[Horti Luculliani] Capulet und Monta... Iunii und Decima

  • Es war ein sonniger Tag in Rom. Nicht heiß, nicht zu kühl, und ein angenehmer Wind wehte von den Hügeln in die ewige Stadt hinunter, sodass es sich im Freien mehr als gut aushalten ließ.
    Heute war ein besonderer Tag für Seneca, sein Cousin und bester Freund Avianus würde nun endlich die Frau kennenlernen die sein Leben so sehr bereicherte, und dieser Umstand machte den Iunier ein wenig nervös. Er hatte Avianus bereits nahe der Castra abgeholt, und war mit ihm gemächlich aber stetig zu den Gärten geschlendert, ohne dabei zu sehr in die Details zu gehen. Natürlich wusste er worum es geht, aber er wollte dass Avianus seine Verlobte als die Person die sie war wahrnehmen würde. Iunier und Decimer, eine Hassliebe sozusagen, ein langer Zwist umgab diese Familien die trotzdem stets irgendwie verbunden blieben.
    In der Ferne sah Seneca Seiana bereits in einer etwas abgelegenen Laube sitzen, hier und da saßen noch einige Leibwächter, kein ungewöhnliches Bild also. Mit Avianus an seiner Seite schlenderte der Iunier langsam auf eben jene Laube zu..
    "Benimm dich bloß Avianus." scherzte Seneca und stupste ihn dabei mit dem Ellenbogen an, "Da vorne sitzt sie." sagte Seneca und deutete mit einer schnellen Handbewegung auf die Laube. Seine Augen verkniffen sich ein wenig als er versuchte mehr Details zu erkennen, "Und liest?" fragte er eher rhetorisch und blickte dann grinsend seinen Cousin an..
    "Wir teilen scheinbar nicht nur gleiche Interessen."

  • "Keine Sorge, mit Frauen hatte ich noch nie Schwierigkeiten", sagte Avianus und zuckte gespielt anzüglich mit den Brauen, "Aber ich werde mich bemühen, sie dir nicht wegzuschnappen."
    Anschließend verkniff er sich deutlich sichtbar ein Lachen und folgte mit seinem Blick Senecas Geste, als er sich wieder gefangen hatte. Einige Leibwächter erblickte er und dazwischen sitzend die Frau, die ausgerechnet Seneca den Kopf verdreht hatte. Natürlich war er neugierig sie kennenzulernen, denn zweifellos musste sie etwas Besonderes sein.
    Hübsch ist sie schon mal, wollte er erst sagen, aber er wusste ja, hinter Seiana steckte mehr als einfach nur irgendein hübsches Mädchen, ganz besonders für Seneca.
    "Irgendwann musst du mir erklären, wie du das gemacht hast. Geld und Einfluss können es ja nicht gewesen sein … Charm? Aussehen? Ganz spezielle Tricks?", scherzte er weiter, um die Situation noch etwas aufzulockern, während sie auf die Laube zugingen, "Also gut … willst du uns einander vorstellen, oder soll ich das selbst übernehmen?"

  • "Es freut mich das zu hören." entgegnete Seneca auf Avianus Scherz während er immer noch grinste, teils aus Nervosität, teils wegen eben jenem Witz.. "Ich muss gestehen dass das meine größte Sorge war." scherzte er nun seinerseits und blickte wieder auf Seiana die in der Ferne einfach nur da saß und etwas las.. Und selbst das zauberte ihm ein Lächeln ins Gesicht. Diese Frau hatte eine Wirkung auf Seneca die er sich nicht erklären konnte, und auf der anderen Seite, passend zu dem was Avianus fragte, konnte er sich nicht erklären wie er sie überhaupt dazu bekommen hatte ihn überhaupt als passenden Mann in Betracht zu ziehen..
    "Aussehen.. Aussehen wird es sein, ich meine sieh mich an." natürlich stieg Seneca auf den Scherz ein und legte dann noch eine Schippe drauf, denn je näher sie der Laube kamen, umso mehr versuchte er seine eigentlich grundlose Nervosität zu verschleiern.
    "Und wenn man in Betracht zieht wie tollpatschig und unsicher ich damals sein konnte, würde ich eine Portion Mitleid ebenfalls nicht gänzlich ausschließen." scherzte er weiter, bevor sie schon bald an der Laube angekommen waren.
    Idyllisch war es, ruhig im grünen gelegen, unter einem Baum die Gärten überblickend, ruhig und etwas abseits, immerhin galt es noch eine gewisse Diskretion zu wahren solange sie noch nicht offiziell verheiratet waren.
    "Ich stelle euch vor, ich meine, das gehört sich ja so." antwortete Seneca etwas nervös bevor sie gemeinsam die letzten Schritte zurücklegten, bis sie schließlich bei den bekannten Gesichtern der Leibwächter und natürlich Seianas angekommen war...
    Mit einem Lächeln im Gesicht ging Seneca auf seine Verlobte zu, natürlich würde er sie nun nicht küssen können, nicht einmal umarmen können, das ziemte sich nicht, auch wenn er es sehr gerne tun würde.. Kurz fiel sein Blick auf das Buch dass Seiana in der Hand hielt, Satyricon, von Petronius Arbiter, eine interessante Wahl..
    "Seiana." sagte Seneca ruhig und mit einem breiten Grinsen ins Gesicht, "Ein schönes Plätzchen hast du dir ausgesucht." befand er und trat dann ein wenig zur Seite, damit sie eine klare Sicht auf seinen Cousin hatte, "Ich freue mich dass ihr euch endlich kennenlernt, das ist Aulus Iunius Avianus, Centurio der Stadtkohorten." sprach der Iunier und deutete kurz auf seinen Vetter, bevor er seinen Blick wieder auf Seiana legte, "Avianus, darf ich vorstellen? Decima Seiana, meine Verlobte."

  • Seiana war absichtlich um einiges früher gekommen, als sie mit Seneca vereinbart hatte. Sie nervös, schon wieder – sie hasste es, sich so zu fühlen, und sie hasste es, dass im Moment ein Termin den nächsten zu jagen schien, der sie sich so fühlen ließ. Und bei diesem hier war es erst recht kompliziert. Ihre eigene Familie kannte sie, und sie wusste halbwegs, woran sie war. Aber jetzt ging es um seine Familie, oder jedenfalls um einen seiner Verwandten. Einen weiteren, dem Seneca die Wahrheit erzählt hatte – was Seiana nicht gefiel, ganz und gar nicht. Erst recht nicht nach den Erfahrungen, die sie schon hatte machen müssen, weil er einer Person zu sehr vertraut hatte, die dieses Vertrauen nicht verdient hatte. Ihr Bruder Faustus war seit Kindheitstagen ihr engster Vertrauter... und sie hatte Jahre gebraucht, bis sie sich hatte durchringen können wenigstens ihm von Seneca zu erzählen. Jeder weitere, der Bescheid wusste, war einer zu viel in ihren Augen, aber sie konnte es nicht ändern, dass es noch mehr geworden waren. Sie wollte ihm keine Vorschriften machen. Sie hoffte nur, dass es sonst wirklich keinen mehr geben würde... auch wenn sie irgendwie zu bezweifeln wagte, dass Seneca wirklich klar war, dass ihr Risiko dabei ungleich höher war als seines. Entsprechend nervös war sie also. Aber da musste sie wohl durch, irgendwie... und in der Hoffnung, dass es so leichter würde, war sie früher in den Park gekommen und hatte es sich bequem gemacht mit einem Schriftstück – Satyricon, um genau zu sein, etwas von dem sie hoffte, dass es sie ablenken würde. Aber so recht konzentrieren konnte sie sich irgendwie nicht. Ein paar Mal schon hatte sie aufgesehen, hatte überlegt, ein Gespräch mit Álvaro anzufangen – auch wenn er nicht unbedingt der beste Gesprächspartner war, schweigsam und zurückhaltend wie er war, war er doch immer noch besser als Bran. Aber sie sagte dann doch nie etwas, sondern versuchte nur weiter zu lesen.


    Als Seneca mit seinem Verwandten dann endlich kam, wurden ihre Leibwächter als erstes auf sie aufmerksam – Álvaro gab nur ein leichtes Zeichen, eine vage Kopfbewegung, aber das genügte, damit auch Seiana Bescheid wusste. Sie sah erneut hoch und erhob sich dann, als die beiden Männer nahe genug gekommen waren. Sie lächelte Seneca zu, flüchtig, aber warm. „Ja, es ist ganz angenehm hier.“ Seiana berührte seine Hand, einen winzigen Moment zu lange, als dass es noch unauffällig gewesen wäre. Trotzdem viel zu kurz... und zugleich das einzige, was sie sich in der Öffentlichkeit leisten konnten – selbst hier, so abgeschieden wie sie waren. Sie wollte kein Risiko eingehen, Schwierigkeiten gab es auch so schon genug.
    Als sich ihre Hand von Senecas wieder löste, wandte sie sich seinem Verwandten zu, Iunius Avianus, und auch ihm lächelte sie zu, wenn auch deutlich vorsichtiger. „Salve, Iunius Avianus“, grüßte sie ihn, ein wenig verhalten, aber freundlich. „Ich freue mich, dich kennen zu lernen.“

  • Zumindest ein wenig gelang ihm, was er mit seinen Scherzen hatte erreichen wollen. Ein wenig nervös war Seneca noch immer, aber wirklich beruhigt würde er vermutlich erst sein, wenn Seiana und er sich getroffen hätten und alles glatt lief. Avianus folgte ihm weiter durch die Gärten auf die Laube zu und hielt sich erst zurück. Ein kurzer interessierter Blick ging zu dem Buch, welches sie eben noch gelesen hatte, denn zurzeit war er stets auf der Suche nach gutem Lesestoff, wenn auch nicht für sich selbst, und musterte schließlich die Frau vor ihm genauer, dieses mal aus der Nähe. Endlich bekam der Name Decima Seiana auch ein Gesicht, denn gesehen hatte er die Frau bisher noch nie, soweit er sich erinnerte, selbst er von ihr gehört hatte. Als Seneca ihm ein wenig Platz machte trat er vor und schenkte der Decima, die ihn etwas zurückhaltend begrüßte, ein freundliches Lächeln. Das sprichwörtliche Eis brach eben nicht von alleine.
    "Salve. Mich freut es genauso, Decima Seiana", grüßte er ebenfalls knapp und blickte kurz zu Seneca. Der hatte ihm bisher kaum etwas über Seiana erzählt, musste er gerade feststellen, und wusste folglich nicht recht, was er noch sagen sollte. Ein kleines bisschen nervös wurde er nun außerdem doch, da er sich in Erinnerung rief, wen er eigentlich vor sich hatte. Auf keinen Fall aber würde er auf irgendeinen politischen Firlefanz oder die Fehde zwischen ihren Familien, wenn man es so nennen konnte, eingehen, wenn es nicht unvermeidlich war. Dafür wäre ihm die Zeit ansonsten schlicht zu schade und von den Themen hatte er inzwischen bei weitem genug.
    "Leider hat Seneca bisher seine Zeit lieber damit verbracht, verliebt dreinzuschauen, als mir viel mehr als das offensichtliche oder allgemein bekannte über dich zu erzählen …", nahm er die Situation am Ende einfach so, wie sie war, und schenkte seinen Vetter ein leichtes Grinsen. "Zugegebenermaßen … als er sagte, dass der Name dieser Frau, von der er hin und wieder gesprochen hat, Decima Seiana lautet, war meine erste Reaktion auch nicht direkt 'Toll, wie ist sie denn so?' …" Verständlicherweise, dachte er. Wie unkonventionell die Beziehung der beiden war, war ja absolut jedem klar. Wie hätte er zu Beginn mit so etwas rechnen sollen. "Wie auch immer, ich sollte wohl zur Verlobung gratulieren."

  • Seneca stand ein wenig unbeholfen neben seinem Cousin und seiner Verlobten. Natürlich, er hoffte und war auch optimistisch darüber dass sich die beiden irgendwann einfach sehr locker und vertraut unterhalten konnten, aber im Moment war diese ganze Situation sehr ungewohnt. Mit einem etwas schiefen Lächeln reagierte Seneca auf Avianus warme Worte, die ihn in ein recht gutes Licht rückten, und dennoch fiel ihm auf Anhieb keine gute Antwort ein, oder etwas, was er noch hätte sagen können.
    Stattdessen war er damit beschäftigt nicht allzu verloren zu wirken.. Was machte man normalerweise mit seinen Händen? Ineinanderlegen? Hinter den Rücken? Es war wie diese peinliche Situation wenn man ein Geburtstagslied geträllert bekam, und nicht so recht wusste was man in diesen 20 Sekunden genau tun sollte.
    "Ich hab nicht nur verliebt geschaut!" wandte er letztlich doch noch ein, was aber mindestens ebenso unbeholfen wirkte wie seine Angst keine der beiden Seiten irgendwie beeinflussen zu können, sollte das Ganze doch in eine negative Richtung abdriften, "Aber ich muss zugeben dass es mich freut dass ihr euch endlich kennenlernt. Avianus musst du wissen..." sprach er, und deutete auf seinen Cousin, "War früher Soldat meiner Centurie, und darüber hinaus ist er sozusagen mein bester und treuster Freund. Also wirst du von ihm wohl noch des Öfteren hören." erklärte er weiter, war sich allerdings schon vorher bewusst dass Seiana sich mit Fremden immer etwas schwer tat. Aber eventuell halfen seine Worte ja um das Eis zu brechen, immerhin hatte Avianus einen hohen Stellenwert bei ihm.

  • Unwillkürlich musste Seiana schmunzeln, halb amüsiert, halb geschmeichelt, als sie hörte was der Centurio nach der Begrüßung sagte. „Ach. Hat er das?“ Sie warf Seneca einen Blick von der Seite zu und musste fast schon grinsen, als er abwiegelte – wurde dann aber wieder etwas ernster, als die nächsten Worte fielen. Sonderlich begeistert war also auch dieser Verwandte Senecas nicht gewesen, als er von ihr erfahren hatte. Irgendwo war ihr ja auch klar warum, trotzdem war sie sich unsicher, wie sie darauf jetzt reagieren sollte. Mit einem Scherz. Mit einer Versicherung, wie ernst sie es meinte. Oder gar nicht. Sie wollte es richtig machen, so sehr, dass sie nicht wusste was sie sagen sollte – was ihr eher selten passierte. Das hieß, wenn es darum ging wirklich offen zu sein, passierte es ihr durchaus öfter, aber üblicherweise musste sie sich ja auf keine allzu persönliche Ebene einlassen mit jemandem, dem sie zum ersten Mal begegnete. Üblicherweise konnte sie sich bei so etwas auf höfliches Geplänkel zurückziehen, was ihr nicht unbedingt Spaß machte, was sie aber beherrschte.
    „Vielen Dank“, erwiderte sie zunächst auf die Quasi-Gratulation zur Verlobung, und war dann kurz doch davor, einfach nur irgendetwas Nichtssagendes von sich zu geben, höflich, aber vage und kühl. Weil es ihr von schlechten Alternativen immer noch als die beste erschien. Aber bevor sie weiter reden konnte, warf Seneca noch etwas ein, und das ließ sie dann doch wieder innehalten. Sein bester und treuster Freund. Sie wusste das, deswegen trafen sie sich heute hier, aber dass Seneca das noch mal so deutlich formulierte, rief ihr ins Gedächtnis, um was es hier ging. Es war ihm wichtig. So wichtig wie ihr vermutlich, dass ihr Bruder und Seneca sich, wenn schon nicht verstehen, dann doch wenigstens akzeptieren würden. Sie war es ihm schuldig, mehr zu versuchen als einfach nur ihre öffentliche Maske aufzusetzen, auch wenn sie sich dabei in ungewohntes Terrain begab. „Ja, ich... kann mir vorstellen, dass das erst mal überraschend war.“ Überraschend. Das traf es wohl nicht ganz, konnte sie sich vorstellen, aber es war einigermaßen neutral. Sie bemühte sich um ein Lächeln, ein offeneres diesmal. „Wenn dich irgendetwas interessiert, kannst du ja jetzt mich fragen. Ich verspreche von mir bekommst du bessere Antworten als...“ Sie sah Seneca erneut kurz an, diesmal etwas verlegen, und fuhr fort, „... verliebte Blicke. Sollen wir uns setzen?“ wies sie dann noch auf die steinernen Sitzplätze in der Laube, wo sie zuvor schon gesessen hatte. Vielleicht wurde es dann auch schon etwas lockerer, wenn sie nicht mehr herum standen.

  • Die Reaktionen seines Cousins und dessen Verlobter auf seinen Scherz amüsierten ihn, vor allem Senecas etwas hilfloser Einwand.
    "Keine Angst Seneca, ich verrat' schon nicht zu viel", meinte Avianus zu seinem Vetter und musste sich ein Lachen verkneifen. Bestimmt wusste er, dass er nur Witze machte, wie immer eben. Alte Gewohnheiten wurde man eben nur schwer los und Seneca kannte ihn ja lange genug.
    Dann waren da noch die Worte, mit welchen sein Verwandter ihn beschrieb, und auf die ihm erst keine andere Reaktion einfiel als nach wie vor breit zu grinsen. Es bedeutete ihm wahnsinnig viel, dass Seneca so große Stücke auf ihn hielt. Das beruhte zweifellos auf Gegenseitigkeit. Was war besser als einen Freund zu haben, der auch dann noch da war, wenn man nicht immer nur alles richtig machte, und der Fehler nicht nur akzeptierte oder hinnahm, sondern einem dennoch treu zur Seite stand.
    "Und du könntest dafür so freundlich sein, mich nicht in Verlegenheit zu bringen", kommentierte er schlussendlich und wandte sich wieder an Seiana, "Gerne … setzen wir uns." Bevor sie hier noch ewig herumstanden.
    Er ließ sich mit den beiden in der Laube nieder und wusste nun nicht recht, was er fragen oder sagen sollte, obwohl Seiana ihm so offen angeboten hatte, seine Fragen zu beantworten, denn es war verdammt schwierig, nicht auf den Streit mit seiner Familie oder sonstige heikle Themen zu sprechen zu kommen. Schönes Wetter heute, sparte er sich ebenfalls.
    "Auf dieses Angebot komme ich später sicher gerne zurück und bitte dich, dasselbe zu tun, falls dich etwas interessiert. Obwohl es über mich nicht allzu viel zu wissen gibt", sagte er deshalb einfach mal freundlich, ohne schon in den ersten Minuten ihres Treffens damit anzufangen, in Seianas Vergangenheit und Privatleben abseits von der Sache mit seinem Cousin nachzubohren.
    "Seneca und ich haben schon so einiges zusammen erlebt. Nach den Jahren, die ich nun schon in Rom verbracht habe, ist er einer der wenigen Freunde, die mir immer treu geblieben sind, und ich dachte immer, ich wüsste über alles wichtige Bescheid …", griff er erneut auf, womit Seneca zuvor angefangen hatte, allerdings nicht in vorwurfsvollem Ton, sondern mit einem Lächeln. "Also ja … ich war überrascht …" Darüber, dass er zunächst nicht sonderlich begeistert reagiert hatte, als Seneca ihm das mit Seiana gebeichtet hatte, verlor er selbstverständlich kein Wort. Man musste unangenehme Situationen nicht herausfordern, außerdem wollte er darauf auch gar nicht hinaus: "Aber ich gönne ihm dieses Glück, das er mit dir so offensichtlich hat. Er hat es verdient." Knapp nickte er Seneca zu und lehnte sich etwas zurück.
    "Nun … genug davon. Ihr heiratet ja. Schon irgendwelche Pläne deswegen?"

  • Zwar wurde er nicht dazu aufgefordert oder eingeladen, aber auch Seneca setzte sich. Zwar nicht auf die gleiche Bank und ein wenig Abseits, immerhin ging es heute nicht um ihn sondern um Seiana und Avianus, sodass er sich in Zurückhaltung übte und seiner Braut nur mentalen Beistand leistete, und ab und zu ein Lächeln in Richtung der Beiden schickte..
    Während er dort so saß, blickte er sich weiter um und beobachtete kurz Seianas Leibwächter. Was diese wohl von ihm halten würden? Während er ein wenig starrte blickte dieser plötzlich zurück und Seneca quittierte dies mit einem Nicken, um sich wieder seinen Liebsten zu widmen..
    Er bemerkte dass Avianus letzte Frage ja ihnen Beiden galt, und auch wenn es eigentlich an der Braut lag solche Pläne zu schmieden, ließ er es sich nicht nehmen eben jene grob Zusammenzufassen, Seiana konnte diese ja immer noch ergänzen..
    "Wie du vielleicht verstehst planen wir keine allzu große Feier." erklärte Seneca und fuhr fort, "Wir werden aber in den Albaner Bergen heiraten. Wir beide sind schon länger nicht in Rom gewesen, sodass eine Hochzeit hier nicht unbedingt nötig ist." plus natürlich dieser Familien Sache, die Casa Iunia fiel als Austragungsort ja eher weg.

  • Seiana musste lächeln, als sie Avianus' Reaktion hörte und die beiden sich ein wenig aufzogen. Es half tatsächlich dabei, dass sie sich wenigstens etwas wohler fühlte, weil es die steife Situation auflockerte. Sich zu setzen war der nächste Schritt, auch wenn sie ein bisschen überrascht war, als Seneca sich etwas abseits setzte. Sie hatte eigentlich beide angesprochen, und sie hatte auch gedacht, dass sie sich zu dritt trafen... und sie fühlte sich sowieso nicht übermäßig wohl in dieser Situation. Und jetzt setzte er, der doch eigentlich das Bindeglied war, sich nicht dazu? Für einen kurzen Moment sah sie ihn fragend an, sagte aber nichts, sondern wandte gleich Avianus ihre Aufmerksamkeit zu, als der nun sprach. „Das glaube ich dir irgendwie nicht so ganz. Allein schon als Centurio der Stadtkohorten hast du sicher eine Menge zu erzählen“, erwiderte sie.
    Und nickte dann, erneut unschlüssig, als er noch mal sagte er sei überrascht gewesen. Und dass er geglaubt hätte über alles Bescheid zu wissen. Für einen Moment huschte ein Schatten über ihr Gesicht... vielleicht war es falsch, das zu denken, aber auch unter diesem Aspekt wäre es besser gewesen, ihm einfach nichts zu sagen. Nur das, was sie anderen auch erzählten. Der Centurio lächelte zwar bei seinen Worten, aber dennoch... es war nicht schwer sich vorzustellen, dass er unter diesen Umständen nicht nur überrascht, sondern wohl auch etwas enttäuscht gewesen war. Wieder sah sie ihn an. „Es ließ sich nicht vermeiden“, murmelte sie, mehr zu sich selbst als zu den beiden Männern. Und versuchte dann, diesen Gedanken abzuschütteln. Das Kind war in den Brunnen gefallen. Genauso wie einige andere... aber es brachte jetzt nichts, an irgendetwas davon zu denken. Sie waren hier draußen, im Freien, im Grünen, sie hatten Abstand zu anderen Menschen und waren für sich, und wenn sie den Kopf zurücklegen und die Augen schließen würde, würde sie sich wohl fast vorstellen können, wieder auf dem Landgut zu sein, fern von jedem Druck, von den Erwartungen und den Widerständen. Und Avianus war freundlich. Vielleicht nicht unvoreingenommen, aber freundlich, wofür sie schon dankbar war. „Verdient hätte er viel mehr“, lächelte sie, und ergänzte dann, als es um die Hochzeit ging: „Eine große Feier hätte ich aber sowieso nicht unbedingt gewollt. Ich bin kein Freund von großen Festen, muss ich sagen. Die Albaner Berge bieten sich an, weil sie nahe genug an Rom sind, dass man von dort bequem kommen kann, aber das Landgut meines Onkels würde auch Platz für Gäste bieten, die über Nacht bleiben möchten. In Mantua wäre beides sicherlich schwieriger geworden.“ Sie räusperte sich, nach wie vor ein wenig unschlüssig, und fügte dann an: „Die Gegend ist sehr schön. Wenn du ein paar Tage dienstfrei bekommst, kannst du gerne etwas länger bleiben.“

  • Avianus fand es ein wenig seltsam, dass Seneca sich nicht direkt zu ihnen setzte, ließ es aber unkommentiert, und nahm sich einfach vor, sich Seiana gegenüber von seiner besten Seite zu zeigen. Etwas anderes blieb ihm auch nicht übrig, jetzt wo Seneca scheinbar nur noch mit halbem Ohr zuhörte und ihn nicht mit einem Stupser vor irgendwelchen Fettnäpfchen warnen könnte.
    Sein Lächeln wurde kurz zu einem Grinsen. Ausgerechnet Seiana tat so, als fände sie sein Leben als Centurio interessant, und konnte nicht anders, als sich ein kleines bisschen geschmeichelt zu fühlen. Selbst wenn sie es wohl nur sagte, um nicht unfreundlich zu sein. Sie, die Schwester eines gewesenen Gardepräfekten und Nichte des Praefectus Urbi. Er war wahnsinnig stolz auf seinen Posten, keine Frage, aber was waren die Geschichten eines kleinen Centurios gegen jene der mächtigsten Männer des Reiches. "Du kannst dich dessen ja gerne vergewissern", lud er sie ein, ihrerseits die eine oder andere Frage zu stellen.
    Überraschenderweise hatte sich sein Vetter bei der Frage nach der Hochzeitsfeier dennoch eingeklinkt, obwohl er seinen Sitzplatz ein wenig abseits gewählt hatte. Avianus nickte wissend und sein Grinsen ebbte wieder etwas ab. Er war keineswegs überrascht, dass die Feier kleiner ausfallen würde. Von den Iunii würde schon kaum einer dort aufkreuzen. Vom Bräutigam mal abgesehen vermutlich nur er. Wie es auf Seiten der Decimi aussah, konnte er nicht beurteilen, konnte sich aber gut vorstellen, dass dort auch nicht jeder vor Begeisterung Luftsprünge machte.
    "Ich verstehe. Die Albaner Berge … eine gute Alternative", stimmte er nickend zu, "Ruhig. Ein wenig außerhalb. Perfekt für eine kleine Feier im engen Kreise." Seianas Angebot würde er einerseits nur zu gerne annehmen, jedenfalls wenn eines noch geklärt würde: Was wäre solange mit Sibel? Auf gar keinen Fall würde er sie alleine in Rom lassen. Darüber, ob sie ihn begleiten könnte, wenn auch nur als Sklavin, oder es vor allem wollte, war er sich nicht sicher. Da würde er erst noch mit Sibel ein paar Worte wechseln müssen. "Dein Angebot ist wirklich verlockend, Seiana, und ich würde es wirklich gerne annehmen, falls es sich einrichten lässt. Ich sitze schon ewig hier in Rom fest. Allerdings bin ich in letzter Zeit schwer beschäftigt …" Seneca schenkte er unterdessen vielsagende Blicke. Der wusste vermutlich, wovon er sprach. "Ich werde sehen was sich machen lässt. Es sei denn natürlich, ich muss mich sofort entscheiden."

  • Das Gespräch der Zwei verlief ein wenig zäh, auch wenn sich Beide viel Mühe gaben was den Iunier natürlich freute. Die Tatsache dass Seiana ihm so offen schmeichelte ließ ihn ein wenig verliebt grinsend auf den Boden schauen.. So langsam hörte sie sich wirklich wie seine Verlobte an.
    Avianus vielsagender Blick später ließ Seneca natürlich direkt an Avianus eigene heimliche Liebe denken, und umgehend folgte seine Antwort, "Nun, du kannst dir deine Arbeit auch mit in die Berge nehmen." scherzte Seneca und gab seinem Cousin einen ebenso vielsagenden Blick zurück, "Und nein, natürlich musst du dich nicht direkt entscheiden. Natürlich wollen wir die Hochzeit nicht zu weit vor uns herschieben, aber sie ist auch nicht Morgen." versicherte er seinem Verwandten und wandte sich dann an seine Verlobte, "Es sei denn natürlich du willst Morgen heiraten, dann ließe sich auch das sicherlich einrichten." neckte Seneca Seiana und verkniff sich den Vorschlag dass Avianus doch eine Reisegruppe mit ihrem Onkel bilden könnte.. Für den praktisch denkenden Seneca war dies nur sinnvoll. Aber solange Avianus da wäre, wäre er schon zufrieden.

  • „Mein Vater war auch Soldat. Er hat früher immer Geschichten vom Dienst erzählt, wenn er zu Hause war.“ Seiana lächelte bei der Erinnerung daran, aber als sie daran denken musste, dass Jahre später Faustus ihr Geschichten erzählt hatte, verblasste ihr Lächeln ein wenig. Aber sie verdrängte den Gedanken daran. Sie wollte nicht melancholisch werden oder ins Grübeln geraten, was passieren würde, wenn sie zu lange über ihren Bruder nachdachte. Die Atmosphäre war sowieso noch etwas steif, und Avianus hätte nicht ahnen können, warum ihre Stimmung kippte. Auch Seneca nicht... sie würde ihm noch erzählen müssen, wie Faustus reagiert hatte. „Ich werde dich beim Wort nehmen“, sagte sie noch, sich auf das Hier und Jetzt konzentrierend statt an ihren Bruder zu denken.


    Als Seneca davon sprach, der Centurio könne seine Arbeit auch mitnehmen, zog Seiana flüchtig eine Augenbraue hoch. Sie wusste nicht genau, wie viel Verwaltungsarbeit ein Centurio hatte, aber sie fand es fraglich, ob es so viel Sinn machte das mitzunehmen. Allerdings schloss sie sich Senecas Worten dazu mit einem Nicken an, bevor sie murmelnd – und eher an sich gewandt als an ihn – seinen letzten Satz kommentierte: „Morgen wäre vielleicht gar keine so schlechte Idee...“, murmelte sie. Im Gegensatz zu ihm klangen ihre Worte nicht wirklich nach einem Scherz. Stattdessen lag ein Seufzen in ihrer Stimme, bevor sie sich ein weiteres Mal dazu zwang, trübselige Gedanken zu vertreiben. „Oder auch nicht. Ein bisschen Vorbereitung kann nie schaden“, fügte sie mit einem leicht gezwungenen Lächeln hinzu und meinte zu Avianus: „Du kannst gerne auch spontan entscheiden, ob du länger bleiben möchtest, sofern dir das möglich ist, was deinen Dienst angeht. Im Zweifel gibt es auch noch auf dem Nachbarlandgut Platz für Übernachtungsgäste. Es ist zwar kleiner und eignet sich für die Feier weniger...“ Auch weil dort Silana war, und Seiana wollte vermeiden, dass jemand auf sie traf. Außer Faustus wusste niemand von der Kleinen, glaubte sie jedenfalls, und sie wollte das vorerst so belassen. Und bei ihren Verwandten würden Fragen aufkommen, wer das Mädchen wohl war. Avianus aber dort übernachten zu lassen, würde wohl kein Problem sein. „... aber ein paar wenige Gäste können auch dort übernachten. Und es ist etwas gemütlicher dort.“

  • Avainus' Züge erhellten sich. Hatte Seneca ihm gerade sein Einverständnis gegeben, Sibel mitzubringen? Selbst wenn er es nicht bräuchte – andere Gäste die dort übernachteten, würden sicherlich auch ihre eigenen Sklaven mitbringen –,es ließ dennoch ein Lächeln auf seinen Zügen erscheinen. Er dachte über Sibel ja keinesfalls als Sklavin und Seneca wusste das.
    "Das könnte ich natürlich", stimmte er seinem Vetter gut gelaunt zu und war nicht ganz sicher, was er zu Seiana noch hätte sagen sollen. Vorbereitung war in seinem Fall eher schwierig, aber davon konnte Seiana nichts ahnen. "Jedenfalls werde ich mir eure Hochzeit ganz bestimmt nicht entgehen lassen." Für einen Tag könnte er seinen Optio mit dem Rest der Centuria problemlos allein lassen, und wenn er länger bleiben könnte, dem dann frisch gebackenen Brautpaar nicht auf die Nerven ging und Sibel Freude daran hatte, wäre er dem ebenfalls nicht abgeneigt.


    Er wurde das Gefühl nicht los, dass Seiana noch immer etwas zurückhaltend war. Sie begegnete ihm keineswegs abweisend, im Gegenteil, freundlich und höflich, blieb aber nach wie vor eher sachlich. Vielleicht weil er bisher dasselbe getan hatte, jedoch nur, um das Gespräch nicht in unangenehme Richtungen zu lenken.
    "Naja, was soll ich sagen? Wir Urbaner halten eben die Stadt am Laufen ... Patrouillen, Kontrollen, Wache halten, immer mal wieder Einsätze, wenn es irgendwo Ärger gab, gibt oder welcher zu erwarten ist ... und davon gibt es im Rom ja genug", meinte er lachend, "Hier eine Schlägerei, dort ein Mord … zurzeit halten sich außerdem ein paar Christianer nicht an die Gesetze. Noch dazu habe ich regelmäßig das Vergnügen, die Ausbildung neuer Rekruten übernehmen zu dürfen. Langweilig wird mir jedenfalls nicht." Wie es bei seinen Zuhörern aussah, war wieder eine andere Sache, noch aber schliefen sie zumindest nicht ein, stellte er amüsiert fest. Wobei Seiana ihm sicher auch einiges erzählen könnte.
    "Du warst ja früher bei der Acta tätig … planst du schon etwas für die Zukunft? Oder machst du es wie Seneca, der in den nächsten Jahren vermutlich zum langweiligen Familienvater wird?"

  • "Das freut uns natürlich." entgegnete Seneca und bezog Seiana dabei einfach mal mit ein, immerhin würde sie sich zumindest für ihn freuen, denn noch kannte sie Avianus ja kaum..
    Dass Avianus seine Sibel mitbringen würde störte den Iunier nicht weiter, mehr noch, er freute sich ein wenig für seinen Cousin, und letztlich wusste ja niemand von der Vergangenheit seiner Perle, und selbst wenn würde das wohl niemand freiwillig zugeben vor den anderen Gästen.
    Avianus' Ausführungen lauschte der Iunier dann wieder ruhig. Er kannte das Geschäft der Urbaner ja bereits, und dennoch war es immer wieder interessant Geschichten aus dem aktiven Dienst zu hören.
    Als er letztlich auf ihre Zukunft zu sprechen kam horchte Seneca auf. Er wusste natürlich nicht wie Seiana reagieren würde wenn er ihm von Silana erzählt hatte, sodass er sich genötigt sah dort ein wenig regulierend einzugreifen.
    "Ob ich langweilig werde muss Seiana beurteilen.." scherzte Seneca und fuhr fort, "Aber der Wunsch nach einer Familie ist glaube ich etwas gänzlich normales." versuchte er das Thema wieder auf zukünftige Kinder zu lenken, nicht auf jenes welches sie schon hatten. Auch der Wunsch nach einer Familie klang wohl etwas absurd aus Senecas Mund wenn man sich anschaute wie blendend es bereits mit seiner Familie lief.

  • Avianus freute sich offenbar über das Angebot, und Seiana nickte zu Senecas Worten. Sein Verwandter konnte wegen ihr gerne auch etwas länger bleiben, auch wenn sie wusste, dass es vom Dienst her wohl schlecht einzurichten war. Aber wenigstens zur Hochzeit, und vielleicht einen Abend, eine Nacht bis zum nächsten Tag... Seneca hatte zwar gesagt, dass Avianus sein bester Freund war, aber die beiden so zusammen zu erleben, zu sehen wie vertraut sie miteinander umgingen, zeigte ihr mehr als Worte, dass es tatsächlich so war. Dass er zur Hochzeit kommen würde, freute sie, allein weil es Seneca viel bedeuten würde.


    „Christianer?“ hakte sie ein, als Avianus ein bisschen aus seinem Alltag erzählte. „Ich dachte die hätten ihre Lektion irgendwann mal gelernt. Machen sie viel Ärger?“
    Langweiliger Familienvater. Seiana musste lächeln, als sie das hörte, und erst recht bei Senecas Reaktion. „Warten wir's ab, wie langweilig du wirst. Wenn du Glück hast, halten dich deine Soldaten genug auf Trab... wenn die dich auch irgendwann für langweilig halten, bekommst du Probleme.“ Das Thema Familie versuchte sie zu umschiffen. Sie wollte Seneca. Sie war sich nicht so sicher, ob sie eine Familie wollte. Natürlich wusste sie, dass das eine mit dem anderen einher ging, nur... sie erinnerte sich noch an die erste Schwangerschaft, daran wie unwohl sie sich damit gefühlt hatte, dass etwas... Fremdes in ihr heranwuchs und einfach so die Kontrolle über sie, über ihren Körper übernahm. Sie erinnerte sich an die Geburt. Und sie erinnerte sich an die Zeit danach, an das Loch, in das sie gefallen war, an ihre Unfähigkeit, ihr eigenes Kind auch nur anzusehen, geschweige denn anzufassen, an die Unsicherheit, die sie empfunden hatte, und die sich im Grunde noch bis heute zeigte im Verhältnis zu ihrer Tochter. Sie wusste, dass Seneca Kinder haben wollen würde – wie er schon sagte: der Wunsch nach einer Familie war ja eigentlich normal. Und sie würde dem ganz sicher nicht entgegen stehen. Ihr war es nur lieber nicht allzu sehr über dieses Thema nachdenken zu müssen, so lange es noch nicht akut war, jedenfalls.
    Avianus hatte dankenswerterweise noch ein Thema angeschnitten, auf das Seiana gerne einging. „Was mich angeht...“ Sie warf Seneca einen fragenden Blick zu – hatte er schon von dem Angebot seines Patrons erzählt? Nachdem sie das nicht wusste, beschloss sie erst mal auf Hinweise darauf zu verzichten, zumal die Fürsprache des Duccius noch nicht mit Sicherheit hieß, dass Seneca den Posten auch bekam. „Die Ruhe in den letzten Jahren hat mir gut getan, aber ich denke nicht, dass es dauerhaft so bleiben wird. Trotzdem: erst mal die Hochzeit, und der Umzug nach Mantua. Dann werde ich weiter sehen, was sich ergibt. Meine Betriebe könnten es vielleicht mal wieder vertragen, dass ich mich mehr mit ihnen beschäftige...“

  • "Tja, das dachten wir von den Cohortes auch, bis einer von ihnen einen meiner Soldaten in einem Hinterhof abstechen wollte. Wobei es dabei nur um eine einzelne Gemeinschaft der Sekte in Trans Tiberim geht, die vor ein paar Jahren schon einmal Ärger gemacht hat, als sie unerlaubt missioniert haben", erzählte Avianus von den Problemen mit den lästigen Christianern, "Das unüberlegte Eingreifen von ein paar Urbanern damals hat die Lage eher verschlimmert und niemandem geholfen. Das einzige, was sich seither wirklich verändert hat, ist, dass diese Christianer uns gegenüber noch feindseliger und misstrauischer geworden sind …" Er zuckte mit den Schultern und seufzte kurz. "… und ich darf den Mist mit meinen Leuten wieder aufräumen." So war das eben, irgendwer musste es machen. Den Tag, an dem sie ihr Nest endgültig aushoben, würde er auf jeden Fall feiern. Von denen hatte er die Schnauze eindeutig voll.
    "Mit sowas musst du dich ja nicht mehr rumärgern …", meinte er lächelnd zu Seneca. Über dessen Schreibtischtätigkeit hatte er sich schon in der Vergangenheit den einen oder anderen Scherz erlaubt. Heute beließ er es bei einer Anspielung. Mit der Zeit wurden dieselben Witze auch langweilig. Außerdem würde er selbst vielleicht einmal hinter einem solchen Schreibtisch landen. Und für einen (hoffentlich) baldigen Familienvater wie Seneca war das gar nicht einmal so schlecht. Direkt an der Front zu stehen oder teilweise gefährliche Einsätze leiten zu müssen, wie es als Centurio immer mal wieder der Fall war, und gleichzeitig im Kopf zu haben, dass daheim Frau und Kinder warteten, das konnte einerseits sicherlich ermutigen, sein Bestes zu geben, war gleichzeitig aber bestimmt nicht einfach. Seneca hatte also die Erlaubnis seines Cousins, langweilig zu werden, dachte Avianus sich und schmunzelte ein wenig vor sich hin. Er würde es an dessen Stelle vermutlich nicht anders machen, wenn er denn könnte.
    "Ach was, den Soldaten spendiert er einen freien Abend, etwas Wein und ein paar Weiber, dann sind die wieder für ein paar Wochen zufrieden. Mach' ich auch so", scherzte er dann in Seianas Richtung, "Und du hast zurzeit wohl wirklich genug um diie Ohren. Nach Mantua soll es dann also gehen? Natürlich ... dann könnt ihr euch auch regelmäßig sehen. Und wohl auch, um ein wenig Abstand von dem Ärger hier in Rom zu bekommen, nehme ich an?"

  • "Nein..Nein tatsächlich nicht. Aber es gibt eine Prätorianergeschichten die ich dir noch nicht erzählt habe." scherzte Seneca zurück und meinte damit gleichermaßen seinen Cousin als auch seine Verlobte..
    Als Avianus dann auf Mantua zu sprechen kam blickte Seneca etwas ernst in Seianas Richtung bevor er umgehend seinen Cousin anblickte und sich kurz räusperte..
    "Nun... Mantua oder weiter im Norden." bemerkte er knapp bevor er weitersprach, "Mein Patron hat mich für ein Kommando in Germanien ins Spiel gebracht. Natürlich ist noch nichts entschieden, aber sollte der Kaiser diese Idee für gut befinden, gehen wir wohl an die Grenze." erklärte er seinem Cousin und hoffte dass dieser nicht enttäuscht oder allzu traurig sein würde.

  • Seiana zog die Augenbrauen hoch. Einen Urbaner abstechen? Dann waren sie offenbar weiter davon entfernt, ihre Lektion gelernt zu haben, als sie geglaubt hätte. Immerhin waren es nicht sonderlich viele, sondern nur eine Gemeinschaft... aber auch das konnte sich ausbreiten, wenn es nicht eingedämmt wurde. „Ich glaube nicht, dass sie sich je einfügen werden, nicht nach allem was ich über diese Leute weiß.“ Und sie hatte durchaus einiges erfahren im Lauf ihrer Zeit als Auctrix. „Hartes Durchgreifen ist wohl das einzige, was da hilft. So lange sie wissen, wo ihr Platz ist, was sie sich erlauben können und vor allem was nicht, wird verstärktes Misstrauen, das sie hegen mögen, weniger das Problem sein.“


    Sie sah zu Seneca bei seinem Kommentar. Flüchtig schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, dass sie bald mehr als genug Zeit haben würden, um sich solche Geschichten zu erzählen, und unwillkürlich musste sie lächeln dabei. „Wenn die Soldaten sich so leicht für mehrere Wochen zufrieden stellen lassen... umso besser“, erwiderte sie mit einem Schmunzeln, „da war es in der Acta schon schwieriger.“ Ihre Miene wurde dann ein wenig ernster, als es um ihren künftigen Wohnort ging, und Avianus nun auch die Probleme ansprach, die sie hatten. Für einen Moment starrte sie auf ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen, bevor sie wieder aufsah. „Abstand zu bekommen ist sicher nicht das Schlechteste. Aber es ist nicht der Hauptgrund. Ich...“ Wieder sah sie zu Seneca, mit einem liebevollen Lächeln, das nur einen leisen Ansatz von Wehmut zeigte, weil sie zugleich auch an ihren Bruder denken musste. „Wir haben so lange gebraucht, um überhaupt an diesen Punkt zu kommen. Ich werde ganz sicher nicht hier bleiben, während er sonstwo seinen Dienst leistet.“

  • Zufrieden nickte Avianus, da Seiana offenbar ganz seiner Meinung war. Er hatte nicht vor, von den Christianern in Trans Tiberim mehr übrig zu lassen als unbedingt nötig. Mitleid hatte er mit den Leuten noch nie gehabt und schon viel zu lange tanzten sie den Cohortes Urbanae auf der Nase herum.
    "Genau das werden wir jetzt auch machen … voraussichtlich. Wenn alles nach Plan verläuft", schloss er das Gespräch über die aufmüpfige Christianergemeinschaft ab.


    Dann fiel ein Wort, welches er ganz bestimmt nicht zu hören erwartet hätte. Germania. Fragend blickte Avianus die beiden an. Seneca hatte eben noch gesagt, es stand nichts fest, doch es war zumindest eine Möglichkeit, die noch dazu gar nicht einmal so unwahrscheinlich war.
    "Also das … kam jetzt wirklich … überraschend", antwortete er ein wenig zögerlich. Was sollte er dazu groß sagen? Gratulieren? Wahrscheinlich. Eigentlich gehörte sich das ja so. Noch ein wenig überrumpelt räusperte er sich und zwang sich ein Lächeln auf. "Glückwunsch …" Er hatte eher gehofft, Seneca könnte irgendwann wieder in Rom landen, stattdessen zog es den jetzt mehr oder weniger auf die andere Seite des Reiches, noch dazu ins ihm verhasste Germania. Was aber immer noch um ein Vielfaches besser war als wie er selbst hier festzusitzen mit einem Mädchen von dem er nicht wusste, ob er es jemals heiraten durfte. Nein, Seneca hätte dann alles. Frau, Kind, Erfolg in der Karriere ... und Avianus gönnte es ihm.
    "Ich brauche dir bestimmt nicht zu erzählen dass ich dich lieber in Rom ... oder zumindest Italia ... wüsste, aber an deiner Stelle würde ich dasselbe tun, denke ich. Warten wir also ab, was daraus wird. Weißt du schon wo genau es hingehen würde?"
    Zumindest würde Seiana ihn begleiten, jedenfalls wenn er ihre letzte Aussage richtig deutete. "Und du würdest mit ihm gehen?"

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