Traumatisierte Elite?

  • Während ich grade so an meinem Char im Militär herumüberlege drängt sich mir die Frage auf, ob es eigentlich Studien und Forschungen darüber gibt, wie die eigentlich dauernd geführten Kriege und Feldzüge sich auf die Psyche der Staatsführung und der Gesellschaft in Rom generell ausgewirkt haben.


    Es würde mich nicht wundern wenn man heute bei so Leuten wie Caesar, Marcus Antonius, und verschiedenen anderen PTSD diagnostizieren würde. Von den 20 Jahre dienenden Berufssoldaten ganz zu schweigen.


    Die Psyche in Mitleidenschaft ziehende Traumata erleiden Soldaten ja nicht erst gestern und wenn man sich vorstellt, dass das Führungspersonal häufig aus dem Feldlager mehr oder weniger direkt auf die Senatsbank oder den Kaiserthron gestiegen ist, erscheint einiges in einem ganz anderen Licht...


    Weiß jemand was dazu?

  • Ich hatte mir die Frage selbst mal gestellt und damals ein paar Beispiele gefunden, in welchem die Symptome von PTSD von einigen Chronisten erwähnt wurden. Das Problem war vor allem dem römischen Militär bekannt. Leider habe ich die Originalquelle nicht mehr, da die Domain nicht mehr exisitiert, aber in einem History-Forum wurden einige Ausschnitte zitiert.


    Hier


    Einige Psychologen halten auch Achilles, zumindest wenn man der Ilias folgt, für einen traumatisierten Soldaten.

  • Ich habe vor einigen Jahren eine BBC Doku zu diesen Thema gesehen. In der Doku hieß es auch das PTSD damals natürlich schon vorhanden war, aber viel weniger verbreitet als heute. Als Gründe nannte man die damalige Kriegsführung. Schlachten waren zwar grausam und blutig, aber sehr sehr selten. Die Soldaten hatten viel längere Regenerationsphasen zwischen Gefechten/Schlachten und waren nicht ständig in unmittelbarer Lebensgefahr wie heutige Soldaten durch Heckenschützen, Sprengfallen, weitreichendes Artilleriefeuer und kontinuierlich besetzte Fronten nah am Feind.



    interessant wäre natürlich auch die Frage, ob die Menschen damals "mehr ab konnten" als wir heute. Oder ob dies eigentlich obsolet ist bei traumatischen Erlebnissen.

  • Nun ich könnte mir auch vorstellen, dass es auch daran liegt, dass man in der Antike aus bestimmten Idealen heraus gekämpft hat. Der Römer an sich war ja überzeugt von "seiner" Sache. Sie glaubten an das Ideal von Rom und haben dafür gekämpft.


    Heute ist es doch eher so, dass z.B. die Bundeswehr in Afghanistan aus eher offensichtlich anderen Gründen kämpft. Was den normal denkenden Soldaten ins Grübeln bringt. Er sieht im Gegensatz zu den Soldaten in der Antike die Sache nicht als gerecht oder notwendig an, sondern eher als sinnlos und brutal. Kommt es nun dazu, dass man dann selbst unter Beschuss gerät und oder man verliert Kameraden, psychische Störrungen die fast schon logische Folge.


    Kurzum ich denke die Männer der Antike waren nicht die "härteren Hunde" sondern im Gegensatz zu heute hatten sie Ideale für die sie kämpften. Sei es nun für Rom oder für die Freiheit etc.

  • Der kulturelle Aspekt ist grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen. Studien zeigen, dass zum Beispiel Schizophrenie Patienten in Indien eher positive Halluzinationen erfahren während Europäer und Amerikaner allermeist negative Emotionen vermittelt bekommen.
    Um auf das Thema PTSD zurückzukommen:
    Es gibt massig Berichte die auf starke Psychische Belastung durch Gewalt- und Kriegserfahrungen hinweisen. Ein sehr interessanter englischer Text behandelt ausschließlich die römische Epoche, unter anderem hat Marius, der Rivale von Sulla wohl enorme psychische Beeinträchtigungen, zu lesen Ist das ganze hier:


    http://www.academia.edu/276012…_and_the_Soldiers_of_Rome


    Wichtig ist aber auch die Art der Kriegsführung, der "Shell Shock" aus den mechanisierten Kriegen ist natürlich mangels tagelanger Artillerie Bombardements in der Antike nicht zu beobachten, andererseits gibt es durch die enorme Gewalt im Nahkampf Berichte von Soldaten die ohne äußere Beeinträchtigungen erblindet oder verstummt waren (Bei der Belagerung von Syrakus zum Beispiel)


    Aber besonders der verlinkte Text ist sehr interessant. :)


  • Super Artikel, auch wenn mein Englisch eher mangelhaft ist. Danke! =)


    Kennst du vielleicht noch die Quellen über die Belagerung von Syrakus? Ich will mal schauen ob diese Symptome auch heute noch bei traumatisierten Personen erwähnt werden. Wäre mal ganz lustig zu vergleichen. :)

  • Herodotus Bericht über die Schlacht von Marathon ist die Quelle. Wie ich auf Syrakus gekommen bin weiß ich gerade selbst nicht. :D


    Ein kurzes Abstract darüber findet sich unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/p…guesClinNeurosci-2-47.pdf in einer klinischen Studie, aber generell ist die Aussage an sich ja der Kern.


    Ein Problem ist aber sicherlich auch die Quellenlage, denn die Berichte handeln ja meistens von den bekannten Persönlichkeiten und weniger von einzelnen Soldaten. Wie weit verbreitet psychische Beeinträchtigungen also wirklich waren und wie sich das genau äußerte kann man also nur recht schwer nachvollziehen.

  • Zitat

    Original von Duccia Silvana
    Kurzum ich denke die Männer der Antike waren nicht die "härteren Hunde" sondern im Gegensatz zu heute hatten sie Ideale für die sie kämpften. Sei es nun für Rom oder für die Freiheit etc.


    Ich meine eher, der Großteil der Legionäre schrieb sich wegen des großzügigen Solds (im Vergleich zu manch anderem Verdienst) bei der Legion ein. Und Auxiliare schrieben sich erst recht wegen der Aussicht auf das römische Bürgerrecht und der Ruhestandszahlungen bei den Einheiten ein. Ich denke deshalb, dass auch in der Antike bereits die wenigsten (römischen) Soldaten für besondere Ideale kämpften. 8)


    Gegen deine These spricht übrigens auch, dass auch solche Soldaten, die mit hehren Idealen (wie beispielsweise im ersten Weltkrieg) nicht vor Traumata geschützt waren, wie etliche Bilder von Kriegszitterern u. a. zeigen.

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