Hortus | Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens.

  • "...Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens..."
    [SIZE=7]Euripides (480 - 407 v. Chr.)[/SIZE]


    Tage war es nun her, vielleicht auch Wochen, seit Scato das letzte Mal die Villa verlassen hatte. Nur den Haussklaven war es zu verdanken dass er überhaupt wie ein Römer aussah, gezwungenermaßen wurde er rasiert und seine Haare wurden in aller Regelmäßigkeit geschnitten, und dennoch war sein Anblick in diesen Tagen ein anderer gewesen.
    In Gedanken saß er auf einem Sessel und blickte auf den Garten hinaus, ein kleiner Tisch und ein weiterer Sessel ergänzten diese kleine Ecke im weitläufigen Grün, und Scato hatte seinen besten Freund prominent auf dem Tisch platziert: Eine Kanne feinsten Weines.
    Wein war sein steter Begleiter geworden in der letzten Zeit, warum auch nicht? Seine Wirkung betäubte die Wut die er auf seinen Onkel hatte, lähmte die Gefühle die er für Prisca hatte, und erstickte die Hoffnung dass die beiden eine Zukunft hätten haben können im Keim.
    Scato hatte viele seiner Ziele verfehlt, und die Scham über seinen sehr schleppenden Start in der Politik machte es nicht besser.. Wein, ja, der Wein befragte ihn nicht kritisch wenn er im Senat vorsprach, sowie dieser Duccier, der Wein verletzte ihn auch nicht sobald er sich einmal öffnete, und der Wein stellte keine Erwartungen.
    Es war wohl das Los der Intelligenz sich solch einen Druck zu machen, solche Erwartungen an sich selbst zu stellen, und diese auch verfehlen zu können.. Ob ein dummer Tagelöhner wohl sein Ich-reflektierte? Nicht dass es Scato wirklich interessierte, aber er tippte mal auf ein nein.


    Und so saß er dort, im Hortus, mit seinem Wein. Unwissend dass ein guter Bekannter ähnliche Probleme durchlitt, natürlich im kleineren Rahmen, weniger bedeutend, aber immerhin beschäftigte es ihn irgendwie, was Scato doch überraschte..


    Sim-Off:

    reserviert :)

  • Es wäre ratsam gewesen, sich auszuruhen. Der sich zu Ende neigende Tag war lang und hart gewesen und der morgige würde um keinen Deut besser werden. Doch ich fürchtete den Schlaf. Wenn er kam, sich leise anschlich und dann den Träumen Nährboden gab, um zu wachsen, fand ich mich immer an dem gleichen schrecklichen Ort wieder. Dort wo alles geendet hatte. Nacht für Nacht durchlitt ich denselben Traum. Die immer wiederkehrende Abfolge von Bildern. Bilder, die sich tief in mein Gedächtnis gebrannt hatten und die ich wohl nie wieder los werden würde. Anfangs hatte ich es mit Wein versucht. Mit viel Wein, um mich zu betäuben. Doch schon bald musste ich feststellen, dass dies auch keine Lösung meiner Probleme war.
    Meine äußeren Wunden waren inzwischen alle verheilt , nur die in meinem Innern wollte nicht heilen. Eigentlich hatte ich keinen Sinn mehr in meinem Dasein gesehen. Es gab nichts mehr, wofür es sich lohnte, zu leben. Tagtäglich zu kämpfen, um die Aussicht, eines Tages wieder frei sein zu können. Nein, mein Schicksal war besiegelt, so glaubte ich fest. Nichts würde sich jemals wieder zum Guten wenden.


    Was also tun, um den Schlaf noch ein wenig hinauszuzögern? Von je her war ich ein Kind der Natur gewesen, das nur ungern in seinen vier Wänden eingesperrt blieb. Immer schon hatte es mich hinaus gezogen, zu den Wäldern meiner Heimat und dem Fluss, dessen Wasser durch das Moor ganz bräunlich gefärbt war. Das hatte ich am meisten vermisst. Doch das Geschehene wog schwerer als das Verlorene. Darum sah ich in dem Garten der Flavier einen kleinen Ersatz für jenes was in unerreichbare Ferne gerückt war.


    Meistens nach Sonnenuntergang schlich ich mich hinaus und genoss die Ruhe und die Einsamkeit. Dann schritt ich zwischen den Bäumen umher und atmete tief ein und aus. Gelegentlich legte ich mich auch ins Gras, um zu den Sternen hinauf zu blicken.
    Zu so später Stunde war ich immer ungestört. Kein Römer verirrte sich hierher. Dachte ich zumindest! An diesem Abend joch wurde ich eines Besseren belehrt.


    Gedankenverloren schlenderte ich umher, nichtsahnend dass nur wenige passus von mir entfernt es sich jemand gemütlich gemacht hatte und den Abend an der frischen Luft ausklingen lassen wollte. Ich streifte weiter an den Zweigen eines Busches vorbei, was zwangsläufig zu einem Rascheln führte. Dann aber hatte sich meine Tunika in einem Dorn jenes Busches verfangen. Da ich nicht riskieren wollte, den Stoff zu zerreißen, ging ich behutsam vor und übersah so die kleine Sitzgruppe, die leicht schräg von mir stand und die zu dieser ungewohnter Stunde besetzt war.

  • Scato hatte gerade seinen 3 Becher halbleer, er war nicht betrunken, doch die wohlige Wärme des Traubengetränks begann sich langsam in seinen Knochen auszubreiten, und seine Gedanken wurden zunehmend philosophischer, was bewies, dass das Studium doch zu etwas Nutze war.
    Plötzlich, er hatte gerade die Hand wieder am Becher, hörte er ein Rascheln ganz nah bei ihm.
    Langsam wandte er sich um, und seine Pupillen fixierten Angus, jenen Sklaven den er einst für vieles zu Rate zog, nie auf diesen hörte, ihm jedoch vertraute. Bis zu diesem einen Tag...
    Anschließend wurde er wieder zu einem lebendigen Möbelstück, ausgepeitscht, das süße Leben eines "Edelsklaven" war passé, und das nicht unverdient.
    Er hätte ihn töten können, einfach so, eine Handbewegung, wie die Kaiser in der Arena.. Doch Scato entschied sich für die Barmherzigkeit, nicht aus eben jener, oder einem ähnlichen albernen Gefühl, sondern weil er sehr viel Zeit und Geld in Angus Ausbildung gesteckt hatte.
    Aber das war eine Weile her, und Scato, der sich momentan so verletzbar wie nie fühlte, sehnte sich nach einem Vertrauen, nicht in der Art wie Lupus der nur ein Speichellecker war, sondern nach jemandem, der auch mal, wenn auch dezent, seine Meinung kundtat. Vielleicht war es der Wein, höchstwahrscheinlich war er das, doch irgendwas veranlasste Scato zu einem ungewöhnlichen Schritt..
    "Angus, komm her.. Komm her.. Setz dich zu mir.", sagte Scato ruhig und ohne ihn anzuschauen, immerhin hatte er noch einen Becher Wein zu trinken.

  • Ich hatte es fast schon. Doch dann verfing sich auch noch der Saum der Tunika. „Verdammt,“ fluchte ich leise und versuchte weiter, mich zu befreien. Dann aber hörte ich plötzlich eine wohl vertraute Stimme, die mich aufschrecken ließ. Offenbar war ich heute Abend nicht allein. Als ich mich dann umschaute, von woher die Stimme stammte, hörte ich nur noch, wie der Stoff riss. Zwar hatte ich mich jetzt mit einem Ruck befreit, doch dafür klaffte nun ein mittelgroßer Riss am unteren Teil meiner Tunika. „Verdammter Mist!“, fluchte ich nun etwas lauter.


    Nun entdeckte ich Scato endlich, in einem Sessel sitzend und fragte mich, was er um diese Zeit noch hier draußen machte. Als ich näher trat, erkannte ich noch die Kanne, die auf dem Tisch stand und den passenden Becher, den er in seiner Hand hielt.


    „Salve Dominus,“ grüßte ich ihn und nahm auf dem freien Sessel Platz. Ein wenig Wehmut mochte wohl dabei in meiner Stimme liegen. Nicht etwa, weil er mich hier ertappt hatte. Vielmehr war es die Tatsache, dass diese Art der vertrauten Zusammenkunft mit ihm selten geworden war. Zweifelsfrei trug ich die Schuld dafür. Ich hatte mir alles, was passiert war, selbst zuzuschreiben.
    Betreten sah ich an mir herab und natürlich war es ausgerechnet der Riss, den nicht nur ich zu sehen bekam. „Ein schöner Abend, nicht wahr, Dominus,“ sagte ich schließlich verlegen, damit ich nicht weiter schweigend dasitzen musste.

  • Scato beobachtete Angus kurz als er sich hinsetzte und bemerkte den Riss in seiner Tunika, nahm sich allerdings vor diesen nicht zu thematisieren..
    "Ja, das kann sein.", entgegnete Scato knapp, schöner Abend, jaja, ganz toll.. "Weißt du Angus, momentan habe ich wenig übrig für die Schönheit der Abende, oder der Blumen..", sagte Scato etwas sarkastisch und hob seinen Becher erneut, "Wein?" fragte der Herr seinen Sklaven, und schenkte ohne auf die Antwort zu warten ein. Immerhin gehörte Angus ihm, und er hatte zu trinken wenn er es verlangte..
    "Ich hab einen Fehler gemacht Angus, ich wusste dass die Zuneigung zu einer Frau nur Unheil und Chaos in mein Leben bringen würde. Und was hab ich davon? Mein Großonkel heiratet sie.. Mein eigener Verwandter aus allen Männern Roms!", platzte es aus ihm heraus noch ehe Angus auch nur eine Chance hatte zu trinken.
    "Warum plagen mich die Götter so? Ich habe immer...", er trank einen Schluck, "...Immer die Tugenden eines Römers bewahrt." echauffierte er sich über das Pantheon und knallte seinen Becher auf den Tisch, "Ich kam hierher mit Visionen und Ehrgeiz nach Rom. Und diese Sache hat mir alles genommen."

  • Mein Versuch, das Schweigen zu brechen war gründlich in die Hose gegangen. Hätte mir jemand etwas von einem „schönen Abend“ erzählt, hätte ich wahrscheinlich ähnlich reagiert. Genauso wenig wie mich die Schönheit des Abends hinaus getrieben hatte, saß er nun hier und versuchte das, was ihn bedrückte, im Wein zu ersäufen. Doch außer einem dicken Kopf am nächsten Morgen würde ihm das nichts bringen.


    Er bot auch mir Wein an. Bevor ich aber ablehnen konnte, schenkte er mir bereits ein. Einen Becher konnte ich ja mittrinken, sagte ich mir und griff nach dem Becher. Ich roch sofort, dass dies kein billiger Fusel war, den ich in meinen schlimmsten Zeiten getrunken hatte. Ein Mann wie Flavius Scato konnte sich einen weitaus besseren Wein leisten, um sich damit zu betrinken.
    Ich wollte gerade ansetzten, um einen Schluck zu nehmen, da brach es heraus aus ihm. All das, was sich die ganze Zeit in ihm angestaut hatte, ließ er nun raus. So manches, von dem was er sagte, kam mir sehr vertraut vor. Es hätte glatt von mir sein können. Ich wünschte, ich hätte die Gelegenheit gehabt, so aus mir herauszugehen. Das hätte es mir vielleicht ein wenig leichter gemacht. So fraß ich alles nur in mich hinein.


    Seine Stimme wurde indes immer lauter. Er redete sich richtig in Rage und ließ dies dann darin gipfeln, indem er seinen Becher auf die Tischplatte knallte.
    „Ja, das muss hart sein,“ entgegnete ich ziemlich unbeteiligt und stellte den Becher erst einmal wieder beiseite. Doch schon kurz darauf hätte ich mich für diesen dummen Spruch selbst ohrfeigen können. „Nein, es ist nicht nur hart… Es ist, als zerspringt einem das Herz! Wenn man hilflos zusehen muss, wie das Liebste, was man im Leben hatte, zerstört wird.“ Jetzt brauchte ich doch einen Schluck, und zwar einen Großen!
    „Doch für dich werden auch wieder bessere Tage anbrechen. Ganz bestimmt!“, meinte ich etwas später und versucht dabei etwas Zuversicht auszustrahlen, was allerdings ziemlich danebenging, weil ich keine besaß.

  • Als Scato Angus so reden hörte, könnte man meinen dass er die Probleme hätte, und nicht Scato! Vielleicht war das auch so, und sicherlich würde Scato einmal nachfragen, vielleicht vermochten es die Probleme eines Anderen seine eigenen ein wenig zu lindern.. Doch er war noch nicht fertig mit seiner Rage, es war so viel Wut in seinem Bauch, und es war erleichternd dies einmal rauszulassen..
    "Und und und dieses Ganze Theater!", brach es erneut aus ihm heraus, "Die Aurelier wollen Spiele für mich ausrichten, und nun kommen Gracchus und Prisca, und nutzen diese Spiele für die Inszenierung ihrer Eheschließung! Es waren meine Spiele! Prisca hätte an meiner Seite sitzen sollen! Warum?! Warum nimmt er mir alles?", sagte Scato während seine Augen wütend den Boden fixierten..
    "Ich laufe in einem Labyrinth aus Sackgassen Angus. Ich kenne den Ausweg nicht.", befasste er, nun etwas melancholisch, während er einen weiteren Schluck nahm, "Am besten ich vergesse das alles..", er hob seinen Becher, "Der Wein hilft.", sagte er und stellte den Becher wieder ab, "Sag mir Angus, was gibt es neues bei dir? Etwas was für Zerstreuung sorg?" fragte er seinen Sklaven, könnte ja sein dass er Scato ablenken könnte.

  • Nein Zuversicht war eindeutig hier fehl am Platz. Denn er ließ sich damit nicht besänftigen. Ganz im Gegenteil! Wenn man ihn so reden hörte, hätte man meinen können, eine zerstörerische Katastrophe sei über ihn hereingebrochen und hätte alles – aber wirklich alles - mit sich gerissen. Dabei bezweifelte ich im Stillen, ob Scato jemals wirklich einen echten Verlust in seinem Leben hatte hinnehmen müssen. Es klang fast, wie das jammernde Schmollen eines Kindes, dem man das liebste Spielzeug genommen hatte.


    „Ja, dieses Gefühl kenne ich auch“, meinte ich leise. Der Wein hilft, ja vielleicht, um den stärksten Schmerzen Herr zu werden, für den Augenblick jedenfalls. Daraufhin nahm ich einen weiteren Schluck.
    Seine Frage aber überraschte mich. Was sollte es denn "Neues" geben, wenn ich das Alte noch nicht überwunden hatte? Angus, der tolle Hecht, der sich an jede Sklavin heran schmiss, den gab es nicht mehr.„Eigentlich gibt es nichts Neues, Dominus.“ entgegnete ich entschuldigend. Das musste für den Flavier mehr als unbefriedigend sein. Doch dann ließ ich mich darauf ein, mir es von der Seele zu reden. Vielleicht ein bisschen nur... um damit ein wenig von der Last abzuschütteln.
    „Es kommt mir so vor, als stecke ich fest. Als trete ich die ganze Zeit auf der Stelle und komme nicht davon los. Ich hatte mich damit abgefunden dass sie tot war und dass ich hier bin... Doch als sie dann wieder vor mir stand, so lebendig, dachte ich, die Götter wollten mir noch einmal eine Chance geben.“ Ich begann den Kopf zu schütteln, denn wenn es eine Chance gegeben hatte, dann hatte ich sie vertan. „Ich hätte sie retten können!“, schluchzte ich und meine Hände begannen sich zu Fäusten zu ballen,

  • "Deine Götter scheinen einen äußerst sadistischen Humor zu haben." befand Scato, als Angus sie ins Spiel brachte, "Sicherlich ist der Verlust tragisch, mehr noch, ich hätte sie ebenfalls aufgenommen wäret ihr in der glücklichen Situation gewesen beide leben aus der Gasse rauszukommen. Es ist eine schreckliche Sache die passiert ist." erklärte Scato in einem ungewöhnlich sentimentalen Moment. Natürlich war er noch immer wütend über das was passiert war, auf der anderen Seite hatte Angus ihn irgendwie gerettet, auch wenn er ohne Angus niemals in diese Situation gekommen wäre, ein verquerer philosophischer Konflikt..
    "Was geschah mit ihrem Körper? Hat sie ein vernünftiges Begräbnis bekommen? Welche Riten haben die Barbaren überhaupt?"

  • Nein, ich gab mir nun nicht auch noch die Blöße, vor ihm zu Jammern oder gar eine Träne zu vergießen! Zum Glück fing ich mich wieder und als auch er die Götter erwähnte, entwich mir ein schmerzliches Lachen. „Ja, das haben sie!“ Darauf musste ich noch einen Schluck trinken. Diesmal leerte ich den Becher restlos und stellte ihn, zwar nicht völlig geräuschlos, doch wesentlich leiser, als es Scato getan hatte, auf dem Tisch ab.
    Seine anteilnehmenden Worte, so ungewöhnlich sie mir auch erschienen, taten im ersten Moment gut, doch sie täuschten nicht darüber hinweg, dass ich die Schuld trug! Wegen mir war Aislin tot, wegen mir hätte man ihn sogar fast getötet. Mal ganz abgesehen davon, dass ich auf ganzer Linie versagt hatte. Ich blickte ins Leere und schwieg erst. Doch dann nahm meine Stimme eine besondere Schärfe an. „Es ist unverzeihlich, was ich getan habe! Ich habe riskiert, dass sie dich töten, nur weil ich meine Rache haben wollte. Ich habe versagt!“ Ich hoffte nicht, nun eine verspätete Absolution zu bekommen. Das hatte ich wirklich nicht verdient. Ich war dazu verdammt, für den Rest meines Lebens damit leben zu müssen.


    Wieder starrte ich ins Nichts, Meine Gedanken kreisten wieder um die Geschehnisse. So oft ich darüber auch nachgrübelte, ich kam zu keinem anderen Ergebnis. Seine Frage jedoch holte mich wieder zurück.
    „Ich hatte sie an jenem Abend mit letzter Kraft hierher gebracht,“ begann ich nach einer Weile tonlos. „Hätten die Götter mich doch nur an diesem Tag streben lassen!“ Hatten sie aber nicht! Selbst das hatten sie mit nicht gegönnt. „Eigentlich hatte ich dich darum bitten wollen, sie bestatten zu dürfen… Scuirus hat sie „entsorgt“. Einen Tag hatte er mir zugestanden, um die „Sache“ zu regeln... Wahrscheinlich hat er sie in irgendeiner Kloake versenkt…“ Instinktiv griff ich wieder nach dem Becher, doch der war ja leer. Also stellte ich ihn wieder zurück. Wonach hatte er eben gefragt? Nach den Rieten der Barbaren? Also , nach meinen Rieten. „Wir äschern unsere Toten ein und füllen ihre Asche in eine Urne. Die Urne wird dann mit einigen Grabbeilagen beigesetzt,“ erklärte ich ruhig.

  • "Entsorgt sagst du?" hakte Scato nach.. Er wusste dass seine Familie nicht unbedingt zimperlich war wenn es um ihre Sklaven ging, aber dass Scirius einfach so eine Leiche in die Kloake schmeißt, damit hätte er nicht zwingend gerechnet,
    "Ich werde mich nach dem Verbleib ihrer Leiche erkundigen. Vielleicht besteht ja noch eine Hoffnung." Zuckerbrot und Peitsche, wenn auch in einem großen Ausmaß, aber Scato hatte gelernt dass seine "lebenden Möbelstücke" durchaus so oder so arbeiten konnten, und er wollte auch nicht dass sein Leibwächter ihn hasste, was ja durchaus zu Problemen hätte führen können, "Eine Urne mit Beigaben? Unseren Bräuchen gar nicht unähnlich." befand der Flavier und blickte in den Garten hinaus, "Momentan scheinen uns die Götter nicht wohlgesonnen zu sein. Ich muss etwas tun, aber was?", fragte Scato, und rechnete nicht mit einer qualifizierten Antwort. Was wusste Angus schon von den Göttern, der Politik oder seinem Liebesproblem? Wein war vorerst die Antwort! Scato gönnte sich noch einen Schluck..

  • „Ja, entsorgt.“ Wenn es nach dem Villicus gegangen wäre, hätte er sie sofort weggeschafft. Doch auch der eine Tag, den er mir zugestanden hatte, war längst vergangen. Und auch wenn Scato nun versuchte, großmütig zu sein und versprach, sich nach dem Verbleib ihrer Leiche zu erkundigen, hatte ich wenig Hoffnung. „Das ist sehr freundlich von dir, Dominus, aber glaube mir, sie ist weg. Zu viel Zeit ist seitdem vergangen. Er hat sie zwangsläufig beseitigen müssen.“ Denn schon kurz nach Eintritt des Todes nahm die Natur eben ihren Lauf und nichts und niemand konnte daran etwas ändern. Mir hätte es viel bedeutet, wenigstens ihre Asche in meiner Nähe zu wissen. Und gerade weil sich unsere Bräuche kaum von den römischen unterschieden, glaubte ich, er könne dies nachvollziehen.
    Ungeachtet dessen, ob es mir überhaupt gestattet war, griff ich nun doch zur Kanne, und goss mir etwas Wein in meinen Becher und trank davon.


    Für einen Moment herrschte nur Stille. Lediglich der Wind ließ die Blätter der Bäume und Sträucher des Gartens leise rascheln. Auch mein Blick verlor sich im Garten. Zumindest solange, bis er mich wieder zurückholte. „Die Götter sind mir schon lange nicht mehr wohlgesonnen,“ entgegnete ich mutlos und ich erwartete eigentlich nicht, dass er von mir erwartete, ich könne ihm nun auch einen guten Rat geben, der all seine Probleme in Luft auflöste.
    „Vergiss sie einfach! Wenn sie nicht um dich gekämpft hat, dann war sie es auch nicht wert. Natürlich ist es schwer, das zu akzeptieren. Aber du wirst über sie hinwegkommen… irgendwann.“ Noch einmal trank ich und es schien, als lockere sich meine Zunge dadurch zunehmend. „Lenk dich mit etwas ab! Du hast doch alle Möglichkeiten dazu.“

  • "Bedien dich Angus." kommentierte Scato den Griff zur Kanne knapp. Es konnte ihm egal sein, er hatte Amphorenweise Wein, und trank ihn zur Zeit wie Wasser, da käme es auf den ein oder anderen Becher sowieso nicht an, die Vorzüge des Wohlstands eben.
    "Ich bedauere deinen Verlust. Du solltest deinen Göttern etwas opfern, damit sie ihr wohlgesonnen sind." befand er, mehr konnte Angus schließlich nicht tun in dieser Situation, und Scato ging selbstverständlich davon aus dass es bei den Barbaren einen ähnlichen Totenkult wie bei den Römern gab.
    Als das Gespräch wieder auf Prisca kam, wusste Scato nicht so recht wie er reagieren sollte, sicher, gekämpft hatte sie nicht, sondern ihn vor vollendete Tatsachen gestellt, auf der anderen Seite war das der Gang der Dinge in Rom, auch wenn Scato dies sonst normal gefunden hätte, hasste er es in diesem speziellen Fall.
    "Vergessen?" hakte er nach, "Weißt du Angus, das Problem ist doch dass diese Frau Gefühle geweckt hat. Ich verabscheue Gefühle, sie machen verwundbar, schwach, und lähmen deinen Geist." ließ sich Scato aus und trank einen Schluck, "Und doch machte es mir nichts aus bei ihr. Sag mir, wie soll ich diese Frau vergessen wenn sie jeden Tag bei der Cena zu Tisch sitzt?" ergänzte er und knallte seinen Becher auf den Tisch, während sein mittlerweile etwas glasiger Blick wieder die Ferne sucht, "Ablenkung ja. Ich brauche etwas frisches, etwas neues. Du magst es kaum glauben, aber wenn man alles haben kann, fängt es an dich zu langweilen."

  • Etwas opfern? Ich runzelte die Stirn. Was sollte ich denn opfern? Nein, eigentlich war ich schon davon überzeugt, dass Aislin, ganz gleich wo sie gerade war, mit allem versorgt war, was sie brauchte. Das war ganz sicher nicht das Problem. Und zweifellos hatte sie einen guten Tod gehabt. Viel besser, als an einer quälenden Krankheit zugrundezugehen. Womöglich auch noch zu Hause im eigenen Bett.


    „Dann verstehst du auch, in welcher Zwickmühle ich mich befand? Dass ich so handeln musste, wie handelte?“ Mit einiger Verwunderung sah ich zu Scato auf, nachdem er mir versichert hatte, er würde meinen Verlust bedauern. Und das obwohl ich meine Interessen über seine gestellt hatte? „Wenn ich Cedrec und seine Männer nicht getötet hätte, dann wäre ihr Tod nicht gesühnt gewesen und sie wäre umsonst gestorben. Ich hatte also gar keine andere Wahl!“ Mal ganz abgesehen davon, dass er ein ganzes Dorf auf dem Gewissen hatte.
    „Der einzige Trost, der mir bleibt, ist die Gewissheit wieder mit ihr vereint zu sein, wenn meine Zeit gekommen ist.“ Nein, den Tod fürchtete ich ganz sicher nicht. Ganz gleich, wie er mich eines Tages heimsuchen würde. Darauf musste ich trinken!


    Aber auch Scato schien diese „Frauensache“ weitaus schlimmer mitzunehmen, als ich zunächst gedacht hatte. Und nun, da er deutlicher wurde, konnte ich das auch gut nachvollziehen. Denn wenn man ständig genau das vor der Nase sitzen hatte, was man selbst einmal begehrt hatte, war das wohl die schlimmste Folter. Aber was hätte ich sagen sollen? Ich hatte meine Freiheit verloren und keiner hatte danach gefragt, ob ich mich damit auch arrangieren könnte. Und Morrigan? Mit ihr hätte ich mir einen Neuanfang vorstellen können. Ach ja, Morrigan, eine weitere offene Baustelle in meinem Leben!


    „Aber Gefühle machen dich menschlich. Und das bist du doch – ein Mensch!“, wenn auch ein römischer. Aber selbst die sollten ja ein Herz haben. „Aber ich verstehe schon, was dich bedrückt. Und alles, was ich dir sagen könnte, wird nicht helfen, sie schnell zu vergessen. Doch du kennst die Antwort bereits selbst,“ meinte ich geheimnisvoll. Zumindest hatte ich seine Äußerung, etwas „Frisches“ zu brauchen so interpretiert. „Andere Mütter haben auch schöne Töchter,“ fügte ich noch grinsend hinzu und trank den letzten Rest, der sich noch in meinem Becher befand.

  • "Ich bedauere deinen Verlust Angus. Ich hätte mir gewünscht ich wäre nicht in diese Situation geraten. Das sind zwei verschiedene Dinge." erinnerte er ihn kurz, er war immer noch sein Sklave und hatte sich eine massive Verfehlung zu schulden kommen lassen, auch wenn Angus wünschte dass alles so wäre wie vorher..
    "Aber ich habe deine Strafe festgelegt, sie wurde ausgeführt, und nun sollten wir nach vorne blicken." fuhr Scato fort und hickste kurz ob der enormen Menge Weins die er konsumiert hatte..
    "Ich brauche dich Angus. Nicht im Sinne dass ich vermissen würde und große Zuneigung zu dir hege, aber Lupus... Du kennst Lupus.. Er würde niemals so mit mir sprechen. Ich brauche einen Vertrauten der nicht nur nickt.", erklärte Scato und denke dass Angus verstand dass es auch dort Grenzen gab. Dann trank Scato noch einen Schluck.. "Und ich brauche eine Frau. Langsam komme ich in ein Alter in welchem ich eine Frau haben sollte."

  • Nach vorne blicken war einfacher gesagt, als getan. Dennoch klang es aus seinem Mund irgendwie versöhnlich und hoffnungsvoll. Aber mal ehrlich, was sollte die Zukunft denn für mich noch bereit halten? Dass er mich brauchte, war sogar fast schon ein Kompliment, besonders wenn es von ihm kam. Ein Vertrauter sollte ich sein. Einer der noch seinen eigenen Kopf auf den Schultern sitzen hatte und der vor allen Dingen nicht so ein Schleimbolzen wie Lupus war. Darauf musste ich doch glatt noch einen Schluck trinken!


    Ach ja und dann brauchte er noch eine Frau… Wie? Jetzt gleich? „Ja, das Gefühl kenne ich auch!“ , meinte ich spontan. „Eine Frau braucht jeder einmal. Ich kenne da einen wirklich guten sauberen Laden in der Subura, mit netten Mädchen und einer ganz besonders netten…“ Oh Morrigan! Zwischen ihren Schenkeln konnte man leicht die Widrigkeiten des Lebens vergessen. Für einen kurzen Moment hatte ich tatsächlich auch ausblenden können, was dort erst kürzlich vorgefallen war. „Ja, stell dir vor, als ich sie zum ersten Mal sah, dachte ich ja, das ist sie! Die Frau für´s Leben! Also nicht Aislin, weil ich ja gedacht hatte, sie sei tot.“ Ich musste nur die Augen schließen und jene Saturnaliennacht vor zwei Jahren war wieder ganz präsent, als wäre es erst gestern gewesen. „Sie war das Schönste und Liebste, das du dir nur vorstellen kannst. Wir hatten sogar Pläne für später… Also wenn ich irgendwann einmal…“ ...frei war.„Und ich Idiot lasse sie einfach gehen! Gerade dann, als sie´s am Nötigsten gehabt hätte, sage ich ihr nur, ich wolle ihr Freund sein!“ Noch immer hätte ich mir in den Hintern beißen, weil ich so blöd gewesen war. „Vielleicht ist es doch keine so gute Idee, dort jetzt hinzugehen,“ meinte ich kurz darauf. Morrigan würde mich im hohen Bogen hinauswerfen, weil ich so ein verdammter Idiot gewesen war.

  • Scato lachte, er lachte, was einem Wunder gleichkam, als Angus von einem Lupanar sprach..
    "Eine Lupa würde hier niemand akzeptieren. In tausend Jahren nicht." scherzte Scato, und merkte dabei nicht wie offensichtlich die beiden aneinander vorbei redeten. "Eine Patrizierin aus gutem Hause. Alles geht viel einfacher wenn man Kontakte hat. Bünde schließt.." befand er leicht säuselnd und murmelte dann weiter, "Deswegen habe ich meine Tante auch an diesen Tiberius vergeben, er wird es weit bringen, und mir später eine große Hilfe sein." erklärte er und ging dann erst auf die besagte Lupa ein von der sein Sklave so schwärmte.. "Du bist ein Dummkopf Angus, du hattest eine Chance bei der Frau, nicht so wie ich. Wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre." sagte er rau und schenkte sich nach, "Du solltest sie besuchen. Ich kauf sie dir einfach, was kostet so eine Lupa heutzutage wohl?... Egal.. Egal.. Wir sind die reichen Flavii.. Reich an Geld, Geld und Einflussss.." lallte er und griff nach seinem Becher, "Arm an vielen anderen Stellen.."

  • Dass ich das noch erleben durfte! Er konnte auch lachen! Eine Fähigkeit, die ich in den fast zwei, drei Jahren, die ich nun schon bei ihm war, noch nie zuvor bei ihm bemerkt hatte. Klar, eine Lupa war dem feinen Herr zu wenig. Aber woher sollte ich um diese Zeit eine verdammte Patrizierin hernehmen?
    Noch während ich darüber nachdachte, ging mir dann aber ein Licht auf. Er brauchte nicht jetzt eine Frau, um sich mit ihr zu vergnügen. Er brauchte eine Frau zum heiraten. Natürlich, darum war es ja schließlich auch ursprünglich gegangen. Der Wein fing bereits an, meine Sinne zu benebeln. Und auch bei ihm zeigten sich erste verbale Aussetzer.
    Eine Patrizierin also musste es sein. Warum eigentlich? Aber ja, die Antwort lieferte er mir sofort. Deshalb hatte er ja auch seine Tante verkuppelt. Schon bald würde die Hochzeit sein. Ja, genau! Die Hochzeit! Gerade als mir die Idee mit der Hochzeit eingefallen war, begann er über Morrigan zu sprechen.


    Ja, richtig. Ich war ein Dummkopf gewesen, dass ich sie einfach so hatte gehen lassen. Nicht mal gekämpft hatte ich um sie! Und nun sagte er mir, dass ich sie besuchen sollte. Was war das nur für eine verquere Welt? Sogar kaufen wollte er sie mir. Eine Vorstellung, die vielleicht auf den ersten Blick reizvoll war aber sich irgendwie auch seltsam anfühlte. „Ich weiß nicht, was so eine Lupa kostet. Aber ich habe für sie noch nie bezahlt,“ Sonst hätte ich mir das auch gar nicht leisten können. Mit dem bisschen Peculium konnte man nun auch keine großen Sprünge machen.


    So ein Mist! Der Becher war schon wieder alle! Aber er hatte ja bereits gesagt, ich könne mich gerne bedienen, was ich dann auch tat.
    „Die Hochzeit, Scato, mein Freund,“ brach es dann aus mir heraus. „Auf der Hochzeit hast du die freie Auswahl! Da wimmelt es bestimmt nur so von Patrizierinnen. Da kannst du dir eine aussuchen!“

  • Scato bekam nur am Rande mit dass Angus noch nie für sie bezahlt hatte. Zuerst dachte er sich nicht viel dabei, doch dann begann es in seinem Kopf zu rattern, und eine Konklusion bahnte sich den Weg über den randvoll mit Wein gefüllten Fluss..
    "Noch nie bezahlt? Du sparst ja eine Menge Geld." befand er zunächst etwas nüchtern, wobei nüchtern wohl der falsche Ausdruck war, "Ich meinte ich kaufe sie dir. Mir als Sklavin, für dich, was solls schon, wir habens ja. Dann musst du nie bezahlen." erklärte er als ob es ihm egal wäre wie viel Morrigan kostete, und wie unkonventionell sein Vorschlag klang. Der Wein überzeugte ihn doch stets vom Gegenteil.
    Dann kam er auf die Hochzeit zu sprechen, und Scato ging ein, wenn auch gedämmtes Licht auf..
    "Ja. Ja.. Die Hochzeit. Das wird meine Chance, wo wenn nicht dort?"

  • „Nein, noch nie, hicks,“, erklärte ich, so gut es noch ging, denn allmählich breitete sich die Wirkung des Alkohols auch auf mein Sprachvermögen aus. „Sie is meine Freundin, weisdu. Da bezahlt man nix für.“ Als er dann aber konkreter wurde und meinte, sie mir „richtig“ kaufen zu wollen, sozusagen als seine Sklavin, damit ich und sie… Also ,ich musste das erst mal kurz sacken lassen, zumal es inzwischen ein bisschen länger dauerte, bis das Gehörte ins Hirn vordringen konnte. Irgendwie fühlte sich das schon komisch an, andererseits war es DIE Chance für uns.
    „Du bis irgendwie schräg! Weisdudas?“ Aber waren sie das nicht alle, die Römer –irgendwie schräg? Nur hätte ich es unter normalen Umständen wohl kaum gewagt, es einem direkt ins Gesicht zu sagen.
    Als ob ich nicht schon genug gehabt hätte, nahm ich mir noch einen Becher voll Wein, obwohl ich schon ahnte, ich würde es noch bereuen. Wenn nicht jetzt, dann spätestens Morgen, wenn mich mein Kater plagte.
    „Na klar! Da schnappst du dir eine und heiratest sie gleich mit!“ Was den Vorteil gehabt hätte, sich den ganzen Aufwasch mit der Planung und Durchführung des Festes zu sparen. Mal ganz abgesehen von den Kosten! Eine wirklich schöne Vorstellung, wenn man mal bedachte, welch riesiger Aufwand dahinter steckte… und überhaupt…
    „Boah scheiße is mir schlecht! Ich glaub, ich muss kotzen!“ Oh nein, wollte ich denn etwa schon die Waffen strecken? Vor einem Römer auch noch?! Und dann in diesem mehr als fragwürdigen Ton! Aber gegen das blümerante Gefühl in der Magengegend war ich einfach machtlos!

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