Der Kaiser Appius Cornelius Palma war im Atrium der Domus Augustana aufgebahrt worden. Er war gewaschen, fein frisiert und mit duftendem Öl gesalbt worden, ehe man ihn in seine herrschaftlichste Toga gekleidet hatte. Selbst im Liegen war der Faltenwurf jetzt perfekt.
Der Duft von schwerem Weihrauch hing in der Luft, denn immer zu den rituell vorgegebenen Zeiten wurde hier direkt an seinem Leichnam auch seinem Genius mit einem kleinen Weihrauchopfer gedacht. Außerdem hielt es jegliche Art von Ungeziefer und natürlich auch böse Geister davon ab, diesen Raum hier zu betreten. Am Rande saßen zwei Sklavinnen, eine mit einer Trommel bewaffnet, die einen langsamen, dumpfen Takt schlug, während die andere dazu leise eine Totenklage sang. Beide hatten sie dunkle Gewänder an, zerzauste Haare, rotgeweinte Augen und rot gekratzte Wangen, ganz, wie Sentia Laevina dies angeordnet hatte. In regelmäßigen Abständen wechselten die Sklavinnen natürlich, aber das Bild blieb stets dasselbe.
Sentia selbst war ebenfalls dunkel gekleidet. Ihr offenes Haar fiel etwas schütter und offen über ihre Schultern. Barfuß stand sie auf Brusthöhe ihres Mannes, die Hände in römischer Gebetshaltung mit den Handflächen nach oben. Doch während ihre Sklavinnen die laute, emotionale Klage für den Ritus übernahmen, war sie die würdevolle, tränenlose Matrone, die den Tod des Gatten in Ehrerbietung ihm gegenüber ertrug. Wenngleich auch ihrem Gesicht die Anstrengung anzusehen war, und natürlich das Leid. Ohne den Schmuck, die Schminke und die fein frisierte Perücke konnte man ihr so in dieser Haltung ihr Alter auch ansehen.
Sie hatte bereits die Gesandten empfangen, die am gestrigen Tage den Termin mit ihrem Mann gehabt hätten, und ihre Beileidsbekundungen entgegengenommen. Nun wartete sie auch auf die Senatoren, Magistrate, Amtsinhaber und natürlich die Klienten ihres Mannes, auf dass sie dasselbe tun würden und dem Toten die Ehre erwiesen.