches die Welt je gesehen hatte – was sie natürlich auch war. Ich hatte ihr einen ganzen Berg von Spielsachen mitgebracht, und ausserdem noch eine tolle Überraschung für sie in Reserve, die ich ihr überreichen wollte wenn wir zurückkamen. Wobei ich mich gerade fragte, in welcher Richtung nochmal der Rückweg lag? Egal, Seiana kannte sich sicher gut aus hier...

  • Seiana atmete tief die kühle Luft ein. Obwohl sie nun schon seit geraumer Zeit hier draußen lebte, in den Bergen vor den Toren Roms, genoss sie die frische Luft immer noch. Wo sie in Rom kaum die Casa verlassen hatte, weil sie gemeint hatte nicht atmen zu können außerhalb der Mauern, die Schutz gewährten, war das hier anders. Und die Luft war letzten Endes nur ein kleiner Teil. Es gab kaum Menschen hier, das war es, was Seiana tatsächlich deutlich befreiter aufatmen ließ, als sie es je in den vergangenen Monaten, Jahren in Rom gekonnt hätte. Sie musste sich nicht mehr verkriechen, um ihre Ruhe zu haben. Sie brauchte hier keine Fassade, wenn sie nach draußen wollte, eine Fassade, die ein Schutzschild gewesen und doch in all der Zeit in Rom so brüchig geworden war, dass sie nichts mehr schützte.
    Und sie konnte hier wieder reiten, worauf sie jahrelang verzichtet hatte, so lange, dass sie beinahe vergessen hatte, wie sehr sie es mal geliebt hatte. Sie hatte ein wenig gebraucht, bis sie tatsächlich wieder genug Übung hatte um sich sicher zu fühlen, aber auch das war besser geworden, wie so vieles.


    Sie warf ihrem Bruder einen Blick zu, als ihre Pferde durch die Bäume trotteten, und lächelte flüchtig. Sie genoss es, Zeit mit ihm zu verbringen, endlich mal wieder. Einfach nur so. Sie hatte ihm gelauscht bei seinen Erzählungen, was ihm widerfahren war seit ihrem letzten Treffen, und obwohl sie halb gehofft hatte, dass er den Weg nach Hause wieder finden würde, wusste sie doch, dass sie die Letzte war, die dazu etwas sagen konnte. Sie hatte ja auch nichts anderes getan als zu flüchten, wenn auch nicht ganz so dramatisch wie er.
    Sie wiederum hatte nicht ganz so viel zu erzählen. Sie führte ein recht ruhiges Leben hier, auch wenn sie sich in regelmäßigen Abständen über das Leben in Rom auf dem Laufenden hielt. Sie berichtete von der Ernte, die in diesem Jahr eine gute gewesen war, von den Vorkommnissen auf beiden Landgütern, davon wie ihre Geschäfte liefen, und vor allem von den Fortschritten Silanas. Sie wusste, oder konnte sich zumindest denken, dass Faustus vor allem an letzterem sehr interessiert war. Im Gegensatz zu ihr hatte er schon immer ein gutes Händchen mit Kindern gehabt... und so erzählte sie auch davon, obwohl sie immer noch nicht so recht wusste, wie sie mit dem Kind, das ihr Kind war, umgehen sollte. Was sie fühlen sollte. Tief im Inneren war sie nach wie vor vor allem eines in Silanas Gegenwart: unsicher.


    „Ich kann dich mir auch nicht vorstellen als Tempeldiener“, erwiderte Seiana mit einem leichten Schmunzeln. „So gut dir die Zeit getan haben mag, aber auf Dauer... nein. Das wäre nichts. Wo bist du jetzt untergekommen?“
    Die Frage nach ihren Plänen, nach Silana, ließ Seiana für einen Moment schweigen. Sie ließ ihrem Tier die Zügel ein wenig lockerer, als sie an einen kleinen Graben kamen, und lehnte sich zuerst zurück, dann nach vorne, bis sie ihn hinter sich gebracht hatten. Er danach setzte sie zu einer Antwort an. „Vorerst ja. Es gibt nichts, was mich momentan nach Rom zurückzieht, ich bin ehrlich gesagt froh nicht mehr in der Stadt zu sein... Seltsam, eigentlich. Früher wäre es mir hier viel zu langweilig gewesen.“ Zu einem Großteil, weil sie die Beschäftigung gebraucht hatte, um ihren Schutzschild aufrecht zu erhalten. „Sie ist großartig, ja. Ich bin nur... Ich weiß manchmal nicht so recht, wie ich mit ihr umgehen soll.“

  • "Aber," fuhr ich Seiana in die Parade, um die Kultgemeinschaft des Ewigen überschwänglich zu preisen: "du darfst das nicht mit so nem öden traditionell-römischen Kult verwechseln, die Priester und die Mysten sind tausendmal mehr als einfache Tempeldiener, sie sind weise Männer, die eine lange Reihe von Einweihungen und Entbehrungen und Prüfungen und Wegen der Erkenntnis durchlaufen, sie widmen dem ihr ganzes Leben und haben ein mordsmäßiges Wissen über... die Angelegenheiten der Seele und die Heilkunst und die Traumdeutung und... Zeit und Sein und überhaupt."
    Nun, da dies alles aus meiner Reichweite rückte, leuchtete es natürlich um so heller.
    "Priester hätte ich zwar nie werden können.... das verträgt sich nicht mit meiner Zeit sub aquila... aber es war schon... etwas besonderes. Mit den anderen zusammen Musik zu machen bei den Zeremonien, das..." Um Worte verlegen verzog ich das Gesicht zu einer hilflosen Grimasse und winkte ab. "...lässt sich mit Worten gar nicht fassen."
    Wehmütig zuckte ich die Schultern. "Aber, wie Großmama sagen würde: Man kann die Sau nicht schlachten und gleichzeitig ferkeln lassen."


    Wo ich jetzt untergekommen war...? "Gerade im Augenblick, ähm, sozusagen bei dir Schwesterherz." gestand ich Seiana. Ich hatte ja nicht mehr viel herumtragbaren Besitz, es passte alles in eine Tasche, was in der Hinsicht natürlich praktisch war. "Am liebsten würde ich es machen wie du, und so ein schönes Landhaus kaufen, um... zusammen mit Borkan da einzuziehen..." Versonnen lächelnd stellte ich mir das vor... "Er ist toll. Er ist... weißt du, es klingt so abgedroschen, aber es ist wahr, mit ihm fühle ich mich wieder so richtig lebendig. Du mußt ihn unbedingt kennenlernen, bald."


    Mit einem mal gings bergab, was mich aus meinen Träumereien erweckte, und wieder bergauf. Die Böschung war gesäumt von Stäuchern, wie gedrungene, geduckt lauernde Tiere waren ihre nebelverhangenen Umrisse.
    "Mhm, versteh ich. Rom ist ne Schlangengrube. Nicht, dass ich das nicht schon früher gewußt hätte." Aber jetzt war es mir so klar wie nur möglich. Trotzdem... das imaginäre Landhaus dürfte dann doch nicht zu weit von der Stadt entfernt sein, so dass man hin und wieder dort vorbeischauen könnte...
    "So ein Schatz!" schwärmte ich voll Überzeugung von meiner großartigen kleinen Nichte. "Und was sie schon alles kann, und was sie schon alles versteht! Da ist sie wirklich viel, viel weiter als andere Kinder in ihrem Alter! Und man sieht so deutlich das decimerische in ihr, ich meine, was sie für ein heiteres Wesen hat, und dann aber gleichzeitig auch was für ein feuriges Temperament, ich meine wie kraftvoll sie brüllt, wenn was nicht nach ihrem Kopf geht!" (Solche Dinge sagten wohl alle Verwandten von kleinen Kindern. Aber in diesem Fall stimmte es natürlich unbestritten!)
    "Wie meinst du das?" fragte ich, "Meinst du wegen der Leute, wegen des potentiellen Skandals? Weißt du, mir kam da eine Idee, ein Vorschlag, nur so ein, ähm, Hirngespinst... wie wir das vielleicht lösen könnten. Aber..." verlangte ich halb-ernst, "du darfst mich nicht gleich schlagen wenn du den Gedanken blödsinnig findest!"

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  • Seiana lag auf der Zunge, dass sie sich trotzdem – oder erst recht – Faustus so nicht vorstellen könnte. Faustus war... ihr kleiner Bruder. Das würde er immer bleiben. Überschwänglich und überschäumend, lebenslustig und leichtsinnig – in der guten wie in der schlechten Bedeutung. Ein Hitzkopf und ein Feingeist. Kein Tempeldiener, kein Priester, kein weiser Mann, auch wenn er auf seine Art durchaus weise sein konnte... manchmal. Und Seiana war froh darüber. Sie war froh, dass er sich diese Art behalten hatte, trotz des Älterwerdens und trotz allem, was passiert war. Sie liebte ihn, so wie er war, und so anders als sie er in mancher Hinsicht auch war, tat ihr doch genau dieser Unterschied gut.
    Etwas wehmütig klang er gerade trotzdem wieder, obwohl er vorhin selbst noch gemeint hatte, für ihn käme ein Priesterdasein nicht in Frage. Sie sah kurz zu ihm hinüber und lächelte flüchtig. „Ja, das hat Großmutter öfter gesagt. Und es stimmt ja auch. Aber du kannst den Tempel doch sicher ab und zu besuchen. Vielleicht teilhaben an einer Zeremonie hin und wieder...“ Auch das war etwas, was Faustus konnte wie kaum ein anderer: sich so fallen zu lassen, in der Kunst, in gemeinsamen Erlebnissen. Sie zumindest konnte es nicht, und wann immer sie ihn über so etwas reden hörte, spürte sie eine vage Wehmut, weil sie noch nie dasselbe erlebt hatte wie er, diese Begeisterung, diese Faszination. Als ob er weggespült worden wäre von einer übermächtigen Brandung. Sie konnte Kunst auch genießen, aber bei ihr war es... anders. Leiser. Ganz sicher nicht so, dass sie sich darin verlieren könnte, schon allein weil sie das ja eigentlich immer vermied – sich zu verlieren.


    „Oh“, lachte sie auf. „Großartig, dann haben wir wenigstens zur Abwechslung mal etwas Zeit miteinander. Das letzte Mal ist viel zu lange her.“ Platz gab es ja – auch wenn ihr Landgut deutlich kleiner war als das benachbarte von Meridius, hatte es dennoch Platz, um bequem zumindest ein paar Gäste unterbringen zu können. Und selbst wenn nicht: im Zweifel gab es ja immer noch das Nachbargut, das den Decimern gehörte, und um das Seiana sich zur Zeit sowieso kümmerte, wo sie ohnehin hier war. „Bring ihn mit nächstes Mal“, sagte sie schlicht, als Faustus dann von Borkan sprach, oder eher: schwärmte. Dass er von seinen Liebhabern in diesem Tonfall sprach, kannte sie schon, das tat er immer... neu war, dass er ihn ihr vorstellen wollte. Das hatte er bisher noch nie getan – sah man mal von Flavius Gracchus ab, und das konnte man ganz sicher nicht als Vorstellen zählen –, und auch wenn Seiana wusste, dass es nicht unbedingt daran gelegen hatte, dass Faustus nicht gewollt hätte: sie freute sich dennoch.
    Gleich darauf beschlich sie dann allerdings der eher unangenehmer Gedanke, dass sie umgekehrt noch viel schlimmer war als Faustus. Wenigstens hatte sie es irgendwann fertig gebracht, ihm überhaupt von Seneca zu erzählen, und dafür hatte sie schon lange genug gebraucht. Und sie hatte ein kleines, süßes Mädchen zur Ablenkung gehabt, als sie es getan hatte – eines, das sie selbst zwar verunsicherte, aber eine umwerfende Wirkung auf Faustus hatte. Aber Seneca und ihr Bruder in einem Raum... das wagte sie sich noch nicht mal wirklich vorzustellen. Und dass die zwei sich eigentlich schon kannten, machte es eher noch schlimmer.


    „Ja... klar war mir das auch. Aber...“ Sie presste die Lippen aufeinander. Es war eben ein Unterschied, es zu wissen, oder es am eigenen Leib zu erfahren. Faustus wusste das wohl selbst am besten. Seiana zuckte dann allerdings nur die Achseln. „Egal. Ich werd nicht immer hier draußen auf dem Land bleiben, aber ein bisschen Abstand tut gerade gut.“
    Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als Faustus dann von ihrer Tochter schwärmte – und spürte zugleich wieder dieses nagende Gefühl der Unsicherheit. Sie freute sich über seine Begeisterung, und sie war stolz über das, was er sagte. Natürlich war sie das. Vor allem was die Fortschritte betraf, die die Kleine machte. Einfacher wurde ihr Zwiespalt dadurch nicht unbedingt. „Nein, nicht deswegen...“ Auch wenn sie ganz sicher nicht darauf erpicht war, dass das heraus kam. Ebenso wenig war sie erpicht darauf, jetzt erklären zu müssen, was sie im Grunde selbst nicht wirklich verstand, warum es so schwierig für sie zu sein schien, den richtigen Weg zu finden mit ihrer eigenen Tochter umzugehen – weshalb sie froh war, dass Faustus schon weiter sprach. „Würde ich nie tun. Was für eine Idee?“

  • "Klar kann ich das" Hin und wieder an einer Zeremonie teilhaben. "Auch bei den Festen und Prozessionen. Vielleicht magst du ja mal mitkommen?"
    Ich hatte nur so ein vages Gefühl, dass es als Besucher, auf neue verwurzelt in der äusseren Welt, nicht mehr das selbe sein würde wie zu der Zeit als ich so völlig losgelöst von allem äusseren, wie ein Stück Treibgut, dort im Tempel Halt gefunden hatte. Dass ich die Gegenwart des Ewigen vielleicht nie wieder so würde spüren können.
    Mit gerunzelter Stirn schob ich den Gedanken beiseite. Ich war doch verdammt froh über mein neues Leben. Zum Beispiel darüber, dass Seiana und ich uns, trotz allem, noch immer (oder besser: wieder) so famos miteinander unterhalten konnten. Das war einfach etwas wunderbares. (Und vielleicht war es mir jetzt nach all der Dunkelheit noch ein klein wenig bewußter.) Ich wußte, dass ich Seiana alles sagen konnte, was mir durch den Kopf ging, dass sie die einzige war, die mich ganz sicher nie im Stich lassen oder in die Pfanne hauen würde. Und mit einem gerührten, warmen Gefühl in der Brust sah ich zu ihr rüber und dachte, dass ich auch für sie da sein wollte.
    Meine Enthüllung dass ich mich gerade womöglich für länger bei ihr einquartiert hatte nahm sie mir auch nicht krumm, im Gegenteil ich fühlte mich sehr wilkommen. Bring ihn mit sagte sie, als ich von Borkan sprach, und ich spürte, wie ein breites Lächeln sich auf meine Lippen stahl. Ich strahlte sie an und nickte.


    Schön war es auch, zu sehen, wie der Mutterstolz zum Vorschein kam, als ich von den erstaunlichen Fähigkeiten meiner wundervollen kleinen Nichte sprach. Sonst wirkte meine Schwester ihr gegenüber ja eher... streng? Nein, streng war nicht das richtige Wort. Unsere Mutter war richtig streng gewesen, hatte uns nicht verzärteln wollen. Das war Seiana nicht. Aber ein bisschen... nüchtern... oder reserviert... oder so.
    Wenn es nicht wegen ihres Rufes war, dass sie sich Gedanken machte, warum dann? Ich stutzte, war aber zu eifrig darauf bedacht ihr meine Gedanken zu schildern um da jetzt nachzuhaken.
    "Gut, dann kann ich es ja wagen. Ich habe einfach darüber nachgedacht, wie wir es bewerkstelligen können, dass Silana ganz offen Teil der Familie sein kann, und eine gute Zukunft haben kann. Ohne dass... all diese prüden kleingeistigen Klatschweiber und Tratschburschen... sich darüber die Mäuler zerreissen." Nicht, dass ich nicht ebenfalls hellhörig geworden wäre, wenn eine Dame der höheren Gesellschaft mit einem mal ein uneheliches Kind bei sich gehabt hätte – aber was meine Schwester anging, lagen die Dinge natürlich völlig anders, sie war schließlich eine Decima von Temperament, Stärke und geistiger Brillianz, eine herausragende Persönlichkeit, eine Ritterin des Reiches, und hatte jedes Recht sich einen Liebhaber zu nehmen wenn ihr danach war. Basta.
    "Und da habe ich drei Möglichkeiten gesehen. Sicher hast du vieles davon auch schon bedacht, aber ich sag dir einfach mal wie mir das erscheint. Zum einen – du könntest... diesen Iunier still und leise heiraten und die Hochzeit zurückdatieren, sagen dass ihr euch damals nur heimlich vermählt habt, der politischen Wirren wegen. Ich glaube allerdings kaum, dass... dieser Iunier einen passablen Ehemann für dich abgäbe, denn..." Ruhig Blut, Faustus. Ich verbiss mir gerade noch rechtzeitig die keineswegs schmeichelhafte Einschätzung, die ich ihr gerne ausführlich vorgetragen hätte. Wir hatten uns schon zu oft über ihre Heiratskandidaten in die Haare bekommen. (Wenn ich nur an diesen drolligen aelischen Postboten damals dachte...) Ich mußte mir eben eingestehen, dass ihr Geschmack sehr anders war als der meine. (Ausser bei dem Quintilier. Der war so was von heiß gewesen.)
    "...naja. Ich kenne ihn nicht persönlich, nur dienstlich. Aber einen gewissen Eindruck habe ich durchaus von ihm gewonnen. Und er hat wohl kaum dein Format – mehr will ich gar nicht dazu sagen." deutete ich mit vielsagener Miene an... und winkte ab.
    "Die zweite Möglichkeit wäre, Silana eine verstorbene Verwandte als Mutter anzudichten und sie zu adoptieren. Ich könnte mir aber vorstellen, dass das zu offensichtlich wäre. Es müsste zumindest sehr umsichtig inszeniert werden. - Die dritte Möglichkeit wäre: wir könnten sie als meine Tochter ausgeben, deren Mutter in den Kriegswirren verschollen ist. Es würde wohl niemand seltsam finden, wenn du dich deiner 'Nichte' annimmst. - Ich weiß dass keiner der Vorschläge perfekt ist, aber... Ich meine ja nur. Es wäre eine Option."

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  • Seiana nickte und lächelte ihrem Bruder leicht zu, während sie in gemächlichem Tempo weiter ritten. Seit sie hier angekommen war, hatte sie das Landgut nicht mehr wirklich verlassen... und sie war sich insgeheim nicht ganz so sicher, ob sie dafür schon bereit war. Andererseits wäre es ein Besuch in einem Tempel, an einem Ort, an dem Faustus selbst Halt gefunden hatte in einer schwierigen Zeit. Und ein Ausflug würde ihr vielleicht auch ganz gut tun.
    Sie war ganz froh darum, dass ihr Bruder sowohl was Rom anging und warum es sie nicht zurückzog als auch den Umgang mit ihrer Tochter nicht weiter nach verfolgte. Manches davon konnte sie ja nicht mal vor sich selbst wirklich in Worte fassen, konnte es sich selbst nicht so recht erklären. Da hörte sie sich wesentlich lieber an, was er für eine Idee hatte – und wie sich herausstellte hatte er gleich mehrere. Seiana sah zunächst nach vorne, als Faustus von dem Tratsch anfing, und kaum merklich verstärkte sich ihr Griff um die Zügel, die bisher recht locker in ihrer Hand gelegen hatten. Sie hätte nicht einmal reiten dürfen, wenn es nach den gesellschaftlichen Ansprüchen ging, sie wusste das, und sie wusste auch, dass zumindest Faustus nichts, aber auch gar nichts Übles über sie dachte. Aber Seneca und er waren da wohl die Einzigen. Jeder andere, der davon erfuhr, würde sich das Maul verreißen, und das gar nicht mal zu Unrecht, wie eine leise Stimme in ihr wisperte. Auch das wusste sie, hatte es immer schon gewusst... sie hatte nur trotzdem Seneca nicht aufgeben können. Bis heute nicht.


    Für einen Moment schwankte sie, Faustus zu unterbrechen und das Thema doch abzuwürgen. Ihr war nicht danach, jetzt über ihre Fehler zu sinnieren, darüber was sie alles falsch gemacht hatte, aber sie blieb dann doch stumm. Silanas Zukunft war wichtig, darüber hatte sie ja selbst schon ausgiebig nachgegrübelt, und wenn Faustus sich schon Gedanken dazu gemacht hatte, wollte sie sie auch hören. Was sie dann auch tat, auch wenn es ihr zwischendrin noch mal schwerfiel ihrem Bruder nicht ins Wort zu fallen. Ihr gefiel nicht, was er über Seneca andeutete, weil er schlicht Unrecht hatte damit, und weil sie sich gewünscht hätte, dass er Seneca einfach akzeptierte. Aber sie sagte auch dazu nichts, sondern schwieg einfach weiter, bis Faustus geendet hatte. „Ich hatte mir die zweite Möglichkeit überlegt. Silana ist klein, Zeit wäre genug um das umsichtig aufzuziehen. Deine anderen Optionen klingen aber auch gut“, erwiderte sie schließlich. Nachdenklich starrte sie nach vorne, in die Ferne. Vor allem die erste Option klang verlockend. Und die dritte... ja, es wäre eine sehr gute Erklärung, warum sie sich der Kleinen annahm. Nur... „Wenn wir sie als deine Tochter ausgeben, wäre sie dann nicht auch unehelich? Oder würdest dann du behaupten, du hättest in den Kriegswirren oder kurz davor im kleinen Kreis geheiratet?“
    Seiana atmete tief ein und kam dann zum eigentlichen Problem. Oder was hieß Problem? Vielleicht war es auch gar keines, aber sie hatte trotzdem etwas Angst davor: mit Seneca darüber zu reden. Sie hatten schon längere Zeit nur wenig Kontakt, und wenn dann nur mit Briefen, in denen sie selten etwas von Belang aufbrachten. Und Seiana hatte keine Ahnung, wie Seneca reagieren würde, oder was er wirklich wollte. Ein Problem hier und jetzt könnte es allerdings auch werden, wenn sie bedachte wie Faustus gerade eben noch über Seneca gesprochen hatte. „Ich muss mit Seneca darüber reden. Er ist ihr Vater, er hat ein Recht darauf zumindest involviert zu werden.“ Sie löste ihren Blick aus der Ferne und sah zu Faustus hinüber, lächelte ihn an. „Danke dass du dir so viele Gedanken gemacht hast. Es... naja. Es ist schön zu wissen, damit nicht allein zu sein.“

  • Ruhig hörte meine Schwester sich das alles an. Dass es in ihr drin ganz anders aussah konnte ich mir denken, doch ihre Selbstbeherrschung war immer wieder beneidenswert.
    Möglichkeit Nummer zwei war wohl das naheliegendste... nur widerstrebte mir die schnöde Vorstellung, meine fantastische kleine Nichte als entfernte Verwandte zu deklarieren.
    "Ähm... Ja, das könnte ich behaupten. Aber selbst wenn wir auf diese Ausschmückung verzichten, die Hauptsache ist dass sie, wenn wir sagen dass ich 'damals' das Kind als meines akzeptiert habe, doch ganz normal als Decima gilt. Es hätte nichts skandalöses, während... ähm...naja."
    Es wurde eben mit zweierlei Maß gemessen – was ja auch ganz normal war. Nur dass dieses Maß jetzt wie ein Damoklesschwert über dem Ruf meiner Schwester (und ein Stück weit auch über dem Ruf unserer Familie) schwebte.
    "Du bist die Mutter. Silana ist eine Decima. Es ist allein deine Entscheidung. Ein Mann, der nicht hier ist, der seine Verantwortung nicht wahrnimmt, der nicht den Schneid hatte, dich auf der Stelle vom Fleck weg zu heiraten, der... hat jedes Recht dir irgendwie reinzureden verwirkt!" sprach ich bitter und eindringlich.
    "Weißt du, ich habe früher auch einmal große Stücke auf Iunius Seneca gehalten. Anders als du natürlich, ich schätzte ihn für sein Ermittlertalent, seine Tatkraft und... seine Loyalität. Er war ein verdammt guter Prätorianer. Ich habe ihn gefördert, ihm die Gelegenheit gegeben sich auszuzeichnen und ihm schließlich das ermöglicht wonach jeder Soldat sich die Finger leckt: den Aufstieg zum Centurio. Und was tut er? Unterhält heimlich ein Verhältnis zu meiner Schwester! Ein Verhältnis, das dir gesellschaftlich das Rückgrat brechen kann. Und – ja, ich weiß du willst das nicht hören Seiana, aber lass mich einmal Klartext reden, danach bin ich still, versprochen! – was die Loyalität des Centurio Iunius Seneca zu mir, seinem Kommandanten und Förderer angeht: sie verflog spurlos in dem Augenblick als es schwierig wurde. Er lief sofort über. Und nach meinem Fall machte er keinen Finger krumm. Nichts, gar nichts. Keine Spur von Beistand, oder Hilfe, nicht mal Anstalten irgendeiner winzigkleinen Geste. Nicht während meiner erbärmlichen Kerkerhaft. Nicht danach. Nie wieder habe ich auch nur ein einziges Wort von ihm gehört."
    Und da war er beileibe nicht der einzige. Zentnerschwer, wie eine erstickende Last, so grau wie der Nebel der uns umwallte, lag die Enttäuschung über den massenhaften feigen Verrat den ich erlebt hatte auf meinen Schultern, meiner Kehle, meiner Stimme. Ich starrte auf den Hals meiner Stute, ihre strähnige Mähne, die Ohren, die bei jedem Schritt auf und ab gingen.
    "Menschen zeigen ihr wahres Gesicht immer erst dann wenn es hart auf hart kommt. Der Iunier hat keinen Schneid, Seiana. Halte ihn dir als Liebhaber, wenn er dir Freude macht, aber erwarte nichts von ihm, lass ihn nicht über Silana entscheiden, baue nicht auf ihn, du baust auf Sand. Sei mir nicht böse, Schwester dass ich dir das jetzt so sage, so, ähm, unverblümt. - Aber ja, ich mache mir Gedanken, und ich will das beste für dich und die Kleine. Ich stehe zu dir, das ist doch klar, so wie du immer zu mir gestanden hast, und Livianus, wenn du dich entscheidest ihn einzuweihen, wird ganz gewiss auch zu dir stehen. Am Ende ist es doch die Familie... und allein die Familie... auf die man sich immer verlassen kann."




  • „Ich weiß“, erwiderte Seiana leise, als Faustus seinen Satz nicht beendete. Natürlich wusste sie es. Ein unehelich geborenes Kind hatte es nie einfach, aber ein Mann es mit nach Hause brachte und beschloss es anzuerkennen, würde das keinen Skandal auslösen. Anders als bei einer Frau. Deswegen hatte sie sich ja so viel Mühe gegeben, hatte alles danach ausgerichtet, dass nur ja nichts bekannt wurde. Sie hatte lange Zeit sogar mit dem Gedanken gespielt, Silana ganz fortzuschicken, auf irgendein entferntes Landgut in irgendeiner entfernten Provinz, mit der sie kaum in Verbindung gebracht werden konnte, außer gelegentlichen Briefen und Berichten. Was sie daran letztlich gehindert hatte, war ein Gespräch mit Seneca gewesen.
    Als Faustus dann weiter sprach und dabei recht heftig wurde, warf Seiana ihm einen halb überraschten, halb schockierten Blick zu, und sie begann die Stirn zu runzeln. „So war das nicht“, erwiderte sie. „Er hätte mich geheiratet. Ich war die, für das nie in Frage kam.“ Jetzt schlich sich etwas Bitterkeit in ihre Stimme. „Weil er 'nur' Centurio war. Weil ich es für wichtiger hielt, was die Leute denken könnten, und für einfacher machbar, einfach rechtzeitig unterzutauchen, damit niemand etwas mitbekommt.“ Sie presste die Lippen aufeinander. Sie wollte eigentlich nicht wirklich hören, was sie davon ihrem Bruder zu hören bekam über Seneca. Es gab keinen, der ihr näher stand als diese beiden Männer, und sie wollte sich nicht anhören, wie der ausgerechnet einer von diesen beiden den anderen schlecht machte. „Du hast recht“, erwiderte sie kurz angebunden. „Ich will das nicht hören.“
    Eine ganze Weile verging danach in Schweigen... und Seiana bereute halb, dass sie Faustus so abgefertigt hatte, seine Bedenken nicht ernst nahm. Aber wie sollte sie das? Was er über Seneca dachte, war falsch. Faustus mochte enttäuscht sein von seinem Verhalten bei Ende des Bürgerkriegs, davon dass er sich ergeben hatte, aber sie fand es ungerechtfertigt, deswegen einen solchen Groll zu entwickeln. Sie beschlich eher das Gefühl, dass Faustus bei jedem Mann, der ihr irgendwie nahe stand, einen Grund fand, ihn nicht zu mögen, egal was es war. Zumindest hatte es inzwischen genug Männer gegeben, dass sich da ein Muster zu zeigen begann. Aber sie sagte nichts davon laut. Was sie stattdessen nach einer Weile des Schweigens sagte, war: „Ich will mich nicht mit dir streiten.“ Das wollte sie wirklich nicht, schon gar nicht jetzt, wo sie sich nach längerem erst wieder sahen, und wo er für einige Zeit bleiben würde. Davon abgesehen hatte sie immer noch das Gefühl, dafür gar nicht so wirklich die Kraft zu haben. „Können wir das Thema einfach lassen? Bitte... noch hat das alles ja sowieso Zeit.“ Und Faustus tat ihr den Gefallen – für den restlichen Ritt und auch die Tage, die er bei ihr blieb, schnitten sie dieses Thema nicht mehr an.

  • Obwohl die Hochzeitsfeier verhältnismäßig früh zu Ende ging und Camelia nicht zu viel gegessen und getrunken hatte, sank sie nur in einen kurzen jedoch sehr tiefen Schlaf. Ob es die Stille war oder ob es von den Vögeln ausging, die schon bei Anbruch des Tages vor ihrem offenen Fenster jubilierten sei dahingestellt. Die junge Decima erwachte im Morgengrauen und fühlte sich ausgeruhter, als sie es die Wochen vorher in Rom jemals war.
    Wahrscheinlich aber auch durch die Gewissheit heute unbedingt so zeitig als möglich auszureiten. Heimlich natürlich, einfach ungezügelt, ohne Sattel und vor allem mit offenem Haar und bloßen Füssen. Fast hätte sie laut aufgelacht, konnte sich gerade noch beherrschen nicht wissend ob sie dann nicht doch gehört werden würde und ihr Vorhaben zum Scheitern verurteilt sei. Schnell wurde der noch vorhandene Rest vom Haarknoten gelöst und die langen dunkelbraunen Haare wie eine Mähne durchgeschüttelt. Ein seltener Anblick, trug sie doch meist für ihr Alter eine recht streng wirkende Frisur. Um so mädchenhafter wirkte jetzt ihre Erscheinung und mit der kurzen Tunika ihre Figur fast knabenhaft. Nur die angedeutet fraulichen Rundungen verrieten ihr Geschlecht, bedingt verborgen unter dem dünnen Linnen.


    Unbeschuht und in das etwas zu kurz geratene Gewand gekleidet, hüllte sich Camelia in ihren Mantel und stülpte sich die Kapuze über.
    Leise und auf Zehenspitzen huschte die so getarnte Gestalt über das Grundstück und strebte, die letzten Meter rennend, den Stallungen entgegen und verschwand hinein.



    Natürlich blieb es von den Pferden nicht unbemerkt und so leise sie sich auch in dem spärlich beleuchteten Gang vorwärts tastete, das Schnauben und Scharren nahm stetig zu. Nicht wissend, wer nebenan im Stroh nächtigen würde und ob überhaupt … sprach sie beruhigend auf die nervös wirkenden Tiere ein. Camelia wusste, allein der Klang ihrer Stimme und der Tonus der Worte waren wichtig, nicht was sie von sich gab. Oft genug konnte sie sich davon überzeugen, wie es wirkte und genau daran erinnerte sie sich gerade und begann leise zu Summen. Damit wollte sie gleichzeitig die Auswahl vorantreiben, um sich nicht zu lange aufhalten zu müssen. Immerhin konnte ihr Unterfangen ganz schnell scheitern, würde sie entdeckt werden.


    Einige Boxen waren unbelegt und wurden schnell passiert. Andere waren mit stattlichen Rappen belegt, deren Faszination ihre Aufmerksamkeit fesselten. Ihr schwarzes Fell glänzte trotz der schummrigen Beleuchtung und ließen erahnen welches Feuer in ihren sehnigen Körpern brannte beim wilden Galopp durch die Albaner Berge.
    Auch wenn die junge Decima eine gute Reiterin war, hielt sich ihr Leichtsinn in Grenzen. So gerne sie auf solch einem Heißsporn auch reiten würde, so sehr mäßigte sie sich in ihren Wünschen und ging weiter summend auf die Suche nach dem geeigneten Pferd. Bist du goldig! Und so glänzte auch sein Fell … goldfarben von einer Stallfunzel beschienen. Ein sehr sehnig wirkendes Tier mit erhobenem Kopf und großen dunklen neugierigen Augen. Camelia war verzückt und drückte sich an die Holzbohlen der Box. Meinst du wir beide verstehen uns? Startete sie ihren geflüsterten Monolog und näherte sich langsam an. Zuerst glitt die Hand sacht über den Rücken. Dabei war das nervöse Zucken unter dem Fell deutlich zu spüren. Ganz ruhig! Unbeirrt wanderten die Finger weiter über die Brust und den Hals, schließlich zum Beschnuppern vor die Nase. So ist es gut! Wurde das leichte Blähen der Nüstern kommentiert und endlich folgte ein entspanntes Lächeln auf den Lippen der Dunkelhaarigen.


    Das Stallhalfter war nur lose in einem eisernen Ring vertaut und konnte problemlos zügig gelöst werden. Mit leichtem Druck gegen die Stirn des Pferdes dränge Camelia es langsam in den Rückwärtsgang, darauf bedacht es nicht zu scheuen und ihm langsam folgend bis beide den Gang erreicht hatten. Ein kurzes Tätscheln und lobendes Schnalzen folgte bevor der Weg zum Ausgang eingeschlagen wurde.


    Endlich im Freien und ein paar tiefe Atemzüge später wurde der Pferderücken schwungvoll erklommen und noch bevor die Fersen den Druck in den Flanken verstärken konnten, preschte der goldfarbene Hengst auch schon mit seiner Reiterin davon.

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