Mit banger Sorge sah Alpina nach dem Wesen von dem das wimmernde Geräusch kam und wartete auf die Bestätigung, dass ihre Tochter gesund war. Silvanas und auch Timarchas beruhigende Worte führten dann dazu, dass sie sich wieder auf ihre letzte Aufgabe im Geburtsvorgang besinnen konnte. Sie presste die Plazenta mit den Nachwehen hervor. Auch dieser galt ein sorgenvoller Blick, denn nur wenn sie intakt war, konnte Alpina sich sicher sein, nicht noch eine schmerzhafte Prozedur vor sich zu haben. Doch alles schien in Ordnung zu sein.
"Bitte, gib sie mir!", flehte Alpina die Schwiegermutter an.
Ungeduldig wartete sie bis Timarcha ihr das kleine Mädchen in den Arm drückte. Den Kuss erwiderte sie mit einem Lächeln, doch wichtiger war jetzt der erste Kontakt mit ihrer Tochter. Sie schob sanft die Decke beseite und sah in wunderschöne dunkle Knopfaugen. Diesen Anblick würde sie ihr Leben lang nicht mehr vergessen. Wie schön sie war. Ein perfekter kleiner Mensch. Alpina untersuchte alles: 5 Finger an jeder Hand, 5 Zehen an jedem Fuß, zwei Ohren, eine Nase, ein Mund. Da war ein Muttermal an der Hüfte, das ihr auch schon bei Corvinus aufgefallen war. Er würde also kaum in Zweifel ziehen können, dass dies hier sein Kind war. Auf ihrem Köpfchen wuchs ein zarter dunkler Flaum. Liebevoll betrachtete Alpina die Stupsnase und die fein geschwungenen Lippen.
Jetzt erst hatte sie die Muße, sich ihren beiden Helferinnen zuzuwenden.
"Vielen, vielen Dank, Runa! Ich glaube ohne deine Hilfe, wäre es nicht so gut ausgegangen. Ich bin dir unendlich dankbar. Und dir natürlich auch, Timarcha. Entschuldige, Lana, ich habe dich noch nicht erwähnt, aber auch du hast deinen Beitrag geleistet. Danke euch allen."
Die Kleine sah ihre Mutter neugierig von unten herauf an. Sie schien nicht schreien zu wollen. Alpina nahm es lächelnd zur Kenntnis. Nun, sie war kein Junge. Da galt der kräftige Schrei als Zeichen für spätere Stärke und Durchsetzungskraft. Das hatte die kleine Maus hier nicht nötig. Ihre Waffe würden einmal die schönen Augen sein und das Wissen darum, wann es Sinn machte, die Stimme zu erheben und wann man besser schwieg. Schon jetzt schien sie eine Meisterin dieser Kunst zu sein.
Alpina lauschte Timarchas eigenartiger Bitte an Silvana, sie gleich nach den Riten im Garten sprechen zu wollen, und runzelte die Stirn. Einmischen wollte sie sich jedoch nicht. Deshalb bat sie stattdessen Timarcha: "Würdest du wohl nachsehen, ob Corvinus da ist? Ich würde ihm gerne seine Tochter zeigen."