Als der Chirurgicus fertig war, wusch er sich die Hände in der Schüssel mit dem Poscawasser. Seine Tunika war blutbefleckt. Er grunzte unzufrieden, als er seine Instrumente in dem Wasser notdürftig reinigte.
"Ich fürchte er hat viel Blut verloren. Aber er ist jung und kräftig. Unter deinen heilenden Händen wird er schon wieder zu kräften kommen. Er wird nicht der erste Mann sein, den dein zartes Händchen aufrichtet, was?"
Ein anzügliches Zucken der Augenbraue signalisierte Alpina wie der Gavius Balbus das gemeint hatte. Sie ignorierte die Anspielung und machte sich daran ruhig und konzentriert einen Umschlag aus Blutwurz auf der Wunde anzubringen. Mit einigen Runden Verband gesichert würde der Umschlag hoffentlich weitere Blutungen unterbinden. Als sie fertig war, sah sie den Chirurgicus ernst an.
"Vielen Dank, dass du so schnell gekommen bist. Ich hätte ihm nicht adäquat helfen können. Sag mir was du noch bekommst für deine Dienste?"
Wieder hatte der Blick des Chirurgicus etwas Anzügliches. Alpina fühlte sich unbehaglich.
"Du lebst alleine?" fragte er.
Alpina schüttelte den Kopf. "Ich lebe mit meiner Tochter, meinem Schwager und meiner Schwägerin, dem Hauspersonal und meinem Gehilfen in der Casa Helvetia. Mein Lebensgefährte dient in der Legio, er ist auf einer Mission unterwegs. Wenn du damit aber meinst, dass ich meinen Lebensunterhalt selbst verdienen muss, dann liegst du richtig. Also sag, was ich dir noch schuldig bin."
Gavius Balbus entblößte seine abgebrochenen Schneidezähne. Er holte die Münzen hervor, die Alpina den beiden Männern mitgegeben hatte, die den blutenden jungen Mann bei ihr abgeliefert hatten. Die Hälfte davon gab er ihr zurück.
"Schon gut, Mädchen! Nimm das hier zurück und sieh zu, dass du auf dich und das Kind aufpasst. Du siehst ja welches Pack sich auf den Straßen und in den Tabernae Mogontiacums herumtreibt. Sei vorsichtig!"
Alpina starrte den hageren Mann ungläubig an. "Danke", brachte sie schließlich leise hervor.
Der Chirurgicus klopfte ihr noch gönnerhaft auf die Schulter, dann erhob er sich. "Gib Bescheid, wenn du Hilfe brauchst. Ich weiß ja inzwischen, dass du mich nur rufen lässt, wenn es notwendig ist."
Mit einem Kopfnicken sammelte er seine Instrumente ein und verließ die Taberna Medica.
Die Kräuterfrau sah noch eine Weile auf die Münzen herab. Dann schob sie diese in ihre Tunikatasche und öffnete die Tür zur Casa Helvetia. Laut rief sie:
"Kaeso? Malleus? Liam? Wo seid ihr? Ich bräuchte eure Hilfe!"