• Der Lärm der Schlägerei war schon von weitem zu hören, als die Vexillatio auf den Basar beim Hafen zumarschierte. Allen voran ritt Lucius auf einem Pferd, was ihm einen gewissen Überblick verschaffte. Einige Stände waren schon verwüstet und die Stadtwache stand hilflos daneben und sah einfach zu - typisch! Aus der Ferne versuchte der junge Petronier die Größe der Schlägerei einzuschätzen - es sah wirklich ziemlich groß aus und die 200 Mann waren eine sehr optimistische Schätzung gewesen. Aber egal - jetzt waren sie hier und sie würden die Ordnung wieder herstellen - koste es was es wolle!
    "Die Männer sollen die Schilde vornehmen und die Gladii ziehen! Wir gehen durch die Gassen der Stände und kesseln sie ein!"
    Der Centurio neben ihm blickte verdutzt drein.
    "Blank ziehen?"
    "Natürlich! Wir sind zahlenmäßig weit unterlegen und müssen sie sofort einschüchtern, bevor sie sich gegen uns wenden!"
    "Aber-"
    "Nichts aber! Gib die Befehle weiter!"
    Wenn Lucius etwas von der Miliz, die er während des Bürgerkrieges in Mogontiacum geleitet hatte, gelernt hatte, dann, dass es meistens völlig ausreichte, einen Gegner einzuschüchtern - hatte sogar der Alte bei der Grundausbildung an die "Rekruten" weitergegeben! Jetzt konnte er das Konzept endlich mal im "Großen" ausprobieren.


    Direkt hinter der vordersten Front an Milites trieb Lucius kurz darauf sein Pferd in die nächstbeste Gasse des Basars und spornte seine Männer an:
    "Los, schiebt die Passanten einfach weg! Wer nicht spurt, kriegt die flache Seite des Gladius zu spüren!"
    Die Soldaten gehorchten - und schon ging es ein wenig zügiger durch die engen Gassen zwischen den unzähligen Verkaufsständen der Xenai Agorai. Ein ganzer Haufen Schaulustige hatte sich auch gebildet, der mit der zunehmenden Brutalität der Soldaten aber auch etwas schneller das Weite suchte.


    Schließlich kamen sie an den ersten Rangeleien an. Der junge Petronier konnte nicht sehen, wer zu welcher Partei gehörte, aber wahrscheinlich waren es einige dieser Banden, die die Armenviertel Alexandrias fest im Griff hatten - höchste Zeit durchzugreifen!
    "Alexandriner! Im Namen des Praefectus Aegypti und des Kaisers von Rom-"
    setzte Lucius mit einer Warnrede an, ehe ihn ein Optio an der Tunica zupfte und rief
    "Die meisten hier verstehen kein Latein, Subpraefectus!"
    Lucius hielt inne - verdammt! Seit er hier in Alexandria war, hatte sich sein holpriges Griechisch im Vergleich zur Xanthippus-Schule zwar signifikant verbessert - aber er hatte immer noch hier und da Schwierigkeiten. Und eine öffentliche Rede war nicht unbedingt das, was er aus dem Stegreif beherrschte! Andererseits konnte er sich unmöglich die Blöße geben, vor seiner Mannschaft zuzugeben, dass sein Griechisch zu schlecht war - er musste es also wagen:
    "Alexandrinoi!"
    begann er also noch einmal.
    "Im Namen des Eparchos und des Basileus - äh - Aegypti - äh- verlange ich - äh - dass ihr die Xenai Agorai sofort verlasst! Sonst - äh - wir setzen Gewalt ein!"
    Etwas furchtsam blickte er hinüber zu den Randalierern, von denen tatsächlich einige Notiz vom Eintreffen der Infanterie genommen hatten. Die meisten machten ein dummes Gesicht, doch andere lösten sich aus den Prügeleien und manche begannen sogar zu fliehen. Ein Soldat in vorderster Reihe sah dagegen zu seinem "Kommandeur" und grinste dämlich. Lucius' Griechisch war noch immer nicht gerade perfekt - Eumenius hätte ihn ausgelacht. Caius wahrscheinlich auch, obwohl er es keinen Deut besser gemacht hätte. Aber der konnte nur noch im Grab lachen - so wie dieser Soldat auch, wenn er nicht bald sein blödes Grinsen abstellte!
    Lucius spürte den Zorn in ihm hochkochen - er musste raus! Und er wusste auch schon, wer ihn abbekam:
    "Treibt diesen Auflauf auseinander! Einsatz des Gladius erlaubt!"
    brüllte er den Soldaten zu, die den Befehl wiederholten und an ihre Nebenmänner weitergaben. Dann setzte sich die Schildkette in Bewegung und stieß endlich auf die ersten Prügler. Keine Sekunde verging und das erste Blut spritzte. Diese Nachricht verstanden alle - und schon begannen die ersten größeren Gruppen Reißus zu nehmen. Andere glaubten, Widerstand leisten zu können, sodass ein riesiges Handgemenge entstand. Und Lucius mittendrin. Er zückte Pythagoras, trieb sein Pferd nach vorn und begann an vorderster Front, wahllos auf alles einzuschlagen, was nicht nach römischem Soldat aussah...

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  • Obwohl die meisten Gegner unbewaffnet waren, kam in Lucius ziemlich schnell Schlachtenfieber auf, als er hoch zu Ross zwischen die Stände des Marktes stürmte und sein Schwert in eine schokobraune Schulter rammte. Schreie, Panik, überall passierte wahnsinnig viel gleichzeitig! Zwischen zwei Tischen sah er, wie ein großer Ägypter einen Dolch gezogen hatte und sich den Marineinfanteristen entgegen stellte. Sofort trieb er sein Pferd an und war mit wenigen Sätzen bei ihm.
    "Stirb!"
    brüllte er voller Erregung und setzte seinen Befehl direkt in die Tat um. Es fühlte sich an, als würde man in alt gewordenes Brot stechen, als er mit dem Schwert durch die Haut und in das Rückenfleisch rammte. Der Ägypter schrie und sank zu Boden - erst da bemerkte Lucius, dass er den Kampf zu Pferd niemals geübt hatte und das Pferd sich einfach weiterbewegte, noch bevor er Pythagoras wieder aus seinem Opfer ziehen konnte. Der Leichnam zerrte überraschend fest an ihm, während sein Reittier einfach weiterlief - so fest, dass er ihn vom Pferd riss, als der Petronier verzweifelt versuchte, seine Waffe nicht zu verlieren. Mit einem Ruck stürzte er (ein Römersattel hatte ja keine Steigbügel) einfach an der Seite herunter und überschlug sich dank der Wucht, die das trabende Pferd ihm mitgab, auf dem Boden.

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  • Mit einem großen Knall landete Lucius auf seiner Schulter und schrie auf. Der Lederpanzer, den er trug, schützte ihn nicht - vielmehr konzentrierte die Kante der Armöffnung die Wucht noch auf eine einzige Stelle und bereitete dem Petronier einen Schmerz am Oberarm, als hätte das gehärtete Leder seinen Oberarm durchstoßen. Wie er mit einem Kontrollblick nach dem ersten Schock feststellte, hatte es das aber nicht. Trotzdem pochte sein Arm, als er sich aufrappelte und feststellte, dass er Pythagoras doch noch verloren hatte. Suchend blickte er um sich - um ihn herum flohen Händler, Passanten und Aufrührer, dazu rückten die Soldaten vor. Da er ja eben einem ihrer Widersacher in den Rücken gefallen war, bevor er selbst so unelegant vom Pferd gestiegen war, stand der Schildwall, der die Gasse versperrte, bereits direkt vor ihm.
    "Subpraefectus, der Auflauf hat sich aufgelöst! Ich glaube nicht, dass wir hier noch viel erreichen!"
    erklärte der in zweiter Reihe stehende Optio mit flehender Stimme. Lucius hielt sich den Arm und überlegte: Tatsächlich kämpfte in seinem Sichtfeld kein Zivilist mehr gegen Zivilisten, sondern alles rannte nur hin und her. Es war unlogisch, in diesem Kuddelmuddel überhaupt noch unterscheiden zu können, wer krimineller Aufrührer und wer unbeteiligter Zivilist war. Wenn er auf den Boden sah, konnte er außerdem sehen, dass genug Blut geflossen war, um diese Ganoven einzuschüchtern. Und vor allem war sein Schwert verschollen und sein Schwertarm tat verdammt weh - er konnte sich an diesem Gefecht sowieso nicht mehr vernünftig beteiligen! Folglich gab es keinen rationalen Grund mehr, diese Sache weiterzuführen!
    "Ja, sammel' die Männer wieder! Wir ziehen ab!"
    bestätigte er schließlich und setzte sich auf die Kante eines umgestürzten Markttisches. Solange machte der Optio sich zügig daran, seine Befehle auszuführen, bevor noch mehr Blut floss.
    "Milites convenite!"
    brüllte er. Trotzdem dauerte es eine ganze Weile, bis das Geschrei von Kämpfenden, Fliehenden und Getroffenen langsam verstummte. Am Ende blieb nur Wimmern und Wehklagen übrig - einige Händlerbuden waren verwüstet worden, viele hatten einen Stich oder einen Hieb abbekommen. Lucius sah einen kleinen Jungen mit einer heftig blutenden Schnittwunde im Arm, der heulend in der Ecke kauerte. Pech gehabt - zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen!


    Dann wandte er sich ab und konzentrierte sich auf sein Pferd - und vor allem musste er Pythagoras wiederfinden! Weniger, weil der Alte es ihm geschenkt hatte, sondern weil es sein Eigentum war! Er hatte es nicht ans andere Ende des Imperiums geschleift, um es dann hier im Kampf gegen irgendwelche schlecht bewaffneten Untermenschen zu verlieren!

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  • Als die Soldaten sich wieder sammelten - der Optio hatte sich an eine Stelle des Marktes begeben, der nicht so stark mit zerstörten Verkaufsständen zugepflastert war - entdeckte Lucius endlich sein Pferd, das einer der Milites scheinbar eingefangen hatte. Vorerst kümmerte er sich allerdings nicht darum - er musste überlegen, wo er sein Schwert hin verloren hatte.


    Er musste logisch denken: Am besten, er begann beim letzten verifizierbaren Referenzpunkt - also dort, wo er sich aufgerappelt hatte. Von dort aus musste er nur noch die Richtung bestimmen, aus der er gekommen war, die ungefähre Strecke bestimmen, die er gefallen war, und dann... musste eigentlich genau dort der Tote liegen, dem er Pythagoras zwischen die Schulterblätter gejagt hatte. Denn umgefallen war er, dass wusste der junge Petronier noch - logischerweise war also dort auch sein Schwert!


    Jetzt musste er nur seinen Referenzpunkt finden...
    Nachdenklich schlenderte der Subpräfekt den Weg zurück, auf dem er gerade in Richtung der Soldaten gegangen war. Er erinnerte sich, dass um den Ladentisch, auf den er sich gehockt hatte, Scherben gelegen hatten - zu dumm, dass die Fremdenmärkte ganze Gassen voller Töpfer hatten! Er brauchte also ein anderes Indiz - vielleicht war es einfacher, nach dem Leichnam direkt Ausschau zu halten! Er sah sich um: Nachdem die Soldaten sich zurückgezogen hatten, kamen die Händler langsam wieder, um wie Waschweiber ihre Schäden zu bejammern. Aber noch waren die Gassen relativ leer und allzu viele hatte es scheinbar doch nicht so heftig erwischt, dass sie liegen geblieben waren - warum hatte er nicht gleich diesen viel rationaleren Weg gewählt? Es musste an den verdammten Schmerzen im Arm liegen - da konnte man nicht klar denken irgendwie!


    Wegen des überschaubaren Suchradius fand er die Leiche aber doch noch. Mit der Linken (der rechte Arm war der, auf den er gefallen war) zog er das Schwert aus der Schulter, wobei er zur Unterstützung den Fuß in den Nacken setzte. Ein gehauchtes Stöhnen verriet, dass der Kerl doch noch nicht den Löffel abgegeben hatte - trotz der respektablen Blutlache, in der er lag. Dieser verdammte Idiot - wegen dem war er vom Pferd gefallen und hatte sich zum Gespött seiner Männer gemacht!
    In einem spontanen Anflug von Zorn brachte er sein Opfer zum Schweigen, indem er mit dem Fuß ausholte und ihm seine Caliga gezielt ins Gesicht trat. Ein hässliches Knacken und ein stechender Schmerz in den Zehen war die Folge.
    "Verdammt!"
    fluchte der Petronier mit zusammengebissenen Zähnen. Aber immerhin hielt der Typ jetzt die Klappe. Er ging in die Hocke - er wollte sich ja noch sein Souvenir mitnehmen. Ächzend versuchte er, die erschlaffte Hand mit seiner Rechten zu fixieren, während er mit der Linken sein Schwert an das oberste Fingerglied des kleinen Fingers setzte. Wenn sein verdammter Arm nur nicht so wehtun würde!
    Zum Glück war Pythagoras aber scharf geschliffen und so ließ sich das Fleisch zumindest ohne großen Druck wegsäbeln. Um dann das Gelenk zu lösen, legte er sein Gladius kurz ab und versuchte auch das mit der Linken. Warum war es eigentlich so unendlich viel umständlicher, solche Dinge mit Links zu machen? Gut, er machte sonst alles mit Rechts - aber warum eigentlich? Warum spezialisierte sich der Körper so?


    Eine Frage, über die er ein andermal nachdenken musste. Denn endlich gab der Knochen mit einem Knacken nach und er hatte die Fingerkuppe in der Hand. Gerade rechtzeitig, denn plötzlich hörte Lucius hinter sich Schritte. Als er sich umdrehte, stand ein bärtiger Syrer vor ihm und begann unvermittelt zu lamentieren:
    "Bei Baal und allen Unsterblichen! Ich bin ruiniert!"
    Mit wenigen Schritten war er bei einem der verwüsteten Stände und hob vorsichtig ein paar Scherben auf.
    "Ihr Götter, warum tut ihr mir das an? Die ganze Ladung!"
    Erst jetzt schien er Lucius zu bemerken und wandte sich ihm zu.
    "Was hast du getan, Rhomäer? Mein Laden, mein kleiner schöner Laden! Alles kaputt! Sieh nur, was du angerichtet hast!"
    Anklagend hielt er ihm die Scherben entgegen. Der Subpräfekt richtete sich rasch auf und betrachtete sie abschätzig. Was wollte jetzt dieser Kerl von ihm?
    "Was willst du? Ich machen hier nur meinen Job!"
    Erst jetzt bemerkte er, dass er Pythagoras intuitiv wieder aufgehoben hatte und noch immer in der Linken hielt. Er konnte diesen Idioten einfach abstechen - keiner würde es sehen, er würde es den Randalierern in die Schuhe schieben können! Absurderweise kam ihm der Gedanke, dass er mit Links gar nicht ordentlich zustoßen konnte - und dann waren da auch schon andere Leute, die ebenfalls in die Gasse kamen, um ihre Läden zu suchen oder zu plündern oder sonstwas - war ja auch egal. Aus der Traum.
    Der Syrer hatte inzwischen begonnen, ihn wüst zu beschimpfen - zumindest vermutete Lucius das, denn er hatte in eine Sprache gewechselt, die der junge Petronier nicht verstand. Aus der Art und Weise, wie er schimpfte, war aber auch ohne Sprachkenntnisse abzuleiten, dass die Worte nicht freundlich waren.
    "Halt deine Mund! Sonst lassen ich dich festnehmen!"
    fuhr der Subpräfekt ihn bedrohlich an und hob sein Gladius ein wenig. Das wirkte - der Syrer hielt zuerst inne, dann wechselte er auf die Mitleidstour:
    "Oh nein, neineinein! Aber ich bin ein armer Mann! Meine liebe Frau! Meine armen Kinder! Meine Gläubiger! Wovon sollen wir leben?"
    Zu dumm, dass diese Tour bei Lucius nicht verfing:
    "Nicht mein Problem!"
    Er hatte genug. Umständlich schob er Pythagoras in die Scheide zurück - auch das ging mit Links gar nicht so einfach - dann drehte er sich einfach um und ging dahin, wo die Soldaten zum Sammeln geblasen hatten.


    Tatsächlich waren alle 147 Mann schon versammelt, als der Subpräfekt mit seinem Schwert ankam. Der Centurio hatte inzwischen wieder das Kommando übernommen und erstattete ordentlich Bericht:
    "Subpraefectus, nuntio: Alle Mann angetreten! 23 Mann leicht verletzt, einer schwer verletzt, keine weiteren Ausfälle!"
    Der Petronier verifizierte diese Aussagen mit einem raschen Blick: Dort lag der Schwerverletzte, der scheinbar irgendwie allein in einen Trupp Aufrührer geraten war - anders war seine Verletzung nicht zu erklären. Die anderen Verwundeten hatten scheinbar mehr oder weniger schlimme Schnittverletzungen. Und dann war da noch ein Häufchen missmutig dreinblickender Männer, die von seinen Leuten bewacht wurden.
    "Gefangene?"
    "35 Gefangene, noch nicht identifiziert, die meisten mittel bis leicht verletzt. Vier Schwerverletzte."
    Ein Mann, ganz nach Lucius Geschmack: Lakonisch, kurz und präzise!
    "Ausgezeichnet! Abführen! Wir kehren ins Lager zurück!"
    entschied er daher und ließ sich sein Pferd übergeben. Nach einem vergeblichen Versuch, wie gewohnt aufzuspringen, musste sich schließlich noch einer der Soldaten bücken, um ihm als Schemel beim Aufsteigen zu dienen. Aber schließlich saß er im Sattel und führte den Marsch zurück nach Hause an...

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