Der Brückenkopf und das Castellum Mattiacorum kamen in Sicht. Alpina erkannte den Germanicusbogen. Im Nordosten davon breitete sich der Vicus aus. Alpina orientierte sich. Sie durchquerte den Vicus bis sie zum Beginn der Straße kam, die das Castellum Mattiacorum mit den Kastellen an den Limites verband. Hier würde ihre Reise beginnen.
Linker Hand lag ein Rasthaus mit einer Wechselstation für den Cursus Publicus. Alpina betrat das Gebäude. Laut und fröhlich ging es in der Schankstube zu. Sie ließ den Blick schweifen. Die Gäste waren Handwerker und Händler, hauptsächlich Männer aber auch ein paar einheimische Frauen. Alpina nahm ihre Rückentrage von den Schultern und stellte sich an den Tresen. Es dauerte nicht lang, dann kam der Wirt und musterte sie neugierig.
"Was willst du haben?", fragte er.
"Hast du eine Kammer für mich für heute Nacht?", fragte sie.
Er grinste anzüglich. "Für dich allein? Denn falls du nachher noch jemanden mitnehmen willst, wird es teurer!"
Alpinas Augen verengten sich zu Schlitzen. Wofür hielt er sie?
"Nein, die Kammer ist für mich alleine und ich lege Wert darauf einen Riegel vorlegen zu können. Kannst du mir so eine Kammer geben?"
Der Wirt nickte und nannte seinen Preis. Alpina holte einige Münzen aus einer Tasche in ihrem Gewand hervor und legte sie auf den Tresen.
"Bekomme ich dafür auch noch einen Becher mit gewärmtem Würzwein und ein wenig Brot?", fragte sie.
Der Mann nahm das Geld an sich. "Kannst du haben."
Er holte Wein und Brot, dann zeigte er ihr die Kammer. Sie war winzig, muffig und düster. Doch das Bettzeug sah halbwegs sauber aus. Alpina nickte. Als der Wirt gegangen war stellte sie ihre Rückentrage ab und schob den Riegel vor die Tür. Sie ließ sich auf der Bettkannte nieder. Schon jetzt vermisste sie die Casa Atia.
Als es dunkel wurde starrte Alpina noch immer in die Enge des Raumes. Die Bilder der vergangenen Tage kamen hoch und marterten sie. Der Wein wärmte nur kurz, selbst der warme Fellumhang spendete nur unzureichend Wärme. Gegen Mitternacht vermischten sich die Bilder der letzten Ereignisse mit den Fratzen der Larvae und dem wimmernden Weinen eines Kindes.