Der Verführer

  • Endlich es war geschafft, ich hatte die Rune für Alpina in das Kupferplättchen eingeritzt. Zufrieden betrachtete ich mein Werk, jetzt brauchte ich nur noch eine Gelegenheit um sie ihr zu schenken.

    Was hatte Runa gesagt? Ich überlegte kurz und konnte es wiederholen.
    „Das ist Naudhiz. Naudhiz symbolisiert Störung, Widerstand der Kräfte weckt, Innovation, Verwirrung, Streit, und der feste Wille alle Not zu überwinden. Die Rune bedeutet auch Leidensfähigkeit und Vorbestimmung. Das Schicksal annehmen. Der Furcht ins Auge blicken“.


    Noch während ich versuchte ein zartes Band durch das winzige Loch zu ziehen kam mir eine Idee. Es würde auch nicht schwierig sein sie auszuführen, da Curio mit Frau und Kind unterwegs zu ihrem Landgut waren.
    Endlich, es war geschafft, nach einigen vergeblichen Versuchen.


    Zuerst vergewisserte ich mich ob Alpina wirklich in der Taberna Medica war, dann schlich ich mich zu ihrem Cubiculum. Lauschend stand ich davor, alles ruhig, der Rest der Bewohner war anderswo beschäftigt. Schnell schlüpfte ich hinein, legte den Anhäger unter einem Kissen in ihrem Bett, um dann genauso schnell wieder noch draußen zu schlüpfen.

  • Als Alpina an diesem Abend müde nach getaner Arbeit in ihr Cubiculum wankte, schlief die kleine Ursicina bereits friedlich in ihrem Bettchen. Längst war sie der Korbwiege entwachsen und Alpina hatte von der Duccischen Schreinerwerkstatt ein Kinderbettchen anfertigen lassen. Im Augenblick war Ursi noch zu klein, um mit diesem Bettchen in ein eigenes Cubiculum umzuziehen, oder vielleicht war es auch einfach nur, weil Alpina nicht Nacht für Nacht alleine schlafen wollte - in jedem Fall schlief die Kleine noch bei ihr. Meist kletterte sie sogar nachts im Halbschlaf zur Mutter ins große Bärenbett und dann schmiegte sie ihr kleines Köpfchen an Alpinas Hals.


    Die Hebamme zog ihr Nachtgewand unter dem Kissen hervor. Dabei fiel etwas klingelnd zu Boden. Alpina bückte sich und hob den kleinen, kupfernen Gegenstand hoch. Ein zartes Band war durch das Kupferplättchen gezogen. Es war eine Halskette, sie trug eine Rune. Alpina kramte in ihrem Gedächtnis. Runa hatte sie die Bedeutung der Zeichen gelehrt. Es war Naudhiz. So ganz genau kannte Alpina die Bedeutung nicht mehr. Irgendetwas mit Störung, Verwirrung und Streit hatte sie in Erinnerung, aber auch Schicksal und Vorbestimmung. Verwirrt betrachtete sie die Kette mit dem Anhänger. Hatte Runa ihr die Kette geschenkt? Aber warum? Die Raeterin ließ das zarte Band durch ihre Finger gleiten. Nein, Runa hätte ihr erklärt wofür es stand und warum sie es ihr schenkte. Wer könnte es gewesen sein? Wer schrieb in Runen? Eigentlich blieb nur Kaeso. Ihm hatte Runa das Schreiben beigebracht. Vermutlich hatte sie ihm dabei auch die Buchstaben ihrer germanischen Sippe näher gebracht. Alpina würde ihn fragen.


    Sie verließ auf leisen Sohlen die schlafende Ursi und machte sich auf zum Cubiculum ihres Helfers. Sachte klopfte sie an die Tür.
    "Kaeso? Bist du da? Ich bin´s, Alpina! Kann ich kurz hereinkommen?"

  • Ich war gerade dabei, für mich selber einen Runenanhänger her zustellen, als es an der Türe klopfte. Mein erster Impuls war, die angefangene Arbeit zu verstecken. Jedoch als ich die Stimme Alpinas erkannte überlegte ich es mir anders. Noch während ich sie hereinbad, stellte ich verwundert fest, dass da in mir mehr schlummerte als nur freundschaftliche Zuneigung.
    „Ja bitte, komm doch herein“, kam nicht ohne Herzklopfen, mit einer etwas belegter Stimme von mir.

  • Die Aufforderung einzutreten kam prompt und Alpina öffnete die Tür. Kaeso war damit beschäftigt, einen weiteren Runenanhänger herzustellen. Also hatte sie richtig vermutet - die Kette mit dem Naudhiz-Anhänger war von ihm. Lächelnd trat Alpina näher.
    "Gehe ich recht in der Annahme, dass du mir dieses hübsche Geschenk gemacht hast?"


    Sie hielt die Kette mit dem Anhänger vor sich hin und setzte sich auf die Bettkante von Kaesos Bett. Die Kammer war winzig. Außer der kleinen Truhe, auf der der junge Mann mit seiner Bastelarbeit beschäftigt war, gab es nur den Schemel auf dem er saß. Alpina strich mit zarter Hand über das feine Bändchen und das Kupferplättchen.
    "Naudhiz, heißt die Rune, soviel ich weiß. Stimmt das? Du weißt es sicher besser. Runa wird dich die Runen gelehrt haben." Ihr freundlicher und dankbarer Blick traf Kaesos braune Augen. "Was hat es zu bedeuten und warum hast du mir ausgerechnet diese Rune zum Geschenk gemacht?"

  • „Ja“, flüsterte ich ein wenig verlegen. „Ich wollte dir einmal eine Freude machen und habe schon oft überlegt wie.
    Vor einiger Zeit zeigte mir Runa die Runen für unsere Namen. Deine, ihre und meine und da wusste ich was ich dir schenken würde. Jetzt war nur noch die Frage, wie ich sie anfertigen sollte, so dass du sie immer tragen konntest, sie aber auch nicht störte.“

    Ich zeigte ihr die Wachstafel mit den drei Runen. „Runa hat gesagt das ist Naudhiz. Naudhiz symbolisiert Störung, Widerstand der Kräfte weckt, Innovation, Verwirrung, Streit, und der feste Wille alle Not zu überwinden. Die Rune bedeutet auch Leidensfähigkeit und Vorbestimmung. Das Schicksal annehmen. Der Furcht ins Auge blicken“.
    Ich betrachtete die Runen auf der Tabula und sah dann Alpina ein wenig traurig an. „Weiß du, als ich damals hörte, was diese Rune, die zu dir gehört bedeutete, hat es mich ein wenig traurig gemacht. Ich fand sie würde für dich ein hartes Leben aussagen, dass du immer wieder gegen Widerstand kämpfen müsstest. Ich fand und finde es immer noch nicht richtig, es wirkt für mich ungerecht. Du hast besseres verdient. Eine Frau die anderen Menschen so viel hilft, soll das nicht erleben. Ich fertigte sie für dich mit dem Gedanken an, dass sie dich stärkt, du das Beste da herausholst und du gegen alles gut gewappnet bist. Vielleicht irre ich mich und lege alles falsch aus aber bitte nimm sie als das, für dass ich sie machte.“
    Fest schaute ich Alpina an und hoffte sie würde verstehen, was sie mir bedeutete.

  • Es war ihre Namensrune. Kaeso hatte sich also Gedanken gemacht. Und wie! Alpina hörte mit zunehmender Rührung zu. Die Rune sagte also etwas über ein hartes Leben aus. Nun ja, Kaeso wusste ja nicht was sie schon alles durchgemacht hatte: "Leidensfähigkeit und Vorbestimmung. Das Schicksal annehmen" hatte er gesagt. Die Raetein dachte an alles was sie schon erlebt hatte: vom Vater verlassen, alleine in einer fremden Stadt, geschwängert von Petronius Marcellus, der sie sogleich fallen ließ wie einen heißen Stein, dann die Abtreibung, die sie fast nicht überlebt hätte, die Alpträume danach und die schweren Schuldgefühle. Schließlich die folgenschwere Nacht, in der Corvinus sie mehr oder weniger vergewaltigte. Wieder wurde Alpina schwanger, in ihrer Verwirrung lief sie davon. "Der Furcht ins Auge blicken" Sie war aufgebrochen ins Freie Germanien. Dort die Entbehrungen und Gefahren sowie eine Gefangenschaft und eine weitere Beinahevergewaltigung, aber auch eine großartige Begegnung mit der alten Germanin Osrun, die Alpina half ihre Schuldgefühle zu überwinden und die Nornen zu besänftigen. "Widerstand der Kräfte weckt". Ja, das war es gewesen. Für das Leben in ihrem Bauch, für Ursicina hatte sie allen Widrigkeiten getrotzt, war hochschwanger erneut nur knapp einer Vergewaltigung entgangen. Und nun war sie wieder allein. Corvinus war fort. Ob er noch am Leben war wusste sie nicht. Mit jedem Tag, den er fort blieb, wurde eine Rückkehr unwahrscheinlicher.


    Umso schöner und rührender waren Kaesos Worte und den Wunsch, dass der Runenanhänger ihr helfen sollte, dass sie gut gegen Widrigkeiten gewappnet sei und dass sie Besseres verdient habe. Alpina nahm Kaesos Hand. Sanft drückte sie sie und sah ihm in tief empfundener Freundschaft in die Augen.
    "Das hast du so lieb gesagt, Kaeso. Ich vergesse mich oft über all der Arbeit und über der Verantwortung für Ursicina. Aber das ist oft auch sehr gut so. Es ist besser nicht zu viel nachzugrübeln. Gibt es für dich auch eine Rune? Und was hat diese zu bedeuten? Was ist denn dir vorherbestimmt?"

  • „Ja sicher die Rune für mich hat mir Runa zuerst gezeigt. Ihr Name ist Algiz. Runa sagte mir, Algiz schützt vor Feinden und Bösem, gibt Erhabenheit, Glück und Lebenskraft und symbolisiert glückliches Gelingen. Die Rune symbolisiert Offenheit und hilft der Versuchung zu widerstehen. Algiz ist ein universelles Schutzzeichen. Es hilft dir, dich selbst und andere zu beschützen. Algiz symbolisiert Bewahren und Festigen.“


    Ich ergriff die Tabula und zeigte ihr die Rune


    „ Runa hat mir einiges über den germanischen Glauben erzählt. Stell dir vor sie will mich einmal mit nehmen zu einem Blot. Das Blot ist das germansiche Opfer, also eine den germanischen Göttern gewidmete Kulthandlung. Es ist ein alter Begriff und bedeutet so wie mit Blut weihen. Es ist also ein blutiges Opfer“ Mitten im Redeschwall hielt ich inne und lachte verlegen. „Wie albern von mir, das weißt du bestimmt selber, also was ein Blot ist meine ich.“

  • Kaeso beschrieb ihr seine Rune, Algiz. Lächelnd hörte sie zu, wie er schwärmte von der Rune, die Schutz, Glück und Lebenskraft versprach. Offenheit. Ja, das passte zu Kaeso. Er war offen und genau das mochte sie so sehr an ihm. Seine Offenheit und schonungslose Ehrlichkeit. Zumindest hatte sie ihn bisher so erlebt.


    Dann berichtete er von Runas Angebot ihn zu einem Blot mitzunehmen. Alpina hob die Augenbrauen.
    "Ich freue mich, dass Runa dir so viel Vertrauen entgegen bringt. Es ehrt dich, wenn sie dich zu so einem wichtigen Ereignis mitnehmen will. Ich habe schon einmal ein kleines Ritual mit ihr gefeiert und ihre unglaublichen Fähigkeiten selbst erlebt. Es war beeindruckend. Viel Ahnung habe ich nicht davon. Ich bin keine Germanin. Das wusstest du vermutlich gar nicht, oder? Ich bin Raeterin aus Augusta Vindelicum. Erst vor einigen Jahren kam ich hierher nach Mogontiacum, auf der Suche nach meinem Vater. Er war Soldat und verließ meine Mutter, meine Schwester und mich. Meiner Mutter hatte er gesagt, dass er nach Mogontiacum versetzt worden sei. Doch als wir ihn hier aufsuchen wollten, war er nie hier angekommen. Ich habe noch einige Zeit versucht, herauszufinden, was mit ihm passiert war, weil ich glaubte, dass er womöglich einem Verbrechen zum Opfer gefallen war. Doch er hat es wohl nur als Ausrede benutzt um meine Mutter zu verlassen."
    Alpina verstummte. Schon lange hatte sie nicht mehr darüber gesprochen. Die Enttäuschung kam erneut hoch. Sie spürte wie ihr die Tränen in die Augen stiegen.

  • Großes Mitgefühl kam in mir auf. Ich setzte mich neben Alpina und legte tröstend meinen rechten Arm um sie. Bisher hatte ich sie noch nie berührt. Aus welchem Grund auch immer war ich meist zurück gezuckt oder hatte mich innerlich versteift. Mich hatte dies zwar gewundert, doch ich hatte dies auf die Erlebnisse meiner Kindheit geschoben.
    Jetzt war diese innere Hemmschwelle plötzlich weg und ich zog sie noch etwas fester an mich. „Ich hatte geahnt, dass du Kummer hattest, es aber auf die lange Abwesenheit deines Mannes gezogen. Jetzt weiß ich welch großen Kummer du seit deiner Kindheit hast.“ Meine rechte Hand streichelte ihren Arm, während meine linke sich auf ihr Knie legte.
    „Ist es nicht merkwürdig, während ich möglichst weit weg vor meinem Vater flüchtete, vermisst du deinen Vater und sehnst dich nach ihm.“ Um sie abzulenken wechselte ich das Thema. „Das du keine Germanin bist hatte ich mir gedacht, doch ich wusste nicht einzuordnen wo du her kommst. Woher kommt eigentlich dein Interesse an Pflanzen und Heilkunde? Hat wer das in dir geweckt?“

  • Einfühlsam und lieb legte Kaeso seinen Arm um Alpina. Sie spürte, wie er sie fester an sich zog und ließ sich das auch gefallen, war sie doch froh, dass es nach langer Zeit mal wieder jemand tat. Auch als er sie streichelte und seine Hand auf ihr Knie legte, dachte sie sich nichts dabei. Er bestätigte ja selbst, dass er Mitleid mit ihr hatte.
    Schließlich öffnete sich Kaeso en wenig und erzählte von seinem Hass auf den eigenen Vater. Im Laufe der Unterhaltung kam er auf Alpinas Interesse an Pflanzen und der Heilkunde zu sprechen. Die Hebamme sah ihn von der Seite her an.
    "Meine Mutter und auch ihre Mutter schon waren Hebammen. Es steckt uns sozusagen im Blut. Schon früh nahm mich meine Großmutter mit auf Kräuterwanderungen, wenn ich den Sommer bei ihr auf dem Land verbrachte. Ich lernte die Pflanzen erkennen, schmecken und riechen. Nebenbei die Wirkungen und Nebenwirkungen. Meiner ersten Entbindung wohnte ich bei als ich 13 war."


    Sie hatte sich nun wieder etwas beruhigt und wollte nun auch von Kaeso ein wenig abrücken. Sanft legte sie ihre Hand auf seine, die auf ihrem Knie ruhte. "Ich glaube, es ist besser, wenn ich jetzt zu Ursi zurückkehre und schlafen gehe. Meinst du nicht?"

  • Fast schon erschrocken ließ ich sie los und sprang auf. „Ja sicher, wenn du meinst“, kam enttäuscht aber auch ein wenig unsicher von mir.
    Was machte ich eigentlich hier? Ich hatte der Frau der ich das hier alles verdankte, die meine Mentorin war, die wie ich meinte zu einer Freundin wurde, aus Dankbarkeit etwas geschenkt. Es war aber nicht nur Dankbarkeit gewesen, Zuneigung war auch dabei. Ja und zeitweise fühlte ich mich zu ihr hingezogen. Schlussendlich kam jetzt noch dazu, das ich angetrieben von der Liebesgöttin sie erobern wollte sie besitzen wollte mich wenigstens einmal mit ihr vereinigen wollte.
    Was wäre ich dann aber für ein Mann. Wenn ich ausgerechnet sie so verletzen würde, denn das würde bestimmt dann geschehen und das wollte ich nicht, nicht sie.
    Ich streichelte noch einmal kurz ihren Arm, „Ursi hat großes Glück, eine Mutter wie dich zu haben.“ Ich hätte dich auch gerne, zum liebhaben, anlehnen und beschützt werden, fügte ich in Gedanken hinzu.
    Mir einen innerlichen Ruck gebend fügte ich mannhaft hinzu, als den ich mich aber im Augenblick gar nicht fühlte. „Wenn du dich alleine fühlst und reden möchtest, dann bin ich für dich da. Ich glaube ich bin ein ganz guter Zuhörer.“
    Wieder fühlte ich wie es in meinen Lenden zog.

  • Verunsichert sah Alpina Kaeso an, der wie von der Tarantel gestochen aufsprang. Was war mit ihm? Hatte sie etwas Falsches gesagt? Ihn an irgendetwas in seiner schrecklichen Kindheit erinnert. Als er sich jedoch schnell wieder beruhigte und ihr ein schönes Kompliment machte, freute sich Alpina. Sie mochte ihn wirklich gern. Was für ein lieber Kerl. Er streichelte ihren Arm, um ihr zu zeigen, dass sie nicht allein war, wenn sie Sorgen hatte und gleich bot er ihr auch sein offenes Ohr an.
    "Du bist ein ganz wundervoller Zuhörer, Kaeso, und gerade das wird einen sehr guten Heiler aus dir machen, wenn du erst das Handwerkszeug gelernt hast."
    Sie trat auf ihn zu und drückte ihm ganz unschuldig in ihrer Freude und Rührung einen Kuss auf die Wange. Ihr Hand hielt noch immer den Runenanhänger.
    "Magst du so lieb sein und ihn mir umlegen?" Mit treuherzigem Augenaufschlag hielt Alpina Kaeso den Kupferanhänger am Band hin und drehte sich um, damit er ihr die Kette umlegen konnte.

  • Verlegen lächelnd hörte ich ihr kleines Lob. Zu allem Überfluss gab sie mir auch noch einen Kuss auf die Wange. Oh Alpina wenn du wüsstest was du uns damit antust, dachte ich verzweifelt. Bestimmt wirst du mich irgendwann verfluchen. Nicht nur weil ich dich so begehre, sondern auch wegen meines Geheimnisses mit Phryne. Ich kann nicht von ihr lassen aber dich will ich auch haben.
    Es kam aber noch viel schlimmer, geradezu als ob Cupido, der Gott der Liebe und des Begehrens mit Discordia, der Göttin des Streits und der Unruhe miteinander wetteiferten, wer über mich die Oberhand bekäme.
    Ein wenig zitternd mit zusammengekniffenen Lippen nahm ich die Kette entgegen.
    Vorsichtig, damit ich sie ja nicht berührte, legte ich ihr die Kette um. Sie noch immer mit der einen Hand haltend, hob ich mit der anderen ihr Haar ein wenig hoch. Beim Anblick auf ihres Nacken, war es um mich geschehen.
    Ich küsste ihn, nicht einmal, nein mehrmals hintereinander, drehte sie zu mir küsste ihren Hals wanderte weiter zu ihren Wangen und fand endlich ihre Lippe. Küsste sie sanft dann ein wenig fordernder. Meine Zunge schob sich zwischen ihre Lippen . Es war zu spät, ich konnte mich nicht mehr halten, hielt ihren Kopf und der Kuss der dann folgte sagte alles aus was ich erwartete. Wenn sie mich ließe, würde ich ihr eine unvergleichliche Nacht bereiten.

  • Zunächst glaubte Alpina an eine Täuschung, als sie die Lippen auf ihrem Nacken spürte. Zart erst, wie ein Schmetterlingsflügel. Doch dann wurde ihr klar, was da gerade eben geschah. Verwundert, erstaunt und irritiert nahm sie wahr wie Kaeso, ihr Schützling, ihr Lehrling, ihren Hals mit Küssen bedeckte.
    "Kaeso!" entfuhr es der Raeterin eher erschrocken, denn erbost.
    Der junge Mann drehte sie zu sich um und nun wurde Alpina bewusst, dass er ihr nicht nur in harmloser Freundschaft zugeneigt war. Kaesos Lippen erreichten ihre Wangen und schließlich ihren Mund. Sie wollte ihn stoppen, ihn aus seinem augenscheinlichen Wahnzustand wecken, doch er ließ sich nicht beirren. Schon schob sich seine Zunge zwischen ihre Lippen. Als er ihren Kopf festhaltend sie derart fordernd küsste, dass auch dem letzten Esel klar werden musste, wohin das führen würde, versteifte sich Alpina. Wie gut konnte sie sich an jene Nacht erinnern, in der Ursicina gezeugt worden war! Die Parallelen waren da. Nein, nicht jetzt, nicht hier, nicht mit Kaeso!


    Alpina bot alle ihre Kraft auf und tauchte nach unten weg. Sich aus seinem fordernden Griff entwindend wich sie schnell zurück.
    "Bitte, Kaeso! Mach doch nicht leichtfertig kaputt was uns beide verbindet. Ich bitte dich!", brachte sie verzweifelt hervor.
    Dann drehte sie sich um und rannte davon. So schnell sie konnte in ihr Cubiculum.



    Heftig atmend schloss Alpina die Tür hinter sich. Gedanken rasten durch ihren Kopf. Wie dumm von ihr! Sie hatte seine zärtliche Freundlichkeit und das Geschenk für ein Zeichen seiner Freundschaft zu ihr gehalten und schlußendlich hatte sie ihn noch ermuntert, zu glauben, dass auch sie mehr von ihm wollte, indem sie ihm den Kuss auf die Wange gegeben hatte. Alpina hätte sich ohrfeigen können, weil sie die Signale nicht erkannt hatte. Er war ein junger Mann, der gerade seine Gefühle entdeckte, der zum Mann reifte und ausloten wollte, was alles dazugehörte.


    Auf ihrem Bett liegend starrte Alpina die Decke an. Der kupferne Anhänger mit der Rune Naudhiz brannte wie ein Brandeisen auf ihrer Haut. Was hatte sie angerichtet? Wie sollte es weitergehen? Wie sollte sie Kaeso am kommenden Tag unter die Augen treten, wie mit ihm umgehen, mit ihm arbeiten?
    Alpina fasste einen Entschluss. Es war an der Zeit, dass Kaeso aus ihrer Obhut in die Hände eines männlichen Lehrers kam. Sie würde gleich am kommenden Morgen den Chirurgicus aufsuchen und ihn darum bitten, Kaeso auszubilden.

  • Erst das Verschwinden von Alpina holte mich zurück. Ich hatte nicht verstanden wieso Alpina es nicht wollte. Sie hatte ein wenig verwundert meinen Namen gerufen aber dies deutete ich nicht als Ablehnung.
    Jetzt im Nachhinein kam es mir. Wütend über mich selber haute ich mit meiner Stirn gegen die Wand. Was war ich für ein Narr, ließ mich von etwas steuern was auch ohne mein geistiges dazutun selbständig reagieren konnte.
    Gut ich hatte schon immer eine Zuneigung zu Alpina, die sich im laufe der Zeit steigerte. In den letzten Tagen hatte ich eine große Sehnsucht nach ihr und nach ihrem Kuss angenommen, auch sie würde ähnlich empfinden.
    Was war ich nur für ein Narr, hatte mich fast aufgeführt wie mein Vater und mir nun bestimmt alles selber alles zerstört.
    Mit einer ungestümen Handbewegung fegte ich alles von der Truhe und rannte nach draußen in den Garten. Unruhig rannte ich dort hin und her. Überlegte ob und wann ich mit Alpina sprechen sollte, auf welche Art mich entschuldigen und wie ich mich in Zukunft verhalten sollte.
    Wollte mich Alpina jemals wieder sehen? Mit mir sprechen? Sollte ich nicht besser die Casa Helvetia verlassen. Nach Rom oder woanders hingehen?
    Ich wusste es nicht und ging zurück in mein Cubiculum.
    Nach langen überlegen entschied ich mich Alpina zunächst aus dem Weg zu gehen. Nach einigen Abstand wäre sie dann vielleicht bald fähig und bereit mich an zu hören.
    In dieser Nacht konnte ich beschämt und wütend über mich selber nicht schlafen.

  • Geräusche drangen an mein Ohr, mir bekannte, die Geräusche von Mogontiacum. Ich konnte die Wärme der Sonne spüren, sehen aber nur einen kleinen Streifen Licht durch die Schlitze meiner zugeschwollenen Augen. Vorsichtig tastete meine Hand mein Gesicht ab. Meine Lippen schienen aufgeplatzt zu sein, dank der Nachbehandlung von den vier Typen dieses Gurox. Doch jetzt war ich draußen, ich lag irgendwo im Freien.
    Mit Mühe richtete ich mich auf, um heraus zu finden wo genau ich mich befand. Alles an meinem Körper schmerzte, er schien ein einziger blauer Fleck zu sein. Bestimmt war ich auch total verdreckt. Wo sollte ich in diesem Zustand hin? Aus der Casa Helvetia war ich weggelaufen, aus Scham wegen meines versuchten Übergriffs auf Alpina. Nun lag ich hier draußen und hatte am eigenen Leib schmerzlich erfahren wie es ist gegen seinen Willen benutzt zu werden.
    Alles was ich erkennen konnte war Strauchwerk. Ich beschloss einfach liegen zu bleiben, in der Hoffnung, dass man mich nicht entdeckte. Bei Dunkelheit würde ich dann versuchen einen besseren Platz zu finden. Vielleicht hatte ich Glück und ich könnte in der Nacht die Casa erreichen um mir dort etwas zur Wundbehandlung besorgen. Irgendwann wenn ich es mir Leisten könnte würde ich es Alpina bezahlen. Leise versuchte ich stöhnend mir eine bequemere Lage für den Rest des Tages einzurichten.
    Die Götter schienen Mitleid zu haben und ich dämmerte in einen Halbschlaf hinüber.

  • Alpina hatte die halbe Stadt nach Kaeso abgesucht. In einigen Tabernae und auf dem Forum hatte nach ihm gefragt. Schließlich war ihr in einer Caupona, nicht weit von der Casa Helvetia, ein Tipp gegeben worden. Man habe den Jungen gemeinsam mit einem großen und kräftigen Kerl gesehen, der üble Verletzungen gehabt hatte. Die Beschreibung des Kerls ließ in Alpina eine Vermutung aufkommen. Es könnte sich um Phrynes Leibwächter Glaucus gehandelt haben. Erst kürzlich war er mit seiner Herrin in der Casa gewesen. Alpina war den Sklaven Phrynes in der Culina begegnet. Was wollte Kaeso von Glaucus? Oder sollte sie sich eher fragen, was er von Phryne wollte? Unbehagen mischte sich in die Vermutung der Raeterin. Kaeso war einer solchen Schlange, wie die Schauspielerin es war, doch nicht gewachsen. Was wenn sie ihn für ihr Spiel benutzt hatte, ihm den Kopf verdreht hatte....


    Ganz in Gedanken versunken hatte Alpina den Heimweg angetreten. Nicht weit von der Casa Helvetia entfernt, wäre die Hebamme beinahe über ein Beinpaar gestolpert, das aus einem Busch herausragte. Sie wollte schon einfach darüber steigen und sich nicht weiter um den vermutlich Betrunkenen kümmern, doch dann erkannte sie die hübschen Schuhe, die Kaeso erst seit kurzem sein Eigen nannte. Alpina erstarrte.
    "Kaeso? Kaeso, bist du das? Was bei allen Göttern machst du hier?"


    Sie kniete sich nieder und bog die Zweige des Busches auseinander. Was sie dann sah, erschreckte sie zutiefst. Kaeso sah übel aus. Seine neue Tunika war verdreckt und blutverschmiert. Diejenigen Stellen, die nicht von dem verschmutzten Stoff bedeckt waren, zierten Kratzer, Hämatome und blutige Striemen. Das Gesicht des Jungen war verschwollen, die Lippe aufgeplatzt.
    "Beim gütigen Merkur! Was ist passiert?"


    Sanft und vorsichtig reichte sie dem jungen Mann die Hand und half ihm sich aufzurichten.

  • Von Schmerzen, Durst und wirren Träumen gequält hoffte ich darauf, das es bald Abend würde, als meinte meinen Namen gehört zu haben. Gleich darauf ein zweites mal. Unsicher hob ich meinen Kopf ein wenig an. „Alpina?“ fragte ich leise entsetzt aber dennoch im Grunde dankbar, weil ich wusste sie war die Einzige die mir jetzt helfen konnte.
    „Ich ….“ begann ich einen Versuch ihr mein Hiersein und meinen Zustand zu erklären. Brach aber unvermittelt ab und stöhnte heftig, ehe ich mit ihrer Hilfe zum Stehen kam.
    Als ich sah wo ich war, überkam mich die Scham, wie gerne hätte ich mich losgerissen und wäre weg gerannt. Aber da waren Menschen die Hilfe brauchten. So versuchte ich in kurzen Sätze eine notdürftige Erklärung zu geben. „Er hat sie entführt.....wir wurden gefangen …. jetzt ist er bei ihr ….er beschmutzt, benutzt alle. Oh Alpina, es tat so entsetzlich weh als er mich nahm.“ brach es zum Schluss aus mir heraus.
    „Kannst du mir je verzeihen, was ich dir angetan habe?“ Dabei meinte ich auch meine geheime Beziehung zu Phryne, welche ich ihr noch gestehen musste.
    Mit Hilfe von Alpina gelangte ich schließlich Taberna Medica. „Kannst du mir helfen, mich zu säubern und meine Wunden zu versorgen? Ich schaffe es nicht alleine. Wenn ich mich dann ein wenig ausgeruht habe gehe ich auch, du willst so einen wie mich bestimmt nicht länger in deiner Nähe haben.“ Erschöpft machte ich eine Pause und traute mich endlich ihr in die Augen zu sehen.

  • Zitat

    Original von Kaeso: „Er hat sie entführt.....wir wurden gefangen …. jetzt ist er bei ihr ….er beschmutzt, benutzt alle. Oh Alpina, es tat so entsetzlich weh als er mich nahm.“ brach es zum Schluss aus mir heraus. „Kannst du mir je verzeihen, was ich dir angetan habe?“ Dabei meinte ich auch meine geheime Beziehung zu Phryne, welche ich ihr noch gestehen musste. Mit Hilfe von Alpina gelangte ich schließlich Taberna Medica. „Kannst du mir helfen, mich zu säubern und meine Wunden zu versorgen? Ich schaffe es nicht alleine. Wenn ich mich dann ein wenig ausgeruht habe gehe ich auch, du willst so einen wie mich bestimmt nicht länger in deiner Nähe haben.“ Erschöpft machte ich eine Pause und traute mich endlich ihr in die Augen zu sehen.


    Das was Kaeso stammelnd hervorbrachte machte in Alpinas Augen keinen Sinn. "Sie" war entführt, "er" beschmutzte "alle"? Um wen und um was ging es hier? Doch das hatte Zeit. Zunächst musste sie Kaeso von der Straße bringen und seine Wunden versorgen. Dann würde er ihr erklären können was das Gestammel bedeeuten sollte. Kaeso sagte, dass er misshandelt worden war. Alpina schüttelte es. Wie grausam. Es war dringend, dass sie ihn in Sicherheit brachte.



    Als die Kräuterfrau die Tür der Taberna Medica hinter sich geschlossen hatte, hörte sie Kaeso erleichtert durchatmen. Energisch schüttelte sie den Kopf als er davon sprach ihr etwas angetan zu haben.
    "Es war doch nur ein Kuss, Kaeso. Das ist nicht schlimm. Deshalb werde ich dich nicht verstoßen. Mit Sicherheit nicht. Und nun komm erst einmal. Natürlich helfe ich dir, deine Wunden zu versorgen."

    Ohne viele weitere Worte buxierte sie ihn in seine Kammer und ließ ihn die verschmutzte Tunika ausziehen. Sie holte heißes Wasser, eine Schüssel mit Wasser und Posca und eine Dose mit ihrer Wundheilsalbe. Dann bat sie ihn sich hinzulegen und begann sanft und sorgfältig seinen Körper zu waschen. Bei jeder Berührung seiner Wunden zuckte Kaeso zusammen. Als er sich auf den Bauch drehte, erschrak Alpina zutiefst. Die blutigen, entzündeten Striemen der Peitsche und die deutliche Rötung seines Hinterteils ließen keinen Zweifel zu. Der Junge war aufs Übelste misshandelt worden! Die Raeterin atmete tief durch. "Bei Minerva! Wer bei allen Göttern hat dir das angetan? Kannst du, willst du mir davon erzählen?"


    Sie bestrich die Wunden vorsichtig mit der Salbe. So auf dem Bauch liegend musste er sie nicht ansehen, wenn er ihr peinliche Details erzählen wollte oder musste. Das war vielleicht eine Möglichkeit dem Armen eine zweite Erniedrigung zu ersparen.

  • Alpinas Antwort fiel mehr als freundlich aus. Sie wusste, dass es mehr wie nur ein Kuss war und wenn sie mich nicht gebremst hätte....wir beide wussten wie es dann ausgegangen wäre. Jetzt musste ich ausgerechnet ihr erzählen was geschehen war. Dazu, fand ich wenigstens, dass es notwendig war, alles ehrlich von Anfang an zu berichten.


    Eigentlich hatte ich mich durch die wohltuend Behandlung von Alpina beruhigt.
    So gelang es mir nach einigem zögern zu beginnen.
    Ich fing mit dem Besuch von Phryne bei Runa an. Mit dem was mit mir passierte und wie es mir ging bei ihrem Anblick. Erzählte von ihrer Nachricht und davon wie sie mich zu einem richtigen Mann machte. Von meiner bedingungslosen Liebe zu ihr und meiner Sehnsucht nach ihr, dass sie meine Göttin war und ich nicht mehr ohne sie leben konnte.


    Ich beichtete ihr wie ich immer wenn ich für sie unterwegs gewesen war, einen Abstecher zu Phrynes Haus gemacht hätte, mit der Hoffnung einen Blick auf sie werfen zu können. So wäre es auch vor zwei Tagen gewesen. Da hätte er durch Zufall, Glaucus den Leibsklaven gesehen und wäre ihm gefolgt.
    Der zusammengeschlagene Glaucus habe im erzählt, dass ein Schmuckhändler sie besucht habe und sie unter dem Vorwand ihr noch mehr Schmuck zu zeigen dann am Abend entführt.
    In der Nacht hätte man Korone und ihn auch gewaltsam abgeholt und zu einen Kellergewölbe gebracht.


    „Wir beide überlegten nun gemeinsam wo sie sein konnte und wer hinter diese Entführung steckte. Irgendwann kamen wir zu einem Ergebnis,, wer es sein konnte und wo er zu finden wäre. Wir kamen an der Taberna dieses Gurox an, dass ist nämlich sein Name. Von da an nahm das Unglück seinen Lauf. Wir trennten uns da jeder etwas auskundschaften wollte.“


    Ich erzählte, dass wir gefangen genommen wurde und wie ich die Peitsche zu spüren bekam. Jetzt kam der schlimmste Teil meines Berichtes. Der Teil wo ich diesem wahnsinnigen in der Casa Acilia begegnete und was und warum er mir das angetan hatte.


    „Er hält sie in ihrem eigenen Haus gefangen. Ich muss ihr helfen. Sobald ich mich erholt habe und gehen kann muss ich sie befreien.“
    Jetzt hatte ich Alpina wie ich hoffte alles erzählt. Blieb aber still liegen, da ich nicht wusste wie ich mich verhalten sollte.

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