Mit der aurelisch-flavischen Hochzeitsnacht war das erste Kapitel einer "Patrizier-Ehe" aufgeschlagen worden, die - wie so viele Ehen zuvor und danach - ganz der Tradition des Adels verschrieben war. Gehörte das Knüpfen bzw. das Bewahren politischer Bande doch zum guten Ton in derlei Kreisen. Gefühle (oder gar die Liebe) spielten hingegen bei der Wahl des Lebensabschnittpartners eher eine untergeordnete (bis gar keine) Rolle, was für manch Beteiligten eine echte Herausforderung darstellen mochte. So auch für viele aurelische Bräute, denen man(n) in Bezug auf die Liebe (im allgemeinen und speziellen) gerne ein "feuriges Gemüt" nachsagte. In diesem Punkt machte Prisca keine Ausnahme und trotz fortgeschrittenen Alters fühlte sie das Feuer in ihr noch lange nicht als erloschen. Ganz im Gegenteil! Ihr sehnlichstes Ziel in diesem Leben hatte Prisca noch immer nicht erreicht und auf dem Weg zum Ziel führte eben kein selbiger an der Liebe vorbei. Naja besser gesagt am Sex, aber Liebe klingt eben viel romantischer …
Ein "echter Mann" hätte an der "liebevollen" (oder anders ausgedrückt "liebestollen") Aurelia seine wahre Freude haben können, doch leider traf dieses Attribut auf ihren unlängst angetrauten Gatten so gar nicht zu, da dieser seine Libido lieber an andere Männer verschwendete. Tja, warum hatte sie ihn dann geheiratet? Na …zum einen war Prisca mit dem Heiratsantrag regelrecht überrumpelt worden und zum anderen hätte es mit Sicherheit einen Affront gegeben, hätte sie dem Oberhaupt der Flavier einen Korb gegeben. Nein, das ging gar nicht! Die engen Bande zwischen Flavier und Aurelier durften unter gar keinen Umständen gefährdet werden. Und abgesehen davon war Prisca nun nicht mehr ganz im taufrischen Heiratsalter, um besonders wählerisch sein zu können. Dummerweise "plätscherte" die biologische Uhr (in Darstellung einer Wasseruhr) von Tag zu Tag dahin und mit jedem selbigen schwand für Prisca die Hoffnung dahin, irgendwann doch noch ein gesundes Kind zur Welt zu bringen.
Warum musste ich mich auch ausgerechnet auf die Flavier einlassen?, haderte Prisca allzu gerne mit ihren bisherigen Beziehungen zu den flavischen Männern, die allesamt nicht ganz einfach waren. Alles hadern half allerdings nichts, vielmehr würden böse Zungen demgegenüber behaupten, dass die Aurelia bis dato von Flavier zu Flavier weiter gereicht worden war. Doch war es ihre Schuld, dass es keiner von den (potenziellen) Ehemännern länger als einen gefühlten Wimpernschlag bei ihr ausgehalten hatte? Der Erste: Verschwunden auf Nimmerwiedersehen, gleich nach dem ersten Ausflug am Meer … Der Zweite: Auf wundersame Weise erschlagen von einer herabstürzenden maroden insula … und der Dritte? … Nur ein flüchtiges Interludium (wieder am Meer) aus dem mehr hätte werden können. Gar Liebe? Oh ja womöglich, doch dann kam die cena mit dem Vierten dazwischen und so nahm das Verhäng … das Verhältnis seinen Lauf …
~~ Im Garten der Villa Flavia ~~
… Noch während die Theateraufführung die Zuschauer in ihren Bann zog, waren eifrige Sklaven bereits damit beschäftigt, eine nicht minder beeindruckende Kulisse für die heimkehrenden Herrschaften zu schaffen: Ein Ambiente mit orientalischem Flair, in Form eines Beduinenzeltes, welches im Garten flugs errichtet worden war. Die Frontseite des Zeltes war offen, sodass man von den darin aufgestellten Liegen aus bequem den Sternenhimmel betrachten konnte. Da der Mond heute Nacht in voller Größe das Firmament überstrahlte, waren nur wenige Feuerbecken aufgestellt worden, um zumindest die nötige Wärme für ein lauschiges Beisammensein unter freiem Himmel zu spenden. Allerlei bereitgestellte Gaumenfreuden und Getränke würden zudem auf Stunden hinaus für das leibliche Wohl sorgen, wann immer es den Herrschaften danach gelüsten sollte.
Blieb die spannende Frage, wonach es den Herrschaften noch "gelüsten" würde/sollte und auch für diese Fälle hatte Prisca vorsorgen lassen. Sei es nun durch die Bereitstellung aller möglichen Opiate, duftspendender Räucherstäbchen, sanfter Musik aus dem Hintergrund und der Tatsache, dass die dezent im Hintergrund agierenden Sklaven heute ausschließlich aus hübschen Jünglingen bestanden. Ob all diese (wohlbedacht ins Kalkül gezogenen) Details am Ende die Aurelia ihrem Ziel näher bringen würden, blieb fraglich doch war es Prisca jeden Versuch wert, ihre Interessen durch zu setzen (auf welchem Weg auch immer).
"Ich hoffe du bist mir nicht böse, dass ich die Vorbereitungen bereits in Auftrag gegeben habe, noch ehe ich deine Zustimmung hatte. Es sollte eine Überraschung für dich werden.", gab Prisca sich bewusst unterwürfig als sie die bereit gestellte "Kulisse" an der Seite ihres Ehemannes betrat und im selben Atemzug rechtfertigte sie sogleich ihr Handeln: "So habe ich also zu Fortuna gebetet dass du mir den Wunsch nicht abschlagen wirst. … Ein Abend nur für uns, … ganz ohne Zwang. … Und was sagst du? …Gefällt dir diese kleine Oase der Entspannung, des Genusses und des Wettstreites um den König oder die Königin aller Rätsel?" Erwartungsvoll blickte Prisca zu Gracchus, als sie schließlich bei den Liegen angekommen waren. Ohne Umschweife nahm Prisca auf einer der beiden Liegen Platz und stibitzte eine Traube von dem Tablett, welches dazwischen platziert worden war. "Wollen wir zuerst ein wenig speisen, oder möchtest du sogleich mit unserem Wettstreit beginnen?", fragte Prisca genüsslich kauend und mit leuchtenden Augen das glitzernde Firmament über ihnen bewundernd.