Oecus | SPM et MDS et SAL - Revisionen und Revolutionen

  • Sextus hatte für den Nachmittag alles vorbereiten lassen. So standen im Oucus nicht nur bequeme, einsitzige Klinen, auf denen man bequem die Beine hochlegen konnte, wenn man es wollte, sondern auch ein Esstisch mit allerlei Obst hübsch in Schalen angerichtet; aber ebenso waren noch weitere Tischchen herbeigeschafft worden, auf bequemer Höhe zu passenden, gepolsterten Stühlen. Halb hinter den Säulen verborgen warteten Sklaven mit Wein, teurem Essig, Wasser, sowie Wachstäfelchen, Stylen und sogar einem Abacus. Sollte dennoch etwas fehlen, wäre es sicher schnell herbeigeschafft.


    Den Kopf voller Ideen und sich diverse Szenarien und Argumente durch den Kopf gehen lassend, wartete Sextus bereits und betrachtete eher geistesabwesend dabei eines der Wandbilder, als ein Sklavenjunge das Eintreffen der Gäste ankündigte. Sextus blinzelte einmal, um seine Gedanken zu klären, und gab auch gleich noch einige Befehle.
    “Bitte meine Nichte in meinem Namen, sie möge mit der Köchin bezüglich des Essens heute Abend noch einmal sprechen und abklären, was noch offen sein könnte. In einer halben Stunde – und nicht eher – gehst du noch einmal los und bittest sie, in den Oecus zu kommen. Und jetzt los.“
    Der Sklave ging zügig davon, ehe kurz darauf Caecus mit Consular Purgitius, dem Decimus (der wohl leider nicht plötzlich erkrankt war oder sich schlicht nicht getraut hatte, hier zu erscheinen) und einem Jungen, den Sextus nach kurzem Blick als Sklaven identifizierte, den herrschaftlichen Oecus betraten.
    “Consular Purgitius! Es ist mir eine Freude, dich in meinem bescheidenen Heim willkommen zu heißen“, begrüßte Sextus den willkommenen Gast mit einem Handschlag und bot ihm mit einladender Geste auch gleich freundlich einen Platz an. Bei dem weit weniger willkommenen Decimus beschränkte er sich auf ein “Auch dir willkommen, Decimus“ hinter einem dennoch gekonnten Lächeln und bot auch ihm die Platzwahl an. Er selbst würde sich entsprechend des Consulars entweder ebenfalls zu einer Kline oder einem Stuhl begeben. “Darf ich euch vorab etwas zu trinken anbieten?“ gab sich Sextus auch gleich als guter Gastgeber.

  • Etwas staunend folgte Scipio dem Sklaven, denn die Villa Aurelia war wirklich sehr geschmackvoll und auch ein wenig prächtig eingerichtet. Auch war eine klare Linie in der Einrichtung zu erkennen, etwas das vielen Villen und Häusern am Ende fehlte weil einfach nur versucht wurde zu zeigen was man sich leisten konnte. Schweigend ging er neben Macer her und sie kamen nun im Oecus an, wo auch bereits der Senator auf sie wartete und sie begrüte.


    "Salve Senator Lupus, vielen dank für den netten Empfang und deine Gastfreundschaft. Ein schönes Zuhause hast du da, sehr geschmackvoll eingerichtet."
    Er nahm auf einer der Klinen platz und wartete nun einfach mal ab wie sich das Gespräch entwickelte und stellte sich auf viel zuhören, aber wenig selbst sprechen ein.

  • "Senator Aurelius, ich danke für die Einladung und deine Gastfreundschaft", antwortete Macer und erwiderte den Handschlag herzlich. Nach einem kurzen Blick durch den Raum, nach dem er sich trotzdem nicht erinnern konnte, ob er schon einmal hier drin gewesen war, nahm er mit einem leisen wohligen Seufzen auf einer der angebotenen Klinen Platz. Da sie allerdings erst einmal arbeiten wollten, verzichtete er darauf, es sich gleich allzu bequem zu machen, schlug das angebotene Begrüßungsgetränk aber trotzdem nicht aus. "Ja, sehr gerne. Ein Schluck zum Befeuchten der Kehle kann nicht schaden, wenn wir nun fleissig diskutieren wollen", zeigte er sich tatendurstig und zog unter den Falten seiner Toga eine Tasche hervor, die er neben seiner Kline auf den Bogen stellte.

  • “Danke. Wenngleich wohl das Verdienst hierfür anderen gebührt“, antwortete Sextus höflich, aber ohne Herzlichkeit auf das Kompliment zur Einrichtung. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, hatte er sich auch nie besonders darum kümmern wollen, wie die Villa nun eingerichtet war. Spätestens mit der nächsten Frau, die hier als Hausherrin Einzug hielt, würde wohl ohnehin wieder alles verändert werden, um es auf irgendeine eingebildete oder tatsächliche Mode anzupassen. Oder auch nicht, wenn er besagte holde Weiblichkeit nur gründlich genug aussuchte.
    Sextus setzte sich also auch auf die übrige freie Kline, ohne die Füße hochzulegen, und wandte sich wieder ganz dem Consular zu. Mit einem Wink erschienen hinter den Säulen dann auch gleich die Sklaven mit Getränken, um jedem der Gäste das gewünschte einzuschenken. “Wir haben einen wunderbar milden, weißen Essig, falls Posca bevorzugt wird angesichts der noch frühen Stunde“, kommentierte Sextus das Angebot. Er selbst trank Posca, wie seine Sklaven wussten und wie er nicht weiter ausführen musste. Wein würde er trinken, wenn dieses Gesetz fertig und im Idealfall auch ratifiziert war. “Ansonsten einen weißen oder einen roten Landwein aus familieneigenem Anbau.“


    Dass der Purgitius gleich eine Tasche hervorkramte, schien Sextus ein gutes Zeichen zu sein. Daher beschloss er, auch gleich in medias res zu gehen. “Um uns die Arbeit einfacher zu machen, habe ich mir erlaubt, einige Abschriften der momentanen Lex Mercatus anfertigen zu lassen. Einige der momentanen Punkte sind ja durchaus sehr sinnvoll, und als Orientierung ist die Lex sicher geeignet.“ Sextus ließ sich drei Papyrusrollen anreichen und reichte je eine an seine Gäste weiter, damit sie auch gleich arbeiten konnten. Überhaupt wäre es wohl eine gute Idee, etliche Abschriften fertigen zu lassen, wenn sie ihren Vorschlag ausgearbeitet hätten, um sie im Senat dann zu verteilen, damit alle Senatoren dann vernünftig verfolgen konnten, was sie schaffen wollten. Oder vielleicht auch nicht, da beim mündlichen Vortrag vielleicht durch die Menge an Text das ein oder andere unterging und nicht jeder Punkt einzeln besprochen werden musste. Sextus behielt den Gedanken vorerst einmal im Hinterkopf.

  • Scipio nickte höflich. "Ich denke ich nehme etwas Posca, der Wein scheint mir erst nach getaner Arbeit angebracht." Auch wenn er interessiert war wie gut der Landwein wohl schmecken würde, aber dazu würde noch der passende Moment kommen und wenn kam eh nur der Rote in Frage.


    Nun bekam er eine Abschrift der aktuellen Fassung der Lex Mercatus ausgehändigt und überflog sie noch einmal rasch. Er kannte die Lex bereits, jedoch war es einige Zeit her dass er sich damit beschäftigt hatte und so konnte er nochmal sein Wissen auffrischen. Er war gespannt welche Ideen der Aurelier eingeplant hatte und er hoffte vielleicht ein paar Punkte mit bereden zu können, immerhin war er ja selbst auch von der Lex betroffen.

  • "Ja, Posca ist gut. Danke", schloss sich auch Macer der Getränkewahl an und nahm dann mit einem Nicken die Schriftrolle mit der Abschrift des Gesetztes entgegen. Noch bevor er sie öffnete, holte er aus seiner Tasche eine recht großformatige Wachstafel hervor, auf der sich augenscheinlich schon einige Notizen zur Lex Mercatus befanden. Seine eigene Abschrift des Gesetzes, die er ebenfalls dabei hatte, ließ er dagegen in der Tasche. Nachdem er sich auch noch einen Stylus aus der Tasche gefischt hatte, warf er einen kurzen Blick zu seinem Tiro, der sich offenbar schon in die Schriftrolle vertiefte, und schaute dann zu Senator Aurelius. "Wir sind bereit", verkündete er fröhlich und nahm an, dass ihm der Gastgeber jetzt allerlei Vorschläge entgegenwerfen würde.

  • Nachdem alle mit Getränken versorgt waren, gab der Purgitier auch schon scherzend das Startsignal. Sextus setzte sein häufig geübtes und gekonntes Schuljungen-Lächeln auf und gab sich amüsiert. Gut, dann konnten sie ja beginnen.
    “Nun, es ist das erste Gesetz, das ich grundsätzlich umgestalten möchte. Mangels einer besseren Erfahrung zu Vorgehensweise schlage ich vor, zunächst einmal uns an der vorhandenen Lex zu orientieren. Sobald wir einige Punkte gesammelt haben, können wir diese zwecks eines besseren Zusammenhanges ja noch immer umstellen, für die erste Übersicht halte ich es so allerdings für zielführender.
    Wenn du also keine Einwände gegen diese Vorgehensweise hast...“
    Sextus wartete die obligatorischen 2,76153 Sekunden mit Blick auf Purgitius Macer, ehe er fortfuhr “können wir denke ich beginnen.


    Ich gebe zu, dass ich nicht zu allen Paragraphen der vorhandenen Lex eine explizite Meinung habe. Ob die ersten drei so nötig sind oder nicht, beispielsweise, tangierte mich bislang wenig. Meine ersten wirklichen Änderungswünsche betreffen den Paragraphen vier, die Betriebsregelungen. Und hier sind gleich mehrere Dinge, die ich umändern würde.
    Wenn ich kurz ausführen darf: Dass Sklaven als Eigentum eines Freien kein eigenes Eigentum haben können, ist denke ich unstrittig und bekannt. Allerdings können sie durchaus Besitz haben. Einige Menschen geben ihren Sklaven ein Peculium, und dieses muss ja nicht zwangsläufig nur in Geldwerten bestehen. Wenn nun ein Herr seinem Sklaven einen Betrieb anvertraut – der natürlich rein rechtlich noch immer ein Betrieb des Freien ist und damit denselben gesetzlichen Regelungen unterworfen werden muss, was maximale Anzahl oder Art des Betriebes angeht – wer könnte ihm jenes ernstlich verbieten wollen? Ich gebe frei heraus zu, dass auch mein Landgut von meinem Verwalter, der Sklave ist, geführt wird und ich nur die diesbezüglichen Bücher überprüfe. Und ich nehme an, die Zeiten, in denen ein Senator Roms das letzte Mal eigenhändig ein Schaf geschoren oder ein Feld bestellt hat, sind schon lange vorbei. Daher ist dieser Teil völlig an der gelebten Wirklichkeit vorbei und sollte dringend dahingehend umgeschrieben werden, dass einem Sklaven ein Betrieb zur Führung durch den Herrn überlassen werden kann.“
    Punkt eins.


    “Darüber hinaus ist der Nachsatz zu Mitgliedern des Cultus Deorum meiner Ansicht nach vollkommener Unsinn. Zum einen gibt es keinerlei Definition in diesem Gesetz oder anderen, was der Cultus Deorum genau ist und welche Posten er folglich umschließt. Jeder einzelne Römer ist schließlich dem Dienst an den Göttern verpflichtet. Jeder Händler, der etwas auf sich hält, wird in einem Collegium des Mercurius organisiert sein, jeder Fischer in einem solchen für Neptun, jede Prostituierte in einem der Venus. Und die wenigsten von ihnen dürften die hier genannten Anforderungen an den Stand erfüllen.
    Wenn nun nur das Collegium Pontificum gemeint sein sollte, dann kann eben jenes für seine Mitglieder auch collegiale Richtlinien erlassen, ohne dass diese in Gesetzesform gepresst werden müssten. Sollten die Aeditui gemeint sein, so obliegt es meiner Meinung nach demjenigen, der den Aedituus einstellt und für seinen dienst bezahlt, ob er erlauben möchte oder nicht, dass dieser noch ein anderes Gewerbe betreibt als jenes der Tempelinstandhaltung. Bei großen Tempeln mag dies durchaus sinnvoll sein, bei kleineren Tempeln mit nur einer kleinen cella vor dem Standbild ist dies aber wohl etwas sehr restriktiv. Und letztlich obliegt es dem Stifter eines Tempels, was dieser erlauben möchte oder nicht. Darüber hinaus sind Tempel selbst an und für sich schon Gewerbe, verkaufen sie doch regelmäßig das Fleisch der Opfertiere. Einige weitere verdingen sich auch als Vermittler von Blumengaben oder Opferkuchen oder ähnlichem ein weiteres Zubrot.
    Mangels einer eindeutigen Definition des Cultus Deorum und angesichts der Ordnungsmöglichkeiten der einzelnen Collegia würde ich diesen Nachsatz also gänzlich entfernen.“
    Punkt zwei.


    Sextus machte erst einmal eine Pause, so dass seinen Gästen die Möglichkeit einer Rückmeldung gegeben wurde, obgleich er mit eben jenem einen Paragraphen noch längst nicht fertig war. Doch war das für den Anfang genug Argumentation, er wollte nicht wirken, als würde ihn die Meinung des Consulars nicht interessieren.

  • Zur ersten Änderung die Lupus vorschlug konnte Scipio nur zustimmend nicken, er war immerhin selbst betroffener dieser Regelung und hatte sich bereits seine Gedanken gemacht wie er dann, sollte er ja in den Senat kommen, mit der Lana de Decima verfahren sollte. Auch die Anmerkung was den Cultus anging hielt er nur für vernünftig und richtig, nickte hier ebenfalls zustimmend, auch wenn er zugeben musste dass er ihnen den Besitz eines Betriebes auf bestimmte Branchen beschränken würde, ein Mitglied des Cultus Deorum sollte in seinen Augen kein Lupanar oder eine Schänke besitzen.


    "Wir sollten den Absatz 3 dahingehend anpassen, dass Sklaven nur das Gründen eines Betriebes untersagt ist, nicht aber das Führen eines solchen insofern der Eigentümer weiterhin ein freier Bürger ist. Oder eben pauschal sagen Sklaven dürfen Betriebe zwar besitzen, aber nicht die Eigentümer sein." Damit setzt er natürlich vorraus dass den Senatoren der Unterschied zwischen Besitz und Eigentum klar war, aber das sollte ja der Fall sein.


    "Was den Nachsatz angeht kann ich hier nur zustimmen, allerdings möchte ich meine persönlichen Bedenken aussprechen dass ein Mitglied des Cultus Deorum, insofern wir für diese je eine klare Definition finden, keine Betriebe wie Lupanare oder Schänken haben sollten, sondern ebenfalls unter die Beschränkungen in Punkt 5 des Paragraphen fallen sollten." Vorausgesetzt Senator Lupus würde hier nicht ebenfalls ansetzen wollen, was natürlich nicht unwahrscheinlich war. Trotzdem konnte man ja hier die gleichen Regelungen verwenden, egal wie diese später ausfallen würden.

  • Macer setzte sich auf die geistige Agenda, seinen Tiro über die übliche Redereihenfolge im Senat zu unterrichten, die auch außerhalb der Curia einen guten Eindruck machte. In der Hoffnung, dieses Vorhaben bis zum nächsten Tag nicht vergessen zu haben, konzentrierte er sich dann wieder auf die Vorschläge, zu denen es allerdings aus seiner Sicht nicht viel zu sagen gab.


    "Ja, ich denke, beides sind sinnvolle Vorschläge. Was das Führen eines Betriebes durch einen Sklaven angeht, entspricht es zweifellos dem Usus, dass Landgüter und viele andere Betriebe durch Sklaven geführt werden. Man mag lediglich darüber streiten, was denn eigentlich die Tätigkeit des Führens eines Betriebes ausmacht. Wenn es schon reicht, einmal im Jahr die Bücher zu prüfen, dann führst du deinen Betrieb ja doch selber. Leider ist der ganze Paragraph sehr uneinheitlich dahingehend, ob es nun um Eigentum, Besitz oder Führung eines Betriebes geht. Fast jeder Satz verwendet ein anderes Wort. Ich denke jedoch, der Geist der Lex ist es hier, diejenige Person zu bestimmen, die der letztendliche Profiteur des Geschäftes ist und die daher auch für Fehler haften muss. Und der dritte Satz des Paragraphen soll ausschließen, dass es sich bei einer solchen Person um einen Sklaven handelt, was zweifellos sehr sinnvoll ist", erläuterte Macer seine Sichtweise. Einen konkreten Formulierungsvorschlag machte er nicht, denn die Kritik an der sehr variantenreichen Formulierung erstreckte sich ja über mehrere Sätze, die noch zu diskutieren waren. Und zum nächsten wollte und sollte er ja ohnehin noch etwas sagen.


    "Die Erwähnung des Cultus Deorum halte ich hier auch für überflüssig, da es für den Markt zweifellos keine Rolle spielt, ob ein Betrieb durch ein Mitglied eben jenes Cultus Deorum geführt wird oder diesem gehört. Dass das Exercitus erwähnt wird, kann ich verstehen, da es tausende Soldaten gibt und diese in den Garnisonsstädten sonst alle Gewerbe unter ihre Kontrolle bringen könnten, was sowohl zum Nachteil der Bevölkerung als auch der Staatskasse sein kann, die zur Versorgung der Armee auch bei Händlern und Handwerkern vor Ort kauft. Beim Cultus Deorum sehe ich dieses Problem nicht. Und wie du richtig sagst, liegt alles andere im Ermessen des Collegium Pontificium oder wem auch immer, der sich dazu berufen fühlt, die Tempeldiener und Priester zu beaufsichtigen", stimmte Macer dem Vorschlag zu und erprobte dabei gleich eine mögliche Argumentation bezüglich der Erwähnung des Militärs.


    "Und wieso sollte es Ausnahmen für Lupanare oder Schänken geben?", wandte er sich dann kurz an seinen Tiro. "Wenn wir Menschen, die diesen Gewerben nachgehen, für unwürdig für den Dienst an den Göttern halten, dann ist dies eben Sache der Kultvorschriften. Wir haben ja auch einzelne Kulthandlungen, bei denen Männer oder Frauen ausgeschlossen sind, aber das bedeutet ja nicht im Umkehrschluss, dass Männern oder Frauen die Durchführung aller Kulthandlungen untersagt wäre", rief er in Erinnerung. "Und es wäre ja auch irgendwie seltsam, warum man ausgerechnet einem Wirt, der jeden Tag Menschen mit Speisen und Getränken glücklich macht verbieten sollte, auch den Göttern ein Bankett zu richten", warf er dann auch hier noch ein Argument anhand eines spontanen Beispiels in die Runde.

  • Kurz war Sextus iritiert und hob fragend die Augenbrauen, als der Decimus sich meldete, obwohl er gar nicht angesprochen war. Er hatte sich ja noch damit abgefunden, dass der Purgitier seinen Tiro mitbringen würde, obwohl Sextus allen Grund hatte, die Decimi als Ganzes und die näheren Verwandten von Decimus Serapio im Besonderen nicht willkommen zu heißen. Aber dass jetzt ein Junge, dem grade mal ein bisschen Flaum spross, nun sich mit Senatoren auf eine Ebene stellen wollte, das war doch wirklich etwas zu viel des guten. “Wir?“ fragte Sextus kurz verwundert nach, als sich dann auch gleich sein eigentlicher Gesprächspartner zu Wort meldete Sextus blinzelte kurz und versuchte, sich auf das Gesagte zu konzentrieren.
    “Darüber hinaus ist es auch jetzt schon Rittern gestattet, eben jene Betriebe zu führen und gleichzeitig in einem Collegium aktiv zu sein. Wenn es hierbei kein Problem gibt, ist es umso unlogischer, dass bei Personen niedrigeren Standes ein höherer moralischer Maßstab angewendet werden sollte. Darüber hinaus bleibt die frage nach einer Definition dieses ominösen Cultus Deorum, denn zweifellos werden sich Prostituierte auch jetzt schon in Kultvereinen der Venus zusammenschließen. Und Schankwirte in jenen des Bacchus oder ähnlichem. Wenn nun nur höchste Collegia gemeint sind, die ihre Mitglieder ohnehin kooptieren oder aber ihre eigenen Mitglieder ausschließen können, dann muss jenes nicht in einem allgemeinen Marktgesetz verankert werden. Soviel sollte selbst der Senat diversen Collegia zugestehen. Zumal ohnehin die höchsten Ämter nur für den Ordo Senatorius zugänglich sind, der eigene Restriktionen diesbezüglich hat. Oder sie sind direkt dem Kaiser unterstellt, der da seine Wünsche und Ansichten wohl selbst verkünden kann.“
    Es war ja nicht das erste Mal, dass Sextus so eine Argumentation hörte. Vermutlich war diese aus einer Zeit übrig geblieben, in der angeblich Frauen noch in den Senat aufgenommen worden waren und es sonderbare Posten und Positionen von Staats wegen gegeben haben sollte. Aber genau deshalb hatte Sextus da sehr viel zeit gehabt, sich über diesen unsäglichen Unsinn innerlich aufzuregen und sich Argumente zurechtzulegen. “So eine Regelung schließt nicht aus, dass Collegiumsmitglieder bestimmte Betriebe unterhalten, sondern schließt bestimmte Bevölkerungsgruppen vielmehr vom Dienst an den Göttern aus, die von den eigentlichen Kultvorschriften her explizit nicht ausgeschlossen wären. Und hierfür ist ein Marktgesetz definitiv nicht gedacht.“ So oder so war der Senat nicht dafür zuständig, irgendwelche abstrusen Moralvorstellungen in seiner Bevölkerung durchzudrücken. Wo käme man denn hin, wenn man sämtliche Lupanare und Tabernae unter Druck setzte, indem man sie von göttlichen Segnungen ausschloss? Was wäre, wenn all diese Betriebe auf einmal schließen würden? Die Senatoren wären wohl mit die ersten, die ihre Hetären vermissen würden.


    So Sextus hatte sich schon viel zu sehr mit diesem Einwurf aufgehalten. Aber immerhin, so war er sicher, sollte dieser in seinen Augen unsinnige Punkt im Senat wieder aufkommen, er hätte seine Argumente, um diesen Einwurf als den Unsinn zu widerlegen, der er war.
    “Was die Sklaven angeht, da ist es natürlich richtig, dass der Eigentümer eines Sklaven für diesen haftet. Die Frage ist, ob dies explizit noch einmal ausgedrückt werden muss oder mit dem generellen Haftungsgrundsatz selbsterklärend ist, nach dem ein Sklavenhalter immer für die Taten seiner Sklaven haftbar zu machen ist. Ich bin mir gerade nicht sicher, ob es hierzu schon einen anderen Paragraphen gibt... oder ob dies nötig ist...“ Wenn es einen solchen Paragraphen bereits gab, entfiele natürlich so ein Satz hier in diesem gesetz. Allerdings kannte Sextus nun nicht alle Gesetzestexte auswendig, um zu wissen, ob es hierfür auch schon etwas gab. Er gab einem mitnotierenden Sklaven kurz einen Wink, damit dieser diese Fragestellung notierte, damit Sextus sich später daran erinnerte und Nachforschungen anstellte.


    “Und – um diesen Punkt gleich aufzugreifen – würde ich in der Tat den fünften Absatz dieses Paragraphen umschreiben. Doch, um chronologisch zu bleiben, möchte ich zunächst den vierten Satz ins Auge fassen und möchte Vorschlagen, die Anzahl der erlaubten Betriebe auf fünf zu erhöhen und die Diversifizierungspflicht herauszunehmen. Ob eine Person nun fünf gleiche Betriebe haben oder fünf verschiedene Personen einen Betrieb derselben Art, macht gesamtwirtschaftlich gesehen keinen Unterschied. Immerhin sind die Betriebe unabhängig von ihrer Anzahl an dasselbe Preisfenster gebunden, so dass man nur sich selbst Konkurrenz macht, wenn man in einen gesättigten Markt massiv einzudringen gedenkt.
    Und die Anhebung der erlaubten Betriebe auf fünf halte ich angesichts der wirtschaftlichen Landschaft für geradezu essentiell. Seit Wochen, wenn nicht Monaten, werden einzelne Produkte gar nicht oder völlig überteuert angeboten, da einzelne Personen in einzelnen Städten ein Monopol auf ihre Waren halten. Oder es eben keinen einzigen nicht-staatlichen Betrieb gibt, der eine Ware anbieten kann. Ich habe mir sagen lassen, dass Ton momentan nur aus Germania zu bekommen ist, obwohl es in Italia sicherlich den ein oder anderen geeigneten Platz für eine Tongrube geben würde. Ebenso verhält es sich mit Töpferwaren.
    Abgesehen davon hege ich die Hoffnung, dass ein wenig Konkurrenz die Betriebsinhaber dazu zwingen wird, ihre Preise wieder auf ein vernünftiges, dem Wettbewerb angemessenes Maß herunterzudrehen und nicht weiterhin gerade so eben die staatlichen Maßnahmen auszuhebeln, die auch jetzt schon dafür sorgen würden, dass der Staat eingreift.“

  • Autsch... schon wieder hatte Scipios Eifer und Tatendrang dafür gesorgt dass er negativ auffiel. Er hatte wohl doch einige wichtige Dinge vergessen die ihm Meridius Tag für Tag beigebracht hatte...
    "Entschuldigt mein ungestühmes Verhalten werte Senatoren. Ich wollte nur konstruktive Hilfe anbieten und habe dabei etwas über das Ziel hinausgeschossen. Da ich ja selbst von der Lex Mercatus betroffen bin, auch was die eben erwähnte Monopolstellung betrifft, ist es mir hier ein besonderes Anliegen einige Misstände aus der Welt zu schaffen. Ich werde nunmehr schweigen, außer meine Meinung ist explizit gewünscht."


    Schweigen, was aber nicht hieß dass er sich keine Notizen machen konnte, hatte er immerhin ein paar Wachstafeln mitgebracht. Und seine Gedanken waren eh frei, vielleicht konnte er ja wenigstens im Abschluss mit Macer unter vier Augen einige Dinge erneut bereden. Allerdings wurde ihm der Aurelier mehr und mehr unsymphathisch, irgendwas hatte er gegen Scipio doch der junge Decimer konnte sich, außer seiner großen Klappe, nicht vorstellen was es sein könnte.

  • "Von der Lex Mercatus ist zweifellos jeder von uns mehr oder minder stark betroffen", stimmte Macer seinem Tiro mit einem Augenzwinkern zu und war froh, dass dieser sich selber einbremste und das auch noch in passende Worte kleidete. Und früher oder später würde sich ganz sicher eine Gelegenheit ergeben, ihn wieder aktiv ins Gespräch zu holen.


    Nachdem Aurelius Lupus Macers Argumenten offenbar auch zustimmte, blieb Macer allerdings zum nächsten Punkt erst einmal selber nicht viel zu sagen. "Nun, ich muss zugeben, dass ich bezüglich der Obergrenzen recht leidenschaftslos bin. Ich besitze ein Landgut, auf dem ich insbesondere Obstanbau und auch eine Imkerei betreibe. Mehr nicht. Ich habe also keinerlei Erfahrung wie es ist, an die eine oder andere Grenze zu stoßen. Von daher wäre ich wohl geneigt, dir hier kommentarlos zu folgen", signalisierte er seine Zustimmung. Vielleicht konnte er sich damit ja die Option erkaufen, später selber auich noch die eine oder andere Änderung einzubringen, die dann Aurelius Lupus kommentarlos in das Gesamtwerk aufnehmen würde.


    Nebenbei machte er sich noch eine Notiz, dass der Paragraph bezüglich der Haftungsfrage wohl tatsächlich überarbeitet werden sollte, denn anders als sein Gegenüber sah er hier schon Bedarf für eine deutliche Klarstellung. Aber damit wollte er sich nicht jetzt aufhalten, sondern es später wieder einbringen, wenn es um die Formulierung der Neufassung ging.

  • Na immerhin brachte der Bursche das zustande, was sein... Vetter? Onkel? Was dieser Feigling in schwarzer Rüstung und dessen Vater beide nicht hinbekommen hatten: Sich entschuldigen. Das besänftigte, zumindest ein wenig, und Sextus war zumindest dem Anschein nach gewillt, es zu zeigen. “Jugend neigt zu Ungestüm. Und du bist bei Consular Purgitius, um zu lernen, und nicht, weil du schon alles weißt. Dir sei verziehen.“ Zumindest dieser Ausrutscher sei verziehen. Die Zugehörigkeit zur falschen Gens und deren Fehlverhalten wohl eher weniger.


    Dass der Consular ohne Widerworte zustimmte, war einerseits erfreulich, andererseits war sich Sextus durchaus der Tatsache bewusst, dass eine Hand die andere wusch und er damit einen gleichwertigen Gefallen schuldig war. Solange dies nun nicht in einer Angelegenheit zum tragen kam, die Sextus persönlich wichtig war, hatte er mit diesem System des Gebens und Nehmens aber auch keinerlei Problem. “Die Senatorenschaft wird dieser Schritt zugegebenermaßen weniger betreffen, da die meisten wohl mit dem jetzigen Betriebslimit völlig zufrieden sind. Allerdings betrifft die Überteuerung und die Verknappung der waren vor allem solche außerhalb des landwirtschaftlichen Rahmens, und wenn man es selbstlos nennen kann, eine Gesetz zu reformieren, von dem man nicht durch eigene Betriebsgründungsmöglichkeiten, sondern nur durch bessere Einkaufsmöglichkeiten profitiert, bin ich gerne selbstlos. Und danke dir für deine Zustimmung, Consular.


    Womit wir dann schon beim letzten Satz dieses Paragraphen angekommen wären, und hierfür hätte ich wie bereits vor einigen Tagen erwähnt gerne deine Expertise. Der jetzige, fünfte Satz über die Einschränkungen für Patrizier und Angehörige des Senatorenstandes ist meiner Ansicht nach mehr als schwammig. Und wenn es hierzu schon wiederholt Gerichtsverhandlungen gegeben hat, würde ich meine Einschätzung diesbezüglich als erwiesen ansehen. Bevor wir den Satz allerdings eindeutiger fassen können, müssten wir uns zunächst einmal klar sein, welche Betriebe wir denn selbst als unserem Stande angemessen erachten.


    Meine Meinung als absoluter Laie ist, dass die Regelung durchaus eigentlich enger gefasst sein sollte, als sie bislang stellenweise ausgeübt wurde. Ein Landgut zu besitzen, das beispielsweise Trauben anbaut und daraus auch gleich selbst Wein keltert – also alle Arbeitsschritte vom setzen des Rebstocks bis hin zur Lagerung des Weins in sich vereint – ist sicherlich als landwirtschaftlicher Betrieb zu sehen. Eine Metzgerei, die bereits geschlachtete Tiere ankauft und lediglich noch würzt und zu Würsten verarbeitet, mit der Aufzucht und Haltung der Tiere aber nicht das geringste zu tun hat, fällt meines Erachtens nach aber unter Handelstätigkeit. Von Fernhändlern, die zwar Datteln, Weihrauch und Falerner anbieten, diese Dinge aber selbst nur aus verschiedenen Ländern ankaufen und lediglich transportieren, ganz zu schweigen.


    Allerdings bist du in diesem Fall sicherlich bewanderter als ich, und bevor ich daher aus meiner laienhaften Meinung heraus etwas vorschlage, wäre ich wirklich für deine Einschätzung hierzu sehr dankbar.“

  • Macer musste ein wenig schmunzeln, denn er hielt sich keineswegs für besonders bewandert, was gerade diesen Teil des Paragraphne betraf, nur weil er schon in dem einen oder anderen Prozess als Iudex damit zu tun hatte. Andererseits hatte er sich natürlich vorbereitet, nachdem Aurelius Lupus sein Augenmerk schon beim ersten Treffen auf diesen Punkt gelenkt hatte. "Ja, dieser Satz lässt in der derzeitigen Form zu viele Interpretationen zu", stimmte er zu. "Ich gehe davon aus, dass es der ursprüngliche Wille des Senates war, dass Senatoren nur solche Betriebe führen dürfen, die landwirtschaftliche Güter erzeugen und dass es darüber hinaus gestattet sein sollte, im selben Betriebe auch Weiterverarbeitung vorzunehmen", erläuterte er dann seinen Standpunkt. "Das würde sich meines Erachtens mit deinen Ausführungen decken. Aber man kann wie gesagt meines Erachtens nicht zweifelsfrei aus dem jetzigen Text schließen, dass es tatsächlich so gemeint ist."

  • Das. War. Kurz.
    Sextus blinzelte kurz verwirrt und wusste nicht so recht, was er jetzt sagen sollte. Er hatte sich doch ein paar Sätze mehr erhofft, irgend etwas, das auf juristische Urteile verwies, oder wenigstens auf Hörensagen von solchen, oder einfach irgendwas, das nach mehr klang als der persönlichen Meinung irgendeines x-beliebigen Römers von der Straße. Irgend ein Anhaltspunkt, wie man weiter verfahren könnte, seinetwegen auch eine moralische oder philosophische Ansicht zu dem Thema als solches. Einfach etwas mehr als ein 'Ja, passt schon' in hübscher verpackten Worten.
    Sextus schindete etwas Zeit, indem er einen Schluck trank und seinen Becher dann sorgfältig wieder auf dem Tisch abstellte, während er seine Gedanken sammelte. “Die eigentliche Frage ist da eher: Denkst du, dass wir dies so, wie es unserer beider Meinung entspricht, folglich in einem neuen, eindeutigeren Text festhalten können und wärst du mit dieser Gesetzesneuerung einverstanden?“ fragte Sextus also nochmal etwas expliziter nach, denn genau um diesen Punkt hatte der Purgitier mit seiner im höchsten Maße diplomatischen Antwort einen weiten Bogen gemacht.

  • Hätte Macer geahnt, dass sein Gegenüber die vorherige Antwort überraschend kurz fand, hätte er sich womöglich dazu hinreißen lassen, nun mit einem noch viel kürzeren doppelten Ja zu antworten und ihn dann strahlend anzugrinsen. Stattdessen fiel seine Antwort etwas ausführlicher aus. "Dass wir das, was unsere Meinung ist, in einen eindeutigen Text fassen können, steht für mich außer Frage. Präziser als in der jetzigen Fassung geht es allemal. Und da ich denke, dass eine solches Fassung eben auch dem entspräche, was ursprünglich geplant war, bin ich damit auch einverstanden, zumal es mich persönlich ohnehin nicht betrifft", kleidete er erst einmal das doppelte Ja in längere Worte und setzte dabei stillschweigend voraus, dass seine Imkerei beziehungsweise der dort produzierte Honig ein landwirtschaftliches Produkt war. Er hatter aber auch bisher nichts gegenteiliges gehört.


    "Die Frage wird daher wohl eher sein, ob uns der Senat folgt", setzte er dann zum zweiten Teil der Antwort an, indem er die Frage einfach mal umdefinierte. "Es gibt nun einmal wie ich sagte keine Beweis, dass meine eben formulierte Ansicht die einzige richtige ist und es gibt auch kein entsprechendes Urteil. Sonst hätte ich mich damals nicht mit einer Feststellungsklage diesbezüglich herumärgern müssen, die nie zu einer Entscheidung gekommen ist." Was ihm zwar in sofern Recht war, dass er so nicht den zweifelhaften Ruf genießen konnte, an einem Grundsatzurteil schuld zu sein, aber andererseits mochte er solche offenen Enden auch wieder nicht. "Es gibt Gesetzeskommentare und ein paar einzelne Urteile zu einzelnen Betrieben, die aber zum Teil schon wieder überholt sind. Und der ausführlichste Kommentar, der mir geläufig ist und der sich mit eben diesem Satz des Paragraphen befasst ist der von Caecilius Metellus, der sich aber vor allem darum bemüht, die Begriffe 'Landwirtschaft' und 'Weiterverarbeitung' genauer zu definieren und dem kleinen 'und' zwischen den Worten keine detaillierte Beachtung schenkt", führte Macer dann weiter aus. "Nach diesem Kommentar wäre der Besitz einer Spinnerei zulässig, denn sie erzeugt zwar kein landwirtschaftliches Produkt, verarbeitet aber das landwirtschaftliche Produkt Wolle weiter. Ich würde dem aber eben nicht folgen und einem Senator nur dann die Weiterverarbeitung gestatten, wenn er auch die landwirtschaftliche Erzeugung selbst vornimmt. Falls du den Kommentar nicht kennst, kann ich dir eine Abschrift hier lassen", bot Macer dann etwas abrupt an. "Vielleicht wäre es hier hilfreich, zunächst von einem Juristen oder auch einem Historiker ein weiteres Gutachten anfertigen zu lassen, welches die Frage genauer beleuchtet, ob die reine Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte einem Senator angemessen ist. Vielleicht liegen wir ja auch falsch und es widerspricht gar nicht den Traditionen, genau dies zu erlauben." Nun nahm Macer einen Schluck zu trinken, denn Historiker war er ganz sicher nicht.

  • In der Tat kannte Sextus diesen Kommentar nicht. Er hatte zwar durchaus selbst auch ein wenig Recherchearbeit im Vorfeld betrieben, aber er selbst war weder ein Jurist, noch ein Historiker, noch hatte er ein außerordentliches Interesse in eben jenem Bereich, als dass er da jeden Kommentar zu einem diesbezüglichen Gesetzestext kennen würde. “Wenn du zufällig eine Abschrift erübrigen kannst, wäre das in der Tat sehr hilfreich für mich. Denn wie gesagt bin ich Laie, was diese juristischen Spitzfindigkeiten angeht und daher um jede Hilfe dankbar. Wenn du meinst, dass wir dazu einen Historiker oder Juristen...“ Sextus stoppte mitten im Satz, was für diejenigen, die ihn kannten – was zugegebenermaßen auf niemanden in diesem Raum zutraf – wohl ein ungewöhnliches Zeichen darstellte, da er im Üblichen zuerst nachzudenken und dann zu sprechen pflegte. Doch ab und an einmal geschah es auch ihm, dass die Götter ihm einen Geistesblitz eingaben, an den er so bislang nicht gedacht hatte, der seine zuvor sorgfältig gewählte Formulierung unterbrach. Also entstand ein kurzes Schweigen, gefolgt von einem ins nichts gesprochenen “Iulius....“.
    Kurz flackerte Sextus Blick, dann lächelte er seinem Gast entschuldigend zu. “Oh, verzeih, Consular. Ich hatte nur gerade eine wie mir scheint treffliche Idee. Kennst du Senator Iulius? Nicht den Alten, ich meine Iulius Dives. Er ist...“ Sextus überlegte zunächst eine möglichst diplomatische Formulierung, entschied sich dann aber doch für ein kurzes Lachen und die Wahrheit, da diese ihm hier hilfreicher erschien als salbungsvolle Worte. “Um ehrlich zu sein ist er ein ziemlicher Pedant und Erbsenzähler, allerdings denke ich, dass wir bei Nachforschungen oder später auch Formulierungsfragen kaum einen geeigneteren Mann finden. Und eine Einbeziehung in unsere Vorbereitungen würden uns im späteren Verlauf der Senatsdiskussion sicher einige... einige Zwischenfragen und Abänderungsvorschläge ersparen. Und ich bin fast der Überzeugung, dass er sich freuen würde, sich durch Senatsarchive und historische Abhandlungen zu wühlen.“
    Sextus hatte ja nur kurz mit dem Iulius zusammen gearbeitet – oder vielmehr hatte der Mann für Sextus gearbeitet und bei der Organisation des Wagenrennens zu den munera des Kaisers geholfen. Dennoch glaubte Sextus tatsächlich das, was er sagte, insbesondere den Teil, dass sie sich so einige Diskussionen im Vorfeld sparen konnten. Nur hoffte er, dass der Iulier hier nicht wieder mit ähnlichem Übereifer bei der Sache sein würde wie bei der Hafengebühr damals in Ostia. Zur Not würden der Purgitius und er ihn wohl noch ein wenig einnorden müssen. Allerdings traute sich Sextus diese Aufgabe durchaus zu.
    “Sofern du also einverstanden bist, würde ich den Iulius zu unserem nächsten Treffen dann hinzubitten und ihm wohl im Vorfeld eben jene Aufgabe der Recherche zu diesem Punkt anvertrauen.“

  • Iulius Dives war nicht unbedingt derjenige, den Macer als erstes im Kopf hatte, aber zumindest sagte ihm der Name etwas. "Nun, nicht unbedingt ein bekannter Jurist oder Historiker, aber trotzdem sicherlich keine schlechte Idee", stimmte Macer vorsichtig zu. "Zumindest scheinen ihm Gesetzesreformen zu liegen, wenn ich an einige nicht allzu weit zurückliegende Senatsdebatten denke", meinte sich Macer zudem vage zu erinnern und kramte währenddessen in seiner Tasche. "Hier, bitte", meinte er dann und überreichte offenbar eine Abschrift des eben erwähnten Gesetzeskommentars. "Wärst du denn bereit, gegebebenfalls auch diesem Kommentar zu folgen und den Senatoren einige mehr Betriebe zu erlauben als solche, die auf jeden Fall landwirtschaftliche Güter herstellen?" erkundigte sich Macer dann. "Ich denke, ich wäre dazu bereit, wenn wir damit zumindest erreichen, dass die Regelung insgesamt präziser gefasst wird und damit Unklarheiten ausgeräumt werden."

  • Scipio war, um es kurz zu fassen, dem Gespräch lange Zeit gefolgt, aber dann wurde es immer spezifischer und er hatte große Mühe dem Thema wieder gerecht zu werden. Als dann am Ende aber Macer wieder auf einfache Dinge zurückkam, wie die Anzahl der Betriebe pro Senator, war der Decimer wieder voll dabei und konnte den Ausführungen folgen. Zufrieden trank er einen Schluck Posca, auch wenn er es interessant fand wie der Aurelier über andere Senatoren sprach, er versuchte nicht einmal seine Meinung beschönigend darzustellen. Wie er wohl auch über andere Senatoren dachte?

  • Sextus nahm mit einem freundlichen “Danke“ die Abschrift des Gesetzeskommentars entgegen, war aber höflich genug, nun nicht gleich zu lesen und weiter zu debattieren. Im Nachgang dieses Gespräches würde ohnehin viel zu tun übrig bleiben und einiges zu recherchieren und nachzuarbeiten sein, so dass er dies ebenfalls dann tun könnte – oder eben nach ausdrücklicher Aufforderung seines Gastes, so dieser jetzt darüber sprechen wollte. Allerdings stellte dieser doch eine grundlegendere Frage, die auch ohne nähere Lektüre beantwortet werden konnte.
    “Bevor das Gesetz als Ganzes in seiner Neufassung dadurch gefährdet wäre, würde ich notgedrungen zustimmen. Allerdings wäre es primär mein Ziel, die engere Fassung zum Gesetz zu erheben. Sofern nicht weitere, historische Hinweise dafür beigebracht werden können, dass die Landwirtschaft von unseren ehrwürdigen Ahnen tatsächlich sehr viel weiter gefasst wurde, als du und ich uns hier gedacht haben.
    Wobei ich allerdings ganz klar eine Grenze ziehen würde bei reiner Handelstätigkeit, selbst wenn diese sich auf landwirtschaftliche Produkte erstrecken sollte. Die Einfuhr von Luxusgütern kann meines Erachtens nach auch bei weitreichenderer Definition von landwirtschaftlichen Betrieben nicht gerechtfertigt werden, selbst wenn Weihrauch tatsächlich aus Bäumen gewonnen wird.“

    Über Spinnereien und Bäcker konnte man ja noch verhandeln, wenn es unbedingt sein musste. Aber einige, engere Grenzen mussten nach Sextus' Dafürhalten einfach sein, wollte man sich nicht ganz lächerlich machen. Sonst hätte man gleich sämtliche Tätigkeitsfelder für Senatoren und Patrizier öffnen können, und das hatten die römischen Urväter ganz gewiss niemals im Sinn gehabt.


    “Von meiner Seite aus wäre damit auch zu diesem Punkt alles gesagt. Um das Gespräch allerdings nicht zu sehr an mich zu reißen, möchte ich nun dich erst einmal fragen, ob du zu diesem oder den nächsten Paragraphen eigene Vorstellungen oder Wünsche hast?“

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