[Taberna Medica Alpina]

  • Alpina ging in die Hocke um auf Augenhöhe mit Octavena zu sein. Wie selbstverständlich nahm sie das Handgelenk der Schwangeren und beurteilte den Puls.
    "Wie geht es dir? Du siehst gut aus? Irgendwelche Beschwerden?"


    Die Hebamme wusste, dass noch ein wenig Zeit bis zur Geburt blieb, aber nicht jede Schwangerschaft verlief komplikationslos. Womöglich plagten die Schwangere Schmerzen im Rücken oder im Unterbauch. Vielleicht hatte sie Sodbrennen? Geduldig wartete sie, was Octavena ihr berichten würde.

  • Dass Kaeso sich in der Taberna Medica aufhielt, war ja nicht ungewöhnlich. Ganz im Gegenteil. Alpina erwartete schließlich, dass er ihr half. An diesem Morgen war er vor ihr im Verkaufsraum. Die Hebamme kam hinzu.
    "Salve, Kaeso! Schon so früh auf den Beinen? Hast du Hummeln im Hintern?"

  • „Salve Alpina“, grinste ich sie etwas schief an. Nun wo sie endlich dawar, wusste ich nicht so recht wie ich es anfangen sollte. So fing ich recht unbeholfen an herum zu stottern. „Nein, dass nicht gerade, doch mich beschäftigt da eine Frage. Du kennst dich doch sehr gut mit Pflanzen aus?“
    Welch ein dumme Frage, schalt ich mich selber. Wenn nicht, würde sie ja kaum hier arbeiten. „Ich meine auch mit den übrigen, ...also mit Früchten. …. gibt es da bei eigentlich etwas besonderes? …. Was ich meine ist, gibt es da eine Symbolik?.... Nehmen wir doch einfach, sagen wir, die Feige.“ PUH endlich war es raus.“Steht die Feige für etwas? Hat sie eine Bedeutung?“ Lass gut sein übertreibe nicht, bremste ich mich ab.

  • Kaesos Wissensdurst erfreute Alpina eigentlich immer. Er stellte dieses Mal eine wirklich interessante Frage, die weit über das hinausging, was sie bisher in Sachen Pflanzenkunde miteinander besprochen hatten. Die Kräuterfrau war hocherfreut.
    "Die Symbolik der Pflanzen? Ein hochinterssantes Thema! Es ist schön, dass du danach fragst." Alpina lächelte ihn aufmunternd an und als er schließlich nicht eine Heilfplanze im üblichen Sinne, sondern eine Frucht nannte, stutzte sie. Doch bemühte sie sich, ihr Wissen mit ihrem Schüler zu teilen. "Nun, ficus - die Feige - iwird schon seit der Vorzeit als Frucht geschätzt und als Nahrungsmittel angebaut. Da sie süß, weich und reich an Samen ist und in ihrer Form der Gebärmutter ähnelt, steht sie seit jeher für Fruchtbarkeit."


    Bis hierher war es noch noch leicht möglich, die Bedeutung der Feige zu beschreiben. Nun aber wurde es unangenehm. Warum musste er ausgerechnet nach der Symbolik der Feige fragen? Alpina atmete tief durch, ihre Wangen röteten sich. "Sie ist aber auch die Frucht des Gottes Priapus. Ich nehme an wegen der vielen kleinen Samen im Inneren der weichen, sackartigen Fruchthaut... äh..." Die Kräuterfrau musste sich unterbrechen. Hoffentlich erahnte er, dass man die Feige mit dem Hodensack verglich. Jetzt kam der schwierigste Teil. Alpina sammelte sich erneut. "Naja und dann... also... wenn du die Feige aufreißt oder in zwei Teile schneidest ähnelt ihr Inneres ... ja, äh... der Vulva einer Frau..." Alpina stockte. Ihr Gesicht nahm die Farbe von Roter Beete an. "... und man nennt diese Geste... " Sie schob den Daumen zwischen dem Zeige und Mittelfinger hindurch. "... "jemandem eine Feige zeigen"...du weißt schon, wofür diese Geste steht, oder?"


    Oh je. Hatte schon jemand den jungen Mann aufgeklärt? Warum musste ausgerechnet sie diese Aufgabe treffen?
    "Als Schimpfwort wird Ficus respective Fica auch benutzt. "Feige" bezeichnet eine Hetäre, eine käufliche Frau, die ihren Körper gegen Geld anbietet oder einfach ein "leichtes Mädchen"."


    Nun atemte Alpina tief durch. Sie scheute sich Kaeso in die Augen zu sehen. Irgendwie war ihr die Situation sehr peinlich, auch wenn er sie als Lehrerin nach der Bedeutung der Feige gefragt hatte. Aber gerade so ein schlüpfriges Thema... Die Raeterin, deren Wangen noch immer unnatürlich rot waren, sah auf ihre Hände hinunter, die sie in stiller Verzweiflung in ihre Tunika gegraben hatte und flüsterte. "War es das, was du wissen wolltest? Sag, Kaeso, wie kommst du gerade auf die Feige?"

  • Herje wieso war ich denn nicht selber zu dem Ergebnis gekommen? Jetzt wo Alpina es mir erklärte, war alles so einfach, klar und einleuchtend. Ich hätte mich selber Ohrfeigen können.
    Mit Alpina hatte ich im Augenblick wirklich Mitleid, ausgerechnet sie musste ich so in Verlegenheit bringen. Hätte ich nur ein wenig mehr nachgedacht und die Feige mit der Fragestellerin in Verbindung gebracht, dann hätte es mir doch aufgehen müsse.
    Ich bemühte mich, Alpina so wenig wie möglich, ohne dass es unhöflich wirkte, an zuschauen und ihre Röte zu übersehen, dabei hätte ich ihr liebend gerne aus Freude und Dankbarkeit, weil sie mir meine Frage so wunderbar erklärt hatte, geküsst.
    Peinlich wurde es dann aber auch für mich, als sie mich leise fragte: „Sag, Kaeso, wie kommst du gerade auf die Feige?" Zum einem, weil sie so mit der Verlegenheit kämpfen musste und ich das von ihr erworbene Wissen für mein Liebesabenteuer benutzte. Zum anderen weil ich ihr nicht ehrlich auf ihre Frage antworten Konnte. Obwohl können hätte ich es schon, dann jedoch hätte ich das Geheimnis verraten. So hoffte ich, dass es bei dieser einen kleinen Lügen bleiben würde.
    „Ja danke, du hast mir alles wieder so einfach und einleuchtend erklärt wie immer. ...Nun ich kam eigentlich gestern darauf, als jemand dieses Zeichen machte. In dem Zusammenhang, fiel mir das Wort Fica ein und ich überlegte ob sich noch mehr hinter dem Wort Feige stehen könnte eine Symbolik.“ Jetzt spürte ich wie mich die Schamröte über zog und dass nicht, wie Alpina bestimmt vermutete, noch so unschuldig war, sondern weil ich sie gerade anlog. Verlegen schaute ich zur Türe.

  • Natürlich glaubte Alpina, dass Kaesos Röte ein Zeichen seiner Scham war, weil die Thematik doch etwas heiß geworden war. Ausgerechnet nach der Symbolik der Feige fragte er...
    Alpina konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Schützling schon seine erste Liebesnacht hinter sich hatte, und die noch dazu mit einer stadtbekannten Hetäre. Hätte sie gewusst, dass Kaeso eine Affäre mit Phryne begonnen hatte, hätte sie ihn gewarnt. Doch so musste er seine eigenen Erfahrungen machen.

  • Zitat

    Original von Susina Alpina
    Alpina ging in die Hocke um auf Augenhöhe mit Octavena zu sein. Wie selbstverständlich nahm sie das Handgelenk der Schwangeren und beurteilte den Puls.
    "Wie geht es dir? Du siehst gut aus? Irgendwelche Beschwerden?"


    Die Hebamme wusste, dass noch ein wenig Zeit bis zur Geburt blieb, aber nicht jede Schwangerschaft verlief komplikationslos. Womöglich plagten die Schwangere Schmerzen im Rücken oder im Unterbauch. Vielleicht hatte sie Sodbrennen? Geduldig wartete sie, was Octavena ihr berichten würde.


    "Mir geht es gut", erwiderte Octavena wahrheitsgemäß und lächelte. Das stimmte auch, allerdings lag das auch entscheidend daran, dass sie in diesem Stadium ihrer ersten Schwangerschaft sehr nervös gewesen war und im Vergleich damit das meiste nun besser schien. "Nichts Besonderes."

  • Es war schön, dass es Octavena augenscheinlich gut ging.
    "Wenn du nicht nur kommst, um eine neue Kräutermischung für den Schwangerschaftstrank zu holen, würde ich dich gerne untersuchen. Ich habe hier in der Kammer nebenan eine Untersuchungsliege."


    Alpina deutete auf die Tür, die die Taberna Medica mit dem dahinterliegenenden Haus verband.
    "Möchtest du mir folgen?"

  • "Natürlich."
    Octavena folgte Alpinas Weisung und erhob sich von ihrem Platz, um nach nebenan zu gehen, wo sie die erwähnte Liege vorfand und sich direkt darauf nieder ließ.
    "Befürchtest du denn, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte?"

  • Die Hebamme setzte sich zu Octavena und beruhigte die werdende zweifache Mutter.
    "Nein, Octavena. Ich befürchte gar nichts, aber da du nun schon mal hier bist, sehen wir nach. Es sind soviel ich nachgerechnet habe noch ungefähr 6 Wochen bis zur Geburt. Ich sollte dich von jetzt ab ohnehin häufiger untersuchen."


    Sie tastete den Bauch der Schwangeren ab. Das Kind lag schon mit dem Kopf nach unten. Alles war bestens. Ihr Ohr an Octavenas Bauch verriet die Herzgeräusche des Kleinen. Auch hier alles normal. Dann wusch sich Alpina die Hände und ölte sie. Nach einer entsprechenden Vorwarnung schob sie die Hand zum Muttermund vor. Sie stockte. Der Muttermund war schon etwa 2 Finger breit geöffnet. Viel zu früh! Alpina hielt die Luft an.
    "Du hast keine Vorwehen? Keine ziehenden Schmerzen im Unterbauch? Sicher nicht?"

  • Die Nachfrage alarmierte Octavena dann doch, obwohl ja eigentlich nichts Besonderes hätte sein sollen und bisher alles gut gegangen war.
    "Nur ein wenig... Das ist sicher nichts gewesen", gab sie schließlich doch noch etwas ausweichend zu und biss sich nervös auf die Unterlippe. "Warum?"

  • Anscheinend hatte Octavena bislang keine Beschwerden. Einerseits gut, andererseits gefährlich. Sie schien sich wenig zu schonen, sonst wäre der Muttermund nicht schon so weit geöffnet. Wenn sie das Kind nicht vorzeitig bekommen wollte, würde sie sich jetzt viel schonen müssen. Alpina versuchte es vorsichtig zu formulieren.
    "Octavena, ich habe eine beunruhigende Nachricht für dich. Bitte glaub mir, deinem Kind geht es gut. Aber der Muttermund ist schon ein wenig geöffnet. Das bedeutet, dass die Gefahr besteht, dass dein Kind sich vor der Zeit auf den Weg ins Freie machen könnte. Und eine weitere Gefahr ist nicht zu unterschätzen. Der Muttermund ist eine Pforte - das Kind kann dort hinaus. Aber ebenso kann auch etwas hinein... also ich meine womöglich beim Baden verunreinigtes Wasser oder so. Das könnte dem Kind schaden."


    Alpina nahm die Hand der Schwangeren. "Wir müssen jetzt gemeinsam alles Notwendige für dich und dein Kind machen. Willst du mir dabei helfen?"


    Sie sah Octavena ernst an. Natürlich kannte sie als Hebamme viele Fälle in denen alles gut gegangen war und die Kinder rechtzeitig gesund und munter zur Welt kamen, aber sie erinnerte sich ebenfalls an Fälle in denen nicht nur das Kind starb sondern auch die Mutter, weil es infolge einer aufsteigenden Infektion zu einer tötlichen Komplikation kam.

  • "Natürlich!"
    Alpinas ernster Blick machte sie jetzt erst recht nervös. Natürlich würde sie tun, was nötig war, um sich und ihr Kind zu schützen. Sie war zwar bisher relativ entspannt gewesen, aber das bedeutete nicht, dass sie vorhatte unnötig leichtsinnig zu sein. Dafür wusste sie am Ende doch zu gut, dass eine Geburt auch immer ein Risiko war.
    "Was soll ich tun und worauf soll ich achten?"

  • Octavena war bereit alles für das werdende Leben in ihrem Bauch zu tun. Nun musste Alpina ihr erklären, was sie tun und was unterlassen sollte.
    "Es ist wichtig, dass du nicht schwer hebst und dich nicht körperlich anstrengst. Vermeide langes Stehen. Lege dich so oft wie möglich hin und bade nicht mehr. Die letzte Vorsichtsmaßnahme betrifft vor allem euch als Paar. Enthalte dich bis zur Niederkunft der körperlichen Vereinigung mit deinem Mann. Es könnte gefährlich für das Kind sein."


    Die Hebamme stand wieder auf. "Ich werde dir eine Teemischung machen, die die Abwehrkräfte stärkt und vorzeitigen Wehen entgegenwirkt. Hoffentlich schaffen wir es gemeinsam, dass du das Kind nicht zu früh bekommst. Bitte lass mich sofort rufen, sobald du Beschwerden hast oder die Wehen einsetzen. Fieber ist ein Alarmsignal. Falls du Fieber bekommst, bitte zögere keinen Augenblick. Ich komme zu jeder Tag- und Nachtstunde."

  • Nervös nickte Octavena und sandte stumm ein Stoßgebet an die Götter. Bei ihrer letzten Schwangerschaft hatte sie sich unnötig Sorgen gemacht und dieses Mal gab es wohl wirklich Grund zur Sorge, das hatte ihr gerade noch gefehlt.
    "Ich danke dir. - Gibt es sonst noch etwas, das ich tun kann?"

  • Es tat Alpina leid, Octavena Angst gemacht zu haben. Doch angesichts der Risiken für Mutter und Kind war das das kleiner Übel. Die Hebamme legte der werdenden Mutter tröstend die Hand auf.
    "Wenn du sorgsam bist und dich schonst wird es schon gut gehen. Ich bin jederzeit bereit, zu dir zu eilen. Eine Nachricht und ich bin da. In 14 Tagen untersuche ich dich wieder, wenn ich bis dahin nichts von dir gehört habe. Allerdings in der Villa Duccia!"
    Sie versuchte streng zu klingen, lächelte dabei aber.
    "Nun nimm diese Teekräuter und trinke 3 mal am Tag einen Becher davon. Möge Iuno dich beschützen!"

  • <<<<
    Zwei Männer stürzten herein, einen schwer verletzten, bewusstlosen Jugendlichen von etwa 19 Jahren bei sich habend. Der Junge war bewusstlos und musste von den beiden Männern gestützt werden. Seine Haut war schon blasser geworden, als es normal war, da Blut aus einer tiefen Wunde am linken Oberarm floss. Viel zu viel Blut. Ein dunkler, großer Fleck prangte außerdem auf dessen Schläfe. "Schnell Heilerin! Der Junge braucht Hilfe!" rief einer der beiden Männer keuchend, als sie zur Tür hereinpolterten. Es war eine gewisse Strecke zwischen der Taverne und der Casa Helvetia gewesen. Somit war es auch verständlich, dass dem Träger die Brust schmerzte, während er genau wie sein Kollege nach Atem rang.
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  • Erschrocken blickte Alpina zur Tür. Die Szene kam ihr irgendwie bekannt vor. War es Mode, dass sich schwer verletzte in ihre Taberna Medica verirrten? Sie war Hebamme und Kräuterfrau, keine Medica, geschweige denn Chirurgica. Doch nach einem kurzen Moment des Verzweifelns, ergriff das Mitleid Alpina und sie rannte dem jungen Mann entgegen, der aus einer tiefen Wunde am Arm blutete.
    "Bei Minerva! Beeilt euch! Der Mann verblutet ja!" In ihrer Angst um den jungen Mann schimpfte sie mit den Männern, die ihn brachten. "Warum habt ihr nicht wenigstens einen Verband gemacht? Wie kann man so blöd sein?!"


    Ohne eine Sekunde zu zögern, griff sie die Kordel ihrer Tunika und band dem Schwerverletzten zunächst einmal den Arm ab, um die Blutung zu stoppen. Lange konnte es so nicht bleiben, der Arm würde unterversorgt sein und absterben, aber jetzt konnte sie wenigstens Verbandsmaterial holen.
    "Und ihr zwei lauft gleich weiter zum Ludus der Gladiatoren und holt den Chirurgicus Publius Gavius Balbus hierher. Schnell!"


    Einen Augenblick später fiel ihr ein, dass der Chirurgicus für einen einfachen Bürger wohl nicht kommen würde, wenn man ihn nicht mit Geld lockte. Sie sprang auf, rannte hinter den Tresen und griff in ihre Kasse. Mit mehreren Dupondien in der Hand kehrte sie zurück.
    "Das gebt ihr ihm und sagt, dass es von mir kommt. Er bekommt mehr, wenn er schnell herkommt und den jungen Mann rettet. Und wehe...!" Mit einer strengen Zornesfalte zwischen den Augen sah sie von einem zum anderen. "Wehe, einem von euch fällt ein, mit dem Geld in die nächste Taberna zu verschwinden. Ich merke mir eure Gesichter und ich hetze euch den ehemaligen Aedil und seine Leibwächter auf den Pelz, wenn ihr mich hintergehen sollte. Dann gnade euch Iustitia!"


    Als die beiden Männer verschwunden waren, kniete sie sich zu dem Schwerverletzten. Sie versuchte ihn mit vorsichtigen Klapsen auf die Wange wieder ins Bewusstsein zurückzuholen.
    "Hallo? Kannst du mich hören?"
    Reglos lag der junge Mann auf dem Fußboden. Er kam nicht zu sich.
    Sie dachte an Curio und Malleus und hatte Sorge, dass derselbe Täter erneut zugeschlagen hatte. Vielleicht konnte dieser arme Kerl zur Aufklärung des Attentats auf Curio beitragen.


  • Publius Gavius Balbus


    Missmutig betrat der Chirurgicus die Taberna Medica Alpina. Ein Blick auf den am Boden liegenden jungen Mann genügte, um ihm die Brisanz der Lage zu verdeutlichen. Knurrend schob er Alpina zur Seite.
    "Was ist nur mit dir los, Mädchen? Sammelst du Kerle, die sich Ärger einhandeln? Du solltest dir schleunigst eine andere Klientel aussuchen! Diese macht nur mich reich, nicht dich!"
    Er grinste dabei sein schiefes Grinsen und machte sich dann daran die Wunde zu inspizieren.
    "Die Wundränder sind glatt, es hat ordentlich geblutet. Das passt. Hol mir Essigwasser. Ich nähe die Wunde. Hast du blutstillendene Kräuter da? Blutwurz, oder so?"


    Alpina nickte. "Ich habe einen Blutwurzwein, den man direkt oder verdünnt benutzen kann."


    Der Chirurgicus sah sie mit einem spöttischen Lächeln an. "Jetzt weiß ich, warum die alle den Weg zu dir finden... du bist auf alle Eventualitäten vorbereitet. Nun denn. Wenn ich mit Nähen fertig bin, machst du ihm damit einen Umschlag."


    Während Alpina die Wunde wusch, fädelte der Chirurgicus einen Faden in die Nadel. Ohne ein weiteres Wort stach er zu. Der Schmerz brachte Leben in den Bewußtlosen. Er zog den Arm weg. Fluchend fuhr Gavius Balbus die Hebamme an.
    "Halt ihn fest, Weib! Das kann doch nicht wahr sein! Festhalten, sage ich!"


    Erschrocken zuckte Alpina zusammen. Schnell jedoch fasste sie sich wieder und hielt den Arm des jungen Mannes fest, der noch immer nicht ganz zu sich gekommen war, nun jedoch Schmerzenslaute von sich gab. Wo war nur Kaeso? Sonst war er immer in der Nähe, wenn man ihn brauchte.
    Mit 10 Stichen vernähte der Chirurgicus die Wunde. Inzwischen war Leben in den Verletzten gekommen. Alpina hatte größte Mühe seinen Arm ruhig zu halten. In seinem Schmerz und seiner Angst realisierte er nicht dass man ihm helfen wollte.

  • Carbo war nach seiner Verletzung in tiefe Schatten gestürtzt. Dunkel und still war alles, nichts regte sich, weder körperlich, noch geistig. Keine fernen Stimmen waren zu hören, kein einziger Traum, ob gut oder böse, war in ihm aufgestiegen. Keinerlei Anzeichen von Wahnvorstellungen oder Visionen. Nichts. Gähnende Leere.


    War Carbo tot? Fühlte er sich so an? War er vielleicht sogar bereits in die Unterwelt hinabgestiegen und würde seine Eltern, oder gar seinen geliebten Ziehvater Seneca Patrius wiedersehen? Dieser Gedanke hätte Carbo bestimmt erfreut und getröstet, hätte er in diesem Moment überhaupt etwas empfinden können. Doch die Klinge war zu tief in sein Fleisch gedrungen. Zu viel Blut war verloren gegangen. Zu tief war Carbos lethargischer Zustand. Noch lebte er, doch für wie lange?


    Plötzlich spürte der Junge einen nadelstechenden Schmerz auf den Rändern seiner Wunde, Carbos Wahrnehmung kehrte schlagartig teilweise zurück, sein Körper reagierte auf den neuen Reiz und der Arm zuckte weg. Der tiefe, traumlose Zustand war wie weggeblasen. Noch immer war Carbo nicht bei vollem Bewusstsein, doch spürte er dunkel und schwach, dass etwas mit ihm geschah, Stimmen, die aus weiter Ferne erklingen zu schienen hörte er hektische Worte rufen, doch nichts davon war verständlich. Die Benommenheit hielt ihn weiterhin gefangen, immer noch zu tief, um seine Umwelt verstehen zu können.
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