[Cubiculum] Aulus Iunius Seneca

  • Die Nacht war doch recht frisch, und als der Morgen kam (und der Morgen kam beim Militär in der Regel enorm früh), hatte sich Seneca gewünscht, dass er doch noch die zusätzlichen Decken hinzugezogen hätte, welche sich sorgsam zusammengefaltet auf einer Kiste vor dem Bett befanden.
    Die Sonne ging gerade auf, und der Iunier war bereit der Tag zu beginnen. Also ging es zur täglichen Routine..
    "Maahes!" rief er laut, da er wusste dass sich sein treuer Diener irgendwo in der Nähe befinden musste. Es gab viel zutun an diesem Tag, und er würde das ganze sicherlich nicht alleine stemmen.

  • Maahes hasste die kühlen Nächte Germaniens, doch mit der Zeit hatte er sich zumindest körperlich daran gewöhnt. Kein Grund also eine Erkältung zu entwickeln. Dennoch hatte er die Nacht in mehrere Decken gehüllt verbracht, doch änderte das nichts an der Zeit, an der er der Welt wieder entgegen blicken musste: Sie war früh, wie immer. Noch gähnend hatte er sich ein wenig Katzenwäsche gegönnt und hatte dann auf die Stimme seines Herrn gewartet, die auch schon nicht sonderlich viel später durch die Türe des geschlossenen Cubiculums zu ihm vor drang und seinen Namen rief. Nun galt es also. Der Tag und mit ihm sein Herr waren endgültig erwacht.


    “Ich bin hier, Dominus!“, verkündete er noch laut dem Türblatt, ehe er es öffnete um den privaten Raum zu betreten, in dem sich der Iunius aufhielt. “Guten Morgen!“, erklärte dann, während er noch in der Tür stand und das BIld registrierte, welches sich ihm bot. “Ein kalter Morgen, wenn ich das erwähnen darf,“ ließ er noch folgen und trat nun zur Gänze in den Raum.

  • "Ah. Morgen alter Knabe!" erwiderte Seneca, und rieb sich kurz die Augen, "Unfassbar kalt nicht wahr? Der Winter kommt." fuhr er fort, und kleidete sich an, bevor er sich zu Maahes umdrehte und auf ihn zu lief...
    "Heute steht eine Menge an. Das Kastell muss winterfest gemacht werden. Wir müssen die Einheiten entsprechend einweisen und Material von den umliegenden Versorgern beschaffen. Darüber hinaus benötigt das Kastell Vorräte und steten Proviant durch den Winter." zählte Seneca das wichtigste zuerst auf. Um den Papierkram konnte sich Maahes kümmern, schließlich hatte der Iunier ihm ja nicht umsonst das Lesen und Schreiben beigebracht, "Darüber hinaus werde ich nun endlich die Adoption meiner Tochter Silana offiziell machen. Du weißt ja wie kompliziert diese Sache war. Wir müssen also ein Schreiben nach Rom schicken, und hier alles klären." bemerkte er beiläufig, auch wenn es für ihn natürlich eine große Sache war.
    "Ach, und die Einladungen für die Saturnalienfeiern müssen verschickt werden. Ich stelle dir später eine Liste zusammen, man kann diese Leute hier gar nicht früh genug einladen. Es ist schlimmer als in Rom." Ein wenig genervt klang die Stimme des Iuniers schon, aber er stand ja auch vor einem Berg Arbeit.
    "Nun dann. Wurde mein Frühstück schon bereitet? Wir haben keine Zeit zu verlieren. Seiana und Silana werden heute ohnehin nicht allzu viel Aufmerksamkeit erfordern sodass wir dann gleich direkt zum Kastell können."

  • Sein Dominus hatte recht und es hatte den Anschein, dass der Winter wirklich nicht mehr lange auf sich warten ließ. Dies war ein Umstand, den Maahes an Germanien nicht ausstehen konnte. Diese Kälte, dieser Regen, dieser Nebel. An solchen Tagen vermisste er schon das Klima im fernen Alexandria, in welchem er so lange Zeit gelebt hatte. Dennoch war es kein Grund unbedingt Heimweh zu bekommen. In den paar Jahren, die er nun schon bei dem Iunier verbracht hatte, war es ihm nicht schlecht ergangen. Eher das Gegenteil war der Fall. Er befand sich nun in einer Vertrauensposition und er würde im Traum nicht daran denken, dieses Vertrauen zu missbrauchen.


    Maahes nickte eifrig, während sein Herr redete und von der Menge an Taten kündete, welche der Tag mit sich bringen sollte. Vom winterfesten Kastell über die Adoption von Silana und Einladungsschreiben war alles dabei. “Das ist eine Menge, Dominus,“ sagte er dann. “Natürlich ist das Frühstück schon bereitet. Ich werde es sofort herein holen, wenn du das wünschst. Und du solltest es genießen, ehe du den Tag beginnst.“ Dies sagte er unter einem verschmitzten Grinsen. “Die Arbeit kommt noch früh genug. Soll ich die Schreiben so weit schon einmal vorbereiten oder soll ich mit ins Kastell kommen? Und wer soll alles auf der Gästeliste stehen?“

  • "Ja... Ja bringe es herein." sagte der Iunier etwas gedankenverloren, während er seine Kleidung hier und da etwas richtete.
    "Du kommst natürlich mit ins Kastell. Die Dokumente stehen mir bis zum Hals und wir müssen schauen, dass die Männer im Winter genug zu beißen bekommen. Die germanische Bauern sind mitunter etwas seltsam, und ganz und gar nicht geschäftsfähig." monierte Seneca, welcher nicht zum ersten Mal Gesuche hinsichtlich konstanter Truppenlieferanten ausgesandt hatte auf welche sich niemand meldete. Scheinbar waren die Nahrungsmittelproduzenten keine Freunde von verlässlichen Großabnehmern, was wohl ein Grund dafür war, dass Rom in Germanien herrschte, und Mogontiacum nicht in Italia.
    "Die Gästeliste ist eine gute Frage. Im Prinzip alles was Rang und Namen hat. Diese Leute werden namentlich eingeladen. Alle anderen Einwohner Mogontiacums sind willkommen, wir sollten uns mit Ankündigungen jedoch zurückhalten damit uns hier nicht die Villa platzt." scherzte der Praefectus, der mittlerweile relativ passabel gekleidet war, "Den Helvetier mit seiner Familie in jedem Fall. Die Duccii samt Klienten und Partnern. Meinen alten Freund Licinus. Du weißt schon, die Leute die man so kennt." Er setzte einfach mal voraus, dass Maahes mittlerweile wusste mit wem Seneca verkehrte und mit wem nicht.
    "Hast du bereits gegessen? Wenn nicht kannst du das nun erledigen damit wir gleich loskönnen."

  • Dann sollte er also mit ins Kastell kommen. Maahes nickte und seufzte ein klein wenig. Es klang wirklich nach viel Arbeit und Dokumente bis zum Hals waren kein gutes Zeichen in Bezug auf germanische Bauern. Doch immerhin war es nicht das erste Mal und irgendwann gewöhnte man sich an schleppende Vorgänge, auch wenn diese stets Nerven kostete. Da war es doch besser an die Saturnalien zu denken, welche viel buntes Volk in die Casca locken würde. Alles was Rang und Namen hatte? Das klang nach einer Menge. Natürlich kannte Maahes die besagten Persönlichkeiten und ging davon aus, dass diese auch einfach erscheinen würden.


    “Ja, Dominus, ich habe schon gegessen,“ erklärte er dann, ehe er zur Tür eilte, hinter der das Frühstück für den Meister schon wartete. Auf einem Tablett navigierte der Ägypter es herein. Es handelte sich um Brot mit Öl, ein wenig Fleisch und Eier. Alles, was man in Germanien auftreiben konnte. Auch ein Apfel war dabei. Alles stellte er auf einem kleinen Tisch ab und zog sich dann einen Schritt zurück. “Die Einladungen werde ich gleich aufsetzen, wenn wir aus dem Kastell wieder da sind,“ sagte er dann. “Aber die germanischen Bauern… sträuben sie sich oder sind sie einfach nur langsam?“ wollte er dann wissen.

  • "Sehr gut." entgegnete Seneca, mittlerweile funktionierte sein Sklavenhaushalt wie eine Legion, wo jeder Ablauf mit militärischer Präzision ablief und ineinander griff. Maahes Frühstück war dafür nur ein weiterer Beweis.
    Während Seneca also nach dem Tablett griff und ökonomisch und pragmatisch das Fleisch sowie die Eier auf das Brot stapelte, lauschte er weiter den Ausführungen seines wohl engsten Sklaven. Bevor er jedoch antwortete, versuchte er ein Stück seines Frühstücks zu ergattern, welches er im Anschluss genüsslich zerkaute.
    "Hmm..." antwortete er, während er noch immer kaute. Normalerweise würde es ihn nicht stören mit vollem Mund zu sprechen, aber er hatte den Mund so voll genommen, dass an Sprechen nicht so wirklich zu denken war, "Hmm hmmm..." er zog die Augenbrauen hoch, legte sein beladenes Brot beiseite, und rieb sich kurz die Hände ab, bevor er einen großen Batzen des Brot herunterschluckte.
    "Eine Mischung aus beidem. Sie fürchten sich wohl vor einem weiteren harten Winter. Es ist irgendwie verständlich, dass sie Sorge um ihr eigenes Wohlergehen haben. Auf der anderen Seite jedoch können wir uns nicht selbst versorgen. Und die blöße in Rom nach Getreidelieferungen zu fragen werde ich mir nicht geben können. Ganz zu schweigen davon, was der Legatus sagen würde wenn ich mit einer solch grotesken Idee um die Ecke käme." erklärte er den für ihn absurden Gedanken, schnaubte kurz, und griff dann wieder zu seinem Brot.
    "Vielleicht sollten wir uns noch einmal überlegen, ob wir die Anreize nicht doch ein wenig erhöhen können." schob er nach, bevor er erneut in sein Brot biss.

  • Die germanischen Bauern waren nicht die einzigen, die sich vor dem Winter fürchteten. In diesen Gefilden wurde er zumeist besonders unerbittlich. Verstehen konnte Maahes die Beweggründe für das Zögern der Bauern also allemal. Doch sein Herr hatte recht, die Legionen brauchten Getreide um über die Runden zu kommen und es wäre ein Gesichtsverlust, in Rom nach Korn zu fragen. Eine Erhöhung des Anreizes klang also nicht schlecht. “Doch wie willst du die Anreize erhöhen?“, sprach er dann seinen nächsten Gedanken aus. “Geld? Sie würden dir sagen, dass man von harten Münzen auf seinem Teller nicht leben kann.“

  • "Die Kommunen können gerne Getreide aus Rom kaufen. Das Getreide und ähnliche Nahrungsmittel können sie dann mit dem Geld bezahlen. Wir bekommen dann die lokale Ware." erklärte Seneca etwas flapsig, während er zu seinem dicken Mantel griff, welcher mit ein wenig Fell am Kragen abgesetzt war, "Natürlich könnten wir auch einfach auf die Höfe gehen und einige Vorräte beschlagnahmen. Wir würden den Bauern dann durchaus eine kleine Entschädigung zahlen, aber es wäre für beide Seiten eine hässliche und verlustreiche Sache." führte er aus. Klar konnten die Truppen Roms einfach nehmen was sie wollten. Gesetze hin oder her, gerade in den Provinzen ging die Versorgung der Truppe einfach vor. Aber, und darauf war Seneca äußerst erpicht, der Ruf der Ala sollte nicht leiden und sie sollte als Teil der Gemeinschaft angesehen werden und weniger als äußere Macht welche praktisch Schutzgeld in Form von Nahrung forderte um Schutz zu gewähren. Er war durchaus auf redliche Geschäfte aus.
    "Eventuell sollte wir einmal ein Treffen mit den Ducciern arrangieren. Die haben ihre Nase ja sowieso in allen Geschäften hier sodass wir uns das Klinkenputzen sparen könnten."

  • Maahes verstand den Gedankengang seines Dominus und konnte diesem nur zustimmen. Niemand legte Wert darauf, Getreide einfach zu beschlagnahmen und das Ganze musste sich auch anders regeln lassen. Deshalb nickte er nur knapp, während Senena sich seinen Mantel überwarf. Auch er selbst sollte sich wohl besser noch etwas Warmes überziehen, denn draußen vor der Tür würde die allgemein herrschende Kälte noch spürbarer sein, als hier im Raum. Ihm fröstelte bereits beim Gedanken daran, die heimischen Gefilde verlassen zu müssen, doch es würde sich sowieso nicht vermeiden lassen. Sie mussten ins Lager. “Soll ich ihnen einen Brief zukommen lassen?“, fragte er dann, als sein Herr die Duccier ins Spiel brachte. Ein wirklich einflussreiche Familie waren sie und es würde sich gewiss lohnen, sie zu kontaktieren. “Ich könnte ihn der Einladung zu den Saturnalien hinzu fügen,“ sagte er dann noch. “Ich meine, nur wenn du gewillt bist, dass sie überhaupt dabei sind.“ Aber warum nicht? Honorige Gäste hatte man doch schließlich immer gern im Haus.

  • "Sicher." entgegnete Seneca während er ein paar Schriftrollen zusammensammelte welche er sich mit Heim genommen hatte "Unbedingt sogar. Unbedingt." fuhr der Iunier fort als ihm bewusst wurde wie wichtig die Duccier in dieser Stadt waren und das sein Patron ja ebenfalls Teil dieser Familie war.
    "Gut. Wir müssen dann nun dringend los. Wenn der Stab zusammenkommt und der Kommandant fehlt. Tja, das ist dann immer schlecht. Also los." merkte Seneca an und machte sich drauf und dran zu den Ställen zu gehen um den kurzen Ritt zum Kastell zu unternehmen. Es gab viel zu tun, besonders die Versorgungslage verlangte dringende Klärung. Maahes würde diesen Tag sicherlich noch verfluchen.

  • Maahes betrachtete seinen Herrn dabei, wie dieser die Schriftrollen zusammen suchte und machte sich im Geiste eine Notiz, den Brief an die Duccier zu verfassen. Dann sollte es endlich los gehen. Doch was hieß eigentlich „endlich“? Im Grunde war er nicht scharf darauf, den Tag im Lager der Garnison zu verbringen. Das lag nicht an seinen Pflichten und Aufgaben, sondern vor allem daran, dass es draußen so lausekalt war. Am liebsten würde er seine Zeit vor einem guten, kleinen, knisternden Feuerchen verbringen, um sich daran zu wärmen. Doch daran war natürlich nicht zu denken. “Natürlich, Dominius,“ sagte er deshalb relativ schlicht und nickte seinem Herrn zu. Er würde ihm folgen, wohin es auch gehen mochte.

  • Es war mal wieder einer dieser Tage, zugegeben, sie kamen nicht mehr allzu häufig vor seit Seiana schwanger war weshalb Seneca sie besonders zu schätzen wusste und morgens gerne noch ein wenig länger daheim blieb, denn Seneca und Seiana hatten die Nacht in einem Cubiculum verbracht.
    Sicher, beide hatten ihre eigenen Bereiche im Haus und sie schätzten die Nähe zueinander ebenso wie den obligatorischen Abstand, doch der Iunier hatte das Gefühl, dass er mit all dem Ärger entlang der Grenze seiner schwangeren Gattin nicht die Aufmerksamkeit hatte zukommen lassen die sie absolut verdient hätte, und die er ihr auch eigentlich hatte schenken wollen.


    Die Sonne schien in Senecas Zimmer und der Iunier war gerade im Begriff sich für die Truppe einzukleiden, sodass er die letzten Momente vor dem Dienst des Tages nutzte um ein wenig mit ihr zu plaudern...
    "Ich habe Maahes darum gebeten sich mal wegen eines Tutors für Silana umzuhören. Ich weiß ehrlich gesagt nicht wie gut die hier in der Provinz sind, eventuell müssen wir tiefer in die Tasche greifen und jemanden aus Achaia oder Italia herkommen lassen." merkte Seneca beiläufig an während er sich seine Tunika überstreifte, sicher, es war nicht das aufregendste Thema an diesem morgen, aber eines welches baldige Zuwendung erforderte, "Vielleicht kann Caerellia ja auch helfen, sie scheint sehr hilfsbereit zu sein." fuhr er fort während er die erwähnte Tunika über seinen Kopf zog, sodass Teile seiner Worte im Gewebe des Stoffes verzerrt wurden.
    Er fuhr sich durch die Haare und schaute Seiana dann an, sie sah natürlich etwas "runder" aus als sonst, und er wusste auch, dass dies seine Schuld war, aber er hielt sich mit Aussagen zu ihrer Schwangerschaft stets zurück... Er hatte gelernt, dass derartige Kommentare immer mit einem gewissen Risiko verbunden waren.
    "Ich denke darüber nach die Truppe für einige Tage in die Hände des Subpraefectus zu übergeben..." sagte er mit Hinsicht auf ihren Zustand an, allzu lange konnte es ja nicht mehr dauern "...sofern du einen Angsthasen überhaupt im Haus gebrauchen kannst." scherzte er nun um seine Unsicherheit was dieses Thema anging zu überbrücken.

  • Sie hasste es, schwanger zu sein. Sie hatte es beim ersten Kind gehasst, und sie hasste es jetzt. Nicht so sehr die Beschwerden, die damit zwangsläufig einher gingen... auch nicht, weil sie so massiv eingeschränkt war, weil sie fürchterlich aufpasste und sich schonte, auf Anraten von Arzt und Hebamme angesichts ihres Alters. Sondern weil sie es nicht leiden konnte, dass da etwas in ihr heranwuchs, ein fremdes Leben, ein fremder Körper, der ihr im Grunde die Kontrolle über den ihren abnahm.
    Seiana sprach nie darüber, dass sie das so empfand... auch nicht mit Seneca. Sie hatte das Gefühl, dass sie damit ziemlich alleine da stand, und andere Frauen das völlig anders empfanden. Und dass sie das zu einer schlechten Mutter und Ehefrau machte. Aber es war so bei ihr, sie konnte es nicht ändern.
    Und eine gute Mutter war sie ohnehin nicht. Sie bemühte sich, und es war deutlich besser geworden, wie sie sich ihrer Tochter gegenüber verhielt, verglichen damit wie sie nach der Geburt reagiert hatte und in den ersten Monaten. Aber sie war trotzdem froh, dass Seneca anders war als sie. Liebevoller. Auch wenn es in den meisten Ehen anders lief.


    Sie hatte sich aufgesetzt, kurz nachdem Seneca aufgestanden war, und saß am Bettrand, während sie ihn dabei beobachtete, wie er sich fertig machte. Sie könnte sich Zeit lassen, eigentlich, aber Müßiggang hatte ihr noch nie wirklich gelegen. Auch wenn manches besser geworden war, aber das war gleich geblieben. Noch ein Grund, warum sie es nicht leiden konnte schwanger zu sein. „Das ist eine gute Idee. Ich habe schon ein paar Vorschläge, aber er findet vielleicht noch jemand besseren.“ Ein wenig mühsam stand sie auf und griff nach einer Stola, die sie sich um den Körper schlang. „Nun... helfen kann sie sicherlich, wenn sie möchte. Aber Tutorin zu sein ist nicht wirklich eine Aufgabe für eine Iunia.“ Dafür gab es Bedienstete. Davon abgesehen fand Seiana sie ein wenig zu jung für eine solche Aufgabe, auch wenn sie sehr nett zu sein schien.
    Sie ging zu ihm hinüber, rückte die Tunika ein wenig zurecht und küsste ihn dann leicht auf die Wange. „Gute Idee. Dann gibt es jemanden, dem ich auf die Nerven gehen kann. Jeder andere hier geht mir schon längst aus dem Weg...“ Das war vielleicht ein wenig übertrieben, aber nun ja: sie war gereizter als normalerweise. Wie schon erwähnt: Schwanger sein lag ihr nicht. Und der damit verbundene erzwungene Müßiggang genauso wenig. „Bei der Geburt wirst du, mein Lieber, sowieso nicht anwesend sein.“ Einer ihrer Mundwinkel zuckte leicht nach oben.

  • Seneca war sich nicht ganz sicher wie das mit den Geburten so üblich war, er selbst hatte ja noch nie eine miterlebt... Abgesehen von seiner eigenen und die war ewig her! Er lächelte kurz, etwas länger als Seiana, als sie ihm mitteilte, dass er selbst bei der Geburt nicht anwesend sein würde...
    "Ich würde gerne sagen, dass mich das stört." entgegnete Seneca etwas neckisch, innerlich freute er sich durchaus ein wenig darüber, dass er sich das nicht würde anschauen müssen, weder die Leiden seiner Frau die er mit Sicherheit nur schwer würde ertragen können, noch dieses ganze 'Wunder der Geburt', welches sicherlich bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen würde, aber nicht im positiven Sinne!
    "Aber gut, dann ist es entschieden. Ich werde die Patrouillenpläne absegnen und mich dann einige Tage von der Truppe entfernen." befand der Iunier und strich seiner Frau kurz übers Kinn "In einigen Tagen wirst du mich sicherlich höchstpersönlich zum Kastell zurückschleifen." frotzelte er nun und grinste breit, er hatte hier und da schon über das Flurgeflüster gehört, dass Seiana hier und da etwas mürrisch wurde, doch sie war nun mal schwanger und so schlimm würde es schon nicht sein.
    "Wie fühlst du dich?" fragte er nun etwas ernster und strich kurz über ihren Bauch. In diesem Alter, welches für ihn noch keines war immerhin war sie noch immer die Frau die er vor einiger Zeit geheiratet hatte und die er noch immer so schön fand wie damals, barg so seine Risiken für eine Geburt, das wusste auch Seneca, doch er würde schon Sorge dafür tragen, dass die Voraussetzungen die besten sein würden.

  • Seiana schmunzelte leicht bei seiner ehrlichen Antwort. „Männer haben dabei einfach nichts zu suchen.“ Worüber sie ganz ehrlich dankbar war. Es reichte schon, dass Seneca sie in ihrem jetzigen Zustand ständig sah... es fehlte gerade noch, dass er bei der Geburt anwesend wäre und sie dann dort würde sehen können. Um keinen Preis. „Du läufst also keine Gefahr, wenn du etwas anderes behauptest.“
    Er hatte es tatsächlich ernst gemeint damit, sich ein paar Tage freizuschaufeln, die er hier würde verbringen können. Seiana war bis heute nicht der Typ für großartige Freudenausbrüche, aber sie freute sich ehrlich darüber – und Seneca kannte sie mittlerweile schon lange gut genug, um die Anzeichen dafür zu erkennen. „Erstens kann ich zur Zeit niemanden mehr schleifen. Und zweitens wäre ich mir an deiner Stelle nicht so sicher, ob du am Ende nicht freiwillig zum Kastell zurückrennst...“ Wenn er da war, riss sie sich freilich noch mehr zusammen als sie es sonst versuchte, aber es war nun mal eine Sache, wenn man immer nur wenige eher wenig Zeit vom Tag miteinander verbrachte, und eine andere, mehrere Tage am Stück zusammen zu sein. Und sie war momentan unleidlich. Obwohl sie die Aussicht auf die Geburt selbst noch weniger leiden konnte als die Schwangerschaft, wurde es endlich Zeit, dass sie vorüber war.
    Als er über ihren Bauch strich, legte sie eine Hand dazu und verschränkte ihre Finger mit den seinen. „Erstaunlich gut, wenn man die Umstände bedenkt. Die ganze Schonerei ist lästig, das Nichtstun liegt mir überhaupt nicht...“ erlaubte sie sich nun doch ein wenig vor ihm zu jammern. Naja, was hieß jammern? Ihre Stimme klang jedenfalls nicht weinerlich, sondern als würde sie Tatsachen aussprechen. Was im Grunde ja auch so war. „Es bringt aber offenbar etwas. Die Hebamme ist auf jeden Fall zufrieden.“ Und dass die Hebamme zufrieden war, war das wichtigste. Seiana sagte sich das jeden Tag vor, damit sie es ja nicht vergaß, und sie bekam es zusätzlich auch regelmäßig zu hören, nicht zuletzt von Raghnall und anderen engen Vertrauten unter ihren Sklaven, die sie schon seit Jahren kannten und wussten wie sie war. Sie war es leid sich das jeden Tag anhören zu müssen... aber sie musste auch zugeben: würde ihr das nicht ständig gesagt werden, sie würde wohl auch nicht so aufpassen.

  • Musik! Ihre Worte klangen wie Musik in seinen Ohren! Natürlich hatte er überhaupt gar keine Lust bei der Geburt dabei zu sein. Seine wunderschöne Frau wollte er als eben solche bewahren: Als die wunderschöne, elegante und souveräne Seiana. Eine Geburt war da doch ein Risikofaktor um dieses Image nachhaltig zu beschädigen. Sicher, er wäre für sie auch durch den Hades gewandert und hätte Cerberus das Apportieren beigebracht wenn sie ihn nur lange genug lieb angeschaut hätte, da wäre so eine Geburt auch gänzlich machbar gewesen... Aber nun war es nun mal so, dass sie diese Situation kategorisch ausschloss, eine Vorlage, welche der Iunier natürlich nicht ungenutzt ließ.
    "Schade, ich hätte dir gerne beigestanden." sagte Seneca, und er meinte es durchaus ernst: Er hätte ihr gerne beigestanden, das ganze Blut, das Geschrei und die Hektik machten es aber auch nicht unbedingt zu seiner ersten Priorität, weshalb er sich ein Lächeln nicht verkneifen konnte "Aber wenn das deine Entscheidung ist. Wer wäre ich um diese anzuzweifeln und zu hinterfragen?" fragte er nun offensichtlich ironisch, presste anschließend die Lippen zusammen und zuckte kurz mit den Schultern.
    Sie freute sich, das merkte er, weshalb er sich hier und da auch zu kleineren Späßen hinreißen ließ, durchaus auch auf ihre Kosten aber niemals in böswilliger Absicht. Er mochte lediglich ihr Lächeln.
    "Ein Kavalleriekommandant der rennt würde beinahe so viele Fragen aufwerfen wie ein Kavalleriekommandant der von seiner hochschwangeren Frau vors Tor gezerrt wird." merkte er an, schließlich war er ja zumeist mit einer Pferdestärke unterwegs.
    Als sie schließlich ihre Finger in seine legte strich er kurz mit dem freien Daumen über die Finger die er erreichen konnte "Es sollte ja bald vorbei sein. Ich weiß, dass du dann nicht direkt wieder ins zur Normalität zurückkannst, aber es wird sicher besser." erinnerte er sie, denn wenn sie nicht unbedingt einen Halbgott zur Welt bringen würde, und Seneca kannte sich mittlerweile recht gut und konnte diesen Umstand schnell ausschließen, wäre es bald Zeit, da kam eine zufriedene Hebamme natürlich gelegen.
    "Wie ist sie denn so? Die Hebamme? Ich muss gestehen, dass ich noch nicht allzu viele Gelegenheiten hatte mit ihr zu sprechen." Es könnte ja sein, dass sich seine Offiziere von ihr eine Scheibe abschneiden konnten. Seiana hatte sie scheinbar gut gebändigt.

  • „Ja“, erwiderte Seiana, ungefähr in dem Tonfall, in dem man einem Kind versicherte, dass man ihm auf jeden Fall glaubte, dass es gerade ein fabelhaftes Zauberwesen gesehen hatte. „Sicher hättest du das.“ Vollkommen überzeugt und sehr beruhigend – und gleichzeitig war trotzdem zu hören, dass sie kein Wort glaubte. Erst als er Ironie durchklingen ließ, reagierte sie mit einem Schmunzeln, aber es war freundlich. Es war nicht nur so, dass sie ihn nicht dabei haben wollte – sie konnte ihn auch verstehen. Wenn sie ehrlich war, hatte sie selbst Angst vor der Geburt, und zwar ziemlich. Aber das ließ sie sich nicht anmerken.
    „Dann wird dir nichts anderes übrig bleiben, als es mit mir auszuhalten. Und mich nicht zu reizen.“ Sie ließ ihre Finger in seinen verschränkt. „Nicht bald genug, wenn du mich fragst... aber nun ja.“ Seiana seufzte leise und zuckte dann Achseln. „Sie hat sehr klare Vorstellungen von ihrer Aufgabe, und die hat sie hier im ganzen Haus verbreitet, bei allen Sklaven, allen Bediensteten... selbst im Stall wissen sie Bescheid und meinen auf einmal, mir Anweisungen geben zu können. Und daran bist nicht zuletzt du schuld.“ Das letzte klang ein wenig vorwurfsvoll. Seneca hatte, so weit sie wusste, noch nicht oft mit ihr gesprochen – aber er hatte ihr gleich zu Beginn eingeschärft, dass sie aufpassen sollte, dass Seiana sich nicht übernahm, gerade weil es nun mal eine späte Schwangerschaft war.

  • Nun wandelte sich Senecas Lächeln doch eher zu einem breiten Lachen "Sehr schön, freut mich, dass mein guter Wille zur Kenntnis genommen wird." befand Seneca scherzhaft, er wusste, dass beide stillschweigend auf einer Seite waren.
    Als es schließlich um seinen "Urlaub" ging, küsste Seneca seine Frau sachte auf die Stirn "Ich werde dein ergebener Soldat sein." entgegnete er und mimte kurz den Soldatengruß "Landgüter und eine gereizte und gelangweilte Decima Seiana. Das kommt mir bekannt vor" sagte er, und griff damit natürlich auf ihre verworren-verbotene Anfangszeit zurück "Ich fürchte jedoch, dass der Zahn der Zeit dich übersehen hat während ich kein junger, gut aussehender Optio mehr bin." Er wäre nicht Seneca wenn er das Kompliment, mit welchen seine Frau ohnehin nicht allzu gut umgehen konnte, so stehen lassen würde...
    "Immerhin bin ich jetzt Praefectus!" schob er also nach, wohl ein erwarteter Zug von ihm.
    "Ich würde gerne sagen, dass ich die Einstellung der Hebamme bedauere." begann er seine Verteidigung gegen Seianas Vorwürfe, welche natürlich lediglich milde waren. Er fuhr ihr erneut über die Finger "Ich bin froh, dass sie alle auf dich aufpassen. Ich habe viel zu viel versäumt in letzter Zeit und will dich stets in besten Händen wissen."

  • So lange es um die Geburt ging, hatte Seiana nicht viel mehr als ein vages Lächeln übrig gehabt – das Thema betraf sie viel zu sehr, als dass es sie wirklich amüsiert hätte. Sie konnte das einfach nicht auf die leichte Schulter nehmen. Aber dass Seneca ein paar Tage frei nahm, und wie er ihr das dann präsentierte, das brachte sie dann doch zu einem leisen Lachen. „Wirst du das, ja?“ Gespielt ließ sie sachten Zweifel anklingen in ihrer Stimme, auch wenn sie wusste, dass wohl genau das eintreten würde. Seit sie sich kannten, versuchte Seneca sie glücklich zu machen – etwas, woran sie sich zwar im Lauf der Zeit gewöhnt hatte, was sie aber trotzdem hin und wieder... nun ja: nicht so ganz fassen konnte. Es gab Momente, da saß sie da, dachte an früher, und konnte es nicht glauben. Womit sie ihn verdient hatte. Das waren dann meistens jene Momente, in denen sie abweisend und kühl war wie früher, weil sie nicht wusste wie sie anders damit umgehen sollte. Immerhin: diese Momente waren weniger geworden. Wie schon gesagt: sie hatte zwar nie wirklich angefangen zu glauben, sie hätte ihn verdient, aber sie hatte sich daran gewöhnt, dass es so war. Und seit sie schwanger war, versuchte Seneca nur umso mehr, sie zufrieden zu stellen.
    Bei seiner folgenden Anspielung, die sie nur allzu gut verstand, wandelte sich ihr Lachen etwas, wurde verlegen und verstummte dann ganz. Als er ihr dann auch noch ein Kompliment machte, wollte sie am liebsten einen Schritt zurückmachen, aber sie zwang sich stehen zu bleiben. Bis heute konnte sie damit nicht sonderlich umgehen... zumal sie ihm mitnichten beipflichten konnte. „Du machst dich lächerlich, wenn du behauptest, ich wäre nicht älter geworden“, erwiderte sie ruhig. „Und Praefectus oder nicht, du siehst nach wie vor gut aus.“


    Danach musste sie dann doch wieder lächeln. „Würdest du nicht“, sagte sie ihm auf den Kopf zu. „Sie tut genau das, was du ihr aufgetragen hast. Also tu jetzt nicht so als ob.“ Was Seneca gleich danach auch mehr oder weniger zugab. Natürlich war er froh, dass alle hier aufpassten. Oder anders formuliert: ihr Vorschriften machten. Sie zur Langeweile verdonnerten. „Sie werden es alle bereuen. Wenn das Kind erst mal da ist, werden es alle bereuen. Du eingeschlossen“, drohte sie ihm nur halb im Scherz.

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