Der Kaiser benötigte eine Rede, weshalb er nach dem Primicerius und preisgekrönten Rhetoren Helvetius rufen ließ.
Besprechung mit dem "Ab Orationibus"
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- Tablinum
- TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS AUGUSTUS
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Da war er also, nicht bloß als Primicerius ab epistulis, sondern auch als Procurator ab Oratoribus, wohl mehr eine inoffizielle Stelle, denn es würde wohl nicht an die Öffentlichkeit gelangen, dass sich der Kaiser seine Reden nun durch einen seiner Beamten schreiben ließ. Und selbst wenn dem so wäre, musste man wohl von einem stillschweigenden Konsens ausgehen, dass der Kaiser seine Reden selber schrieb, ob dem nun tatsächlich so war oder nicht. Mit selbstbewusstem Gang und einer Tabula unterm Arm betrat Severus das Arbeitszimmer des Kaisers und grüßte respektvoll und wartete dann, bis der Kaiser seinen Wunsch vorbrachte.
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"Ave, Helvetius." begrüßte der Kaiser den Schreiberling und gab seinem Privatsekretär, der wie immer hinter der Kline parat stand, eine Tabula zurück. "Ich benötige deine rhetorischen Fähigkeiten. Gleich bei mehreren Anlässen: Zum einen möchte ich dem Senat zwei Dinge zur Entscheidung vorlegen. Er soll darüber befinden, ob die beiden von Salinator verurteilten Consulare Vinicius Lucianus und Tiberius Durus eine Amnestie erhalten sollen. Dafür müsstest du in den Archiven nachsehen, was dafür und dagegen spricht." Er fuhr sich durch den Bart. Besonders die Recherchen bereiteten dem Aquilier immer Mühe.
"Zum anderen will ich den Senat bezüglich einer Divinisierung des vorvorvorletzten Kaisers Valerianus abstimmen lassen. Die Pontifices haben keine Einwände, immerhin ist es eine Tradition. Außerdem war er wohl der letzte Princeps, der das Volk nicht polarisiert hat, sodass es auch ein Zeichen für die wiederhergestellte Einigkeit des Imperiums wäre. Auch hier müsstest du prüfen, welche Argumente sich anbringen lassen." Keine leichte Aufgabe bei einem Kaiser, der stets krank und die meiste Zeit seiner Regierung auf Erholungsurlaub in Misenum zugebracht hatte.
"Hast du Fragen dazu?" -
Ave, Augustus grüßte Severus, zückte Tabula und Stilus und schrieb auch bereits los, während der Kaiser sprach. Zügig machte er sich dabei auch schon die ersten Notizen an den Rand und als der Kaiser endete, überflog er noch schnell seine Notizen, bevor er den Kopf hob. Ist die Entscheidung zu den Senatoren Tiberius und Vinicius bereits von deiner Seite ergangen? Und hast du auch selbst eine Meinung zu den beiden Senatoren? fragte er offen nach, denn eigentlich war er als Redenschreiber ja nicht dafür verantwortlich Entscheidungen vorzubereiten - das gehörte wohl vielmehr in das Ressort der a memoria - sondern die bereits vorbereiteten Argumente in eine möglichst überzeugende Rede zu gießen. Zudem hielt er es für wichtig, eben nicht eine trockene Aufzählung des Für und Wider zu schreiben, sondern vielmehr darum, die Sicht des Kaisers rhetorisch ausgefeilt wiederzugeben, damit es eben kein verwaltungspolitischer Bericht aus den Archiven des Kaiserhofs wurde.
Beim zweiten Thema schien derweil tatsächlich die Entscheidung gefallen zu sein und es ging nur noch darum, diese in eine Rede zu verpacken. Dennoch war allgemein bekannt, dass Valerianus nicht grade zu den kraftvollsten Kaisern des Reiches gehört hatte und - nun ja, oft kränklich war. Darf ich zu dem von uns allen hochverehrten Kaiser Valerianus offen sprechen, Augustus? fragte er daher, da bei ihm wohl einfach vieles rhetorisch hinter die Wandteppiche gekehrt werden musste, um unter anderem zu verschleiern, dass die Götter ihn vermeintlich - wenn man denn dem allgemeinen Volksglauben folgen wollte - mit einer andauernden Kränklichkeit gestraft und darüber hinaus auch nicht verhindert hatten, dass er mit seiner gesamten Familie vergiftet worden war - wer nun auch immer dafür verantwortlich gewesen war.
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Der Kaiser zögerte. "Ich möchte, dass der Senat frei entscheidet, ob er die beiden begnadigt oder nicht. Hintergrund ist ihre geplante Aufnahme in das Ulpianum, für das ein leeres Vorstrafenregister Voraussetzung ist. Das sollte so erwähnt werden, denn der Senat hat sie ja bereits als Kandidaten für das Ulpianum vorgeschlagen."
Bezüglich Valerianus' Vergöttlichung hatte Severus dagegen scheinbar Einwände. "Sprich!" Viele Meinungen zu hören war ja prinzipiell nicht falsch, auch wenn der Kaiser hier schon eine relativ klare Haltung hatte.
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Nachdem Severus noch ein wenig zögerte, kam Severus plötzlich noch ein Einfall: "Verbunden mit der Rede zur Apotheose möchte ich auch den Vorschlag einbringen, das Ulpianum zum Tempel für Divus Iulianus und, falls der Senat dem zustimmt, für Divus Valerianus zu weihen. Das solltest du in der Rede auch erwähnen, da musst du aber nicht sämtliche Kultvorschriften recherchieren, die dafür erforderlich sind. Darüber dürfen sich die Pontifices die Köpfe zerbrechen!"
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Severus nickte zustimmend. Ja, das werde ich aufnehmen und entsprechend die Rede erweitern. antwortete der Helvetier und machte sich bereits eine Notiz auf seiner Tabula, bevor er sein eigenes Anliegen vorbrachte. Es ist allgemein bekannt, dass der von uns allen verehrte Kaiser Valerianus von eher... schwächlicher Konstitution und kränklichem Wesen gewesen ist. Natürlich muss nun überlegt werden, inwieweit auch dieser Teil seiner Regierungszeit Eingang in deine Rede finden soll - oder eben nicht. Wenn tatsächlich eine Apotheose des Valerianus stattfinden soll, würde es sich kaum gutmachen, wenn man ihn als schwachen, kränklichen Kaiser beschreibt oder auch nur den Zweifel an seiner Göttlichkeit lässt, indem man sagt, dass er große Teile seiner Amtszeit auf Erholungsurlauben verbracht hat, selbst wenn seine Regierungszeit damit wahrscheinlich perfekt beschrieben wäre. führte der Helvetier aus und blickte den Kaiser offen an. Damit hier kein Missverständnis entsteht, Augustus, sei erwähnt, dass ich nichts gegen die Apotheose des Valerianus einzuwenden habe, zumal es ja offensichtlich bereits Vorarbeiten durch die Kanzlei und das Collegium Pontificium gegeben hat. Dennoch bekommt man den Beinamen Divus nicht als alter kränklicher Mann, sondern als strahlender Herrscher des Reiches.
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Der Kaiser hörte aufmerksam zu und dachte an seine Leibärztin, die verhindern sollte, dass er eines Tages so enden würde wie sein zu vergöttlichender Vorgänger. Vielleicht sollte er ihre Anweisungen doch etwas konsequenter befolgen, damit er eines Tages ebenfalls in den Pantheon aufgenommen werden würde!
"Das erscheint mir ebenfalls sinnvoll." Wer die Zeiten des letzten Ulpiers noch miterlebt hatte, wusste ohnehin von dieser schwierigen Zeit für Rom.
Nachdenklich strich sich Severus durch den Bart. "Vielleicht heben wir seine militärischen Verdienste als Caesar etwas mehr hervor." Er selbst hatte ja Jahre nach Valerianus in der Region Illyricum Dienst getan, wo man immer noch eine hohe Meinung von dem damaligen Legatus Augusti gehabt hatte. -
Zwei weitere Notizen auf seiner Tabula folgten. Einerseits dass die Krankengeschichte des Kaisers nur am Rande Erwähnung finden sollte, andererseits die Hevorhebung der militärischen Erfolge. Ich werde die militärischen Erfolge und Feldzüge des Valerianus näher recherchieren. bestätigte er zudem die Anweisung des Kaisers, nachdem das Kratzen des Stilus verstummt war und kam dabei auch gleich auf die nächste Idee. Mit Blick auf die Vergöttlichung kann sicherlich auch das Engagement im und für den Cultus Deorum hervorgehoben werden - so es denn eines gegeben hat. Eigentlich sollte ein Pontifex Maximus ja zumindest ein paar Mal in den Akten des Collegium Pontificium auftauchen, denn alles konnte er ja nun auch nicht an die führenden Priester des Reiches abgegeben haben und sicherlich würde sich auch das eine oder andere Opfer finden, dem der Kaiser vorgestanden hatte, sowohl als Feldherr, als auch in seiner Funktion als oberster Priester des Reiches. Jedenfalls würde Severus alles zusammenklauben, was den kränklichen Valerianus in ein möglichst gutes Licht stellte, sei es auch noch so wenig und noch so trivial.
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Der Kaiser nickte zufrieden. "Das klingt gut." Auch Severus wusste spontan nicht, was Valerianus großes für den Cultus Deorum geleistet hatte, aber eine Prüfung war sicherlich nicht falsch.
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