Es lief wie am Schnürchen. Die Musiker spielten auf, einen Marsch zum Auftritt Fortunas, dann einen Tanz. Die jungen Frauen tanzten einen herrlichen Kreistanz. Dann beobachtete die Glücksgöttin die idyllische Szenerie. Das Publikum klatschte. Es schien allen zu gefallen. Mit strahlendem Lächeln sah Phryne zu dem Helvetier hin um zu sehen, ob er ebenso angetan vom gemeinsamen Erfolg war.
Vortragsabend anlässlich des Mogonfestes
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- Theatrum Germanica venustrus artis Moguntiaci
- Iullus Helvetius Curio
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Die beiden kniffligen Stellen waren nun geschafft. Gestern bei der Generalprobe war noch der Tisch der zweiten Ode umgefallen und die große Massenszene bei der Ode zum friedlichen Ort barg ein riesiges Potenzial für Schnitzer: Die Darstellerin der Fortuna konnte über ihr wallendes Kleid stolpern, der Übergang der Musikstücke konnte stocken, die Tänzer könnten stolpern, die Bühnentechnik für den Baum konnte versagen, hängen oder Apollo weiß was. Jetzt aber war die größte und komplizierteste Szene vorbei, es war nicht passiert und nun konnte der Abend noch in Ruhe ausklingen. Wer den Helvetier beobachtete, könnte nun sehen, wie ein regelrechter Berg von seinem Herzen fiel, er sich entspannte und begann, ein paar Worte mit seinem Sitznachbarn zu wechseln. Es hatte funktioniert! Und jetzt könnte nur noch kleine Dinge schiefgehen.
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Nach der Pause kam ein Auftritt, der Alpina besonders gut gefiel. Sowohl die Musik und die Tänze als auch die Darstellung der friedlichen Idylle kombiniert mit den passenden Worten aus den Oden des Horaz schufen eine schöne Atmosphäre. Als Fortuna mit dem Füllhorn zufrieden auf die Tanzenden sah, wurde ihr ganz warm ums Herz. Für einen Augenblick konnte man vergessen, dass dieser Friede auf wackeligen Füßen stand. Hätten nicht Corvinus und sie im Barbaricum gesehen, zu was die Germanen fähig waren und dass sie sich rüsteten, könnte man wirklich glauben, Mogontiacum liegen in den elysischen Gefilden.
Alpina griff nach Corvinus Hand und drückte sie ganz fest. Sie wollte lieber den friedlichen Augenblick genießen als über die unsichere Zukunft nachdenken.
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Alpina war nicht die einzige Zuschauerin, die bei der Ode über den friedlichen Ort auch sorgenvolle Gedanken hegte. Witjon dachte ebenfalls daran wie schnell der Frieden am Limes gestört werden konnte, denn er erinnerte sich noch gut an die Strafaktion gegen die Räuber von Borbetomagus und kannte die fürchterlichen Geschichten über den Kriegszug des Marbod nach Raetia hinein, der noch lange Jahre später seine Folgen gezeigt hatte. Im Bemühen diese Sorgen abzuschütteln warf Witjon einen etwas genaueren Blick auf die Darstellerin der Fortuna, verstohlen wohlgemerkt, um nicht zu offensichtlich eine andere Frau anzugaffen während sein Weib neben ihm saß. Mit Octavena wechselte er daraufhin auch einen glücklichen Blick und als die Musik einsetzte, verflogen seine Zukunftsängste. Beinahe neidisch betrachtete er den Mann, der aus Fortunas Füllhorn Trauben und Wein erhielt. Oh ihr Götter, es stellt wahrlich eine helle Freude dar auf Mogontiacums Wiesen die Vorzüge des Lebens zu genießen, dachte Witjon bei sich.
Am Ende des Auftritts applaudierte Witjon eifrig. "Bravo!", rief er und warf einen Seitenblick auf den Veranstalter des Abends, Iullus Helvetius Curio, der in diesem Moment erleichtert wirkte. Witjon lächelte ihm freundlich zu und nickte als Zeichen seiner Anerkennung.
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Phryne entgingen die "Bravo"-Rufe des Duccischen Sippenoberhauptes nicht. Und auch wenn er sich nur dem Magister Vici zuwandte, so wusste sie doch, dass ein gehöriger Teil des Zuspruchs ihr gehörte.
Nun würde der Höhepunkt und damit das Finale des Vortragsabends kommen. Die 16. Ode zum Seelenfrieden sollte einen versöhnlichen Abschluss bilden.
Von beiden Seiten her traten der Rezitator und Fortuna auf und bewegten sich auf einander zu. Begleitet vom zarten Klang von Lyra und Flöten. Im Hintergrund war noch immer der Aufbau der Ode vom "Friedlichen Ort" zu sehen. Fortuna blickte versonnen auf die idyllische Szenerie während der Rezitator sich ans Publikum wandte. Er wartete ab, bis gespanntes Schweigen eingetreten war. Dann hob er an.
"Ruh erfleht von Gott, wen der Sturm auf Aegeus´
offenem Meere packt, wenn das Licht des Mondes
schwarze Wolken bergen, kein sichrer Stern dem
Seemann mehr leuchtet,Ruh erfleht, von Kriegen gemartert, Thrakien,
Ruhe auch der Parther im Schmuck des Köchers,
die für Purpur, Grosphus, nicht feil ist noch für
Gold und Geschmeide:Denn kein Schatz der Welt, nicht des Konsuls Likto
rkann die Stürme, welche die Seele quälen,
kann die Sorgen scheuchen, die auch des Prunksaals
Decke umflattern.Glücklich lebt mit wenigem, wem auf schlichtem
Tisch das Salzfass schimmert, ererbt vom Vater,
wem den sanften Schlummer nicht Furcht und schmutz´ge
Habgier vertreiben.Warum streben kühn wir in kurzem Leben
nach so vielem? Suchen die Länder unter fremden Sonnen?
Kann, wer die Heimat flieht, auch selbst sich entrinnen?Selbst auf erzgepanzerte Schiffe steig die
schnöde Sorge, Reiterschwadronen folgt sie,
schneller als die Hirsche und der Ost, der
Wolken daherjagt.Frohen Sinns genieße das Heut und lass den
Kummer um das Morgen! Das Bittre meistre
mit gelassnem Lächeln: Denn volles Glück gibt´s
nirgends auf Erden.Rascher Tod ereilte Achill, den Helden,
den Tithonus schwächte ein langes Alter:
Was sie dir versagte, wird mir vielleicht die
Stunde gewähren.Dich umbrüllen Hunderte Rinderherden
auf Siziliens Insel; schon reif zum Rennen,
wiehert dir die Stute; und Kleider trägst du
zwiefach gefärbt mit
Afrerpurpur: Mir gab die Parze, die nicht
trügt, nur wenig Land, doch der Griechenmuse
zarten Hauch und wider des Pöbels Missgunst
tolze Verachtung." -
Zitat
Original von Lucius Helvetius Corvinus
Dann drehte er sich zu seinen beiden Kameraden:
"Na was meint ihr Männer wollen wir mal kurz vor die Tür?"Mit einem Nicken stimmte Vespa dem Vorschlag von Corvinus zu und stand auf, wodurch er seinen Kameraden signalisierte, dass er bereit war.
ZitatOriginal von Paullus Atius Scarpus
Vllt ergattern wir wirklich etwas für den Magen. Vespa? Was ist mit dir?"Mh." entgegnete der Grieche seinem ehemaligen ALA-Kameraden in gewohnter Knappheit.
Die Männer machten sich auf in Richtung Ausgang des Theaters, wo sich weitere Bauchladenhändler aufgereiht hatten, um diejenigen Zuschauer, die sich die Beine vertreten wollten, abzufangen, um ihren Hungerlohn durch das Verkaufen von kleineren Köstlichkeiten zu decken.
Für ein paar Sesterzen erstand der griechisch-stämmige Decurio ein paar Snacks, lehnte sich dann gegen die Mauer seitlich des Eingangs und wartete, bis seine Kameraden sich ebenfalls mit etwas Essen versorgt hatten."Und?" eröffnete Vespa das Gespräch "Werden uns die Chatten ärger machen?" jetzt wurde er langsam gesprächiger, denn jetzt folgten die deutlich aufregenderen Themen des Abends.
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Octavena war und lauschte beeindruckt, während die letzte Ode vorgetragen wurde. Ihre Skepsis, mit der sie heute hier erschienen war und die vor allem daran gelegen hatte, dass Phryne, über die noch immer einiges getratscht wurde, ihre Finger bei der Organisation im Spiel gehabt hatte, war weitgehend verflogen. Inzwischen hörte sie nur noch fasziniert zu, wobei sie eben sogar übersehen hatte, dass Witjon neben ihr verstohlen die Fortuna-Darstellerin beäugt hatte.
Auch die letzte Ode verfehlte ihre Wirkung nicht und Octavena konnte nicht umhin zuzugeben, dass das Programm gelungen war. Die Veranstalter hatten wohl ganz offensichtlich ganze Arbeit geleistet. -
Es war Zeit für das große Finale. Die Musiker bewegten sich aus dem Hintergrund auf die Bühne. Ihre Melodie steigerte sich in einem Crescendo. Als die Musik endete galt ihnen der Applaus des Publikums. Nach einer Weile nahmen sie ihre Instrumente wieder auf und spielten erneut.
Zum Klang einer fröhlichen Melodie kamen alle Schauspieler und Tänzer zu dem Rezitator und der Fortunadarstellerin auf die Bühne. In einer Reihe aufgestellt verbeugten sie sich vor dem Publikum. Tosender Applaus brandete auf. Die Darsteller und Tänzer schienen den Applaus und die Bravo-Rufe sichtlich zu genießen.
Nach einiger Zeit und wiederholten Verbeugungen bat der Rezitator die Organisatoren des Vortragsabends auf die Bühne.Ich bitte die für die Inszenierung verantwortlichen Personen auf die Bühne: den Magister Vici Iullus Helvetius Curio und Aciliana Phryne.
Mit einem strahlenden Lächeln erhob sich Phryne und stieg mit rauschendem Gewand zunächst die Stufen zur Orchestra hinab. Sie wartete bis der Helvetius von seinem Sitzplatz aufgestanden war. Mit einem herausfordernden Blick ließ sie sich von ihm die Hand reichen und auf die Bühne helfen.
Wie lange hatte sie den Applaus eines so großen Publikums nicht mehr genossen? Es war lange her. Endlich stand sie mal wieder im Mittelpunkt des Interesses und das im positiven Sinne. Sie nahm sich vor, dass es nicht das letzte Mal gewesen sein sollte. -
Der Abend neigte sich dem Ende zu und schon war das Finale durch die frühlichen Klänge der Musiker eingeläuter. Zuerst traten dabei die Schauspieler auf die Bühne und zum Schluss rief der Rezitator auch die beiden Organisatoren auf die Bühne. Während Curio noch die Glückwünsche seines Sitznachbarn entgegennahm, kam Phryne bereits die Stufen der Zuschauerränge hinab. Noch früh genug erhob sich nun auch Curio, reichte ihr nach einem - reichlich übertrieben provokanten - Blick die Hand (er hätte sie wohl sogar von ihrem Platz abgeholt oder wäre ihr entgegangen, um ihren gemeinsamen Auftritt noch größer zu machen), um ihr den Schritt auf die Bühne zu erleichtern und folgte ihr schließlich in das Zentrum der Bühne, wo immer noch die Schauspieler standen und den Applaus der Zuschauer entgegennahmen.
Mit einem gutgelaunten Lächeln nahm er den Applaus des Publikums entgegen, ließ die Schauspieler aber auch nochmal nach vorne und beugte sich irgendwann zu Phryne hinüber.
Das sollten wir beizeiten wiederholen.
sagte er mit einem freundlichen Nicken, bot ihr die Hand an und führte sie dann wieder an den zurücktretenden Schauspielern nach vorne.
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