Die besten Sklaven der Stadt

  • Meinen gestrigen Entschluss, dem Sklavenmarkt einen Besuch abzustatten, setzte ich auch gleich am nächsten Morgen in die Tat um. Leider hatte ich den Maevius nicht davon überzeugen können, in der Villa zurückzubleiben. Natürlich würde er wieder alles in seiner Macht stehende tun, um mir den Tag zu vergraulen. Gleich heute Morgen schon wollte er damit beginnen, als er die abstruse Auffassung vertrat, eine junge Dame aus gutem Hause treibe sich nicht allein auf Sklavenmärkten herum. Seine ständige Besserwisserei trieb mich zuweilen regelrecht in den Wahnsinn. Es war mir wirklich schleierhaft, was Papa an diesem Mann gefunden hatte!
    Glücklicherweise verfügte ich über eine ordentliche Summe Geld, über die ich selbst verfügen konnte. Und ich schwor, bei allem was mir heilig war, Maevius Tullinus würde heute nicht das letzte Wort haben!


    In Begleitung meiner Amme Eleni und der frischgebackenen Leibsklavin Naevia schritt ich zur Tür hinaus. Draußen wartete bereits eine claudische Sänfte auf mich, die ich dann auch sogleich bestieg. Maevius Tullinus hatte meiner Sänfte einen unserer Custodes zur Seite gestellt – einen furchterregenden Germanen, der auf den Namen Gundalf hörte. Er selbst bevorzugte heute den Weg zu Fuß zurückzulegen und ließ sich von Styrax, dem Thraker beschützen.


    Die Vorteile, zu früher Stunde den Sklavenmarkt zu besuchen, lagen auf der Hand. Zumindest glaubte ich das. Morgens war die Ware noch frisch und die Auswahl größer. Und, was am allerwichtigsten war, man bekam nicht den unverkäuflichen Rest, der nach einem langen Tag nicht verkauft worden war. Vielleicht waren die Sklaven dann zwar etwas teurer, doch Geld spielte keine Rolle.
    In der Villa hatte man mir einen Händler empfohlen, der zumeist über ausgezeichnete Ware aus dem gesamten Imperium verfügte. Polycles irgendwas hieß er, so genau hatte ich mir den Namen nicht gemerkt. Die Trägersklaven aber wussten Bescheid. Daher trugen sie mich fast direkt zum Stand des besagten griechischen Sklavenhändlers.
    Als ich meine Sänfte verließ, stolzierte der Maevius bereits herum, um dabei einen Blick auf das Angebot des Händlers zu werfen. Dabei verzog er wie immer keine Miene, was es für Außenstehende besonders schwer machte, ihn richtig einzuschätzen. Um ihm aber zuvorzukommen schickte ich Naevia los:„Sag dem Händler, ich gedenke bei ihm einige Sklaven zu kaufen. Gute Haussklaven, für die unterschiedlichsten Aufgaben, versteht sich.“ Meine frischgebackene Leibsklavin näherte sich dem Griechen und überbrachte ihm meine Botschaft.

  • Onatas trat von einem Bein auf das andere und schaffte es gerade noch so ein herzhaftes Gähnen zu unterdrücken. Sonderbar eigentlich, dass er es trotz aller Anspannung und Nervosität noch schaffte einer gewissen Müdigkeit Raum zu geben. Doch im Grunde war es kein Wunder, denn er hatte in der Nacht kaum ein Auge zu getan und wenn doch, so hatten die Träume in seinem Kopf derartig rumort, dass er sogleich wieder aufgeschreckt war. Die Tatsache, dass er nun zum dritten Mal in seinem Leben einen neuen Besitzer finden sollte machte ihn ruhelos und auch ein wenig gereizt. Wer konnte schon wissen, wo und bei wem man landete? Bisher hatte er immer mehr oder weniger Glück gehabt mit seinen Herren. Zwar mochten sie ein wenig verschroben, eigentümlich und sonderbar gewesen sein, doch im Grunde waren sie alle Menschen gewesen, die ihren Sklaven nichts Schlimmeres angetan hatten, als dann und wann einmal die ein oder andere Tracht Prügel. Im Falle seines letzten Herrn stand selbst das nicht auf dem Plan, denn Batidius Denter war viel zu alt gewesen, um noch seine Hand gegen einen Unfreien zu erheben. Ein Wunder, dass er es noch geschafft hatte, jeden Tag seine Rundgänge zu absolvieren. Nun war es gerade mal vier Tage her, dass er das Zeitliche gesegnet hatte, doch der Tod war gnädig gewesen. Er hatte den alten Herrn im Schlaf übermannt und ihn hoffentlich sanft durch die Pforten der Unterwelt zu getragen.


    Das aber machte es für Onatas nicht besser. Im Gegenteil. Ein wenig träge und insgeheim leidend schaute er sich nun um und fand sich immer noch umgeben von seinen Genossen, welche ebenso wie er am heutigen Tage den Besitzer wechseln sollten. Der Stand des Polycles war ein wenig abseits und verfügte über große Gatter, in welchen die Sklaven auf ihre neuen Herren warten sollten. Immerhin: Polycles war verschrien für seine gute Ware, doch war Onatas selbst weit entfernt davon, sich deshalb geehrt zu fühlen. Also stand er nur da, wobei er die Hand auf eine Sprosse des Gitters gelegt hatte und die Stirn sachte gegen das Eisen legte. Als ob es etwas nützte, hinaus zu starren und hinüber zu diesem verwunschenen Block, der sein Schicksal besiegeln würde. Dabei musste er sich eingestehen, dass sein Herz ein wenig flatterte und seine Knie mehr und mehr an Weichheit zunahmen, je mehr Kaufwillige und Interessierte ihren Weg auf den Markt fanden. Bei jedem der vorbei schritt fragte er sich, ob es wohl derjenige welche wäre. Klammheimlich wünschte er sich gar schon zurück zu Batidius Denter und seinem Mietstall, in welchem er gearbeitet hatte, doch das war ein Ding der Unmöglichkeit.


    Im Grunde genommen war dies eine recht ausweglose Situation, in der er sich befand und alles was es noch gab war der Blick nach vorn. Eben jener zu dem Verkaufsblock hin. Der Syrer seufzte und richtete sich wieder ein wenig auf. Es machte es nicht besser, die Menschen zu beobachten oder gar zu Polycles hinüber zu spähen, der sich sicherlich schon zurecht gelegt hatte, was er über einen jeden seiner Sklaven zu sagen hatte. In seinem Falle würde es wohl so sein, dass er sein Wesen preisen würde, welches zwar stets gehorsam war, jedoch dann und wann nicht von dieser Welt erschien. Eben ein im Wolkenkuckucksheim hängender Schwärmer, der gut anpacken konnte, wenn er sich nicht gerade einmal wieder ungelenk in den nächsten Fettnapf stürzte. Vielleicht würde er auch etwas über sein Aussehen sagen, was immer sonderlich wirkte, da es ja jeder sehen konnte. Onatas war eher ein dunkler Typ, mit einer Haut, die sich schnell in der Sonne bräunte. Darüber hinaus besaß er eine vorteilhafte Statur und ein Gesicht, welches die Damenwelt schon immer entzückt hatte. Ob er es nun gewollt hatte oder nicht. Vielleicht hatte er auch davor am meisten Angst: Dass eine Frau ihn erwarb. Es war nicht so, dass Onatas Frauen nicht mochte, nein. Er verfügte nur nicht über große Erfahrungen mit ihnen, denn nach all den schrulligen Herren erschienen sie ihm in seinen Gedanken wie die idealen Wesen von einem fremden Stern.


    Onatas seufzte noch einmal tief und schürfte mit eben jenen Seufzen auf den tiefsten Grund seiner Kümmernis. Seine Blicke jedoch waren noch immer auf den Markt gerichtet, wo nun eine Sänfte hielt. Götter, eine Sänfte! Vielleicht mochte ein derartiges Gefährt für viele Römer ein ferner Wunschtraum sein, doch er selbst sah sich bereits sein Leben als Trägersklave beenden. Wahrscheinlich unter der Last einer dicken Matrone in ihren bestickten Kissen. Nein, das waren wirklich keine schönen Gedanken, doch sie waren auch müßig. Was der Sänfte entstieg war eine junge Dame, offenbar von bestem Stand. Ein weiterer Mann, der in Begleitung des Gefährts gewesen war, begann damit herumzugehen und sich die Sklaven zu betrachten, ohne dabei das Gesicht zu verziehen. Der Syrer regte sich nicht, sondern stand einfach nur da und widerstand der Versuchung, die Arme vor der Brust zu verschränken. Zum Einen, weil es nur zu einer abweisenden Haltung führte, die Polycles gewiss nicht zu schätzen wissen würde, zum Anderen wollte er seine Hand lieber an den Gitterstäben lassen. Warum auch immer.

  • Damals alle meine Sklaven freizulassen, das war im Nachhinein betrachtet dann eben doch ein bisschen voreilig gewesen. Zwar arbeiteten viele meiner Freigelassenen noch immer für mich, und natürlich konnte ich auch auf die Haussklaven meiner Familie zurückgreifen, aber sonderlich repräsentativ war das nicht.
    Insbesondere mangelte es mir an einem wirklich guten Sekretär (scharfsinnig und verschwiegen müsste er sein) und einem aufmerksamen Leibsklaven (absolut vertrauenswürdig müsste er sein, und... naja... wohl besser nicht zu attraktiv... damit Borkan sich nicht beunruhigte). Ein hübsches Geschenk für meine Verlobte wäre auch eine gute Idee. Und Leibwächter konnte man sowieso nie genug haben.
    In diesem Sinne hatte ich mich an jenem Morgen früh auf die Märkte begeben, begleitet von meinen drei (freien) Custodes. Da ich danach gleich weiter in die Castra wollte, trug ich Tribunenkluft, wenngleich ich den schweren Muskelpanzer durch eine leichtere Version aus Leder ersetzt hatte, auch diese wunderhübsch verziert, und von besonders schnittigen Pteryges gesäumt. (Meinem Rücken mißfiel es leider mittlerweile, den metallenen Harnisch länger zu tragen. Der Medicus sagte, da könne man nichts machen, das sei nun mal der Preis dafür, dass ich in blutjungen Jahren so schwer beladen, bepackt wie ein Maulesel, mit der Prima durch den halben Orient und wieder zurück marschiert sei. Na großartig...)


    Ich schaute bei einigen der namhafteren Händler vorbei, konnte mich aber noch nicht so recht entscheiden, und kam auf meinem Rundgang als nächstes zum gutbesuchten Geschäft des Polycles. Zuerst mal sah ich mich etwas um, ging um die Verschläge herum und betrachtete interessiert die Menschen hinter Gittern. Hmm... Der da sah stark aus und bewegte sich gewandt, die da machte eine kultivierten Eindruck hatte aber einen unsteten Blick, und der da... der direkt an den Gitterstäben stand... wie ein Panther im Käfig...
    Hola...!
    Unwillkürlich tiefer einatmend sah ich ihn an – überaus angetan von dieser gutgebauten Erscheinung. Dazu der orientalische Touch, die seelenvollen Mandelaugen...
    Was für ein brandheißer Typ...
    Genau das was ich heute nicht kaufen wollten. Beziehungsweise sollte. Nein, besser ich ging jetzt einfach weiter. Entschieden besser. Ich steuerte den nächsten Verschlag an, aber nach ein paar Schritten wurde mein Blick dann doch wieder begehrlich von dem aparten Hingucker angezogen.
    An irgendwen erinnerte er mich. An wen bloß... - Oh. Eine gewisse Ähnlichkeit mit.....Borkan war da doch zu erkennen. Upps... Eine ganz leichte. Vielleicht bildete ich es mir auch nur ein. Wegen des dunklen Teints...


    Ich schluckte, und wandte mich ein zweites mal entschieden ab! Ging weiter zum Inhaber, wo ich mich befehlsgewohnt bemerkbar machte.
    "Salve guter Polycles. Sag, hast du heute auch Sklaven im Angebot, die Erfahrung als Sekretär mitbringen?"


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    SODALIS FACTIO AURATA - FACTIO AURATA

    Klient - Decima Lucilla

  • Polycles gähnte einmal herzhaft und kratze sich am Hinterkopf. Dann rückte er seinen Gürtel zurecht und trat hinaus zu seinem Verkaufsstand. Dort blieb er einen Moment stehen und beobachtete die noch spärlichen Passanten, die zu dieser doch recht frühen Stunde bereits unterwegs waren. In weniger als einer Stunde schon, würden sie sich hier drängen, die Massen, um zu sehen, was er den Quiriten heute wieder anbieten konnte. Hoffentlich waren statt der Unmenge an Schaulustigen auch ein paar Gutbetuchte unter ihnen, die zudem auch kaufwillig waren.


    Stets hatte der Grieche ein gutes Näschen dafür gehabt, was seine Kunden wollten. Niemand bot viel eine jämmerlich ausschauende, halbverhungerte Gestalt. Seine Sklaven erhielten täglich ihre Portion Getreidebrei, der zwar relativ geschmacksfrei war, aber sie dafür bei Kräften hielt, was dazu führte, dass sie stets einen recht guten Eindruck machten. Auch ließ er es keineswegs durchgehen, wenn sie in Fetzen gekleidet das Verkaufspodest betraten. Besonders seine muskelbepackte Ware ließ er vor jeder Versteigerung mit Öl einreiben. Öl auf nackter Haut, das sah immer gut aus und förderte die Fantasien einiger seiner Kunden. Besonders bei seiner weiblichen Kundschaft hatte er damit gute Erfahrungen gemacht. Feine Damen, die auf der Suche nach einem Custos oder einfach nach einem Liebhaber waren, griffen deutlich öfter zu der eingeölten Ware.


    Natürlich hatte er auch schon immer darauf geachtet, auch gutausgebildete Sklaven in seinem Bestand zu führen. Besonders beliebt waren dabei natürlich die Griechen, die man als Lehrer für die Kinder reicher Herrschaften verkaufen konnte. Noch besser war es, wenn diese Griechen bereits auch schon gute Referenzen vorweisen konnten. Im Übrigen, ihn als Griechen störte es nicht die Bohne, seine eigenen Landsleute zu veräußern. Eigentlich hatte er sich darüber auch noch nie Gedanken gemacht. Geschäft war eben Geschäft.
    Für die etwas anspruchslosere Kundschaft, die wenig Wert auf Ansehnlichkeit oder Herkunft nahm, hatte er selbstverständlich auch immer das Richtige parat. Zum Beispiel in die Jahre gekommene Weiber, die zwar schon faltig waren aber ihre Profession sehr gut verstanden, konnte er mindestens genauso gut an den Mann beziehungsweise an die Frau bringen.
    „Glaucus! Pyrrhus! Kundschaft!“ Der Grieche hatte sich schnell umgewandt und nach seinen Gehilfen gerufen. Die beiden leicht grobschlächtig wirkenden Gesellen kamen sofort herbei geeilt. „So früh schon,“ beschwerte sich Pyrrhus, was von Glaucus lediglich mit einem „Halt´s Maul“ beantwortet wurde.
    Währenddessen hatte sich Polycles sich wieder der hübschen Sklavin zugewandt und natürlich sein charmantestes Lächeln aufgesetzt. „Aber gerne doch!“, säuselte er. „Für welcherlei Dienste benötigt deine Herrin denn die Sklaven?“
    „Oh, lass mich nachdenken,“ unterbrach ich das sich anbahnende Verkaufsgespräch. „Das wäre zum Beispiel eine gutausgebildete Ornatrix. Oder eine Cubicularia. Meinen beiden Sklavinnen hier kann ich es unmöglich zumuten, auch noch meine Räumlichkeiten zu säubern. Ach ja und vielleicht noch einen Aufpasser. Der hässliche Germane hinter mir,“ ich deutete auf den blonden Koloss, der inzwischen direkt hinter mir stand, „gehört eigentlich meinem Bruder.“ Mit jedem meiner Worte begann der Grieche noch mehr zu strahlen, da er sich einen satten Gewinn erhoffte, bevor das eigentliche Tagesgeschäft erst so richtig los ging!
    „Verehrte Dame, ich kann nur sagen, heute ist dein Glückstag! Fortuna ist mit dir, denn ich habe genau das, wonach du suchst!“ Sofort wandte er sich seinen beiden Gehilfen zu. „Geht und holt die Germanin und die Ägypterin, ihr wisst schon, Ferun und Nefritiri.“ Bei Letzterer hatte er bereits befürchtet, sie an ein Lupanar abgeben zu müssen, weil bisher niemand ihre wahren Qualitäten zu schätzen gewusst hatte.
    Die beiden Gehilfen verschwanden sofort, Polycles hingegen wandte sich wieder mir zu. „Wenn du erlaubst, werde ich dir nun eines meiner Juwelen präsentieren. Glaub mir, du wirst begeistert sein!“ Dann eilte auch der Grieche davon, hin zu den Verschlägen, wo er seine Ware aufbewahrte. Onatas, so dachte er, er wäre doch einen Versuch wert. Er vereinte alle Qualitäten in sich, die einen guten Sklaven ausmachten: Jung, kräftig, gesund und, was der jungen Dame bestimmt besonders gut gefallen würde, gutaussehend!


    Auf halben Weg jedoch wurde der Grieche von einem weiteren Kunden in einem befehlsmäßigen Ton angesprochen. Das war zweifellos ein Soldat! Ein Sekretär? Nichts leichter, als das! „Salve mein Herr,“ entgegnete er freundlich. „Vielen Dank für dein Interesse! Selbstverständlich haben wir das! Wenn du dich kurz gedulden könntest und mich nur einen Moment entschuldigst. Ich müsste der Dame dort drüben nur noch eines unserer Exemplare präsentieren, dann bin ich sofort bei dir!“ Heute hätte Polycles locker noch einen weiteren Gehilfen brauchen können.


    Schnell begab er sich zu jenem Käfig, in dem der Syrer untergebracht war. Der Kerl konnte es offenbar kaum erwarten, heute den Besitzer zu wechseln! Scheinbar wartend stand er bereits am Gitter. Während der Grieche die Tür zu öffnen begann, richtete er einige Worte an den Sklaven. „Du wirst dich jetzt gut benehmen! Hast du gehört, Junge? Die Dame, der ich dich nun anbiete, scheint reich zu sein. Sehr reich! Du weißt sicher, was das für dich bedeuten könnte, nicht wahr!“ Dann hielt er ihm die Tür auf und wartete, bis er hinaustrat. Mit einem beherzten Griff nahm er ihn am Arm und zog ihn mit sich. Vorbei an dem einen Kunden, der Polycles gerade eben erst angesprochen hatte, hin zu mir.
    Natürlich hatte ich nicht wissen können, dass mein ungeliebter Begleiter, der Maevius, ebenfalls Zeuge jenes Szenarios geworden war und nun sehr aufmerksam beobachtete, was jetzt weiter geschah. Langsam näherte er sich, um notfalls sofort eingreifen zu können.


    Glaucus und Pyrrhus hatten zwischenzeitlich die beiden Sklavinnen gebracht, die ich mir daraufhin auch ausgiebig anschaute. Erst die Rückkehr des Griechen lenkte mich von ihnen ab. „So, das ist er!“, rief der Grieche erfreut, als er mir den Sklaven präsentierte. Ich musste zugeben, ich war sehr überrascht und mir fehlten beinahe die Worte. Einen solchen Anblick kannte ich eigentlich nur von den Latifundien meines Vaters: Braungebrannte kräftige Gestalten, die zudem schrecklich nach Schweiß stanken und an deren Haut der Staub der Felder und eben jener Schweiß eine Synthese eingegangen waren, nachdem sie abends müde und erschöpft von ihren Aufsehern zurück in ihre Unterkünfte geführt wurden. Gut, der hier stank keineswegs. Im Gegenteil. Er machte einen sauberen Eindruck auf mich. Ob ich ihn einmal anfassen durfte? Natürlich durfte ich! Vorsichtig streckte ich meine Finger aus, so dass sie unweigerlich auf die Haut seines festen Oberarms treffen mussten. In der Tat, das waren alles Muskeln, wohlgestaltet und schön. Früher schon hatte ich aus der Ferne beobachten können, wie mein Vater frische Sklaven geprüft hatte, indem er sich ihr Gebiss ansah. Dazu hatte er immer einen speziellen Griff angewandt und die Sklaven bei ihren Unterkiefern gepackt. Nein, das würde ich nicht tun. Nicht etwa, weil ich es mich nicht traute. Es erschien mir einfach zu unästhetisch.
    „Ein kräftiger Bursche, der sowohl anpacken kann aber auch ein recht helles Köpfchen ist. Gut, ein ausgebildeter Kämpfer ist er nicht, aber was nicht ist, kann ja noch werden, nicht wahr?“ Polycles lachte gekünstelt und holte gleich zum nächsten Coup aus. „Wenn du mich fragst, ist er der perfekte Begleiter für eine Dame wie dich! Und ich kann dir ihm für einen Spitzenpreis überlassen! Sagen wir Zweitausendfünfhundert.“ Erwartungsvoll sah er mich an, als ich noch zögerte und nichts sagte. Allerdings zögerte ich keineswegs, ob des hohen Preises. Nein, ich war einfach nur von diesem Anblick überwältigt! „Zweitausendfünfhundert“, wiederholte ich dann leicht abwesend.
    Aufgrund meines Zögerns, schien der Grieche ein wenig unruhig zu werden und sah nun recht häufig zu dem wartenden Kunden hinüber. Schließlich lächelte er dann wieder und meinte: „Wenn du mich kurz entschuldigst, ich bin gleich wieder bei dir. Meine Mitarbeiter stehen dir natürlich voll zur Verfügung.“ Damit verabschiedete sich der Grieche kurzfristig von mit. Ich nickte nur und konnte meine Augen einfach nicht mehr von diesem Sklaven lassen. „Wie heißt du,“ fragt ich den Sklaven.


    Der Grieche war zurück zu den Verschlägen geeilt und kam nun mit einem Mann mittleren Alters und leicht schütterem Haar zu dem wartenden Kunden zurück. „So, jetzt bin ich bei dir! Deine Geduld hat sich ausgezahlt! Schau dir diesen Griechen an! Er war jahrelang bei einem reichen Kaufmann in Antiochia beschäftigt und hat für ihn den ganzen Schreibkram erledigt. Außerdem hat er ihm die Bücher gemacht. Nachdem sein Herr leider verstarb, konnte ich ihn erwerben, um ihn nun in Rom zu verkaufen.“

  • Während der Stand des Polycles lebhaft wurde, schaute ein weiterer Sklave interessiert zu. Aristoteles war ein junger Mann der trotz seines Namens nicht wirklich griechisch war. Er stammte mehr aus einem Sklavengemisch ab das eine gute Dosis Germanne und Thraker hatte. Was aber stimmte war das er in Griechenland auf einem Landgut geboren worden war.


    Das alles klang als wenn er ein von der Feldarbeit gestählter potentieller Gladiator war, aber weiter von der Wahrheit konnte man wahrscheinlich nicht sein. Schon früh hatte sein ursprünglicher Besitzer festgestellt das Aristoteles für körperliche Arbeit minder geeignet war, aber einen wachen Geist hatte. Darum hatte er ihn mit seinen Kindern zusammen lernen lassen und als Haussklave genutzt. Als Aristoteles 13 war schickte ihn sein Herr nach Athen um dort eine angemessene Ausbildung zum Paedagogus zu erhalten. Gebildete griechische Lehrer konnten sehr wertvoll sein und die Wertsteigerung eines solchen Sklaven war oft äußerst erfreulich.


    Aristoteles Herr sollte nicht enttäuscht werden. Mit 21 Jahren war dieser der beste Sklave seiner Rhetorikschule und bereit erstklassigen Unterricht zu erteilen. Nun war es an der Zeit ihn zu verkaufen und da Rom bekanntlich das Zentrum der Welt ist war es hier wo sich der hochgebildete Sklave wiederfand.


    Nun beobachtete Aristoteles das Geschehen genau. Ihm war klar das sein erster Besitzer hier in Rom einen grossen Einfluss auf sein Leben haben würde. Es war wichtig das er in einen reichen und vorzugsweise patrizischen Haushalt kam. Sollte er sich dort gut anstellen würde man ihn langfristig versorgen oder privat an einen gleichgestellten oder gar noch höhergestellten Haushalt verkaufen. Falls dieser Verkauf gut lief würde dies das erste und letzte Mal sein das er auf einem Sklavenmarkt zum Verkauf stand. Er sandte ein Gebet zu Fortuna und wartete was nun passieren würde.

  • Vielleicht mochte er rein äußerlich recht unbeteiligt wirken, doch in seinem Inneren sah es ganz anders aus. Es gab auf der Welt wohl niemanden, den ein anstehender Verkauf, mit all seinen Ungewissheiten über die eigene Zukunft, gänzlich kalt ließ. In Onatas stieg die Nervosität immer mehr, doch er wollte sich auch nicht von dem Anblick, den der Markt bot abwenden. Noch immer betrachtete er aufmerksam die vorbei Gehenden. Ein Mann fiel ihm dabei besonders auf: Eindeutig Römer in einer stattlichen militärischen Aufmachung. Er mochte wohl ein höheres Tier bei den Prätorianern sein. Ganz so genau kannte Onatas sich nicht damit aus. Er bemerkte nur, dass der Römer ihm eindringliche Blicke zuwarf und generell nicht wirklich unfreundlich wirkte. Würde er ihn kaufen wollen? Der Syrer rang nach Atem und versuchte sich, seine eigene Unsicherheit nicht anmerken zu lassen, denn diese führte letzten Endes doch nur dazu, dass man furchtsam anfing zu schlattern. So unglücklich seine Situation auch sein mochte, er wollte einen guten Eindruck machen und ein glückliches neues Heim finden, in dem es sich auch als Sklave leben ließ. Wer sollte einen schon nehmen, wenn man am ganzen Leib bebte und zitterte? Der Mann hatte sich noch einmal nach ihm umgedreht, ehe er sich dann an Polycles wendete. Was gesagt wurde konnte der Syrer von seinem Standpunkt aus nicht verstehen, doch wollte er das wirklich? Nein, wollte er nicht und sollte sich der Römer wirklich für ihn interessieren, würde er es früher oder später sowieso erfahren.


    In die wohl sortierten Gatter des Sklavenhändlers war unterdessen Bewegung gekommen. Glaucus und Pyrrus waren ausgeschwärmt und holten zwei Sklavinnen herbei. Eine Germanin und eine Ägypterin. Letztere hörte auf den Namen Nefertiri, von der anderen wusste er so gut wie nichts. Selbst wenn man bei ein und dem selben Händler weilte, so kannte man seine Leidensgenossen nicht unbedingt gut. Sicherlich fiel das ein oder andere Wort, doch im Grunde war jeder mehr oder weniger allein mit seinen ureigenen Problemen und Sorgen. Den Namen der Ägypterin hatte er sich nur behalten, weil sie ihm diesen genannt hatte und er wusste, dass sie eben aus Ägypten kam. Er selbst war in Alexandria geboren und aufgewachsen und verstand auch ihre Sprache. Vielleicht schweißte das nicht unbedingt zusammen, doch es brachte einen näher und war Anlass für ein kurzes, kleines Gespräch gewesen. Die beiden Sklavinnen wurden zu der jungen, römischen Dame gebracht. Onatas Blicke waren wieder zu dieser hinüber geschwenkt. Sie schien sich angeregt mit Polycles unterhalten zu haben. Offenbar suchte sie weibliches Personal. Verwunderlich eigentlich, denn in den Augen des Sklaven waren es doch gerade diese kleinen Ladies, die mit einem goldenen, verzuckerten Löffel an den Lippen in die Welt geboren waren und denen es eigentlich an nichts fehlen sollte. Erst recht nicht an Dienern. Andererseits boten gerade diese Erlauchten oftmals ein angenehmes Heim. Eines, welches man wohl nicht unbedingt mit dem seines ersten Herrn aus Alexandria vergleichen konnte. Dort war alles eher spartanisch gewesen und eine Sänfte für die Damen kam dem Nero nie ins Haus, denn er war der Auffassung gewesen, dass zu einem gesunden Leib auch zwei gesunde Beine gehörten.


    Viel Zeit zum Sinnieren blieb allerdings nicht und das wollte er auch gar nicht. Kurz betrachtete sich Onatas den Sklaven, der nahe bei ihm im Gatter stand. Auch er wirkte gespannt und beobachtete das Geschehen um sie herum. Der Syrer meinte, dass es sich um einen Griechen handeln musste. “Es geht ganz schön an die Nerven, hm?“ sprach er ihn dann an. Doch er erwartete im Grunde nicht wirklich eine Antwort und wurde sich erst nachdem er die Worte ausgesprochen hatte bewusst, dass sie nur dazu dienten, ihn selbst abzulenken. Denn gerade kam Polycles höchst persönlich auf das Gatter zu und öffnete die Tür. Onatas nickte nur auf die Worte hin, dass er sich benehmen möge. Natürlich hatte er sie gehört und er würde schon nichts Dummes anstellen. Zumindest nicht, sofern dies in seinem Einflussbereich lag. Somit ließ er sich am Arm über den kleinen Platz hin zu der römischen Patrizierin zerren, vor der bereits die anderen Sklavinnen standen. Hatte sie wirklich Interesse an ihm bekundet? An ihm? Schon einen kurzen Moment später, streckte sie ihre Hand aus und berührte seinen Oberarm, der zwar weniger von Training, sondern viel mehr von körperlicher Arbeit gestählt war. Onatas hörte, was der Händler über ihn sagte. Er war zwar kein Kämpfer, doch was nicht ist konnte noch werden? Er schluckte unwillkürlich und fragte sich augenblicklich, als was Polycles ihn angepriesen hatte. Als einen Gladiatoren?


    Nein, doch nicht. Offenbar suchte die Dame nur einen Begleiter, was die Sache auch nicht besser machte, denn der Syrer mochte es nicht unbedingt die Verantwortung für irgendjemanden oder irgendetwas zu haben. Nicht weil er es rigoros ablehnte, sondern weil am Ende immer etwas dabei zu Bruch ging. Als der Preis von Zweitausendfünfhundert Sesterzen fiel, weiteten sich seine Augen etwas und er konnte nicht anders, als Polycles erstaunt anzuschauen. Sein Faut Pas fiel ihm aber sofort auf und er senkte seine Blicke sogleich wieder. Beinahe zu spät, denn der griechische Händler machte sich auf und davon, hin zu einem anderen Kunden, den Onatas als den römischen Offizier identifizierte. Nun stand er also vor der römischen Lady, welche seinen Namen zu wissen wünschte. Ihre Stimme klang nett, wenn auch sehr jung. Doch wie sollte es anders sein, denn immerhin war sie ja auch jung. Onatas schätzte sie auf vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahre. “Man nennt mich Onatas, Herrin,“ gab er dann folgsam zur Antwort und hob sein Augenmerk wieder ein wenig, um ihr entgegen zu blicken. Sie war wirklich schön anzuschauen, wie sie so herausgemacht war. Ihr Haar glänzte in der Sonne und rotblonde Locken fielen ihr über die Schultern. Unwillkürlich und ohne es zu merken, stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen. “Es ist noch immer der Name, den mein erster Herr mir gab.“ Eigentlich war diese Bemerkung unnötig und vielleicht auch dreist, doch er hatte die Idee, nun doch noch etwas sagen zu müssen. Vielleicht eine schlechte Idee, denn immerhin konnte nun die doch wirklich noch sehr junge Dame auf die Frage kommen, wie viele Herren er schon hatte und warum er sich nun nicht mehr in ihrem Besitz befand. Wie dumm. Onatas atmete noch einmal tief durch und blickte ihr tapfer lächelnd entgegen.

  • „Onatas,“ echote ich. Immer noch befand ich mich in einer Art Hypnose. Der Sklave hatte mich gänzlich betört. Dabei ich hätte nicht sagen können, woran das lag. Ob es nun die Augen waren, oder seine Gesichtszügen, das dunkle Haar oder einfach seine braungebrannte Haut, die davon zeugte, dass er zuvor unter freiem Himmel hatte arbeiten müssen. Vielleicht war es auch einfach alles zusammen, was mich an ihm so faszinierte.
    Als Onatas dann ungefragt weiter plapperte, erhielt er von dem seitlich stehenden Gehilfen, den der Grieche zuvor Pyrrhus gerufen hatte, mit dessen flacher Hand einen warnenden leichten Schlag auf den Hinterkopf. „Klappe, Stinker! Red´ nur wenn du gefragt wirst, sonst setzt´s ´ne Tracht Prügel!“
    „Nein, nein, ist schon gut!“ griff ich schnell ein und schenkte Onatas ein aufmunterndes Lächeln. „Er soll ruhig weiter erzählen. Woher kommst du, Onatas?“ Meine Stimme hatte wohl etwas Gütiges angenommen. Ein Umstand, der im Umgang mit Sklaven nur recht selten vorkam. Man konnte mich ruhig verrückt nennen, doch mir schien es, als hatte ich mich in diesen Sklaven verliebt. Also nicht richtig verliebt, im üblichen Sinne. Er war einfach eine Sache, die ich unbedingt haben wollte, obwohl ich zu dieser Zeit eigentlich nur vage Vorstellungen hatte, was ich eigentlich mit ihm anfangen sollte. Zum Custos schien er ja nicht zu taugen, da er keinerlei Ausbildung darin genossen hatte. Doch wie hatte der Grieche so schön gesagt? Was nicht ist, kann ja noch werden.


    [Blockierte Grafik: http://fs2.directupload.net/images/150601/vxtyhtud.jpg] | Cnaeus Maevius Tullinus


    Derweil hatte Maevius Tullinus Wind davon bekommen, dass sein Schützling offenbar bereits in Verhandlungen verstrickt war. Immer einmal wieder hatte er einen Blick zu der jungen Claudia hinübergeworfen. Zu Anfang hatte sie sich zwei Sklavinnen angeschaut. Da hatte er wenig einzuwenden. Zweifellos würde er die Ware noch einmal prüfen, bevor Agrippina auch nur einen Quadrans dafür ausgab.
    Nun aber hatte man ihr diesen Burschen vorgeführt. Er hatte beobachten können, wie sie mit dem Sklaven sprach. Ein Glück für die Claudia, denn dem Maevius war bisher entgangen, was der Sklave bei ihr entfacht hatte. Sonst hätte er keine Minute damit gezögert, die beiden auseinanderzubringen.
    So aber ließ er sich noch Zeit. Hin und wieder streifte sein Blick das Angebot, was sich noch in den Verschlägen befand. Dabei fiel ihm ein junger Mann auf, der in seinem Käfig stand und mit wachen Augen seinerseits das Geschehen auf der andren Seite der Gitterstäbe, beobachtete. Maevius Tullinus trat näher heran, so dass er ihn besser mustern konnte. Sein Körperbau war eher durchschnittlich, was dem Maevius Anlass zu glauben gab, der Sklave habe zuvor wohl kaum harte körperliche Arbeit verrichtet. Die markanten Züge des Mannes waren es schließlich, die Maevius Tullinus dazu brachten, das Wort an ihn zu richten. „He, du! Komm her und lass dich anschauen! Kann man dich zu häuslichen Arbeiten gebrauchen?“ Er hatte dem Sklaven gegenüber einen strengen Ton angeschlagen, was für ihn keineswegs ungewöhnlich war. Er war in der glücklichen Lage gewesen, selbst einen ganzen Stall mit Unfreien sein Eigen zu nennen. Daher hatte er Erfahrung darin, wie man mit ihnen umzugehen hatte.

  • Aristoteles eilte schnell zu dem Römer. In Anbetracht des grossen Einkaufes den er und seine Begleiterin gerade angefangen hatten schienen sie ernsthaft reich zu sein. Er wunderte sich kurz ob der alte Kerl der Ehemann dieses Mädchens war? Manche Römer hatten aber auch unverschämtes Glück mit ihrer zweiten, dritten oder vierten Ehe! Aber vieleicht war es auch der Vater, obwohl er jetzt nicht direkt eine Familienähnlichkeit erkannte. Nun gut, er würde das schon rausfinden falls sie ihn kaufen würden. Jetzt ging es erstmal darum sich gut zu präsentieren.


    Er nahm Aufstellung und sagte mit klarer Stimme:


    "Sehr wohl, Dominus! Ich wurde als Haussklave aufgezogen, habe aber seitdem auch eine ausführlich Ausbildung als Paedagogus absolviert. Ob es sich um häusliche Dinge, Unterricht oder Scheibtätigkeiten handelt, ich diene gerne."


    Dabei sah er den Römer nicht direkt an. Er hatte die Erfahrung gemacht das Typen wie er so etwas als Herausforderung ansahen und er wollte ja nicht schon gleich wieder seine Chancen gekauft zu werden zunichte machen.

  • Irgendwie schien die junge Dame von seinem Namen fasziniert zu sein, denn sie wiederholte ihn noch einmal, als würde dies helfen, ihn sich besser einzuprägen. Doch er selbst hätte wohl besser nicht weiter gesprochen, denn er erntete sogleich einen Schlag gegen den Hinterkopf und eine scharfe Rüge von Pyrrhus. Onatas zuckte kurz zusammen und zog den Kopf ein wenig ein. Auf eine Tracht Prügel war er nun wirklich nicht versessen. Er wollte schon nicken, als Zeichen, dass er die mahnenden Worte verstanden hatte, doch offenbar wollte die junge Lady, dass er weiter sprach. Sie lächelte sogar recht aufmunternd dabei. Woher er kam wollte sie wissen und sie klang recht freundlich dabei. Nun musste er sich erst einmal räuspern und einen flüchtigen Seitenblick zum Händlersgehilfen hinüber schicken. Doch wenn sie es wollte, würde er sicherlich nun nichts mehr dagegen haben.


    “Ich wurde in Alexandria geboren, doch meine Mutter war Syrerin,“ sagte er dann. “Später dann wurde ich dann an einen jüdischen Händler verkauft und zog mit ihm umher. Danach kam ich dann nach Rom.“ Sollte er noch mehr sagen? Mehr von seiner Lebensgeschichte erzählen? Wieder blickte er zu Pyrrhus und dann auf die junge Römerin zurück. “Ich... ich habe zwei Jahre in einem Mietstall gearbeitet, für einen alten Herrn, der vor Kurzem verstorben ist.“ Zwar zuckte er unter diesen Worten mit den Schultern, doch im Grunde war es ihm doch ein wenig nahe gegangen. Wie auch immer. Es war vorbei und hier und jetzt ging es um seine Zukunft. “Naja... er starb friedlich im Bett,“ setzte er dann noch nach.

  • [Blockierte Grafik: http://fs2.directupload.net/images/150601/vxtyhtud.jpg] | Cnaeus Maevius Tullinus


    Mit seiner Antwort war es dem Sklaven zumindest gelungen, für einen Moment die Aufmerksamkeit des Maevius Tullinus zu gewinnen. Besonders die Erwähnung seiner Ausbildung als Paedagogus, ließ ihn aufhorchen. Heutzutage war es ja so schwer, einen guten Hauslehrer zu finden. Er selbst hätte ein Lied davon singen können, da sein Jüngster, trotz der besten Lehrer Athens immer noch mit der Mathematik auf Kriegsfuß stand. Nun, aber es ging ja hier nicht um seine Belange, sondern in erster Linie um die, seines Schützlings. Der jungen Claudia fehlte es zwar gewiss nicht an Bildung (zumindest das, was man als Mädchen so wissen musste), jedoch ein gewisser Feinschliff konnte niemals schaden!
    „Traust du es dir zu, auch eine junge Dame zu unterrichten? Dabei geh es mir weniger um Astronomie, Philosophie oder was auch immer. Der jungen Dame fehlt es noch an etwas…“, der Maevius stockte, um das richtige Wort zu finden. „Etikette.“ Für eine junge Frau, die in die besten Kreise verheiratet werden sollte, war diese Disziplin gewiss doch essentiell.



    ~~~


    Pyrrhus verzog nach meinem Eingreifen enttäuscht die Miene. Männer wie er schienen prädestiniert zu sein, um auf einem Landgut die Sklaven in Schach zu halten. Daher konnte ich gewisse Parallelen zu den Aufsehern der Latifundien meines Vaters feststellen. Dennoch war es nicht Pyrrhus, für den in diesem Moment mein Interesse galt. Es war natürlich Onatas, der von sich zu erzählen begann. Gespannt hing ich an seinen Lippen und nickte immer wieder aufmunternd, damit er noch etwas mehr von sich preisgab. Sein Leben war bisher doch sehr turbulent verlaufen. Von einem Platz zum anderen, nie lange am selben Ort. Trotz allem aber konnte er so von sich behaupten, bereits etwas von der Welt gesehen zu haben. Was sie nun nicht vorweisen konnte. Ganz der griechischen Tradition entsprechend, war sie all die Jahre ihrer Kindheit über zu Hause gewesen. Einmal abgesehen von ihrer Reise nach Rom, hätte sie lediglich mit dem Weg zwischen der Stadtvilla in Athen und den Latifundien nahe Eleusis aufwarten können.
    „Dann hast du schon viel gesehen und erlebt, nehme ich an.“ Noch eine Weile blieb mein Blick auf ihn haften. Im Grunde gab es nicht mehr viel zu überlegen. Ich hatte das Geld, ich wollte den Sklaven. Wo lag also das Problem?
    „Ich nehme ihn!“, rief ich plötzlich zu Glaucus, der bisher einen relativ unbeteiligten Eindruck gemacht hatte. Der Gehilfe des Sklavenhändlers musste sich erst selbst einmal aus seiner Stumpfsinnigkeit aufrütteln. „Was sagtest du, soll er kosten.“
    „Äh ja äh, Zweitausendfünfhundert hat der Meister gesagt. Ja genau, zweitausendfünfhundert.“
    Gut, das war eine stolze Summe. Aber was sielte das schon für eine Rolle. Wenn ich etwas haben wollte, dann konnte mich auch das nicht davon abhalten. „Naevia!“, rief ich, „du wirst alles Notwendige für den Kauf veranlassen.“

  • Der Herr schien nun interessiert zu sein und Aristoteles nährte die Hoffnung das hier ein Kauf seiner Gestalt als Hauslehrer anstand. Da würde er jetzt auch keine Ansprüche an das Unterrichtsniveau stellen wollen. Darum nickte er diensteifrig und sagte:


    "Jawohl, Dominus! Damit kann ich ebenfalls dienen. Es wäre mir eine Ehre!"


    Zuversichtlich schaute er drein und hoffte das er den Römer von seinen Vorzügen überzeugen konnte.

  • Nun wurde ich doch etwas ungeduldig. Der Händler überschlug sich fast vor einem jungen puppengesichtigen Mädchen, welches zwar sehr hungrig aussah, doch ein gepflegtes Äusseres hatte.
    Er ließ ihr den schönen Sklaven vorführen, direkt an mir vorüber wurde er gezerrt, und wieder konnte ich gar nicht anders, als hinzusehen... Hach.
    Onatas. So hieß er also. Wie der Bildhauer. Wobei er eher wie das Kunstwerk eines Bildhauers wirkte... Ein Kunstwerk, mit welchem ich nur zu gerne mein Schlafzimmer schmücken würde. (Das Mädchen offenbar auch.)
    Vergiss es, Faustus.
    Nein, nein, ich war hier, um einen vernünftigen Kauf zu tätigen.
    Ich hatte primum diese Woche schon viel zu viel Geld für mein neues kyrenäisches Gespann ausgegeben.
    Secundum hatte ich einen wundervollen, heißgeliebten, eifersüchtigen festen Freund. Der romantische Vorstellungen von Monogamie hegte. Die schöne Junggesellenzeit, in der ich mir Zerstreuung nach Lust und Laune hatte zulegen können, war passé. Tja.
    Tertium zeigte die Erfahrung, dass der Zauber solcher Schönheiten, wenn ich sie erst einmal genossen hatte, schnell verflog. Wie verrückt war ich damals nach Ravdushara gewesen! Nach Endymion. Nach Icarion. Nach Narcissus. Und dann wollte man doch immer wieder was neues, noch schöneres... Der weise Anastasius sagte dazu, dies sei die Tretmühle der Hedonisten, eine Falle der man sich gar nicht erst in den unersättlichen Rachen werfen solle.


    Also konzentrierte ich mich auf die reizlose Gestalt des Sekretärs. Ich ließ ihn von seiner Biographie erzählen, etwas rezitieren, etwas aufschreiben, schnellschreiben, schönschreiben und etwas rechnen. Doch ich hätte später nicht mehr wiederholen können, was der Mann gesagt hatte, denn meine Gedanken strebten hartnäckig zu dem schönen Onatas.
    "Ähm, ja, ganz solide." meinte ich dann, als es still wurde und ich erwartungsvoll angesehen wurde. Auf jeden Fall könnte er unserer Verwalterin Rhea bei der Buchführung zur Hand gehen.
    "Was für einen Preis kann du mir für ihn... -" Und ewig lockt... - und so stahlen sich doch aus meinem Mund die Worte: "...und den Orientalen da zusammen machen?" fragte ich den Händler Polycles, nun doch hin zu dem Schönen deutend.
    Das hatte ich jetzt ehrlich nicht so sagen wollen. Ein echter "Impulskauf" wäre das.

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  • Offenbar hatte die junge Dame nichts dagegen, dass er etwas mehr preisgab als verlangt war. Nein, er hatte sogar den Eindruck, dass es sie interessieren würde. “Ja, ich habe schon einiges gesehen,“ erklärte er dann leise, als sie ihn darauf ansprach. Dann verstrich ein stiller Moment, in dem sie nachzudenken schien. Offenbar hatte sie Interesse an ihm, was ihm ein wenig das Herz in Richtung der Beine sacken ließ. Eine Frau wollte ihn erwerben? Darüber hinaus hatte er bis jetzt noch keine Vorstellung davon, in welcher Funktion er ihr denn überhaupt dienen sollte. Er konnte nur hoffen, dass es nicht als Wächter oder dergleichen war. Onatas verhielt sich still und biss sich verstohlen auf die Unterlippe, als die junge Römerin nun nachfragte, was er denn kosten sollte. Dann dauerte es nicht lange, bis eine Sklavin, welche sie 'Naevia' rief alles Notwendige veranlassen sollte.


    Wollte sie nicht noch mehr wissen? Zum Beispiel, ob er gesund war, über welche Fähigkeiten er verfügte oder ob er ein kräftiges, unversehrtes Gebiss hatte? Doch der erste Eindruck schien ihr zu genügen, auch wenn zweitausendfünfhundert Sesterzen eine recht deftige Summe darstellten. Der Sklave schöpfte tief nach Atem. Wahrscheinlich war dies das Beste, was ihm geschehen konnte. Hatte er nicht immer ein gutes Leben in einem guten Haus geträumt? Immerhin schien sie freundlich zu sein, denn eine herrische Note hatte er an ihr bisher nicht ausmachen können. Unter einem leichten und unsicheren Lächeln ließ er neuerlich flüchtig seine Blicke schweifen und wieder erfasste er den Römer in Gardeuniform. Offenbar auch auch dieser kaufwillig und... hatte er gerade auf ihn gedeutet?

  • [Blockierte Grafik: http://fs2.directupload.net/images/150601/vxtyhtud.jpg] | Cnaeus Maevius Tullinus


    Wie immer ließ sich aus Maevius Tullinus‘ Miene nichts herauslesen, was einem hätte weiter bringen können. Er hörte sich an, was der Sklave sagte und dachte sich seinen Teil. Der Kerl auf der anommen. Wie üblich reichte ihm das Wort eines Sklaven nicht, selbst wenn er wie dieses Exemplar hier etwas von Ehre plapperte. Ehre - Sklaven besaßen doch so etwas gar nicht! Dennoch verlor er an dem Jungen noch nicht sein Interesse. Ein Sklave, der vertrauenswürdig und verschwiegen war, der der jungen Claudia in gewisser Weise nahe stand und der ihm, beziehungsweise später ihrem Bruder regelmäßig über ihren Umgang und ihr Benehmen Bericht erstattete – das suchte er. Ein Sklave, der zum Beispiel ein Paedagogus war, der eventuell auch etwas Einfluss auf sie einwirken konnte. Das erwartete er von einem Sklaven.
    „Nun gut, kannst du Referenzen vorweisen? Für wen hast du bisher gedient und wo hat man dich zum Paedagogus ausgebildet?“, waren seine nächsten Fragen, die im Prinzip darüber entscheidend waren, ob er den Sklaven nun kaufte oder nicht. Gespannt lauschte er nun den Ausführungen des Sklaven und riskierte schließlich doch noch einmal einen Blick auf seinen Schützling, den er in den letzten Minuten ganz außer Acht gelassen hatte.


    Zu seinem Erstaunen musste er feststellen, dass Agrippina bereits fleißig beim einkaufen war. Er konnte erkennen, wie die eine Sklavin, die sie sozusagen über Nacht zu ihrer Leibsklavin erkoren hatte, einen Beutel voller Geldmünzen scheinbar aus dem Nichts herbeigezaubert hatte. Dem Maevius war das nicht ganz geheuer. Er traute dem Mädchen eben einfach nichts zu. Daher ließ er den Sklaven einfach stehen. Aus seinem Käfig konnte er sowieso nicht so schnell weg. Dann eilte er zu Agrippina, dem Sklaven und den beiden Gehilfen des Sklavenhändlers.


    Gerade nach hatte ich Onatas noch einmal zugezwinkert. Keine Frage, er würde heute mit mir nach Hause gehen! Doch dann trat diese entsetzlich nervende Stimme an mein Ohr und mir verging meine gute Laune.
    „Wie ich sehe, bist du bereits fündig geworden,“ meinte der Maevius, als er bei mir angekommen war. Er stellte sich vor meinen Sklaven und begutachtete ihn, wie ein Stück Vieh. Dann führte er auch noch seine Hand an dessen Unterkiefer, um ihm mit Daumen und Zeigefinger zu zwingen, den Mund zu öffnen. „Hmm, gesunde Zähne scheint er zu haben.“ Dann packte er ihn bei beiden Armen, rüttelte leicht an ihm, um seine Standfestigkeit zu prüfen. „Was soll er denn kosten?“, fragte er die Gehilfen und ignorierte mich dabei gekonnt.
    „Zweitausendfünfhundert,“ wiederholte Glaucus nun schon zum zweiten Mal. „Zweitausendfünfhundert? Das soll wohl ein Scherz sein! Der Kerl ist allerhöchstens tausend wert und das wäre bereits übertrieben!“


    Nun schaltete ich mich ein, weil ich es einfach für eine Frechheit hielt, was sich der Maevius hier erlaubte!
    „Wir sind uns bereits einig geworden und ich werde die Summe für ihn bezahlen,“ meinte ich zugegebenermaßen etwas schnippisch, was den Maevius natürlich sofort wieder in Rage brachte. „Du wirst gar nichts, mein liebes Kind! Jedenfalls nicht, solange, ich es nicht gesagt habe!“ Dieser blöde Kerl, was bildete er sich denn ein, mich vor allen Leuten so herunterzuputzen, als wäre er mein Vater!
    „Erstens, das ist mein Geld, mit dem ich machen kann, was ich will und zweitens, bin ich nicht dein liebes Kind und du nicht mein Vater! Du hast mir gar nichts zu sagen!“ Der Maevius wollte bereits zu seinem nächsten, all entscheidenden Schlag ausholen und ein Machtwort sprechen, doch er kam nicht dazu, da sich im gleichen Moment der Grieche wieder zu uns gesellte.


    Polycles, der zuvor mit dem Soldaten um den Sekretär verhandelt hatte und der ihn nun auch zu kaufen gedachte, zusammen mit dem Orientalen, war schnell zu der jungen Dame herbeigeeilt, denn scheinbar befand sie sich bereits Entscheidungsfindung. Der Grieche war natürlich bestrebt, das Beste aus seiner Ware herauszuholen. Doch selbstverständlich wollte er seine Kundschaft auch nicht vergraulen. So hatte er dem Soldaten auf freundliche und unverbindliche Art und Weise mitgeteilt, er würde sich drum kümmern. Im Leben hätte er nicht geahnt, dass Onates heute so begehrt sein würde. Innerlich rieb er sich bereits die Hände und sah sich im Geld schwimmen.
    „Oh, ihr habt euch also bereits entschieden,“ stellte er gegenüber fest. Worauf ich natürlich sofort mit ja antwortete.
    „Hier wurde noch gar nichts entschieden!“, bellte der Maevius plötzlich dazwischen. „Der Sklave ist allerhöchstens achthundert wert!“ Man kann sich wahrscheinlich gut meinen erbosten Blick vorstellen, den ich dem Klienten meines Vaters zuwarf. Zum Tartarus mit ihm! Soll ihn doch die Pest plagen!
    Polycles schluckte erst einmal, bevor er wieder Worte fand. „Achthundert? Willst du mich ruinieren? Sollen meine Frau und meine Kinder auf der Straße betteln müssen? Nun gut, wenn du nicht bereit bist, ordentlich für meine gute Ware zu zahlen, dann tut´s eben ein anderer! Der Soldat da drüben bezahlt mir sicher viermal so viel für den Sklaven und nimmt auch noch einen anderen gleich mit!“ Mein Blick viel sofort auf jenen erwähnten Soldaten, der zwar schon ein gewisses Alter erreicht hatte, aber dennoch eine gute Figur machte. Er wollte mir meinen Onatas also streitig machen? „Ich biete dir für den Sklaven und die beiden Sklavinnen hier, sagen wir … vierrzig Aurei?“ Während nun Polycles im Kopf mein Angebot überschlug, mischte sich natürlich sofort wieder Maevius ein. „Das kommt ja gar nicht in Frage! Vierausend, das ist viel zu viel! Höchstens und allerhöchstens dreitausend! Ach ja und den Paedagogus noch, den du da im Verschlag sitzen hast! Dann können wir uns vielleicht auf viertausend einigen.“ Der Grieche grübelte kurz nach. "Du meinst Aristoteles? Und diese drei hier? Also unter fünfzig Aurei läuft da gar nichts!",gab der Grieche kopfschüttelnd zu bedenken.


    Mein erster Gedanke war, was für ein Paedagogus und vor allem, für wen? Für mich etwa? Dieser dämliche Kerl, konnte einem den ganzen Tag versauen! Während ich mich weiter über meinen unliebsamen Begleiter ärgerte, versuchte Polycles doch noch ein gutes Geschäft zu machen. „Wenn du mich für einen Moment nur entschuldigst.“ Geschwind war er wieder zu dem Soldaten hinüber geeilt, um ihm ein ordentliches Gebot für den Sekretär und den Orientalen zu entlocken.


    „So, hier bin ich wieder,“ meinte er grinsend und doch leicht außer Atem. „Was wärst du denn bereit zu zahlen für die beiden? Eins sage ich gleich, der Bursche ist teuer. Also mindesten dreitausend! Und die junge Dame dort drüben, ist bereit, einiges für ihn hinzublättern!“ Sollte der Orientale an den gehen, der am meisten für ihn zu zahlen bereit war.

  • Lange Zeit, um zu dem Soldaten in Prätorianeruniform anzusehen blieb ihm nicht, denn schon schob sich ein Mann, dessen spätes mittleres Alter sich wohl gerade vollenden wollte, in sein Blickfeld und betrachtete ihn mit den Augen eines Habichts. Das Zwinkern seiner etwaigen zukünftigen Besitzerin hatte Onatas noch bemerkt, doch nun war kaum noch ein Raum vorhanden, um dieses zu deuten. Offenbar handelte es sich bei diesem Römer um den Vater der jungen Lady, der ihn nun beäugte, als hätte er ein Stück verlaustes Opfervieh vor sich stehen. Eine Woge des Unwohlseins rieselte über Onatas Rücken und es währte auch nicht lange, bis eine harte Hand nach seinem Kiefer griff, um diesen aufzusperren. Offenbar wollte dieser Mensch nun das nachholen, was die junge Dame versäumt hatte. Der Sklave hasste es, derartig angefasst zu werden und er hasste auch den Kommentar, dass er über gute Zähne verfügte, selbst wenn es stimmte. Schließlich wurde noch an ihm gerüttelt, als würde Sorge bestehen, dass ihm dadurch die Haare wie altes Laub vom Haupte wehen könnten. Dennoch wehrte er sich nicht, sondern ließ diese Begutachtung anstandslos über sich ergehen. Was sollte es schon nützen auszuweichen oder sich zu verweigern? Das würde nur Schwierigkeiten nach sich ziehen, die er nun wirklich nicht erstrebenswert fand. Nein, am besten man blieb einfach stehen, sperrte das Maul auf und tat ansonsten gar nichts, dann würde alles vorbeiziehen, wie ein flüchtiges Sommergewitter.


    Was blieb war allerdings die Frage nach seinem Preis. Er selbst hätte sich preislich spontan nicht als sonderlich wertvoll eingeschätzt und der Römer vor ihm tat dies wohl auch nicht. Trotzdem er vielleicht recht hatte – denn immerhin konnte Onatas nicht mehr als arbeiten, schreiben und ansonsten einen mehr oder weniger guten Eindruck machen – setzten seine Worte dem Sklaven unangenehme Stiche in die Magengrube. Wer hörte schon gerne, dass er nur achthundert Sesterzen wert war, wo man sich doch selbst gelegentlich als unbezahlbar empfand in seiner Individualität? Aber auch hier galt es nun, sich nicht in den entstandenen Disput zwischen Vater und Tochter einzumischen, oder zumindest zwischen Beauftragtem und Schützling. Denn wie es aussah standen die beiden Herrschaften nun doch nicht in einem familiären Zusammenhang. Unangenehm berührt von der kleinen Streitigkeit, deren Auslöser er nun unfreiwillig geworden war, schaute Onatas zu Boden und verbiss seine Schneidezähne in der Unterlippe. Dennoch wagte er es dann und wann abwechselnd zu den beiden sich zankenden Parteien auf zu blicken. Doch Rettung, in Form des Polycles, wollte nahen.


    Dieser allerdings reagierte ein bisschen theatralisch auf den nun auf achthundert Sesterzen gedrückten Preis und deutete wieder zu dem Soldaten hinüber. Ein Wink, dem Onatas mit den Blicken folgte. War er wirklich so begehrt an diesem frühen Morgen? Ein kaum hörbares Seufzen schlich sich über seine Lippen. Eigentlich war nur zu hoffen, dass es bald überstanden war, denn als positiv war nur zu bewerten, dass er nicht auf diesen verdammten Block musste, damit die Öffentlichkeit des Platzes noch um ihn feilschte. So war es die letzten Male gewesen. Nein, zwei Interessenten waren mehr als genug! Wieder ging das Handeln los, doch alle gebotenen Summen rauschten an ihm nur noch vorbei. Beinahe schlich sich nun sogar etwas Sehnsuchtsvolles in seine Blicke, als er zu dem Soldaten hinüber schaute. Dass allerdings galt weniger dessen Person, als dem Wunsch, dass nun Einigkeit erzielt wurde. Keinem Ego tat es gut, derartig Zentrum der Aufmerksamkeit zu sein und er selbst bildete da keine Ausnahme. Sollte Fortuna was seine Zukunft anging ihm nun hold sein oder nicht, Hauptsache sie unternahm endlich etwas! Wieder huschte Polycles von dannen, hin zu dem Mann in Uniform, während Onatas von einem Bein auf das andere trat. So konnte sich nur ein ins Nass getauchter Hund fühlen! Der Sklave atmete tief ein, schlang sich seine Arme um den Leib und versuchte unbeteiligt zu wirken, was nicht recht gelingen wollte. Ein wenig leidend schaute er nun doch drein, was er mit einem neuerlichen leichten Lächeln zu überspielen suchte, denn was hatte Batidius Denter immer gesagt? 'Wer auch zu ungünstiger Stunde zu lächeln vermag, erspart sich meist das Weinen.'

  • Nun war ein gestandener Herr hinzugekommen, anscheinend der Vater, oder Pater familias, des Mädchens. Er prüfte den Sklaven, der sich fügsam zeigte, dann wurde hart verhandelt um den Schönen. Der Händler versuchte natürlich uns gegeneinander auszuspielen, klar das war ja sein Geschäft.
    "Was kann er denn, ausser dekorativ zu sein?" erkundigte ich mich bei dem geschäftstüchtigen Griechen, während ich näher schlenderte zum Objekt der Begierde. Bei dem Preis war das ja zu erwarten, dass der Sklave irgendwie geschult war.
    Da sah der schöne Onatas mich auf einmal direkt an, fast... ja, fast will ich sagen sehnsuchtsvoll... was meiner Vernunft in dieser Angelegenheit nicht unbedingt förderlich war. Entschlossen gab ich mir den Anschein von Lässigkeit, trat heran.
    "Salvete" grüßte ich den anderen Interessenten und sein Töchterchen. "Verzeihung, wenn ich auch einmal einen Blick auf die Ware werfen dürfte? Hm..."
    Mir nachdenklich über das Kinn streichend begutachtete ich den Schönen aus der Nähe. Hinreissend. Einfach hinreissend. Ruhig Blut, Faustus. So ganz geheuer schien ihm das aber nicht zu sein, hier vor aller Augen zu stehen. Obgleich es mich eigentlich kaum interessierte - ich wußte sowieso dass ich ihn wollte, ihn haben wollte – um die Form zu wahren fragte ich ihn doch, trocken und mit nüchterner Miene:
    "Was hast du für eine Ausbildung genossen, Junge? Was sind deine Talente?"

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  • Aristoteles hatte gerade erst von seiner Ausbildung erzählt als der Römer sich plötzlich anderen Dingen zuwendete. Die junge Dame hatte wohl einen Kauf tätigen wollen und damit war er wohl nicht einverstanden. Aristoteles wünschte sich das er näher am Geschehen sein könnte und besser verstehen könnte was passierte.


    Was er mit bekam war das es wohl jetzt zu recht seltsamen dreiseitigen Verhandlungen kam. Hatte er das richtig verstanden das er in einem Angebot auch inkludiert war? Während er sich noch darüber wunderte mischte sich ein Prätorianeroffizier ein. Wollte der jetzt auch mitverhandeln? Aristoteles beschloss das die Situation so verworren war das er am Besten einfach abwarten sollte wer ihn den dann am Ende kaufte.

  • Noch während er mit seinem Lächeln rang kam der Soldat auch schon schlendernden Schrittes zu ihnen hinüber und wie man vernehmen konnte mit dem Wunsch, sich auch einmal die Ware zu betrachten. Wieder trafen Onatas taxierende Blicke, die er bald meinte auch körperlich spüren zu können. Seine eigenen Blicke wurden darunter unstet und schließlich schaute er wieder zu Boden. Doch bei Blicken blieb es nicht, denn eine fast unausweichlich erscheinende Frage sollte folgen, nämlich die nach seiner Ausbildung und seinen Talenten. Danach befragt zu werden hatte schon ein wenig mehr Tiefe als die Fragen nach seiner Herkunft, die dem Sklaven beinahe viel lieber gewesen war. Woher er kam ließ sich nämlich leicht beantworten. Was er gelernt hatte und was er konnte standen da schon auf einen ganz anderen Blatt, denn eigentlich sag er sich selbst als relativ talentfrei an.


    “Ich... habe bei meinem ersten Herrn das Lesen und Schreiben gelernt, Herr,“ antwortete er dann wahrheitsgemäß. Nero mochte gewesen sein wie er wollte, doch er hatte auch immer viel Wert auf die Grundbildungen derjenigen gelegt, die in seinem Hause weilten. “Ich durfte ab und an beim Unterricht der jungen Domina dabei sein und... ich...“ Onatas löste die Hände von seinem Leib und begann an seinen Fingern herum zu spielen. “Ich schreibe gerne... auch Gedichte... aber ich kann auch ein wenig rechnen uuuund...“ Jetzt musste er doch einen Moment überlegen. Es war gar nicht so einfach, sich selbst anzupreisen und das war es doch letzten Endes, was Polycles von ihm wollte. Zumindest hatte der Grieche alle Sklaven in seinen Gattern ermahnt, ich von ihrer besten Seite zu zeigen. “Ich kenne mich ein wenig mit Pferden aus, auch wenn ich nicht reiten kann.“ Er nickte als er seine etwas unsicher heraus gebrachten Äußerungen beendete. Ja, das war im Prinzip auch schon alles was er konnte. Nun schaute er den Soldaten wieder an und blickte dann zu der jungen Dame hinüber. Alles weitere musste er wohl ihr überlassen, denn es gab nun wirklich nichts mehr zu sagen.

  • Verdammte Axt! Es lief gar nicht gut. Und Schuld hatte natürlich wieder der Maevius, dieser alte Narr! Warum hatte er sich auch einmischen müssen? Ich hatte alles schön unter Kontrolle und war bereits mit dem Gehilfen des Griechen einig geworden. Außerdem hatte er den Sklaven wie einen Gaul begutachtet, so wie es auch mein Vater getan hätte.
    Als dann noch dieser alternde Möchtegern-Schönling in Uniform aufgetaucht war, um mir meinen Sklaven streitig zu machen, hätte ich einfach nur noch schreien können! Doch natürlich konnte ich mich beherrschen. Die Zeit, als der Grieche zu dem Soldaten hinüber gewatschelt war, nutzte ich daher, um mit meinem Begleiter Tacheles zu reden.
    „Was sollte das gerade eben? Musst du dich ständig in meine Angelegenheiten einmischen? Und was soll ich mit einem Paedagogus?“ Ich versuchte bewusst mit gedämpfter Stimme zu sprechen, um nicht noch mehr Aufsehen zu erregen.
    „Was das eben sollte? Du wirfst das Geld mit vollen Händen hinaus und lässt dich von diesem Griechen übers Ohr hauen! Und das du noch dringend einen Paedagogus nötig hast, hast du soeben bewiesen!“ Mein Begleiter hingegen musste natürlich wieder mit voller Lautstärke herum posaunen. Oh Maecenas, was habe ich dir nur angetan, dass du mir diesen Mann auf den Hals gehetzt hast?! Noch heute Abend, so schwor ich mir, wollte ich ihm einen Brief schreiben, der sich gewaschen hatte!
    Eigentlich hatte ich ihm jetzt Paroli bieten müssen! Von wegen, ich hätte noch einen Paedagogus nötig! Doch ich hielt mich zurück, was ihm anfangs zwar eine gewisse Befriedigung verschaffte, ihn dann aber doch irgendwie irritierte. Doch hätte er nur einen Blick hinter sich geworfen, dann hätte er den Griechen und den Soldaten erkennen können, wie sie sich uns langsam näherten. Eigentlich näherten sie sich nicht uns, sondern meinem Sklaven! Und was tat Onatas? Mit seinen Blicken sehnte er ihn scheinbar auch noch herbei!


    Ich hingegen bedachte den Soldaten mit einem verdrießlichen Blick, als er begann, Onatas auszufragen. Obgleich ich dadurch noch einiges über die Fähigkeiten meiner zukünftigen Neuerwerbung erfahren konnte. Maevius Tullinus schüttelte nur verächtlich den Kopf, nachdem der Sklave uns über sein Können aufgeklärt hatte. „Und für so was willst du zweitausendfünfthundert Sesterzen zum Fenster hinaus werfen?“


    Dieser Einwand war das Stichwort für Polycles. „Hol Aristoteles her!,“ raunte er Pyrrhus zu. „Den Paeda... äh... dingsbums?“, fragte der noch einmal nach, was der Grieche fast lautlos bejahte. Pyrhus lief zu den Verschlägen und kam kurz darauf mit dem Paedagogus wieder zurück.
    „Du hast ein gutes Auge für gute Ware!“, meinte der Grieche und schob Aristoteles ein Stück dem Maevius entgegen, so dass er ihn auf die gleiche erniedrigende Weise begutachten konnte, wie zuvor Onatas. "Den hier überlasse ich dir für... sagen wir fünfundzwanzig Aurei. Er hat eine gute Ausbildung genossen, musst du wissen," fuhr der Grieche mit seinem Verkaufsgespräch fort. "Und damit er der jungen Dame nicht gefährlich werden, empfehle ich dir eine unserer Dienstleistungen: schnipp schnapp," fügte er noch feixend hinzu und machte mit Mittel- und Zeigefinger eine eindeutige Handbewegung, die keinen Zweifel darüber ließ, dass der Sklave entmannt werden sollte.

  • Aristoteles musste nicht lange rätseln wie die Verhandlungen liefen, den nun wurde er dazugeholt. Hatte er also doch richtig gehört. Er war wohl Teil dieses Geschäftes. Als er sich der Gruppe näherte versuchte er eine gute Figur zu machen. Das konnte seine Chance sein an eine gute und besonders reiche Familie verkauft zu werden.


    Seine Vorstellung lief auch erst sehr gut. Polycles pries ihn richtig an. Doch dann machte er einen Vorschlag der Aristoteles das Blut in den Adern gefrieren ließ. Das "Schnipp Schnapp" und die Geste liessen keinen Zweifel an dem was für ihn geplant war. Aristoteles wusste das so mancher Paedagogus ein Eunuch war und sein bester Freund an der Schule in Athen war kastriert worden weil er ausser dem Sohn seines Herren auch die beiden Töchter unterrichten sollte. Es war halt Teil des Sklavendaseins und immer noch bei weitem weniger grausam als als Sklave an eine Bleimine verkauft zu werden. Diese Sklaven lebten höchstens ein paar Monate und dann wurde die Mine ihr Grab. Diese Sterblichkeit war in die Kosten einer solchen Mine einkalkuliert. Dann schon lieber eine kleine Operation und danach eine bequeme Anstellung im Luxus.


    So logisch diese Argumentation auch war, so nutzlos war sie. Aristoteles Unterbewusstsein wollte nichts von kleinen, operativen Verbesserungen zum Wohle seiner Herrin hören. Noch während er erschrocken aufstöhnte landeten seine Hände vor seinem Schritt. Als wenn dies seine bedrohten Geschlechtsteile schützen konnte, aber was blieb ihm sonst schon übrig.

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